Guerilla Gardening

Benutzer 6122 gelöscht

Re: Guerilla Gardening

#21

Beitrag von Benutzer 6122 gelöscht » Mo 24. Sep 2018, 21:43

Ich habe gar nichts dagegen, wenn in den Städten Samen ausgebracht werden von blühenden Pflanzen.
Die Stadt in der ich arbeite, hat sich mit anderen Kommunen zusammengeschlossen. Unter anderem wurden in allen Orten viele Blühflächen angelegt. Bei jedem Straßenbaum sind jetzt statt nacker Erde viele bunte Blumen für die Insekten. Das sieht hübsch aus und das finde ich viel besser als die Hundehaufen, die da vorher zu finden waren. :mrgreen:
Auch Kreisel wurden mit einjährigen Blumen angesät oder mit blühenden Präriestauden bepflanzt. Statt Rasenflächen sind große Blühinseln entstanden.
Und es wurden auch Hochbeete angelegt mitten am Marktplatz, von Kindern angemalt und mit Gemüse, Kräutern und Blumen bepflanzt, wo man sich bedienen kann.
Sowas finde ich echt toll!

Aber wenn ich in freier Natur Pflanzen ausgrabe oder invasive Arten aussetze, finde ich das absolut nicht gut.
Ich habe auch im Frühling Leute getroffen, die im Landschaftsschutzgebiet tütenweise Bärlauchzwiebeln ausgegraben haben. Wenn sie nur die Blätter genommen hätten, wäre es ja nicht so schlimm gewesen. Aber sie waren noch ganz stolz drauf, wie toll die, die sie letztes Jahr an der Stelle ausgegraben hatten, jetzt in ihren Gärten wachsen würden.
Dann haben sie sich noch gewundert, daß ja dieses Jahr der Bärlauch an der Stelle viel weniger geworden wäre?
Ich hab dann nur gesagt: "Na, kein Wunder, wenn Sie jedes Jahr hunderte Pflanzen ausgraben?! Und im Übrigen ist das hier ein Naturschutzgebiet, wo man gar nichts entnehmen dürfte."

Sie sind dann stillschweigend blitzartig verschwunden.
Sowas regt mich auf! :nudel:

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emil17
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Re: Guerilla Gardening

#22

Beitrag von emil17 » Di 25. Sep 2018, 07:09

Sieh die Bärlauchgeschichte positiv:
- Sie kennen offenbar den Bärlauch
- würden sie selteneres wie Maiglöckchen oder Herbstzeitlosen ausgraben (womit der Bärlauch oft verwechselt wird und was regelmässig zu mehreren schlimmen Vergiftungen pro Jahr führt) so würden die Leute die "Bärlauch" ausgraben, seltener, statt die Pflanze
- bei Bärlauch, der typischerweise in Massenbeständen auf frischen Böden auftritt, dürfte die Trockenheit der letzen Jahre Hauptgrund für den Rückgang sein. Womit ich nicht sagen will, dass man in Naturschutzgebieten Pflanzen holen soll.

Das Aussetzen invasiver Arten geschieht übrigens am häufigsten unabsichtlich durch Gartenbesitzer oder Bauunternehmer, z.B. durch wildes Deponieren von Gartenabfällen oder von mit Wurzeln verseuchtem Erdreich irgendwo draussen. Das bewusste "Ansalben" von Arten, um die Wildflora zu bereichern, ist selten.
Ein weiterer Grund für das massenhafte Auftreten problematischer Arten ist der Rückgang der Landwirtschaft: immer mehr Randflächen werden aus der Nutzung entlassen, Flächen fallen brach, die Weidepflage unterbleibt usw. Auch einheimische Arten, deren Vorkommen früher eine Schande für den Landbesitzer war, wie etwa die gewöhnliche Ackerkratzdistel, sind dadurch viel häufiger geworden.
Gerade die Ackerdistel ist ein schönes Beispiel dafür, dass auch einheimische Arten und nicht nur Neophyten sehr lästig werden können.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzer 6122 gelöscht

Re: Guerilla Gardening

#23

Beitrag von Benutzer 6122 gelöscht » Di 25. Sep 2018, 07:54

emil17, mich nervt der Egoismus, der dahintersteckt: Hauptsache, ich habe für lau ganz viel Bärlauch im Garten. Mir egal, daß dann Niemand mehr die Blätter ernten kann.
Kann natürlich schon sein, daß es durch die Trockenheit in 2015 und 2016 zu Verlusten beim Bärlauch kam. Kann aber auch sein, daß ganz viele Leute sich gedacht haben: Oh, den grab ich aus. Die Beiden, die ich da "erwischt" habe, hatten ja da auch schon 2 riesige Plastiktüten voll mit Bärlauchpflänzchen. Die Handschaufeln hatten sie ja gleich dabei. Wenn jedes Jahr mehrere hundert Pflänzchen entnommen werden, wird wohl der Bestand auch mal in der Natur abnehmen.

