Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

Moderator: kraut_ruebe

Benutzeravatar
emil17
Beiträge: 10753
Registriert: Di 21. Sep 2010, 08:07
Wohnort: In der Schweiz da, wo die Berge am höchsten sind

Re: Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

#41

Beitrag von emil17 » Di 13. Feb 2018, 20:36

Ja ja, immer diese Mehrkosten ...
Wir hatten das Problem auch, als wir bei einer Quartierplanung mehr Grünflächen wollten. Sofort die immer gleiche Rechnung:
Flächenverlust (diese Flächen sind also offenbar verloren) mal Quadratmeterpreis von Bauland ...
Grünflächen seien auch familienfeindlich, denn wenn weniger Wohnungen gebaut werden können, können weniger Familien dort wohnen.

Warum ich in der Glyphosat-Diskussion mit Quartierplanung komme? Weil es genau die gleiche Art Argumentation ist.
Im oben verlinkten Beitrag wird z.B. nicht mal erwähnt, ob ein Herbizidverzicht auch positive Auswirkungen haben könnte.
Das Szenario ist dazu zu simpel: Wir machen alles wie bisher, nur eben ohne Glyphosat.
Das gibt logischerweise Mehrkosten, denn wäre der Verzicht nicht teurer oder unbequemer, würde ja keiner das Zeug verwenden.
Dass ein reiner Milchvieh- und Futterbaubetrieb nicht auf Herbizide angewiesen ist und deshalb der Verzicht auf Glyphosat (brauchen die denn jetzt welches? Falls ja, wozu? Falls nicht, warum ist es dann ein Verzicht?) keine Mehrkosten verursacht, braucht es um das zu merken einen Agronomieprofessor?

Warum wird andersrum der Mehrausstoss von CO2 bei einer Wirtschaft ohne Herbizide so herausgehoben? Da müsste doch jeder für ein Grünlandumbruchverbot sein, weil das für die CO2-Bilanz sehr vorteilhaft wäre. Bei den Grünlanddiskussionen kommt aber das CO2-Argument nie.
Zwischenfrüchte senken den Nmin-Gehalt vor dem Winter im Mittel um 61 kg/ha. Geht bei einem Glyphosatverbot der Zwischenfruchtanbau um ein Drittel zurück, sind nach Prof. Petersens Berechnungen 20.000 t Stickstoffdünger im Jahr zusätzlich nötig. Der Effekt auf das Grundwasser wäre messbar: „30.000 t Nitrat belasten dann das Grundwasser
Sehr interessant, nachdem ja in anderen Diskussionen hier im Forum manche Leute behaupten, die Landwirtschaft hätte mit den zu hohen Nitratwerten im Trinkwasser nichts zu tun ... ich dachte man düngt nicht mehr, als was die Pflanzen aufnehmen können, schon nur weil Dünger etwas kostet?

Irgendwie hab ich das Gefühl, dass hier der Wert einer Sache mit ihrem Preis verwechselt wird.
Falls beispielsweise genug Endverbraucher bereit wären, 2 Groschen mehr pro Kilo Brot oder Kartoffeln zu bezahlen, wenn die sicher glyphosatfrei erzeugt wurden, wäre das doch für alle ein Geschäft. Aber da müsste man mal aus dem Gedankenkreis, Ein Produktionshilfsstoff ist kostensenkend und zugelassen, also kann und darf er keine Nachteile haben, rauskommen.

Ich wiederhole, was ich schon verschiedentlich geäussert habe: Ob ich einem Totalverbot für Glyphosat zustimmen würde, müsste ich mir überlegen. Aber die 5000 Tonnen (5 Millionen Kilo), die pro Jahr in Deutschland ausgebracht werden, sind eindeutig viel zu viel.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzeravatar
fuxi
Förderer 2019
Förderer 2019
Beiträge: 5900
Registriert: Di 3. Aug 2010, 10:24
Wohnort: Ruhrgebiet, Klimazone 8a
Kontaktdaten:

Re: Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

#42

Beitrag von fuxi » Do 15. Feb 2018, 16:00

Zwischenfrüchte senken den Nmin-Gehalt vor dem Winter im Mittel um 61 kg/ha. Geht bei einem Glyphosatverbot der Zwischenfruchtanbau um ein Drittel zurück, sind nach Prof. Petersens Berechnungen 20.000 t Stickstoffdünger im Jahr zusätzlich nötig. Der Effekt auf das Grundwasser wäre messbar: „30.000 t Nitrat belasten dann das Grundwasser
Warum würde bei einem Glyphosatverbot der Zwischenfruchtanbau zurück gehen? Wird nicht gerade im Bio-Bereich, der ja per Definition ohne Glyphosat auskommt, besonders viel mit Zwischenfrucht, Untersaat und Gründungung gearbeitet?
Und Frodos Frage schließe ich mich an, warum düngt man mehr als die Pflanzen aufnehmen können und was hat das mit der verwendung oder Nicht-Verwendung von Glyphosat zu tun?
We have normality. Anything you still can’t cope with is therefore your own problem.

