Kuhfleisch

Manfred

Kuhfleisch

#1

Beitrag von Manfred » Mo 17. Jun 2013, 08:38

Bericht über einen Kuhfleisch-Reifungsbetrieb im Baskenland:

http://www.prosieben.de/tv/galileo/vide ... 1.3575716/

sybille
Beiträge: 4322
Registriert: Mi 2. Nov 2011, 20:48

Re: Kuhfleisch

#2

Beitrag von sybille » Mo 17. Jun 2013, 18:53

Sehr interessant! Aber liegt es wirklich am Alter der Kühe, das das Fleisch so gut ist oder an der langen Reife? Das einzige, was mich etwas gestört hat war der kurze Ausschnitt mit dem Schimmel am Fleisch.
Hühner sind Menschen wie Du und ich, nur das sie zur Hausordnung Hackordnung sagen.

Sabi(e)ne
Beiträge: 8711
Registriert: Di 3. Aug 2010, 16:34
Wohnort: Weserpampa

Re: Kuhfleisch

#3

Beitrag von Sabi(e)ne » Mo 17. Jun 2013, 19:11

Bullenfleisch ist grundsätzlich grobfaseriger, egal wie jung oder alt, weibliche Tiere sind feinfasriger.
Und natürlich hängt es vom Reifen ab, wie zart es am Ende wirklich ist.
Ich hab schon vor 30 Jahren gesagt, ich mag alte Milchkühe lieber als Jungbullen..... :engel:
Es kann sich ja kaum ein Metzger leisten, wirklich 4 Wochen oder noch länger abhängen zu lassen - der Wasserverlust beträgt bis zu 12%, was bezahlt werden muß....
Siehe auch http://www.selbstvers.org/forum/search. ... %C3%A4ngen hatten wir ja schon öfters.
I love life. And it loves me right back.
And resistance is fertile. :-)

Words are no substitute for actions...

Benutzeravatar
emil17
Beiträge: 10829
Registriert: Di 21. Sep 2010, 08:07
Wohnort: In der Schweiz da, wo die Berge am höchsten sind

Re: Kuhfleisch

#4

Beitrag von emil17 » Mo 17. Jun 2013, 21:21

Ich benutze das Fleisch von jungen Kühen, um daraus Trockenfleisch zu machen. Ist preisgünstiger als vom Rind und der Gewichtsverlust ist geringer, geschmacklich kein Unterschied.

Mit Fleisch von alten Kühen ist das so eine Sache, uns wurde beim Bund oft Fleisch verfüttert von Tieren die offenbar in der Habacht-Stellung getötet wurden, so stramm (= zähe) war das.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Kuhfleisch

#5

Beitrag von Manfred » Mo 17. Jun 2013, 21:37

@Sybille: Das Alter spielt eine wichtige Rolle. Je älter, desto intensiver der Eigengeschmack und bei entsprechender Fütterung ist dann auch die Fetteinlagerung optimal.
In D zählt hauptsächlich der Preis. Deshalb werden die Masttiere (egal ob Hähnchen, Schweine oder Bullen) in mögl. kurzer Zeit aufgeblasen. In anderen Ländern ist es noch schlimmer. In den USA z.B. gibt es kaum noch einen Mastbullen, der nicht für schnellere Gewichtszunahme und bessere Muskelentwicklung mit Hormonen behandelt wird. Die Tiere erhalten bei Aufnahme in den Maststall ein Hormonimplantat, dass über die Mastdauer hinweg nach und nach die Wirkstoffe abgibt.
Ohne Hormongabe rentiert die Mast dort nicht mehr, weil die Mastdauer dann zu lang und damit zu Kosten zu hoch werden.
Dieses Schnellmastfleisch hat auch einen höheren Wasseranteil und wird natürlich auch nicht mehr als unbedingt nötig abgehangen und schrumpelt dann in der Pfanne zusammen und schmeckt nach Garnichts.

Der Anblick von Edelschimmel auf Fleisch ist gewöhnungsbedürftig, aber in der Trockenreifung ganz normal.
Nach Abschluss der Reifung wird die äußere Fleischschicht großzügig weggeschnitten.
Die Fleischforschungsanstalt in Kulmbach hat erst kürzlich einen umfangreichen Vergleichstest mit verschiedenen Reifeverfahren gemacht.
Im Geschmackstest hat das trocken gereifte Fleisch mit Abstand am besten abgeschnitten.
Liegt wohl daran, dass das Fleisch bei Reifung im Vakkumbeutel (das war die letzten Jahre das Standardverfahren in der gehobenen Verarbeitung) nicht "atmen" kann.

