Milchproduktion in Neuseeland wächst

Manfred

Milchproduktion in Neuseeland wächst

#1

Beitrag von Manfred » Fr 31. Jan 2014, 17:46

Aus dem Wochenblatt:
Aufgrund der relativ hohen Milchpreise weiten die Neuseeländer ihre Milchproduktion deutlich aus.
War bisher vorrangig die Nordinsel wegen ihres ganzjährigen Graswachstums der Produktionsschwerpunkt, werden jetzt auch auf der Südinsel mehr und mehr Betriebe von der Schaf- und Wildhaltung auf die Milchviehhaltung umgestellt.
Inzwischen werden 37% des Milchaufkommens auf der Südinsel produziert.
Insgesamt gibt es 4,5 Millionen Milchkühe (bei 4,4 Millionen Einwohnern) in 11.700 Herden. Die durchschnittliche Herdengröße beträgt 390 Kühe. (Vor 20 Jahren 170 Kühe).
Die Kühe leben fast ausschließlich von Grundfutter und geben im Mittel ca. 4400 kg Milch pro Jahr. Das entspricht je nach Gegend 9.000 bis 15.000 l Milch pro ha und Jahr.
Es dominieren kleinrahmige Kühe (NZ Jersy / Kiwi Cross mit knapp 400 kg Lebendgewicht, NZ Holstein mit knapp 500 kg Lebendgewicht). Es wird in der Zucht viel Wert auf gutes Fundament und beste Euter gelegt, sowie auf die Lebensleistung. Die Remontierungsrate beträgt nur 20-25%
Die Kalbung erfolgt auf der Weide. Die Kälber werden täglich eingesammelt. Die nicht benötigten weiblichen Kälber (also 75-80%) und fast alle männlichen Kälber werden umgehend getötet und überwiegend zu Hunde- und Katzenfutter verarbeitet. (Denkt mal dran, wenn ihr wieder Katzenfutter mit Geschmacksrichtung Rind kauft.)
Die Abkalbung erfolgt saisonal im Frühjahr, vor Einsetzen des Hauptvegetationswachstums. Sobald die Futtergrundlage zu schlecht wird oder der Milchpreis zu weit fällt, werden die Kühe trockengestellt.
Auf der Nordinsel muss im Mittel nur 1 Monat im Jahr konserviertes Futter (Heu, Silage) auf der Weide zugefüttert werden. Auf der Südinsel je nach Standort entsprechend mehr.
Durch die gestiegenen Milchpreise wird zunehmend auch der Einsatz von Zukauffutter (Maissilage, Grassilage, GPS, Heu, Kraftfutter) rentabel.

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Reisende
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Re: Milchproduktion in Neuseeland wächst

#2

Beitrag von Reisende » Fr 31. Jan 2014, 17:53

Manfred hat geschrieben: mehr und mehr Betriebe von der Schaf- und Wildhaltung auf die Milchviehhaltung umgestellt.
weniger lamm aus neuseeland? gefällt mir! ;)
bleibt nur die frage, ob die australier das auffangen, oder ob sogar unsere heimische lammfleischproduktion davon profitiert?
da ich laktose und gluten hervorragend vertrage, leiste ich mir als ausgleich dafür einige intoleranzen im zwischenmenschlichen bereich.

Manfred

Re: Milchproduktion in Neuseeland wächst

#3

Beitrag von Manfred » Fr 31. Jan 2014, 18:16

Der Trend hält ja schon einige Zeit an.
1995 gab es in Neuseeland noch ca. 50.000.000 Schafe.
2013 waren es knapp 31.000.000. Und es werden anhaltet 300.000 bis 400.000 weniger pro Jahr, weil sie wirtschaftlich gegen die Milchvieh- und Hirschhaltung nicht mehr anstinken können.
Ich denke schon dass die gestiegenen Lämmerpreise zum Teil darauf zurückzuführen sind.
Ein großes Problem bei den Lämmern in D sind aber die fehlenden Vermarktungsstrukturen und die kleinen Einheiten. Gibt ja kaum noch Berufsschäfer. Und die paar Viehhändler, die hier noch Schafe bewegen, werden den Teufel tun ihre Einkaufspreise freiwillig anzuheben.
In Frankreich sind die Preise wegen der bessern Strukturen schon deutlich höher als bei uns.

