Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

bmark25116
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Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

#1

Beitrag von bmark25116 » Di 28. Jul 2020, 21:45

Liebe Gurkenexperten,
ich habe viele Jahre in der Landwirtschaft im Ackerbau gearbeitet. In Vorbereitung auf meinen Ruhestand habe ich mir in diesem Frühjahr ein Gewächshaus zugelegt und bin trotz langjähriger Pflanzenbauerfahrung überrascht, was im Gewächshaus so alles abgeht und vor allem möglich ist. Eines meiner ersten Experimente waren natürlich Salatgurken nach vielen Jahren Freilandgurken. Ein irrer Ertrag auf kleinster Fläche. Ich habe die ganze Nachbarschaft und Verwandschaft mitversorgt. Nun stehe ich vor dem Problem, dass trotz intensivem Ausgeizen und verschneiden unter dem Gewächshausdach das leider nur 2,30 m hoch ist, der reinste Dschungel entstanden ist. Auch lässt der Blütenansatz jetzt Ende Juli nach. Ich habe die Stengel von unten ca. bis auf 1,20 m entblättert. Dort treiben wieder neue Seitentriebe über der Veredelungsstelle und ich möchte diese nutzen um eventuell einen neuen Trieb zu ziehen und damit die Erntezeit noch etwas zu verlängern. Den alten Haupttrieb würde ich dann wegnehmen. Könnt Ihr mir bitte sagen , ob das klappt? Leider konnte ich erst am 1.Mai die Gurken pflanzen, weil ich das Gewächshaus nicht eher fertig hatte. Die erste Ernte war dann am 1. Juni und ich möchte wenn das möglich ist gerne bis in den Oktober hinein ernten.
Ich habe auch noch als Reserve aus den Geiztrieben ein paar neue Pflanzen im Topf gezogen, die auch schon blühen und kleine
Gurken angesetzt haben, möchte aber ungern die schönen großen alten Pflanzen vorzeitig aus dem Rennen nehmen, denn zum Neuanpflanzen würde ich ja die ganze Bewurzelung kaputt machen. Ich habe leider etwas eng gepflanzt. Aber bis jetzt halten sich die alten Planzen gut bis auf etwas Echten Mehltau, den ich aber bis jetzt im Griff habe. Als alter Ackerbauer und Gewächshausneuling würde ich mich sehr über ein paar Tipps von den Profigärtnern freuen.

Viele Grüße
Bernd

Manfred

Re: Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

#2

Beitrag von Manfred » Di 28. Jul 2020, 22:48

Normalerweise werden die Gurken entweder oben umgeleitet (da gibt es spezielle Kunststoffbügel mit einigen cm Radius für, damit der Stiel nicht knickt) und dann hängend wieder bis zum Boden wachsen lassen, oder man hängt sie an Tomatenhaken und entblättert unten die Stiele und hängt die Gurken dann nach und nach zur Seite, so dass die entblätterten Stiele immer weiter auf dem Boden aufliegen.
Von unten Triebe nachzuziehen müsste auch funktionieren. Ich würde dann aber im ersten Ansatz oben aber nicht zu radikal abschneiden, sondern nur das Wachstum stoppen und evtl. nach und nach zurückschneiden oder entblättern, je nachdem, wie sich der junge Trieb entwickelt.

bmark25116
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Re: Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

#3

Beitrag von bmark25116 » Mi 29. Jul 2020, 00:04

Hallo Manfred, danke für Deine schnelle Antwort. Das mit dem nach unten Umleiten bzw. runterlassen am Tomatenhaken habe ich leider verpasst. Dummerweise habe ich auch bis zur halben Höhe des Hauses ein Rankgitter verwendet, was im Nachhinein gesehen falsch war, weil ich die Pflanzen nun nicht wieder rausgefädelt kriege. Beim nächsten Mal werde ich sie nur an der Schnur ziehen. Habe auch zuviel Pflanzen auf der Fläche . Die "Gurkenabteilung" in meinem Haus ist nur 4 qm groß und ich habe 6 Pflanzen (drei veredelt, drei unveredelt ) gepflanzt, weil ich mir dieses enorme Wachstum nicht vorstellen konnte. Ich werde es mal versuchen , wie Du es vorgeschlagen hast. Vielleicht nehme ich auch die abgetragenste der alten Pflanzen raus und ersetze sie durch eine der nachgezogenen. Wie lange denkst Du kann man in unseren Breiten im ungeheizten Gewächshaus Gurken ziehen und brauche ich bei geringer Tageslänge dann Zusatzlicht ? Wir sind eigentlich nicht ein Standort mit regelmässigen zeitigen Frosteinbrüchen. Allerdings haben dieses Jahr im Freiland und im Feldbau die Eisheiligen enormen Schaden verursacht. Die Hälfte der Wintergerste war bei uns in der Blüte erfroren. Der erste ernst zu nehmende Frost kommt bei uns im Herbst meist erst Anfang Mitte/ November.