Die Hinterviertel von schweren Fleckviehkühen werden aus Bayern oft nach Frankreich verkauft. Die packen die ganzen Viertel in Wachs und lassen sie wochenlang reifen. Frankreich hat einen deutlich größeren und hochpreisigeren Markt für gutes Fleisch als Deutschland.
Die weniger wertvollen Vorderviertel gehen an die Zerlegefirma von Mc Donalds.
Man kann von Mac Donalds halten, was man will, aber wenigstens ihr Burgerfleisch für die deutschen Filialen kaufen sie im Land.

In Frankreich und Norditalien werden auch hochwertige Ochsen produziert und hochpreisig vermarktet. Die Tiere werden mind. 3 Jahre alt und richtig schwer.
In D dominiert die Jungbullenmast mit einem Schlachtalter von 15 bis 18 Monaten.
Bisher nehmen die Schlachtfirmen Tiere bis max. 24 Monate als Jungbullen an. Für ältere Tiere gibt es starke Preisabschläge.
Jetzt soll das Alter noch mal deutlich gedrückt werden, damit die Schlachtkörper leichter werden, damit die Fleischstücke besser zu den im SB-Bereich nachgefragten Portionsgrößen passen.

Immer schneller, höher, weiter.
Und jetzt fängt auch noch die SPD an, mit Dummheit Landwirtschaftswahlkampf zu machen.
Fordern die doch glatt ein bundesweites Grünlandumbruchverbot und eine Umschichtung von 15% der Landwirtschaftsmittel in die ländliche Entwicklung.
Die Folge: Noch schlechtere Karten für extensive Betriebe mit langsam wachsenden Tieren, weil die stärker von den Ausgleichszahlungen abhängig sind als die Intensivmäster.
Und eine Neuschaffung von Grünland wird unmöglich, weil die Verpächter natürlich nicht wollen, dass ihre Flächen entwertet werden.
Das Problem hab ich jetzt schon. Die Leute haben Angst, dass das Umbruchverbot kommt. Es wird an den unmöglichsten Standorten gepflügt. Und in den Pachtverträgen muss der Bewirtschafter garantieren, den Ackerstatus zu erhalten.
D.h. es kann höchstens für 5 Jahre am Stück Kleegras angebaut werden, dann muss das Feld wieder umgebrochen werden.
Ökologisch wertvolles, artenreiches Extensivgrünland kann auf solchen Flächen nicht mehr entstehen.
Und was an Grünland übrig bleibt, wird durch den Kostendruck zunehmend in Glülleentsorgungsflächen mit Reingrasbeständen umgewandelt. Auf solchen intensiv geführten Dauergrünlandflächen ist auch kein Platz mehr für Artenvielfalt in der Pflanzen- und Tierwelt.
So wie die Entwicklung im Moment aussieht, steigende Pachtpreise bei inflationsbereinigt ständig sinkenden Ausgleichszahlungen, müssen die extensiven Betriebe nach und nach alle aufgeben.
Die Mutterkuhalter und Schäfer auf mittleren Standorten verlieren bei jeder Pachtrunde Flächen. Gerade hat wieder eine Kundin von mir die Segel gestrichen... Biogasmais und Intensivmast haben in Deutschland ganz klar politischen Vorrang.

sybille
Beiträge: 4322
Registriert: Mi 2. Nov 2011, 20:48

Re: Kuhfleisch

#6

Beitrag von sybille » Mo 17. Jun 2013, 21:51

Das Alter spielt eine wichtige Rolle. Je älter, desto intensiver der Eigengeschmack und bei entsprechender Fütterung ist dann auch die Fetteinlagerung optimal.
Ja, das ist schon klar. Mir schmeckt auch kein Fleisch von jungen Tieren. Das ist mir einfach zu lasch. Aber das das Fleisch trotz dem Alter so zart ist, das kann doch nur an dem langen Abhängen liegen!?
Im Geschmackstest hat das trocken gereifte Fleisch mit Abstand am besten abgeschnitten.
Liegt wohl daran, dass das Fleisch bei Reifung im Vakkumbeutel (das war die letzten Jahre das Standardverfahren in der gehobenen Verarbeitung) nicht "atmen" kann.
Vor Jahren hatte ich einmal Steaks gekauft, die im Vakuumbeutel gereift waren, das war aber wirklich "alte Kuh"! Es geht nichts über ein schön lange abgehangenes Stück Fleisch!
Hühner sind Menschen wie Du und ich, nur das sie zur Hausordnung Hackordnung sagen.