Manfred

Re: Milchproduktion in Neuseeland wächst

#4

Beitrag von Manfred » Mo 12. Mai 2014, 20:43

Das Thema "Töten der nicht benötigten Milchviehkälber" treibt mich gerade wieder um. Bei permies will jemand mit Fleischrinderherde zusätzlich einige Milchkühe einstellen. Er schwankt zwischen Jersey und Guernsey. Meinen Einwand, er könne doch eine Zweinutzungsrasse wie Fleckvieh verwenden, und hätte dann masttaugliche Kälber, egal ob reinblütig oder mit seinem Fleischbullen gekreuzt, hat er hart abgewunken. Zum einen sei ihm Fleckvieh zu schwer, zum anderen würden die Milchkälber bei ihm eh nicht einen grünen Grashalm sehen, weil sie schon vorher zur Kalbfleisch verarbeitet würden.
In weiten Teilen der Erde ist es inzwischen eine nicht mehr hinterfragte Selbstverständlichkeit, dass die männlichen und überzähligen weiblichen Kälber der reinen Milchrindrassen direkt nach der Geburt getötet werden, weil sie nur noch Kostenfaktor sind. Wie bei uns in D (und auch überall sonst) die männlichen Legehühner-Küken.
In D landen die Kälber noch in der Mast. Aber sehen wir es realistisch: Die Milchrasse-Kälberpreise decken jetzt schon nicht mehr die Kosten und fallen weiter. Und für die Mäster ist die Rechnung trotz Ausgleichszahlungen extrem knapp. So wie die Entwicklung läuft, wird es wohl auch bei uns nicht mehr lange dauern, bis die Eintagskälber zu Kalbfleisch und Katzenfutter werden.
Da fühle ich mit den Kollegen in anderen Ländern, die das Töten selbst nicht übers Herz bringen und diese Arbeit an fahrende Abdecker vergeben.
Die Welt wird immer bekloppter.
Einen Vorwurf kann ich keinem Kollegen machen, der sich dieser wirtschaftlichen Realität unterordnen muss. Hoffnung habe ich nur noch dahingehend dass sich auch in D eine breite Verbraucherbewegung entwickelt, die sich dem durch ihr Einkaufsverhalten entgegenstellt.
Mit Verboten und Regulierung sind solche Probleme bei nicht vorhandenem Außenschutz nicht lösbar. Sie bewirken nur eine Verlagerung der Produktion.

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Re: Milchproduktion in Neuseeland wächst

#5

Beitrag von hunsbuckler » Mo 12. Mai 2014, 23:28

Sofern ein Betrieb Verwendung für weibliche Zuchtkälber, nicht aber für männliche Milchrindkälber hat, könnte er bei der Besamung auf gesextes Sperma setzen.
Nachteilig wären höhere Spermapreise und möglicherweise etwas geringerer Besamungserfolg.
Wenn das allerdings viele so machen, wird es irgendwann ein Überangebot an weiblichen Kälbern geben.

Eine andere Frage ist, ob es möglicherweise weniger schlimm ist, dem Kalb vor seiner in jedem Fall stattfindenden Tötung einige Monate elende Mastzeit zu ersparen...
Liebe Grüße, Hans www.jugendrettet.org

Manfred

Re: Milchproduktion in Neuseeland wächst

#6

Beitrag von Manfred » Di 13. Mai 2014, 07:37

Das Überangebot von weiblichen Kälbern ist ja schon da. In Neuseeland werden 75% bis 80% der Milchviehkälber gekeult, weil nur ca. 20% als Nachzucht benötigt werden. D.h. mehr als die Hälfte der weiblichen ist dort schon jetzt überflüssig. Kein Grund mehr, gesextes Sperma einzusetzen.
Unter unseren mitteleuropäischen Voraussetzungen ist die Remontierungsrate höher. Ich gehe aber auch davon aus, dass sich das in den nächsten 10 bis 20 Jahren abbremsen wird, wegen geringeren Fortschritten in der Leistungszucht und steigenden Aufzuchtkosten für die Färsen. Aber noch macht es hier Sinn, bei guten Kühen auf gesextes Sperma zu setzen, für die Nachzucht, und dafür schlechtere Kühe mit Fleischbullen zu belegen.

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Re: Milchproduktion in Neuseeland wächst

#7

Beitrag von kraut_ruebe » Di 13. Mai 2014, 08:10

was wäre der ausweg aus diesem dilemma?

weniger milchverbrauch, sodass die gesamte produktionsrate zurückgefahren werden kann (muss)?
mehr fleischverzehr?
ein angemessener preis für kalb/rindfleisch?
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Re: Milchproduktion in Neuseeland wächst

#8

Beitrag von Specki » Di 13. Mai 2014, 08:24

Bin ich der einzige, der dieses System für absolut krank und pervers hält?
Wenn ich sowas lese, finde ich es wieder zutiefst schrecklich zur Rasse Mensch zu gehören!

Ja, weniger Milch trinken würde etwas helfen. Komplett darauf zu verzichten wäre sicher deutlich besser!

