Maiensäss-Wiederbelebung
- emil17
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Maiensäss-Wiederbelebung
Aus aktuellem Anlass (Corona, Sauwetter, Winter, also viel Zeit und wenig los) möchte ich mal eins meiner Projekte hier vorstellen.
Es ist mehr als kommentiertes Bilderbuch gedacht ... vielleicht gefällt es dem einen oder anderen. Ich denke, dass auch erkennbar werden könnte, warum man "sich so etwas antut".
Bei vielem von dem, was ich gemacht habe, sind Anregungen aus dem Forum eingeflossen, ohne dass ich jetzt noch genau die Details dazu wüsste. Jedenfalls Danke allen!
Alle Bilder sind von mir. Gesichter habe ich nicht deshalb unkenntlich gemacht, weil es mir unwichtig ist, wer das war, sondern weil es in Zeiten automatiserter künstlicher Intelligenz nicht angebracht ist, Bilder mit erkennbaren Personen drauf ins Netz zu stellen. Für mich sind diese Menschen alles andere als gesichtslos!
Motivation und Hintergrund:
1. <kurz> Es ist einfach schön dort
2. <lang>
In den Alpen wirkt sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft besonders stark aus, da viele Grenzertragsflächen nicht mehr bewirtschaftet werden. Was früher vielen Leuten ein eher schlechtes als rechtes Auskommen ermöglicht hat, fällt heute brach, weil sich steile, abgelegene Flächen ohne Zufahrt in einem Klima, das ohne künstliche Bewässerung keine Erträge ermöglicht, nicht mehr rentabel bewirtschaften lassen.
Das betrifft besonders Gebiete in niedrigen Lagen der Seitentäler der grossen Haupttäler der Alpen, die verkehrsfeindlich sind, weil der Fluss sich eine tiefe und lange Schlucht zum Haupttal gegraben hat, dessen Sohle sehr viel tiefer liegt (Hängetal). Die Siedlungen sind hoch oben auf den Talflanken. Diese Flächen sind für Botaniker und Insektenkundler ein Paradies! Es kommen dort sehr viele sonst seltene wärmeliebende Arten vor, die auf strukturreiche Flächen angewiesen sind. Sowohl eine flächige Intensivierung der Landwirtschaft wie auch eine Wiederbewaldung würde diese Vielfalt gefährden.
Diese Flächen wurden wegen dem Bevölkerungsdruck des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Kultur genommen, reiche Erträge gab es von dort nie. Sie wurden deshalb als Folge steigendem Wohlstandes durch die Industrialiserung nach 1945, auch bald wieder aufgelassen oder doch stark extensiviert. Die Zunahme der Waldfläche seit 1945 ist zu einem grossen Teil auf die Entlassung solcher Flächen aus der Nutzung zurückzuführen. Im inneralpinen Trockengebiet geht das aber sehr langsam, weil magere, steile, flachgründige Böden und häufige Trockenheit den Gehölzen das Leben schwer machen. Auf diesen Flächen stellt sich deshalb nie ein dichter, wüchsiger Wald ein, wie wir ihn aus dem Alpenvorland kennen.
Es ist mehr als kommentiertes Bilderbuch gedacht ... vielleicht gefällt es dem einen oder anderen. Ich denke, dass auch erkennbar werden könnte, warum man "sich so etwas antut".
Bei vielem von dem, was ich gemacht habe, sind Anregungen aus dem Forum eingeflossen, ohne dass ich jetzt noch genau die Details dazu wüsste. Jedenfalls Danke allen!
Alle Bilder sind von mir. Gesichter habe ich nicht deshalb unkenntlich gemacht, weil es mir unwichtig ist, wer das war, sondern weil es in Zeiten automatiserter künstlicher Intelligenz nicht angebracht ist, Bilder mit erkennbaren Personen drauf ins Netz zu stellen. Für mich sind diese Menschen alles andere als gesichtslos!
Motivation und Hintergrund:
1. <kurz> Es ist einfach schön dort
2. <lang>
In den Alpen wirkt sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft besonders stark aus, da viele Grenzertragsflächen nicht mehr bewirtschaftet werden. Was früher vielen Leuten ein eher schlechtes als rechtes Auskommen ermöglicht hat, fällt heute brach, weil sich steile, abgelegene Flächen ohne Zufahrt in einem Klima, das ohne künstliche Bewässerung keine Erträge ermöglicht, nicht mehr rentabel bewirtschaften lassen.