Genauso sind in dem Tal auch sehr viele Orchideen, die jahrelang direkt am Wegesrand gewachsen sind. Auch die habe ich dort dieses Frühjahr nicht gesehen.
Eine alte Dame mit 88 hat mir erzählt, daß sie früher oft Leuten gezeigt hätte, wo Orchideen und seltene Pflanzen wachsen. Das hat sie dann aufgehört, weil im Folgejahr die Pflanzen dann nicht mehr da waren, weil die Leute die ausgebuddelt haben.

Klar gibt es bei uns auch sehr dominante Wildpflanzen und der Japanische Staudenknöterich z.B. kommt wohl öfter mal durch Gartenabfälle in den Wald. Aber letztens habe ich gelesen, daß die Erdmandel z.B. wohl sehr schwer im Acker zu behandeln ist und sich immer mehr ausbreiten würde.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Guerilla Gardening

#24

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Di 25. Sep 2018, 08:55

Da hab ich so eine Indianerweisheit (?) im Kopf - als Kind gehört und bis heute gemerkt:
"Wenn du Pfanzen erntest, achte, dass immer genügend stehen bleiben, sodass sie sich weiter vermehren kann. Wenn nur wenige Pflanzen da sind, ernte nicht."

Ich finde, man kann weder sagen, dass es ganz und gar verboten ist, Wildpflanzen auszugraben, noch ist es immer gut.

Gibt halt auch hier keine Pauschal-Lösung (siehe "Wolf".... :pfeif: )

Guerilla-Gardening passt echt besser in die Stadt.
Ich meine, so ähnlich wie in den Gemeinschaftsgärten. Wenn es im Rahmen bleibt, freu ich mich über Nachbars Samen (Cosmea :mrgreen: ) und es stört mich auch nicht, wenn bei mir ein bisschen stibizt wird. Nur wenn es überhand nimmt, dann ist es nicht mehr ok.

ich hab vor Jahren 3 Bärlauchpflanzen ausgegraben - von einem Waldstück in der Nähe, wo "die Städter" Bärlauch ernten gehen. Bei mir am Grundstück vermehrt er sich schon, zögerlich, aber es geht voran. In diesem Wald gibt es noch immer massenhaft. ist halt eine Quellregion mit Bach....
wäre nie nie niemals auf die Idee gekommen, 100 Pflanzen auszugraben!

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Oli
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Re: Guerilla Gardening

#25

Beitrag von Oli » Di 25. Sep 2018, 11:45

ina maka hat geschrieben:...
wäre nie nie niemals auf die Idee gekommen, 100 Pflanzen auszugraben!
Zum Glück haben die meisten Menschen genug Augenmaß um für die Allgemeinheit verträgliche Entscheidungen zu treffen. Das Klientel, was hunderte Bärlauchpflanzen ausgräbt ist vermutlich auch das, was regelmässig dabei ertappt wird, Kofferraumladungen voll Pilze aus dem Wald zu karren und fremder Leute Obst zu ernten sowie Enten von der Koppel zu stehlen.

Wahrscheinlich hat sich so das Instrument der sozialen Kontrolle etabliert. Nur schade, dass das nur funktioniert, wenn das Individuum die Gesellschaft in der es lebt schätzt und sich deren Feedback zu Herzen nimmt.

Benutzer 6122 gelöscht

Re: Guerilla Gardening

#26

Beitrag von Benutzer 6122 gelöscht » Di 25. Sep 2018, 21:16

Naja, die meisten Leute, die sich sorglos bedienen, werden ja nicht erwischt. Wäre ich nicht zufällig vorbeigekommen, hätten die noch mehr ausgegraben. So war wenigstens 1 Tüte nicht bis oben hin gefüllt, weil sie wohl doch Muffe gekriegt haben.

Und hier mit den Obstbäumen an den Feldrändern würde ich auch nicht auf die Idee kommen, die abzuernten ohne vorher herumzufragen, wem der Baum gehört. Weil ich weiß, daß hier die meisten Bauern sehr wohl das Obst pflücken und verwerten, das auf ihrem Grund wächst. Entweder für Selbstessen, die Mosterei, die Brennerei oder die Viecher. Die würden sich auch bedanken, wenn irgendwelche Leute hinfahren und die Bäume abernten.

Wenn ich mir beim Spazierengehen aber mal 2 Birnen am Wegesrand pflücke, fällt das bei mir unter die Kleinstkategorie Mundraub. Mehr würde ich mir auch nie nehmen. Oder eben fragen.