Benutzer 2354 gelöscht

Re: Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

#43

Beitrag von Benutzer 2354 gelöscht » Do 15. Feb 2018, 16:30

einmal muss die ganze Gülle ja irgendwohin darum wird mehr gedüngt und 2 viel hilft viel ( ist wohl nicht so ) .
Emils Einwand finde ich gut , warum probiert man bei anderer Wirtschaftsweise nicht auch andere heran gehensweisen ?
wird ja überall so gemacht Bio Anbau mit den gleichen Sorten , Bio Milch mit Holsteiner Kühen , Bio Eier mit Lege Hybriden usw.

Benutzer 4754 gelöscht

Re: Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

#44

Beitrag von Benutzer 4754 gelöscht » Fr 16. Feb 2018, 20:38

fuxi hat geschrieben:
Zwischenfrüchte senken den Nmin-Gehalt vor dem Winter im Mittel um 61 kg/ha. Geht bei einem Glyphosatverbot der Zwischenfruchtanbau um ein Drittel zurück, sind nach Prof. Petersens Berechnungen 20.000 t Stickstoffdünger im Jahr zusätzlich nötig. Der Effekt auf das Grundwasser wäre messbar: „30.000 t Nitrat belasten dann das Grundwasser
Warum würde bei einem Glyphosatverbot der Zwischenfruchtanbau zurück gehen? Wird nicht gerade im Bio-Bereich, der ja per Definition ohne Glyphosat auskommt, besonders viel mit Zwischenfrucht, Untersaat und Gründungung gearbeitet?
Und Frodos Frage schließe ich mich an, warum düngt man mehr als die Pflanzen aufnehmen können und was hat das mit der verwendung oder Nicht-Verwendung von Glyphosat zu tun?
Der Anbau einer Zwischenfrucht kostet zwischen 100 und 250€/ha,
Das heißt ich muss durch die Zwischenfrucht mindestens 101€ mehr Ernten oder durch geringere Bearbeitung einsparen damit sich das Modell ZF lohnt (logisch oder?).
In der Zwischenfrucht selbst kann sich Unkraut und Ausfallkulturen gut etablieren wenn die Bedingungen für die ZF nicht optimal sind und bei unpassender Witterung friert die Zwischenfrucht nicht ab.
Für die Folgekultur muss der Acker aber sauber sein, sprich frei von lebenden Pflanzen.
Entweder man Greif zu Glyphosat oder zur intensiven (meist wendenden) Bodenbearbeitung um die grünenReste abzutöten.
Die Zwischenfrucht erzeugt einen garen Boden und damit gute Bedingungen für die Folgekultur und das Bodenleben,
mit einer intensiven Bodenbearbeitung zerstöre ich diese Gare,
damit war der Zwischenfruchtanbau für die Katz,
denn so habe ich 100-250€ Mehrkosten produziert ohne Aussicht auf einen besseren Boden / Wirtschaftlichen Mehrertrag.
Da kann ich es gleich wie Opa machen und im Oktober eine saubere Winterfurche ziehen,
mit der komme ich sogar 5-7 Tage früher auf den Acker als die Mulchsaatnachbarn und spare mir die Kosten für die ZF.
Mit allen Nachteilen die eine Pflugsaat hat.

Der Mehrbedarf an Stickstoff rührt daher das eine Zwischenfrucht den Stickstoff der im Sommer/Herbst frei wird aufnimmt und damit vor Auswaschung schützt.
Auf Opas Pflugfurche wäscht der Regen den Stickstoff als Nitrat ins Grundwasser.
Und es wird nicht mehr Gedüngt als die Pflanze braucht.
Es kostet schlicht zu viel
und selbst wenn der Dünger kostenlos wäre hat der Gesetzgeber mit der plausibilisierten Feld-Stall-Bilanz und der Stoffstrombilanz der Überdüngung ein riegel vorgeschoben.
Da müsste doch jeder für ein Grünlandumbruchverbot sein, weil das für die CO2-Bilanz sehr vorteilhaft wäre. Bei den Grünlanddiskussionen kommt aber das CO2-Argument nie.
Alle Betriebe die keine Biolandwirtschaft betreiben dürfen kein Grünlandumbrechen.
Außer es wird bebaut oder mindstens die selbe Fläche wieder zu Dauergrünland gemacht.
Biobetriebe dürfen so viel Wiese umbrechen wie sie bekommen können.