Das betrifft besonders Gebiete in niedrigen Lagen der Seitentäler der grossen Haupttäler der Alpen, die verkehrsfeindlich sind, weil der Fluss sich eine tiefe und lange Schlucht zum Haupttal gegraben hat, dessen Sohle sehr viel tiefer liegt (Hängetal). Die Siedlungen sind hoch oben auf den Talflanken. Diese Flächen sind für Botaniker und Insektenkundler ein Paradies! Es kommen dort sehr viele sonst seltene wärmeliebende Arten vor, die auf strukturreiche Flächen angewiesen sind. Sowohl eine flächige Intensivierung der Landwirtschaft wie auch eine Wiederbewaldung würde diese Vielfalt gefährden.
Diese Flächen wurden wegen dem Bevölkerungsdruck des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Kultur genommen, reiche Erträge gab es von dort nie. Sie wurden deshalb als Folge steigendem Wohlstandes durch die Industrialiserung nach 1945, auch bald wieder aufgelassen oder doch stark extensiviert. Die Zunahme der Waldfläche seit 1945 ist zu einem grossen Teil auf die Entlassung solcher Flächen aus der Nutzung zurückzuführen. Im inneralpinen Trockengebiet geht das aber sehr langsam, weil magere, steile, flachgründige Böden und häufige Trockenheit den Gehölzen das Leben schwer machen. Auf diesen Flächen stellt sich deshalb nie ein dichter, wüchsiger Wald ein, wie wir ihn aus dem Alpenvorland kennen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.
- emil17
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Relikte
Die typische Bauweise solcher Maiensässe oder Voralpenhütten der Gegend: Unten Kleinviehstall, oben Heustock.
In manchen dieser Hütten war eine Übernachtungsmöglichkeit mit einer Kochstelle vorhanden.
Die Gebäude wurden nur wenige Wochen im Jahr genutzt, meist im Frühjahr vor dem Aplaufzug und im Herbst vor dem Schnee. Jetzt verfallen viele davon, weil sich kaum einer mehr die Mühe macht, ein paar Stück Kleinvieh auf diese früher übliche Weise zu halten.
Solche Ruinen finden sich sehr zahlreich an den unmöglichsten Orten. Alles musste von Hand hingebracht, aufbereitet und zusammengebaut werden. Auf diesen Ackerterrassen wurde früher Roggen angebaut. Ertrag geschätzt 20 - 30 kg pro 100 m2, in trockenen Jahren auch weniger. Heute ist es noch extensive Schafweide. Transport erfolgte mit Maultieren oder auf dem eigenen Rücken, so wurde Mist auf den Wiesen aufgesammelt und mit Rückentragekörben (Tschiffra) auf die Äckerchen gebracht. Es war auch üblich, eine Traglast Leseholz auf dem Heimweg nach oben (bis zu 500 Höhenmeter zum Dorf) mitzunehmen, wenn man sonst nichts zu tragen hatte. Das nur als Hinweis auf die gute alte Zeit von damals.
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Nun zum konkreten Ort
Das noch erhaltene Gebäude ist wichtig:
Wenn bei einem Gebäude im Aussenbereich das Dach eingefallen ist, darf es nicht mehr instandgestellt werden, denn das Gebäude ist in der Landwirtschaftszone zonenfremd, wenn es nicht der Erwerbslandwirtschaft dienen soll. Bestandesschutz gilt nicht mehr, da aufgrund des Zustandes die Nutzung aufgegeben wurde. Neubauten sind nicht zulässig.
Auch recht gut erhalten bedeutet: Keine Zufahrt, kein Wasser, kein Strom und viele Reparaturen.
Sehr interessant ist die (für die Gegend) einigermassen grosse und ziemlich flache Wiese: Die horizontale Wegspur in der Mitte ist kein Weg, sondern ein zugewachsener Bewässerungskanal, mit dem das darunter liegende Land bewässert werden konnte, um genug Gras für eine Heuwiese zu haben.
Vorne liegt die abgefallene Dachrinne der Scheune aus Holz.
