Zahl der Demenzkranken steigt

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Spottdrossel
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Re: Zahl der Demenzkranken steigt

#11

Beitrag von Spottdrossel » So 8. Dez 2013, 17:33

autark_heizen hat geschrieben:Auch ich habe eine schwerst Demenzkranke in der Familie. Sie ist eines von vier Geschwistern im Alter von 83 bis 90. Diese sind sich alle sehr ähnlich, Aussehen, Verhalten, Gang, Reden. Die anderen drei sind geistig topfit, nur körperlich mehr oder weniger gebrechlich. Ich habe daher überlegt, was der Unterschied ist, denn die Erbanlagen können da ja nicht ausschlaggebend sein.
Doch, was von den Genen jetzt wie gewichtet wird, kann sehr unterschiedlich sein.
Ist mir auch erst bewußt geworden, seit ich eine Horde Gäule kenne, die alle von zwei Elternpaaren abstammen. Was es für Unterschiede in Charakter und Körperbau zwischen Vollgeschwistern geben kann, ist der Hammer.
Bei den heutigen 1 1/2 Kind-Familien fällt das nur nicht so auf, weil man nur die Ähnlichkeiten zwischen Geschwistern beachtet.
Das aber Rauchen nicht gerade förderlich sein dürfte, ist unstrittig.
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Senf
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Re: Zahl der Demenzkranken steigt

#12

Beitrag von Senf » So 8. Dez 2013, 18:39

@Aduja

Wir haben im Familienkreis eine schwer Demenzkranke. Seit sie feste Betreuungspersonen hat, denen sie vertraut und die nicht nur pflegerisch um sie kümmern, ist sie um vieles ansprechbarer geworden, obwohl sie selbstverständlich nie wieder "geheilt"wird. Wie es mit Demenzkranken ist, ist mir daher bekannt, weiters ist mir bekannt, dass man in ein paar Wochen gar nichts erreicht, nach längeren Zeiträumen jedoch Veränderungen feststellen kann.

Quote:
Ich habe als Studentin Meinungsumfragen unter Ärzten durchgeführt (im Auftrag einer Pharmafirma, die wirkungslose Mittelchens verkaufen wollte) und habe damals so gut wie alle mit Alzheimer befassten Ärzte angerufen. Manche haben mir sehr interessante Dinge erzählt, was sie mit verschiedenen Therapien erreichen, zum Beispiel mit Musik. Das heilt die Patienten zwar nicht, aber es verbessert ihren Zustand insofern, als sie sich in ihrer Umgebung wieder besser zurecht finden, manchmal wieder Menschen in ihrer Umgebung erkennen usw.

Das ist in meinen Augen was wert, auch wenn der vorherige Zustand niemals wieder erreicht wird.[/quote]

Quote:
Klar ist das auch was wert.. Aber wenn Du das kennst, sollte dir bewusst sein wie wichtig heilende oder zumindest lindernde Medikamente wären..
Demenz ist Hölle.. Auch für die Betroffenen - die sind sich nämlich am Anfang Ihres Leidens durchaus bewusst was mit Ihnen geschieht.
Von den Angehörigen ganz zu schweigen.. Die haben das härteste Los gezogen.. Im schweren Zustand ist das ein 24 stunden Job bei dem das eigene Leben komplett den Bach runter geht.. Vorher im mittelschweren Stadium ist es auch nicht witzig - da kommen bei den Patienten nämlich gerne ein ausgeprägter Weglauftrieb und Agressionen dazu...kein Zeitgefühl mehr, verschobene Wahrnehmung, Halluzinationen.. Da leidet die ganze Familie drunter..
Forschung kostet Geld..viel Geld.. Und das damit dann auch Geld verdient werden muss ist auch klar.. Klar schießen da welche übers Ziel hinaus.. Das ist nicht schön. Aber um den immensen Aufwand für ein einziges Medikament alleine zu betreiben, gehen Millionen flöten.. Labore, klinische Tests, Forscher, Sachbearbeiter zur Dokumentation.. Wie soll das ohne Geld gehen...?
Ich bin nicht verrückt- nur Verhaltensoriginell!