Viele Grüße
Bernd

Manfred

Re: Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

#4

Beitrag von Manfred » Mi 29. Jul 2020, 07:06

In D haben wir ja Kleinräumig sehr unterschiedliche Verhältnisse.
In milderen Lagen wirst du denke ich bis mind. Ende Oktober ernten können, wenn deine Gurken nicht vorher die Pilzerkrankungen einholen. Der Aufwand für künstliches Licht lohnt m.E. nicht.

Wir hatten dieses Jahr durch den Frost einen fast Komplettausfall bei Obstbäumen, Nüssen, Beeren, Weinreben etc.
Nur ein Birnen-Buschbaum, eine Heidelbeer-Busch und ein paar Stachelbeeren sind davon gekommen.
Wir haben fast jedes Jahr irgendwelche Ausfälle durch Spätfröste, aber einen so Extremen kann ich nicht erinnern.
Die Wintergerste ist hier in der Gegend fast komplett erfroren. Ein Feldnachbar hat einen nur teilweise betroffenen Bestand stehen lassen. Denke aber, er wird keine 30% vom Normalertrag einfahren. (Hier im rauen Frankenwald geht es erst los mit der Getreideernte.)

bmark25116
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Re: Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

#5

Beitrag von bmark25116 » Mi 29. Jul 2020, 21:01

Hallo Manfred, im Garten hatte ich Glück, weil ich es wohl irgendwie geahnt habe. :) . Die Nächte im März bis Mitte Mai waren abgesehen vom Frost insgesamt immer sehr kühl. Dazu die Trockenheit. Im meiner Gegend so ungefähr die Hälfte zwischen Chemnitz und Leipzig ist ein Drittel der Wintergerste und vor allem die Frühsaaten von WW ins Biogas gewandert. Allerdings Gebiete ohne die Spätfröste haben Spitzenerträge bei der Gerste bis dreistellig. Auch der Raps der die letzten 2 Jahre katastrophal war hat trotz ebenfalls massiver Frostschäden kurz vor und während der Blüte im Schnitt doch noch zwischen Mitte 30 und Mitte 40 dt/ha gebracht. Aber das Problem beim Raps liegt ganz woanders...Allerdings haben wir während der Abreife nicht diese brutalen Hitzeperioden gehabt wie 18 und 19. Ich denke deshalb sind wir trotz heftiger Phoma und Verticilium noch ganz gut weggekommen. Ich habe heute Abend mal probehalber eine meiner nachgezogenen Gurkenpflanzen in die letzte freie Ecke des Gurkenbeetes gequetscht... Mal sehen. Die anderen Pflanzen werde ich wie du vorgeschlagen hast stufenweise zurückschneiden und aus den neuen Trieben versuchen wieder etwas zu machen.Im Freiland gehen bei meinen Nachbarn schon die ersten Gurken durch Echten Mehltau kaputt. Ich denke das ist wie bei Getreidemehltau, das Infektionsrisiko ist bei eher trockenen Bedingungen höher. Allerdings war dieses Jahr der Infektionsdruck im Ackerbau bei fast allen Pilzkrankheiten bei uns außerordentlich gering, außer vielleicht bei den Halmbasiserkrankungen nach dem nicht vorhandenen Winter. Falls Du auch Landwirtschaft arbeitest, wünsche ich Dir eine gute Ernte ,natürlich auch im Garten ! Ich halte Dich auf dem Laufenden, was meine Gurken machen. Vielen Dank nochmals für Deine Ratschläge.
Viele Grüße
Bernd

Manfred

Re: Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

#6

Beitrag von Manfred » Do 30. Jul 2020, 17:12

Von dreistelligen Getreideerträgen können wir hier nur träumen.
Böden und Kleinklima sind viel zu schlecht. Wird sind halt ein Grenzertragsstandort.
Ich selbst betreibe Mutterkuhhaltung. Der Ackerbau liegt mir nicht im Blut. Aber natürlich tauscht man sich immer mal mit den Nachbarn aus und schaut sich an, was auf deren Feldern passiert.