Sabi(e)ne
Beiträge: 8711
Registriert: Di 3. Aug 2010, 16:34
Wohnort: Weserpampa

Re: Kuhfleisch

#7

Beitrag von Sabi(e)ne » Mo 17. Jun 2013, 22:00

@emil: das liegt aber daran, daß die neumodernen Milchkühe alle massive Probleme mit den Klauen und dem Euter haben, und tw. schon vor der 4. Laktation gekillt werden müssen - es gibt nur noch sehr wenige Betriebe wie die Demeters (die NICHT besamen), die noch alte Kühe vorweisen können.
"Eine Kuh wird erst ab der 5. Laktation und den weiteren richtig rentabel" - so alt werden die Kühe nicht mehr, und fast alle Betriebe nehmen einen der Bullen aus den TopTen - was einen genetischen Flaschenhals schafft...
Die Politik hat da echt keine Ahnung, was da wirklich passiert (und ich meine die gesamte LW), und welche Auswirkungen es hat.
(das Gleiche gilt für die Neonics - welcher Bundestagsvertreter ist auch Imker?)
I love life. And it loves me right back.
And resistance is fertile. :-)

Words are no substitute for actions...

Benutzeravatar
emil17
Beiträge: 10829
Registriert: Di 21. Sep 2010, 08:07
Wohnort: In der Schweiz da, wo die Berge am höchsten sind

Re: Kuhfleisch

#8

Beitrag von emil17 » Mo 17. Jun 2013, 22:18

Ich sehe eine Lösung nur darin, dass man hochwertiges Fleisch selber oder genossenschaftlich vermarktet und dafür dann auch warengerechte Preise erzielen kann. Wenn man Gewicht bezahlt wird auch nur Gewicht erzeugt, ist doch klar. Das wäre auch die Chance für Betriebe in ungünstiger Lage, die wegen Gelände oder Klima oder Boden nicht viel hochwertiges Land haben.
Wenn ich mein Fleisch direkt beim lokalen Metzger hole, bezahle ich nicht einmal viel mehr als beim Grossverteiler, aber weil da nur Landwirt und Schlachter in der Wertschöpfungskette liegen, bleibt für diejenigen mehr, die die Arbeit tatsächlich machen, und ich kann mir die Tiere anschauen gehen, die ich mal essen werde, wenn ich das möchte.
Es ist daher grundlegend falsch, "aufgeblasenes Mastfleisch" zum gleichen Preis zu handeln wie extensiv gehaltenes Freilandrind. Der Schreiner bezahlt ja für Furniereiche auch mehr als für Plantagenfichte.

Das Problem mit den extensiven artenreichen Dauerwiesen auf Flächen, die man ackern könnte, sehe ich von der botanischen Seite her nicht: Die Nährstoffeinträge aus der Luft und die Bodenvorräte in tiefgründigeren Böden sind so hoch, dass sich artenreiche Wiesen nur auf Flächen einstellen, die des Bodens oder der Steilheit wegen sowieso nur für Dauergrünland in Frage kommen. Kann sein, dass das bei Euch anders ist. Hier wird jedenfalls überall wo man mit der Maschine hinkommt gedüngt - wenn man mäht will man auch was zum einfahren haben - und dann ist es für einige Jahrzehnte vorbei mit mager und artenreich.
Kunstwiese auf Ackerboden ist ja sowieso eher eine Ackerkultur - das ist hoch ertragreich aber nicht biodivers.

