Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

Moderator: kraut_ruebe

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emil17
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Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#111

Beitrag von emil17 » Mo 26. Dez 2016, 12:07

Das Grundproblem ist, dass egoistisches Verhalten vor dem Crash belohnt wird, dass das Risiko eines Crashs aber alle trifft. Also lohnt es sich nicht, in Zeiten "normalen" Wirtschaftswahnsinns Zurückhaltung zu üben. Das ist die Logik des Heuschreckenschwarms.
Früher gab es wenigstens Ansätze darin, durch Religion hemmungslosen Egoismus auf Kosten aller anderen - hierzu rechne ich auch einen Steuerboykott - zu begrenzen. Heute wird berühmt, wer möglichst rasch möglichst viel Kohle macht. Wie und auf wessen Kosten, ist egal, die anderen sind dann eben die Dummen.
Wie zu jeder Zeit gibt es auch heute Untergangspropheten aller Art. Für die ist YouTube eine sehr gute Plattform - kostet nix, keine Redaktion, d.h. jeder kann jeden Käse einstellen, solange man keinen blanken Busen zeigt (was nicht das selbe wie Meinungsfreiheit ist). Aber warum soll man es sich antun, all das Zeug anzugucken und anzuhören?
Die meisten dieser Warmluftschwafler wissen natürlich genau, woran es liegt, und die Rezepte laufen stets darauf hinaus, wie man beizeiten schadlos aussteigen kann. Das dazu passende Sprichwort lautet: "Die Ratten verlassen das sinkende Schiff". Die Frage ist, ob man eine Ratte sein will.

An sich braucht es doch nur drei Dinge:
- keine leistungslosen Einkommen
- negative Rückkopplung zwischen Vermögen und Einkommen
- man soll den Kleinen helfen, nicht den Grossen

Es reduziert sich auf den alten Grundsatz, dass man die anderen so behandeln soll, wie man selber behandelt werden will.
Andersrum formuliert, Gier frisst Hirn.
Leistungslose Einkommen sind bequem, aber im Verhalten "du bist ein Depp, wenn du nicht mitmachst und beizeiten abzuspringen versuchst" vergrössert man nur das Übel.
Benehmt Euch doch einfach redlich und anständig und versucht nicht, mehr zu kriegen, als Euch aufgrund von dem zusteht, was ihr selber geschafft habt. Dann kann man in den Spiegel gucken und alles andere kann man sowieso nicht beeinflussen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#112

Beitrag von Manfred » Di 27. Dez 2016, 10:59

emil17 hat geschrieben: An sich braucht es doch nur drei Dinge:
- keine leistungslosen Einkommen
- negative Rückkopplung zwischen Vermögen und Einkommen
- man soll den Kleinen helfen, nicht den Grossen.
Also Einkommensverbot für Kinder, Kranke, Alte, Arbeitslose? Betteln gehen dürfen sie aber noch?
Und das in einer Gesellschaft, in der immer mehr Arbeit von Maschinen übernommen wird.
Den Kleinen darf dann durch ein Recht auf Arbeit geholfen werden? Welche Arbeit, die Maschinen nicht billiger erledigen können? Oder hoffst du auf günstigere Preise am Markt der sexuellen Dienstleistungen, wie mancher großkopferte FDPler?
Und eine negative Rückkopplung zwischen Vermögen und Einkommen? Wer sich ein Haus erarbeitet hat fürs Alter kriegt nur noch die Hälfte vom Lohn, weil er ja keine Miete zahlen muss?

Ich gehe davon aus, dass das nicht so gemeint war, wie es da steht. Aber genau das ist das Problem mit den einfachen Antworten auf komplexe Problemstellungen.

viktualia

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#113

Beitrag von viktualia » Di 27. Dez 2016, 12:02

Da kann man wieder sehen, wie verschieden die Menschen assoziieren:
keine leistungslosen Einkommen
hab ich mit
man soll den Kleinen helfen, nicht den Grossen.
gekoppelt und gut war:
Kinder, Kranke, Alte, Arbeitslose
und Behinderte
werden "beschäftigt" und gut ist.

negative Rückkopplung zwischen Vermögen und Einkommen
les ich wie ein Potlach-Fest: https://de.wikipedia.org/wiki/Potlatch
die Reichen werde in dem Maße geachtet, wie sie was zum abgeben haben.

