MRSA - Multiresistente Keime in der Tierhaltung

Manfred

Re: MRSA - Multiresistente Keime in der Tierhaltung

#31

Beitrag von Manfred » Sa 30. Mai 2015, 09:58

Wirklich konsequent wäre ein Totalverbot des AB-Einsatzes in der Nutz- und Haustierhaltung.
Aber mit den Folgen muss man dann auch leben können und wollen.
Und einen Außenschutz würde es auch wieder nicht geben. Ist ja auch faktisch nicht kontrollierbar.

Jetzt hat man halt die Gängelung mit den Verbrauchsmeldungen und den Zwangsmaßnahmen für die Betriebe mit dem relativ höchsten Verbrauch eingeführt, übrigens komplett ohne irgendwelche Freigrenzen. D.h. wenn irgendwann nur noch einer ein einzelnes Tier behandelt, kriegt der auch Zwangsmaßnahmen aufgebrummt, weil er ja den höchsten Verbrauch hat.

Und umgehen kann man jede Regelung. Dass die Apotheker den Tierärzten gerne dieses Geschäft abnehmen würden, glaube ich gerne. Dass Apotheker weniger gefährdet sind, der Gier anheim zu fallen, als Tierärzte, wäre mir allerdings völlig neu.
Und die paar wenigen und den Behörden namentlich bekannten großen Tierarztpraxen, die in den Mast-Hochburgen in Zusammenarbeit mit den großen Fleischkonzernen dieses Geschäft abwickeln, stellen dann halt einfach einen Apotheker ein.
So ein Gesetz würde nur eines bewirken: Dass die kleinen Landtierärzte, die eh schon einen scheiß Job haben und relativ schlecht verdienen, auch noch diese Einkommensquelle verlieren.
Bei uns im Landkreis gibt es noch einen Großtier-Arzt und der ist auch im Rentenalter und wird früher oder später aufhören. Die anderen Tierärzte machen nur noch Kleintiere, weil man da einen viel ruhigeren Job hat und besser verdient. Dafür sitzen im Landratsamt 3 Amtsveterinäre, die den einen Großtierarzt und die Bauern überwachen.

Benutzer 72 gelöscht

Re: MRSA - Multiresistente Keime in der Tierhaltung

#32

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Sa 30. Mai 2015, 12:28

Manfred hat geschrieben:Wirklich konsequent wäre ein Totalverbot des AB-Einsatzes in der Nutz- und Haustierhaltung.


wieso total verbieten? Wenn ein Tier erkrankt ist und es korrekt behandelt wird (gegen diese Krankheit!), was ist daran schlecht?
Manfred hat geschrieben:AB als Wachstumsförderer sind in D schon ewig und 3 Tage verboten.
Behandelt werden darf nur nach Anweisung des Tierarztes.
Manfred hat geschrieben:Und umgehen kann man jede Regelung.
Was jetzt?
AB als Mastmittel sind nicht schuld, weil verboten - oder Verbote nützen eh nichts, weil sie umgangen werden? :hmm:

Manfred

Re: MRSA - Multiresistente Keime in der Tierhaltung

#33

Beitrag von Manfred » Sa 30. Mai 2015, 13:00

Wenn ein Tier erkrankt ist und es korrekt behandelt wird (gegen diese Krankheit!), was ist daran schlecht?
Und was denkst du tun die Tierärzte?
Natürlich könnten sie auch erst mal eine Probe per Post ins Labor schicken, dort den Erreger vermehren und analysieren und dann die Wirksamkeit verschiedener AB gegen den Erreger testen lassen und dann den ganzen zwischenzeitlich krepierten Stall voll Hähnchen oder Puten in die Tierkörperbeseitigungsanlage karren.
Oder sie können eine Diagnose stellen und den Wirkstoff einsetzen, der nach Ihrer Erfahrung in diesem Fall hilft, so wie das alle Menschen-Ärzte auch machen. Da wird auch nur das Labor bemüht, wenn die ersten AB versagt haben. Und ein erwachsener Mensch ist viel, viel leichter am Leben zu halten als 30.000 zwei Tage alte Küken.

