Wir sind aber gleichzeitig der größte Agrar- und Lebensmittelimporteur in der EU.penelope hat geschrieben: ↑Mi 15. Jul 2020, 10:03Woher kommt das Gefühl, man müsse sich vor der Konkurrenz aus dem Ausland schützen? Deutschland ist der größte Agrarexporteur in Europa. Ein Drittel der landwirtschaftlichen Produktion geht ins Ausland. Das meiste bleibt zwar in der EU, die Exporte in Entwicklungsländer sich jedoch sehr ktitisch zu sehen, da sie der ansässigen Landwirtschaft schaden. Muss sich nicht eher das Ausland vor uns schützen?
Das hat hauptsächlich 3 Gründe:
1) Arbeitskostenintensive Prozesse wurden wegen der hohen Lohnkosten in andere EU-Länder oder sogar bis nach Nordafrika verlagert. Unsere Produkte werden dort hin gekarrt, verarbeitet und dann zurück geholt.
2) Teile unserer Landwirtschaft haben sich auf eine technisch weitgehend automatisierte tierischer Veredelung spezialisiert. Das Futter dafür wird über die Rheinhäfen importiert und das erzeugte Fleisch und die Milch dann wieder exportiert. Selbst in der tierischen Erzeugung hat sich die Produktion aufgespalten. Da die Ferkelproduktion und die Brüterei wegen der in D ständig wachsenden Auflagen hier nicht mehr wirtschaftlich konkurrenzfähig sind, importieren wir Ferkel und Küken und liefern dafür Fleisch zurück.
3) D hat die schlagkräftigsten und am besten organisierten Schlachthöfe in Europa. Die sind so effizient, dass das Fleisch nach der Schlachtung zeitweise weniger kostet als vorher im Lebendeinkauf, weil die Schlachtkosten aus den Erlösen der Nebenerzeugnisse bezahlt werden. Deshalb werden viele Tiere aus den Nachbarländern zur Schlachtung nach D gefahren, der daraus resultierende Fleischexport aber D zugerechnet.
Und bei den immer wieder kritisierten Exporten in Entwicklungsländern haben wir das gleiche Dilemma wie hier:
Die Verbraucher dort willen auch lieber billig einkaufen oder sind sogar zum Überleben darauf angewiesen.
Diese Länder können sogar großteils gemäß den Handelsverträgen Lebensmittelimporte aus der EU und den USA besteuern, tun das aber nicht, weil ihren Regierungen billige Lebensmittel wichtiger sind als die heimische Erzeugung, so wie bei uns halt auch.
Und es ist die gleiche Marktlage wie bei Waffenexporten: Wenn wir es nicht tun, liefern andere.
Und noch ein Und: Es handelt sich bei diesem Exporten zum größten Teil um Material, das hierzulange nicht nachgefragt wird. Unsere Verbraucher möchten eine Unmenge an Hänchenfilets. Die afrikanischen Verbraucher freuen sich über das Restfleisch an den Karkassen.
Da wäre halt mal eine Grundsatzdebatte in der Bevölkerung bei uns notwendig, mit einer anschließenden Volksabstimmung, ob solche Exporte zulässig sein sollen oder nicht.
Wenn nicht, würde das bisher exportiere Material vermutlich in Separatoren wandern und die Separatorenmassen ersetzen, die die Lebensmittelindustrie bisher aus Asien importiert. Dann liefern halt die ihr Zeug nach Afrika und bei uns werden die Chicken-Nuggets 3 Cent teurer.
Wirklich etwas an der Situation ändern könnten nur die Importländer selbst.
Des sinnvollste, was wir m.E. als Deutschland tun können, ist uns bei internationalen Abkommen dafür einzusetzen, dass sie das weiter oder wieder selbst entscheiden können.