Da bei uns fast jedes Jahr irgendwas durch Spätfrost ausfällt, was aber normalerweise nicht ins Gewicht fällt, weil von den anderen Arten reichlich da ist, bin ich so daran gewöhnt, dass ich noch gar nicht über eine technische Lösung wie Beregnung/Vernebelung in Frostnächten nachgedacht habe. Sollte es in Zukunft öfter zu solchen Totalausfällen kommen, wäre das eine Überlegung wert.

Ich bin gespannt auf den Ausgang deiner Gurken-Experimente.
Evtl. magst du ja mal das eine oder andere Foto zeigen. :)

bmark25116
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Re: Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

#7

Beitrag von bmark25116 » Do 30. Jul 2020, 19:07

Hallo Manfred, dreistellige Erträge sind auch hier nicht Standard, uns macht meist die Trockenheit einen Strich durch die Rechnung. Aber alles was z.B. beim Wintergetreide unter 75 besser 80 dt liegt bereitet den Betrieben wegen Pachten, Betriebsmittelkosten, Preisverfall usw. usw. schon manchmal Kopfzerbrechen.Der Anteil an eigenem Boden ist hier historisch bedingt wie Du sicher weißt nicht so hoch. Seit 4...5 Jahren drängt landwirtschaftsfremdes Kapital in die Betriebe ein, es ist zum Erbrechen.Bilder schicke ich Dir bei Gelegenheit. Ich habe immer das Problem , dass ich im GWH bei intensiver Sonneneinstrahlung zu hohe Temperaturen habe trotz halbseitigen Schattierung. Deshalb habe ich automatische Fensteröffner eingebaut die es mal billig bei eBay gab. Das Stück für weniger als 20€. Wenn das nicht reicht habe ich noch einen temperaturgesteuerten Lüfter in die beschattete Seitenwand eingesetzt.So ein Ding wie es zur Belüftung von Badezimmern oder Toiletten verwendet wird. Ich habe die maximale Temperatur auf 32 Grad eingestellt. Dann sinkt aber gleich die Luftfeuchtigkeit auf 50% und weniger, was den Gurken auch nicht so gefällt. Ich habe mir deshalb aus China eine Vernebelungsanlage gekauft, im Prinzip eine kleine Hochdruckpumpe und daran angeschlossen in meinem Fall 6 kleine Nebeldüsen für alles zusammen 40€... Dazu ein Digitaler Luftfeuchteregler, derr die Pumpe je nach gewünschter LF steuert. Die vernebelte Wassermenge ist Max. 5 Liter pro Stunde. Gleichzeitig sinkt durch die Vernebelung auch die Lufttemperatur. Leider ist die Nebelanlage erst nach 10 Wochen Lieferzeit eingetroffen, so dass ich sie nicht mehr installieren konnte weil alles zugewachsen ist. Damit kann ich leider auch noch nichts sagen, ob das funktioniert. Aber in großen GWH wird das ja wohl ähnlich gemacht. Ich habe das gebaut , weil ich erst kommendes Jahr in Ruhestand geh und ich tagsüber selten zuhause bin und meine Frau regelmäßig vergisst nach dem GWH zu sehen. Falls Du Interesse hast schicke ich Dir mal einen Link zu den Gerätschaften. Wenn ich mehr Zeit hätte macht es mir aber auch viel Spaß den ganzen Tag rumzufummeln, damit es den Pflänzchen gut geht.
Viele Grüsse
Bernd

bmark25116
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Re: Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

#8

Beitrag von bmark25116 » Do 30. Jul 2020, 19:14

Ps.: noch mal zum Thema Erträge : zur Zeit meiner Landwirtschaftslehre vor mehr als 50 Jahren waren hier 60 dt WW ein Spitzenertrag. Daran sollten die heutigen Landwirtschaftsexperten ( von denen es in D offensichtlich 80 Millionen gibt) denken.

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Re: Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

#9

Beitrag von Rohana » Do 30. Jul 2020, 20:39

Hömma, wo denkst du denn hin... der gemeine deutsche Universalexperte weiss nichtmal ansatzweise in was für Regionen sich Erträge bewegen - sowohl mengen- als auch preismässig. Woher denn ;)
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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Re: Gurken im Gewächshaus „verjüngen“

#10

Beitrag von Sven2 » Do 30. Jul 2020, 20:44

Als einer von 80 Mio Experten:
Dt musste ich vor 2-3 Jahren erstmal nachschlagen um zu verstehen was gemeint ist. :haha:

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