Und klär mich doch mal auf, wie du verhindern willst, dass einzelne Täter Verbote umgehen?
Alle 80 Mio. Deutsche einzeln ohne Kommunikationsmöglichkeiten in Gummizellen sperren und 24 h am Tag mit Kameras überwachen?
Oder reicht es, dass mit all den Untermenschen zu tun, die den Landwirt- oder Tierarzt-Stern tragen?
Und was ist dann mit den Überwachern?

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Re: MRSA - Multiresistente Keime in der Tierhaltung

#34

Beitrag von Reisende » Sa 30. Mai 2015, 17:43

ich schreib jetzt mal, was ich bisher dazu gehört, gelesen, gesehen und erlebt habe.

viele geflügelmäster und eierproduzenten geben prophylaktisch AB ins trinkwasser. dauerhaft. das sind keine einzelfälle. die enge massenhaltung wäre ohne solche maßnahmen gar nicht praktikabel, weil sonst mit zu hohen tierverlusten verbunden.
nicht ein totales AB verbot für Tiere ist sinnvoll, sondern ein verbot von haltungsbedingungen, die solche AB verwendung erforderlich machen!

fast jede stallapotheke ist mit medikamenten bestückt, die eig nur der ta verabreichen darf.
es ist die regel, dass die tierhalter eigenständig medikamentieren. das spart zeit und ta-kosten.

ich hab zB blauspray für die schafe zuhause. bekam ich wg einer klaueninfektion, ohne dass der ta vor ort gewesen wäre und sich das schaf angeschaut hätte. danach war die dose natürlich nicht verbraucht. ich könnte jetzt - wie es viele tun - bei jedem kratzer, bei scherverletzungen usw, da spray draufhauen. ist einfach, geht schnell, und ich bräuchte die verletzungen nicht großartig weiter im auge behalten. ich bevorzuge allerdings, da betaisodona-salbe für solche leichten fälle zu verwenden. muss mir dann aber auch die mühe machen, alle 2-3 tage draufzuschauen und ggf nochmal nachzubehandeln.

wenn ich in die apotheke gehe, und zB antibiotische ohrentropfen haben möchte, gehe ich ohne rezept
vorzulegen mit leeren händen wieder raus.
apotheker müssen sehr exakt buch führen über ihre medikamentenbezüge und -abgaben. diese bücher werden streng geprüft.
wie die tierarztpraxis-bestände kontrolliert werden, weiß ich nicht.
zwar wird das dokumentiert, und ich muss die abgabebelege mehrere jahre lang aufbewahren. bei der betriebskontrolle durchs vetamt hat mich aber niemand danach gefragt.
wäre ich milchproduzent, und hätte wartezeiten nicht eingehalten, und es fänden sich rückstände in der milch, sähe das wsl anders aus.

wirklich streng verhalten sich die behörden nur, wenn es um menschen geht, und die kausalkette kurz und leicht nachvollziehbar ist.
da ich laktose und gluten hervorragend vertrage, leiste ich mir als ausgleich dafür einige intoleranzen im zwischenmenschlichen bereich.

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Re: MRSA - Multiresistente Keime in der Tierhaltung

#35

Beitrag von Oli » Sa 30. Mai 2015, 18:21

Ich habe neulich mit ein paar Bekannten den Kuhstall einer anderen Bekannten besichtigt während gerade der Fußpfleger da war. Da wurde völlig selbstverständlich vor (!) und nach der Behandlung mit rumgeaast.
Ein anderer Bekannter wiederum - und jetzt muss ich etwas vage bleiben - ist mit einem Arzt verbandelt, der Schweinemastbetriebe mit AB versorgt. Der hat auch klipp und klar erzählt, dass die durchaus jetzt, hier, heute, in Deutschland zur Mast eingesetzt werden, weiss nicht mehr genau die Details, aber im Prinzip würden die Schweine wohl durch Wassereinlagerungen aufgeblasen.
Muss ein wirklich lukratives Geschäft sein, nachdem was ich gehört habe.

Bei so einem Verhalten muss man sich in keinster Weise über Resistenzen wundern oder darüber, dass die Viecher tot umfallen, wenn sie ein Foto von einem Keim sehen.