Ich weis nicht, wie es Emil damit geht, mich stört am Grundeinkommen der Gedanke des beschäftigungslosen, ich empfinde das aus psychologischer Sicht als eine Kriegserklärung an die Menschlichkeit. Aber das ist ja nicht das Thema.

Manfred

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#114

Beitrag von Manfred » Di 27. Dez 2016, 12:08

Womit wir wieder beim fehlenden gemeinsamen Kontext wären.
Solange es keinen gemeinsamen Kontext gibt, an dem mögliche Maßnahmen gemessen werden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die getroffenen Maßnahmen in die Hose gehen. Einer schreit "kein leistungsloses Einkommen!" und jeder versteht etwas anderes darunter. So verkommt der Ausruf zur wertkosen Worthülse.
Und natürlich gehört auch die Diskussion über ein Grundeinkommen in diesen Themenkreis und kann nicht sinnvoll unabhängig davon geführt werden.

viktualia

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#115

Beitrag von viktualia » Di 27. Dez 2016, 12:23

Huch, @Manfred, ähm, erst sagt Emil "keine leistungslosen" statt "bedingungslos",
dann machst du "dürfen die noch Betteln" draus, ich tu die Beschäftigung wieder rein und jetzt ist der Kontext weg?
Geht mir zu schnell.

Und klar, das Grundeinkommen hört hier rein, ich mag aber jetzt keine psycho-Baustelle aufmachen wegen der Bedeutung des Tätig-seins für den Menschen im allgemeinen und Benachteiligte im besonderen.

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emil17
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Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#116

Beitrag von emil17 » Di 27. Dez 2016, 13:14

Ob es einen Kontext gibt oder nicht hängt davon ab, ob man ihn finden oder nicht wahrhaben will.
Eine Rente ist selbstverständlich kein leistungsloses Einkommen, denn die hat man sich ja vorher erarbeitet.
Die negative Rückkopplung ist sehr einfach zu verstehen, wenn man es denn verstehen und nicht missverstehen will:
Je mehr Einkommen man schon hat, desto mühsamer soll der Erwerb zusätzlichen Einkommens sein. Das versucht ja die Steuer durch Progession zu bewirken, leider ohne nennenswerten Effekt. Jetzt ist es ja umgekehrt - wer viel Geld hat, dem vermehrt es sich, ohne dass er selbst noch etwas machen muss.
Wer sich ein Haus erarbeitet hat fürs Alter kriegt nur noch die Hälfte vom Lohn
Man muss es ja nicht so dumm wie möglich ausgestalten. Zumal Naturalerträge aus "erarbeitet" nicht leistungsloses Einkommen sind.
Manfred hat geschrieben:Oder hoffst du auf günstigere Preise am Markt der sexuellen Dienstleistungen
:eek: Ich kenne mich in dieser Branche gar nicht aus, weil ich bisher keinen Anlass hatte, mich als Kunde oder Anbieter damit zu beschäftigen. Daher kann ich da nicht mitreden. Aber wem das wichtig genug erscheint, der darf das natürlich hier erwähnen.
Manfred hat geschrieben:Ich gehe davon aus, dass das nicht so gemeint war, wie es da steht. Aber genau das ist das Problem
Was steht denn "da"? Die Begriffe Betteln und Einkommensverbot habe ich nicht verwendet. Also muss nicht ich mich für diese rechtfertigen.
Womit wir wieder beim fehlenden gemeinsamen Kontext wären.
Ich denke, ich darf schon voraussetzen, dass die Leute, die darüber diskutieren möchten, lesen können und es auch tun? Wie kann ein Kontext entstehen, wenn nicht mal das funktioniert? Es wird auch dann noch schwierig genug werden, da mach ich mir keine Illusionen.
Emil hat geschrieben:Benehmt Euch doch einfach redlich und anständig und versucht nicht, mehr zu kriegen, als Euch aufgrund von dem zusteht, was ihr selber geschafft habt.
Dass du, Manfred, diesen Satz von mir nicht kommentierst, nehme ich jetzt einfach einmal zur Kenntnis.