@ina maka: Das mit Deinen 3 Zwiebeln finde ich ja noch vertretbar. Wenn irgendwo ein Massenbestand von irgendetwas wächst ist das auch okay. Aber die waren ja ganz stolz drauf, wieviele Quadratmeter Bärlauch sie schon in ihren Gärten haben. Ich hab sie dann noch gefragt, wo sie denn genau wohnen, damit ich in Zukunft dort meinen Bärlauch pflücken kann?
Das haben sie mir -seltsamerweise!- aber nicht verraten... :aeh:

Und mit den Pilzen haben mir meine Großeltern schon als Kind beigebracht, daß man immer mindestens 1 Pilz an der Stelle stehen lassen soll, damit im Folgejahr dort wieder etwas wächst. Die waren aber keine Indianer! ;)

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Re: Guerilla Gardening

#27

Beitrag von ohne_Furcht_und_Adel » Mo 22. Apr 2019, 00:10

Zu den leckeren Pilzen fällt mir ein, daß man da (v.a. aus Eigennutz) auch nicht allem Volk verrät, wo sie wachsen. Ich kenne mich ja ein bißchen aus mit Pflanzen, aber jedem Heiopei über den genauen Standort von Raritäten zu erzählen, das läßt man.
mich nervt der Egoismus, der dahintersteckt: Hauptsache, ich habe für lau ganz viel Bärlauch im Garten. Mir egal, daß dann Niemand mehr die Blätter ernten kann.
Ich habe letztens einen "Guerilla" getroffen, der den Bärlauch selber setzt, pro Aktion halt an mehreren Stellen, die er mit dem Fahrrad erreichen kann. Also die Variante gibt es auch. Ich selber werde auf meinem Pachtgrundstück bald neuen ansiedeln, der müßte da gut wachsen. Die Zwiebeln kriege ich in Gärten der Verwandtschaft hinterhergeschmissen, wegen der Versamung.
Guerilla-Gardening passt echt besser in die Stadt.
Da ist von daher was dran, daß es ursprünglich um die Verschönerung des eigenen (dann tristen, steingeprägten) Lebensumfelds geht; und daß es weit außerhalb oft kaum ungenutzte Stellen gibt, so komisch das klingt. Wenn ich einen kleinen Weißdorn auf der Rheinwiese pflanze, ist das erstens Quatsch, weil es irgendwo in der Nähe genug große Pflanzen gibt, und zweitens knabbern ihn die Schafe ab oder er geht beim ersten Hochwasser zugrunde. Im Buchenforst gedeiht eh nicht viel, im Maisfeld erst recht nicht. Im Naturschutzgebiet muß man schon gucken, was man überhaupt macht. Die Kulturhimbeeren knabbern die Rehe ab, Haselnüsse oder Bärlauch wollen einfach nur gefunden werden, Neophyten verbieten sich. Im urbanen Umfeld aber hat es öfter mal ungenutzte Bereiche, wo was interessantes wachsen könnte. Ich finde es legitim, dann der Natur auf die Sprünge zu helfen und daraus auch selber seinen (begrenzten und Zufällen unterworfenen) Nutzen zu ziehen, oder sogar einfach nur die Insekten dabei im Kopf zu haben. Ich habe es zwar selbst noch nicht probiert, aber wenn es jetzt wie Emil sagte, nicht darum geht, den Feinden Zaunwindenrhizome in die Hecke zu streuen, sondern um eine Bereicherung oder zumindest Begrünung, wo sonst nicht so viel los ist, dann Daumen hoch.

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Re: Guerilla Gardening

#28

Beitrag von Doris L. » Di 23. Apr 2019, 08:49

Im meiner Umgebung werfen viele ihre Grünabfälle in den Wald. Manchmal wächst etwas an, so wie Kirschlorbeer und noch schlimmer Bambus. Es gibt schon richtige Wälder davon. . Die Leute denken nicht nach. Man kann sich eine Grüne Tonne besorgen , ganz kostenlos.

Neulich fand ich auf der Industriebrache sowas wie Lauch, ist es vielleicht auch.Viele kleine Pflanzen. Die Blätter sind blaugrün und flach. Hab mich gewundert was da mitten zwischen dem Gras wächst, ein Stückchen vom Blatt genommen und zerrieben. Ja, das riecht auch wie Porree. Eine der größeren Pflanzen wollte ich aus der Erde holen und das ging nicht , die Pflanze steckte sehr tief im Boden, wobei ich sagen muß das die Erde sehr hart ist und mit Steinen drin, gar keine Gartenerde. Trocken dazu.

Ist das wirklich Lauch und wie kommt der so weit abseits des Weges dahin? In meinen Büchern habe ich gestöbert, etwas wildes ist die Pflanze wohl nicht, nichts gefunden.

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Re: Guerilla Gardening

#29

Beitrag von Rohana » Di 23. Apr 2019, 08:56

Wilde, kleine Lauche wachsen z.B. im Altmühltal, hab auch vor einigen Tagen beim Strassengräben saubermachen viel wilden Lauch gefunden.

Grünschnitt/Grünabfälle im Wald entsorgen ist verboten - nicht zuletzt aus dem Grund den du schon angeführt hast! :bang:
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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Re: Guerilla Gardening

#30

Beitrag von emil17 » Di 23. Apr 2019, 12:11

Doris L. hat geschrieben: Ist das wirklich Lauch
Wild Laucharten gibt es auch in D viele.
Da du schreibst die Blätter seinen flach, dürfte es sich um Allium carinatum, den gekielten Lauch, handeln.
Genauer geht es nur mit Blattquerschnitten und Bild vom Blütenstand.
Kann als Wildgemüse verwendet werden. Bei Lauchgeruch besteht keine Gefahr der Verwechslung mit Giftpflanzen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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