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Die Wiesen
Im zeitigen Frühjahr blüht einiges, aber das sind vorwiegend einjährige Pflanzen, hier das Hungerblümchen. An Futterpflanzen hat es nur hartes, trockenes Gras (Schafschwingel und dergleichen). Im Sommer ist in trockenen Jahren alles braun. Ebenfalls dazu gehört eine Art Waldwiese,mit einem lichten Bestand aus Hasel und Birken.
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Müll
Jetz kommt das unerfreulichste Kapitel der Geschichte: Müll
Der Ort wurde offenbar noch einige Zeit als Freizeitgrundstück genutzt.
Das Holz war selbstverständlich behandelt und ich wollte es nicht vor Ort verbrennen.
Der Ort wurde offenbar noch einige Zeit als Freizeitgrundstück genutzt.
Das Holz war selbstverständlich behandelt und ich wollte es nicht vor Ort verbrennen.
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Müll
Alles war voll Müll:
Die Wiese Die Scheune Der wohl als Käsebereitungsort gebaute gemauerte Schuppen, umgenutzt zur Küche
Die Wiese Die Scheune Der wohl als Käsebereitungsort gebaute gemauerte Schuppen, umgenutzt zur Küche
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Müll
.. und der Wald untendran, wo einfach alles hinabgeworfen wurde, was man nicht mehr wollte
Man konnte übrigens mit dem Müll die Sache einigermassen zeitlich einordnen:
Ebenfalls als Müll bewerten möchte ich die sehr lästigen eingewachsenen Zaungitter, die eine Gefahr für Tiere sind und sich nur sehr mühsam entfernen lassen.
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Müll
Gesoffen wurde offenbar auch schon damals, alles war voll Altglas
Da es keinen Zuweg gab, musste alles zu Fuss weggetragen werden.
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Der Zugang
Eigentlich wäre es schlau gewesen, sich zuerst um einen Weg zu kümmern, aber ich wollte diesen Müll einfach nur weghaben, der beleidigt das Auge und gibt schlechtes Karma.
Zudem half es mir, den Ort für einen besseren Weg zu finden und überhaupt einen besseren Weg zu wollen - mit 30 Kilo Kram auf dem Rücken bewertet man nach dem dritten Mal am selben Tag einen weglosen Hang im Aufstieg anders, als wenn man nur Blümchen schauen geht.
Der alte, zugewachsene Weg führt sehr steil den Hang hinauf und ist viel zu mühsam. Nun gibt es in der Nähe eine Strasse, die mit weniger Höhenunterschied erreichbar ist. Allerdings gibt es da ein paar Hindernisse: Dann ist da noch dieser Bach. ... der nach Starkregen dann so aussehen kann:
Zudem half es mir, den Ort für einen besseren Weg zu finden und überhaupt einen besseren Weg zu wollen - mit 30 Kilo Kram auf dem Rücken bewertet man nach dem dritten Mal am selben Tag einen weglosen Hang im Aufstieg anders, als wenn man nur Blümchen schauen geht.
Der alte, zugewachsene Weg führt sehr steil den Hang hinauf und ist viel zu mühsam. Nun gibt es in der Nähe eine Strasse, die mit weniger Höhenunterschied erreichbar ist. Allerdings gibt es da ein paar Hindernisse: Dann ist da noch dieser Bach. ... der nach Starkregen dann so aussehen kann:
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Weg
Also braucht es eine Brücke mit genug Durchlassfreiheit, damit nicht beim nächsten Unwetterchen alles weggerissen wird. Die habe ich aus 2 Stück Rampenblechen aus Armeeliquidationsbeständen zusammengesetzt. Die Bauern verwenden die als Mistrampe und unter diesem Stichwort habe ich sie dann auch auftreiben können. Oben sind mittig zwei verzinkte Stahlträger vom Schrott draufgeschraubt.
Jetzt kann der Weg mit Schubkarre befahren werden und ist einigermassen bequem zu gehen. Ohne Steigung geht es natürlich nicht, aber das ist in dieser Gegend nun mal so.
Das Zauntor habe ich aus dem Kopfteil des rostigen Bettgestells gebastelt, das sich im Wald gefunden hat, siehe eins der vorigen Bilder.Jetzt kann der Weg mit Schubkarre befahren werden und ist einigermassen bequem zu gehen. Ohne Steigung geht es natürlich nicht, aber das ist in dieser Gegend nun mal so.
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