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Re: Zahl der Demenzkranken steigt

#13

Beitrag von Adjua » So 8. Dez 2013, 19:14

Ich hab nie gesagt, das es ohne Geld und Medikamente gehen soll. Je nach Erfordernis bekommen die Patienten jetzt schon ein Menge verschrieben, ohne das die Pflege oft unmöglich wäre. Vom Aggressionshemmer bis zum Schlafmittel, was weiss ich alles. Aber nichts davon hilft gegen die Demenz selbst.

Klar muss geforscht werden - aber ist es dazu notwendig, irgendwelche stimmungsmachenden Artikel in Umlauf zu bringen?

Am meisten Geld kostet immer noch die Pflege - wenn man will, das Demenzkranke ein menschenwürdiges Dasein führen.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Zahl der Demenzkranken steigt

#14

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » So 8. Dez 2013, 20:24

Senf hat geschrieben:Wenn du das durchgehalten hast wirst Du feststellen das nichts davon auch nur im Ansatz irgendwas geholfen hat.. Schon gar nicht deine Beschäftigung.
hm
Senf hat geschrieben:Wir haben im Familienkreis eine schwer Demenzkranke. Seit sie feste Betreuungspersonen hat, denen sie vertraut und die nicht nur pflegerisch um sie kümmern, ist sie um vieles ansprechbarer geworden,
:daumen:
Das klingt ja schon viel besser!! :wink_1:

Wir haben keinen Demenzfall in der Familie, aber wir kannten wir die Urli der Nachbarn in der Steiermark sehr gut.
Sie hatte ihr Lebtag hart in der Landwirtschaft gearbeitet, und sie war bis zum Schluss körperlich total fit. -
Nur leider ließen ihre geistigen Fähigkeiten immer mehr nach. Es war für ihre Schwiegertochter beinah ein Horror, sie schlief kaum noch und wanderte dann gerne (auch im Stockdunklen) alleine in den Wald.
Also - sie hatte nie in einem Büro gearbeitet :hmm:

Meine Großeltern waren beide bis zum Schluss geistig recht fit, er hat wohl gegen Ende seiner Berufslaufbahn nur mehr "geistig" (und sitzend) gearbeitet.
Allerdings war es unmöglich, mit irgendwelchen neuen Ideen zu kommen - ist das auch schon eine schwache Form von Demenz??

Leider finde ich das nicht mehr, wo ich´s gelesen hab - den Lebensbericht eines Menschen, der wußte, dass er bald sterben wird müssen.
Es war sehr berührend - sehr viel Weisheit drin.
Am meisten kann ich mich noch erinnern an die Antwort auf die Frage "wie halten sie es aus mit dem Bewußtsein, dass es bald kein Morgen mehr geben wird?" - "Ich brauch doch kein Morgen, um heute gut zu leben"

(aus der Erinnerung niedergeschrieben)

Ich denke, so ähnlich ist es bei Demenemzkranken - jeder Moment, den sie glücklich verbringen dürfen, macht sie glücklich.
für die Ewigkeit eines Augenblickes....

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Re: Zahl der Demenzkranken steigt

#15

Beitrag von Olaf » So 8. Dez 2013, 21:55

Moin,
falls da jemand irgendwie Infos braucht, mein Brötchengeber ist ziemlich involviert in das Thema.
Ich verlinkt das wegen der Adresse unten rechts, die Frau Alband ist sehr nett und auch kompetent und kann bestimmt auch überregional weiterhelfen, an wen man sich wenden kann:
http://www.diakonissenhaus.de/menu/bera ... ittelmark/
Über die Gründe könnt ihr ohne mich philosphieren.
LG
Olaf
Irgendwo hier hab ich das schonmal geschrieben:
Hier, auf dem Flur wo mein Büro ist war mal ne Ausstellung, letztes Jahr.
Von einem offensichtlich, zumindest meiner bescheidenen Meinung nach talentierten Maler. Mit eben irgendwann Demenz.
Der hat offenbar eine Brücke in Venedig so gern gemalt.
Die Tochter hat die Bilder rausgerückt. Es war beeindruckend.
Erst so, naja, ich glaube das ist Expressionismus. Und dann wurde es immer einfacher, irgendwann nicht mehr räumlich,irgendwann war auch die Brücke weg, zum Schluss blieben Strichmänneken und ganz zum Schluss Farbklekse und Kreise.
Wie wenn Kinder zu malen anfangen, nur umgekehrt.
Ich fand das verständlicher als jede Erklärung.
Eigentlich bin ich ein netter Kerl.
Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.