@ Viktualia: Ich bin kein Freund eines (bedingungslosen) Grundeinkommens. Dazu gibt es ein recht langes Thema hier im Forum. Aber ich war auch erstaunt zu lesen, wie schnell sich manche Diskussionen verirren können.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#117

Beitrag von Manfred » Di 27. Dez 2016, 14:18

Es gibt immer einen Kontext. Nur ist der idR weder ein Gemeinsamer noch ist er ausreichend weit gefasst.

Ein DDR-Bürger, dessen Staat pleite gegangen ist, und dessen Rente jetzt von einer jungen Generation bezahlt wird, die weder in der DDR gelebt hat noch von dieser profitiert, hat der sich diese Rente wirklich erarbeitet?
Jemand, der 50 Jahre die Launen eines üblen Vaters erträgt, um dann dessen Vermögen erben zu können, hat der nichts geleistet?

Je länger ich darüber nachdenke, desto unsinniger wird der Begriff "leistungslos".
Auch wer ein großes Vermögen verwaltet, leistet etwas.
Und leistet ein Kind nichts, dass mit seinem Lachen seine Eltern erfreut? Aber um Kinder und Kranke hast du deine Vorstellung vom "leistungslos" ja schon relativiert.

Manfred

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#118

Beitrag von Manfred » Di 27. Dez 2016, 14:43

emil17 hat geschrieben:
Emil hat geschrieben:Benehmt Euch doch einfach redlich und anständig und versucht nicht, mehr zu kriegen, als Euch aufgrund von dem zusteht, was ihr selber geschafft habt.
Dass du, Manfred, diesen Satz von mir nicht kommentierst, nehme ich jetzt einfach einmal zur Kenntnis.
Bis dahin bin ich beim lesen gar nicht gekommen, weil das vorher geschriebene schon so wirr und aus der Luft gegriffen war.

Der Satz wirft aber weitere Fragen auf, die wieder nur jeder vor seinem Kontext beantworten kann.
Ich habe z.B. nicht den Eindruck, dass Donald Trump die Einsicht hätte, etwas von dem was er hat, habe er nicht selbst geschafft oder es stehe ihm nicht zu.

Manfred

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#119

Beitrag von Manfred » Di 27. Dez 2016, 18:20

@Emil: Kennst du den Plan B der Wissensmanufaktur? Ich denke, das könnte in die Richtung gehen, die du meinst. Bin mir aber nach wie vor nicht sicher, was du wirklich meinst und auf welche Dimension von Vermögen du deine Äußerungen beziehst.
http://www.wissensmanufaktur.net/plan-b

Ich sehe große Vermögen nicht grundsätzlich als Nachteil. Sie geben einzelnen Menschen die Möglichkeit eine große Idee umzusetzen, für die aus der Masse heraus keine Finanzierung zu erreichen wäre, bzw. wiederum nur für Leute, die in der Lage sind, Massen zu mobilisieren.
Ich denke z.B. an Elon und Musk Tesla. Oder an einige Projekte von Bill Gates (wobei ich andere seiner Projekte gar nicht gut finde...)
Solche schnellen Fortschritte auf innovativen Gebieten sehe ich durchaus als Vorteil an.

Das Problem sehe ich da, wo Megavermögen konzentriert an Erben weitergegeben werden, die damit sehr viel Macht erlangen, die aber durch nichts anderes als dieses Erbe gerechtfertigt ist. Da müsste aus meiner Sicht einer der nötigen Schnitte ansetzen. Die Erblasser von Großvermögen sollten gezwungen werden, diese spätestens bei Eintreten des Erbfalls auf viele kleinere Vermögen zu verteilen.
Wenn dann 100 Leute jeweils 10 Millionen erben würden statt einem, der eine Milliarde erbt, wäre schon sehr viel erreicht.