Benutzer 2354 gelöscht

Re: Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

#45

Beitrag von Benutzer 2354 gelöscht » Fr 16. Feb 2018, 20:51

Aus deiner Sicht sauber erklärt. :daumen:
Konvis können Ansprüche kaufen wenn sie Grünland in Ackerland umbrechen wollen ist aber recht teuer.

Benutzeravatar
MeinNameistHASE
Moderator
Beiträge: 1220
Registriert: So 17. Apr 2011, 19:51
Familienstand: Single
Wohnort: Zwischen Monte Kali und Wasserkuppe in der Rhön

Re: Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

#46

Beitrag von MeinNameistHASE » Fr 16. Feb 2018, 21:16

Warum düngt man mehr als die Pflanzen aufnehmen?

1. Stickstoff und andere Nährstoffe sollen im Sinne einer ökonomischen Produktion nicht limitierend wirken (Liebigs Minimumgesetz)
2. Der Dünger kann nicht zu 100% effizient aufgenommen werden, selbst bei Aufteilung in 3 oder mehr Düngegaben.
3. Die Faktoren Boden und Wetter sorgen für einen natürlichen Verlust durch Festlegung, Auswaschung oder Ausgasung => Dieser Anteil ist nicht/nur bedingt pflanzenverfügbar und wird von vornherein abhängig von Bodenbewertung durch Zu- oder Abschlag eingerechnet.
4. kostenlose Düngewirkung von Boden und Luft (immerhin bis zu 20kg N/ha und Jahr)

Zu den Zwischenfrüchten:

Das hat Ölkanne schon erklärt.
Ich verlasse mich auf meine Sinne: Irrsinn, Wahnsinn und Blödsinn!

Benutzer 4754 gelöscht

Re: Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

#47

Beitrag von Benutzer 4754 gelöscht » Fr 16. Feb 2018, 21:19

ihno hat geschrieben: Konvis können Ansprüche kaufen wenn sie Grünland in Ackerland umbrechen wollen ist aber recht teuer.
Ja, den sogenannten Ackerstatus
der wird aber nur Handelbar wenn ich aus AL DGL mache ohne bei mir im Betrieb DGL in AL zu verwandeln.
Diese Fläche Ackerstatus kann ich dann für viel Geld an meinen Nachbarn verkaufen und der kann DGL in AL umwandeln
In der Summe wird es damit nie weniger DGL mehr geben (von Baumaßnahmen abgesehen).

Benutzeravatar
emil17
Beiträge: 10753
Registriert: Di 21. Sep 2010, 08:07
Wohnort: In der Schweiz da, wo die Berge am höchsten sind

Re: Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

#48

Beitrag von emil17 » Sa 17. Feb 2018, 01:02

Das von Oelkanne aufgezeigte betriebswirtschaftliche Motiv ist logisch, wenn es darum geht, mit möglichst niederigen Kosten den Ertrag zu optimieren.
Diese Strategie hat nur einen Fehler.
Die Einheit, in der die Natur rechnet, ist nicht der Euro.
Die Kollateralschäden dieser Art Landwirtschaft tragen alle.
Mit dem Kostenargument kann man alles plattmachen und die Überdüngung rechtfertigen, die sich rechnet, solange der Mehrertrag grösser ist als der Mehraufwand.

Klar, der einzelne Landwirt kommt aus der Nummer nicht raus, er muss ja wirtschaftlich überleben. Da heisst aber, man muss jeden Unsinn mitmachen, wenns kurzfristig kostensenkend ist.

Warum "hat der Gesetzgeber mit der plausibilisierten Feld-Stall-Bilanz und der Stoffstrombilanz der Überdüngung einen Riegel vorgeschoben?"
Dafür gibt es einen einzigen Grund: Weil sonst noch viel mehr draufgehauen würde, Überdüngung egal.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzer 2354 gelöscht

Re: Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

#49

Beitrag von Benutzer 2354 gelöscht » Sa 17. Feb 2018, 06:55

Mit der Folge das noch mehr Gülle quer durch Deutschland gekarrt wird.
Das Schwein aus Cloppenburg macht Pippi in der Lüneburger Heide.Damit die leckeren Heidekartoffeln anschliesend in der Biogasanlage landen .

Benutzeravatar
Rohana
Förderer 2018
Förderer 2018
Beiträge: 5318
Registriert: Mo 3. Feb 2014, 21:31
Familienstand: verheiratet
Wohnort: Oberpfalz

Re: Alternativen zu Glyphosat und anderen Totalherbiziden?

#50

Beitrag von Rohana » Sa 17. Feb 2018, 07:37

Wie wärs wenn jede/r hier ebenfalls den Papierkrampf mit Düngebedarfsermittlung und Stromstoffbilanz macht? :)
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

Antworten

Zurück zu „Aufbauende Landwirtschaft (Regenerative Agriculture)“