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Re: MRSA - Multiresistente Keime in der Tierhaltung

#36

Beitrag von Reisende » Do 11. Jun 2015, 11:17

Antibiotika-Einsatz bei fast allen Tieren

Im November 2011 stellte NRW-Umweltminister Johannes Remmel eine Studie vor, die das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz (LANUV) 2011 im Auftrag seines Ministeriums erstellt hat. Es ist die bundesweit erste Studie zum Medikamenteneinsatz in der Hähnchenmast. Untersucht wurden 182 Betriebe mit insgesamt 962 Durchgängen.[30] Aufgrund inhaltlicher Fehler der Studie musste diese Studie jedoch überarbeitet werden. Die überarbeitete Studie wurde dann weitestgehend von der Öffentlichkeit unbemerkt im April 2012 veröffentlicht.

Die wichtigsten Studienergebnisse sind:

- 91,6 % der Tiere aus den untersuchten Beständen erhielten Antibiotika. Antibiotikafreie Hähnchenmast wurde nur bei 155 von 984 Mastdurchgängen (16 %) festgestellt, wo jedoch nur 8,4 % der Tiere gehalten wurden. In 829 Mastdurchgängen (84 %) erfolgte der Einsatz von Antibiotika.
- Unter den 19 antibiotikafreien Betrieben waren auch fünf Biobetriebe. Es gab auch 24 Betriebe, die nicht in allen Mastdurchgängen Antibiotika angewandt hatten (von den 984 Mastdurchgängen konnten nur 832 Betrieben zugeordnet werden).
- Bei kleinen Betrieben (weniger als 20.000 Tiere) und bei einer Mastdauer von mehr als 45 Tagen wurde eine signifikant geringere Behandlungsintensität (Dauer, Anzahl der Wirkstoffe) festgestellt. Ein genereller Zusammenhang zwischen Behandlungsintensität und Betriebsgröße war auf Basis der Einzelbetriebsdaten dagegen nicht erkennbar.
- Bei den untersuchten Mastdurchgängen kam während der Lebensdauer der Tiere (23 bis 73 Tage) eine Vielzahl von Wirkstoffen zum Einsatz, teilweise bis zu acht verschiedene Antibiotika. Durchschnittlich wurden drei verschiedene Wirkstoffe pro Durchgang verabreicht.
- Die Antibiotika wurden bei 40 % der Behandlungen nur ein bis zwei Tage gegeben; dies lag außerhalb der Zulassungsbedingungen für bestimmte Antibiotika. In Einzelfällen wurde eine Behandlungsdauer von 24 Tagen festgestellt. Durchschnittlich erhielten die Tiere 7,6 Tage lang Antibiotika.

http://de.wikipedia.org/wiki/Gefl%C3%BC ... len_Tieren
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Re: MRSA - Multiresistente Keime in der Tierhaltung

#37

Beitrag von Oli » Do 11. Jun 2015, 11:40

Krass. Einfach nur krass. Und übertrifft noch das, was ich mir aufgrund der Schilderungen des Bekannten eh schon ausgemalt hatte bei Weitem.

Wi-der-lich.


Manfred

Re: MRSA - Multiresistente Keime in der Tierhaltung

#39

Beitrag von Manfred » Mo 3. Aug 2015, 13:28

Der Bundespresserat kritisiert den Artikel in der Zeit 2014 "Rache aus dem Stall" wegen mangelnder journalistischer Sorgfalt.

http://www.bauernverband.de/presserat-z ... e-sorgfalt

unkrautaufesserin
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Re: MRSA - Multiresistente Keime in der Tierhaltung

#40

Beitrag von unkrautaufesserin » Mi 27. Jan 2016, 19:38

Glaub Du einfach weiter, was in der Zeitung steht.
Ich glaube, was ich mit meinen Augen an meinem Arbeitsplatz (Krankenhaus) sehe.
Bauern und deren Ehepartner haben eigentlich IMMER einen Keim.
Klempner auch.
Und Krankenschwestern erst recht (ich auch. Bei mir ist es nicht S.aureus, sondern S.epidermidis ).

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