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Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#120

Beitrag von emil17 » Di 27. Dez 2016, 21:07

Zum Schluss finden wir uns ... Zum Beispiel mit der Geschichte vom Erben.
Ich definiere Leistung nicht ausschliesslich über etwas, was Geld fliessen lässt.
Auch bei Trump hast du vermutlich Recht.
Bei grossen Vermögen stellt sich die Frage, wie sie entstanden sind. Es gibt viele Superreiche, die im Alter zu Philanthropen werden, vermutlich weil sie kurz vor dem Ende noch merken, dass das letzte Hemd keine Taschen hat. Bill Gates ist so ein Fall; seine Geschäftspraktiken waren nicht immer ganz koscher, auch wenn er womöglich nur einer unter Vielen war, die sich so benommen haben.


Worauf ich hinaus will: Das Geldwesen ist unter anderem deshalb so instabil, weil jeder der Versuchung erliegen kann, auf Kosten von anderen rasch zu mehr zu kommen. Das System entkoppelt die Gewinner von den Verlierern. Ich kann zum Beispiel, indem ich meine zukünftige Rente an der Börse anlege, einen hübschen Gewinn machen, der dem Erlös einer Erwerbsarbeit mehrerer Jahre entspricht, und muss nicht merken, dass das nur möglich ist, weil anderswo Leute zu unfairen Bedingungen arbeiten müssen, um nicht zu verhungern.
Der innere Widerspruch liegt doch darin, dass ein System, das Egoismus belohnt, Basis der Gesellschaft sein soll. Ein gerechtes und stabiles Geldystem kann auf dieser Grundlage nicht langfristig funktionieren.

Bedenkliche Tendenzen sehe ich darin, dass die vermögenden Leute unseren Staat zu ihren Gunsten umbauen: Lohnarbeit wird benachteiligt, indem der Arbeitgeber hohe Lohnnebenkosten hat und der Lohnbezüger nach der Einkommensteuer noch Mehrwertsteuer zahlt, wenn er das Geld dann wieder ausgibt. Dividenden aus Aktien sind dagegen steuerfrei, weil "das Geld ja schon als Gewinn von der Aktienfirma versteuert wurde", obwohl es genauso von einer juristischen Person (der Firma) zu einer anderen (dem Aktionär, der nicht mit der Firma identisch ist) fliesst. Würde man alle Transaktionen gleich besteuern, würde sich die Steuerlast der tatsächlich arbeitenden Leute sehr verringern.
Gleichzeitig will man durch Unternehmenssteuersenkungen den Wirtschaftsstandort konkurrenzfähig halten, die Steuerausfälle werden dann denjenigen auferlegt, die nicht mobil sind. Zudem will das Grosskapital die Autonomie der Staaten einerseits behalten (um den ruinösen Steuerwettbewerb zu erhalten) und andereseits aushebeln (siehe internationale Handelsabkommen, wo sich die Konzerne der nationalen Rechtsprechung zu entziehen suchen).
Ich sehe da eine Parallele zum Vorabend der französischen Revolution, wo die Steuerlast sehr asymmetrisch zu Lasten der einkommenssschwachen Kreise verteilt war, während die Macht im Staat nicht durch diejenigen ausgeübt wurde, die zu zahlen hatten.

Wie man nun ein Finanz- und Währungssystem ausgestalten kann, damit die persönliche Initiative nicht ausgehebelt wird und gesellschaftliche Gerechtigkeit (was ist das eigentlich?) nicht in Frage gestellt werden kann, das herauszufinden gibt es Berufenere als mich. Vielleicht liegt die Lösung nicht in einem System, sondern in vielen nebeneinander existierenden. Das kann nur in einem demokratischen Entscheidungsfindungsprozess erarbeitet und beschlossen werden.
Unabdingbar ist natürlich, dass die Politiker verantwortungsvoll mit dem ihnen anvertrauten Steuergeld umgehen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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