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Re: Milchproduktion in Neuseeland wächst

#9

Beitrag von Reisende » Di 13. Mai 2014, 08:42

weiß ja nicht, aber ich sehe das problem nicht nur beim verbraucher, sondern prangere da eher den zwischen- und einzelhandel an. die diktieren doch die preise.
der verbraucher würde schon automatisch mehr für fleisch zahlen, wenn er nicht systematisch von den discountern an sich ständig unterbietende niedrigstpreise und sonderangebote gewöhnt wäre.
ist doch bei der milch nicht anders, schuld am elend der milchbauern sind die molkereien und ketten wie aldi und edeka. die wollen doch partout den liter milch für unter 50 cent verticken. würde die milch überall einen euro pro liter kosten, würden die leute sie trotzdem kaufen, garantiert.

zum glück gibt es aber auch ein paar wenige leute, die solche ausschusskälber abnehmen und aufziehen, ähnlich wie bei flaschenlämmern. natürlich viel zu wenige. aber es gibt sie.
da ich laktose und gluten hervorragend vertrage, leiste ich mir als ausgleich dafür einige intoleranzen im zwischenmenschlichen bereich.

Manfred

Re: Milchproduktion in Neuseeland wächst

#10

Beitrag von Manfred » Di 13. Mai 2014, 08:45

In Bayern (und wohl auch in Österreich) fahren wir mit der Zweinutzungsrasse Fleckvieh m.E. einen sehr guten Kurs.
Die Kälber sind gesuchte Masttiere und werden ordentlich bezahlt. Der Preis dafür ist eine etwas niedrigere Milchleistung pro Kuh.
Das Problem ist, dass diese Nutzungsart aus Kostengründen immer mehr von reinem Milchvieh verdrängt wird. Zum einen durch die Verwendung von HF (Holstein-Friesian) Kühen und zum anderen durch die Aufspaltung des Fleckviehs in Milch- und Fleischlinien. Die extremsten Fleckvieh-Milchlinien sind schon nicht mehr weit weg von HF, mit der Folge, dass auch die Mastleistung der Kälber entsprechend sinkt.
Der Grund ist einfach: Gebäude und Flächen werden immer teurer. Und je mehr Milch eine einzelne Kuh produziert, desto weniger Gebäudekosten (Stall, Futter- und Güllelager etc.) fallen pro l Milch an. Außerdem braucht man weniger Futter, weil die Kuh ja einen Erhaltungsbedarf (Aufrechterhaltung ihres Körpers) und einen Leistungsbedarf (für die Milcherzeugung) hat.
Je mehr Milch jede Kuh produziert, desto weniger Erhaltungsbedarf muss pro l Milch gefüttert werden.
Wenn ich also 2 Fleckviehkühe mit je 7500 l Leistung habe, brauche ich für 15000 l Milch zwei Stallplätze und muss 2 x Erhaltungsbedarf füttern.
Habe ich nur eine HF-Kuh, die 15000 l Milch gibt, brauche ich nur einen Stallplatz und 1 x Futter für den Erhaltungsbedarf.
Dafür kann ich bei den Fleckviehkühen 2 Kälber a 325 Euro (Mischpreis aus 225 Euro weiblich und 425 Euro männlich) verkaufen. Bei der HF-Kuh nur ein Kalb a 80 Euro.
Und die HF-Kuh wird wegen der hohen Leistung im Mittel nicht so alt werden wie die Fleckviehkuh. D.h. ich habe höhere Kosten für die Remontierung (ich muss mehr Jungkühe als Ersatz für die abgehenden Kühe aufziehen).
Je höher die Gebäude- und Futterkosten und die Flächenkosten für die Futtergewinnung und Gülleentsorgung, desto mehr verschiebt sich dieses Gleichgewicht zum Vorteil der Hochleistungskühe.

Unter dem Strich ist es also eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Wenn man dem Markt freien Lauf lässt, dann weichen die Zweinutzungstiere.
Will ich das vermeiden, dann muss ich in den Markt eingreifen. Ideal wäre natürlich, wenn der Verbraucher die Milch von Zweinutzungskühen nachfragen würde und diese so mehr Einnahmen erbrächten. Das scheint mit aber wenn, dann nur im kleinen Maßstab in der Direktvermarktung realistisch.
Ansonsten bleibt, entweder den Zweinutzungsbetrieben die Mehrkosten über staatliche Mittel zu erstatten, oder den Markt durch Auflagen für die heimische Produktion und durch Importbeschränkungen zu regulieren.
Da wir ein Exportland sind, sind Importbeschränkungen nicht durchsetzbar. Also würden Auflagen die heimische Produktion schwächen und sie ins Ausland verlagern.
Bleiben als alleinige Option die staatlichen Ausgleichszahlungen, wenn man die Zweinutzung flächig aufrechterhalten will.
Glaube aber nicht, dass so eine Prämie kommen wird. Also wird die Zweinutzung weiter an Boden verlieren.

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