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Re: Zahl der Demenzkranken steigt

#16

Beitrag von si001 » Mo 9. Dez 2013, 09:46

Olaf hat geschrieben:Wie wenn Kinder zu malen anfangen, nur umgekehrt.
Ich fand das verständlicher als jede Erklärung.
Puh, ja! Eine gute Erklärung! Danke.
Liebe Grüße, si001!
-----------------------
www.miteigenenhaenden.de

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Re: Zahl der Demenzkranken steigt

#17

Beitrag von Adjua » Mo 9. Dez 2013, 13:59

si001 hat geschrieben:
Olaf hat geschrieben:Wie wenn Kinder zu malen anfangen, nur umgekehrt.
Ich fand das verständlicher als jede Erklärung.
Puh, ja! Eine gute Erklärung! Danke.
Der Vergleich mit einem kindlichen Geist ist für mich auch immer sehr hilfreich. Wenn man einen Menschen mit Demenz wie ein Kind sieht und nicht dauernd mit einem voll funktionalen Erwachsenen vergleicht, tut man sich um vieles leichter.

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Spottdrossel
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Re: Zahl der Demenzkranken steigt

#18

Beitrag von Spottdrossel » Mo 9. Dez 2013, 17:50

Adjua hat geschrieben:
si001 hat geschrieben:
Olaf hat geschrieben:Wie wenn Kinder zu malen anfangen, nur umgekehrt.
Ich fand das verständlicher als jede Erklärung.
Puh, ja! Eine gute Erklärung! Danke.
Der Vergleich mit einem kindlichen Geist ist für mich auch immer sehr hilfreich. Wenn man einen Menschen mit Demenz wie ein Kind sieht und nicht dauernd mit einem voll funktionalen Erwachsenen vergleicht, tut man sich um vieles leichter.
Ja, nur der Unterschied für die Angehörigen ist, daß es ja nur Rückschritte geben kann, während man bei einem Kind die Fortschritte in der Entwicklung hat, um in schwierigen Zeiten seine Akkus aufzuladen.
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Re: Zahl der Demenzkranken steigt

#19

Beitrag von sybille » Mo 9. Dez 2013, 19:54

Der Vergleich mit einem kindlichen Geist ist für mich auch immer sehr hilfreich. Wenn man einen Menschen mit Demenz wie ein Kind sieht und nicht dauernd mit einem voll funktionalen Erwachsenen vergleicht, tut man sich um vieles leichter.
Mit einem Kind darf man sie nur bedingt vergleichen. Sie haben schließlich das Leben eines erwachsenen Menschen hinter sich und wollen auch als erwachsenen Menschen behandelt werden (je nach Stadium).
Hühner sind Menschen wie Du und ich, nur das sie zur Hausordnung Hackordnung sagen.

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Re: Zahl der Demenzkranken steigt

#20

Beitrag von Lehrling » Mo 9. Dez 2013, 20:42

sybille hat geschrieben:
Der Vergleich mit einem kindlichen Geist ist für mich auch immer sehr hilfreich. Wenn man einen Menschen mit Demenz wie ein Kind sieht und nicht dauernd mit einem voll funktionalen Erwachsenen vergleicht, tut man sich um vieles leichter.
Mit einem Kind darf man sie nur bedingt vergleichen. Sie haben schließlich das Leben eines erwachsenen Menschen hinter sich und wollen auch als erwachsenen Menschen behandelt werden (je nach Stadium).
Ich vermute mal, Sybille meinte bei dem Vergleich mit einem Kind, daß man einem Kind gegenüber mehr Geduld und Nachsicht zeigt ob seines Verhaltens als einem Erwachsenen - und genau das ist es wohl, was man braucht im Umgang mit einem Demenzkranken.

liebe Grüße
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