"Reifung im Vakuumbeutel" - was für ein Unsinn! Man kann Trockenfleisch vakuumieren und dann einfrieren, weil man so die Trocknungsstufe einstellen und halten kann. Lässt man es wie früher bis zum Verbrauch hängen, so wird es je nach Klima schimmlig oder steinhart. Nicht eingeschweisst in der Tiefkühle findet eine Art Gefriertrocknung statt, es wird also auch härter. Im Vakuumbeutel bleibt es ungefähr so wie es beim Einschweissen war. Mit Reifung hat das nichts zu tun! Man soll das Fleisch ein paar Tage vor dem Anschneiden aus dem Beutel nehmen und noch ein wenig aufhängen.
Reifen ist eine Wissenschaft für sich, da werden in den romanischen Ländern ganze Wissenschaften daraus gemacht, was man wie und wo abhängen lassen soll. Wenn du irgendwo in Frankreich oder Italien einen hochwertigen Rohschinken oder so etwas beim Metzger kaufst, sagt der dir gerne wie man es vor dem Essen behandeln soll. Das geht genau so wie mit Käse oder Wein. Dem Händler ist nicht egal wie und womit du seine Ware verzehrst! Nur Barbaren essen frisch eingeschweisst gewesenes Fleisch.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzeravatar
emil17
Beiträge: 10829
Registriert: Di 21. Sep 2010, 08:07
Wohnort: In der Schweiz da, wo die Berge am höchsten sind

Re: Kuhfleisch

#9

Beitrag von emil17 » Mo 17. Jun 2013, 22:26

Sabi(e)ne hat geschrieben:@emil: das liegt aber daran, daß die neumodernen Milchkühe alle massive Probleme mit den Klauen und dem Euter haben, und tw. schon vor der 4. Laktation gekillt werden müssen - es gibt nur noch sehr wenige Betriebe wie die Demeters (die NICHT besamen), die noch alte Kühe vorweisen können.
Das Problem mit den Politikern sehe ich auch - aber auch das ist eine Chance: Hochwertige Fleisch- und Milchprodukte von leichten, wetterfesten, robusten Rassen, die auch all die Flächen nutzen können, die nur als Weide nutzbar sind und jetzt aufgeforstet werden oder brach fallen. Solche Rassen gibt es wohl noch, oder ist das Zuchtziel nur die 10'000-Liter-Kuh?
Hier läuft das recht informell: den guten Alpkäse kriegst du nur mit Vitamin B zu kaufen, der geht unter der Hand weg. Die Leute fahren zur Käserei und kaufen die leer, wenn der Käser einen guten Ruf hat. Auch Eringer Rindfleisch (das sind diese Walliser Kampfkühe, die viel draussen sind) kannst Du nur lokal finden. Speck vom Alpschwein ist köstlich, aber kaum aufzutreiben.
Wenn du natürlich Milch nach Litern und Fleisch nach Kilo in den grossen Pool gibst, dann musst du zu Preisen produzieren können, wie sie in Texas oder Argentinien möglich sind.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

IngeE
Beiträge: 379
Registriert: Di 21. Mai 2013, 19:15
Wohnort: 500km nördlich vom Wendekreis des Steinbocks in Namibia

Re: Kuhfleisch

#10

Beitrag von IngeE » Mo 17. Jun 2013, 22:33

Hallo, erst einmal ganz grossen Dank für die vielen Denkanstösse hier im Forum!
Ja , vakuummieren, ich hatte gelesen, dass damit der Käsereifeprozess vereinfacht werden kann, habs dann versucht. Die Käse haben mir danach nicht geschmeckt, ev. dasselbe wie mit dem Fleisch? An der Luft kann beides atmen, Käse und Fleisch. Das Endprodukt schmeckt anders.
Emil, was ist bei Dir Trockenfleisch? Bei uns ist es Biltong - sozusagen Nationalgericht. Wild oder Rind, aus dem Muskelfleisch schöne gleichmässige lange Stücke schneiden, würzen, eine Nacht lang marinieren lassen, aufhängen, trocknen,geniessen. Das Fleisch wird nicht reif gemacht und wenn Rind, dann (möglichst) mit dicker gelber Fettschicht- mmmmm und Leber freut sich auch.
Wir reifen unser Fleisch im Kühler und sowohl Wild als auch Rind bleiben zumindest 14 Tage drin bei jungen Tieren und auch länger bei älteren. Franz - was mein alter Mann ist - sagt, wenn ausgewachsenes Wild fett ist, wird es auch zart.
Die Rinder, die wir schlachten, haben wir meist selbst aufgezogen, wissen also, was für ein Fleisch wir erwarten können, wozu wir es nehmen.
Liebe Grüsse
Inge

Antworten

Zurück zu „Rinder“