Wann Kinder ans Schlachten und Ausweiden heranführen?

[Oli]

Moin,

die Frage wollte ich schon länger stellen, gerade hängt hier wieder ein Reh an der Leiter und ich nutze die Gelegenheit.
In welchem Alter habt ihr eure Kinder beim Schlachten, Ausnehmen und Zerlegen zusehen lassen?

Wir sind uns nicht ganz schlüssig, einerseits denken wir, dass es zu etwas Normalem wird, wenn sie es von Anfang an kennen, andererseits kann es ja trotzdem sein, dass die kleine Kinderseele Schaden nimmt.

Wichtiger als alles andere finden wir das WIE, ich denke, da haben wir aber die richtige Einstellung.

Im Bekanntenkreis gehen die Meinungen auseinander. Von der Vegetarierin die kein Problem dabei sieht, von Anfang an alles von Kinderaugen begleiten zu lassen bis zur Psychiaterin, die meint, unter 6 Jahren sollte man zumindest das Ausweiden nicht sehen müssen; sie selbst hat als Kind beim Schlachten zugesehen und es in unguter Erinnerung behalten. Sie findet auch das Ausweiden "schlimmer" als das Töten an sich, aus nervenärztlicher Sicht und ich vermute auch aus privater.
Im Verwandten- und Bekanntenkreis der besseren Hälfte haben viele zumindest einen jagdlichen Background, aber auch Tierhaltung ist weit verbreitet und davon kennen fast alle das Geschäft des Tötens von klein auf an. Trotzdem haben sie es in unterschiedlich guter Erinnerung, was ja aber auch wieder am WIE liegen kann.

Wie habt ihr das geregelt und mit welchem Ergebnis?

[July]

Ich kenne das Schlachten von Hühnern, Gänsen, Enten von klein an, ebenso das Schiessen von Kaninchen, Hasen, Rehwild, Wildkatzen, Hirsch etc.
Beim Schlachten durften wir erst später zusehen, da waren wir wohl so 12 Jahre alt, vorher haben wir aber trotzdem aus dem Fenster geschaut wenn mein Vater Geflügel geschlachtet hat.
Schiessen war von Anfang an normal für uns, als Försterskinder gehörte es zum normalen Leben im Wald:)
Ausweiden oder dabei sein wenn ein Reh ausgenommen wird, ein Kaninchen, Hühner etc. von ganz klein an. Das Absengeln der Geflügel über einer Blechschaufel mit Spiritus und den Geruch, den ich heute noch in der Nase habe....das alles in der Waschküche.
Wir haben als Kinder viele Wildkaninchen abgefellt und ausgenommen, das Fell abgezogen und getrocknet und an eine Gerberei verkauft und uns damit Taschengeld verdient, ebenso Felle von erschossenen wildernden Katzen...
Das Grün aus dem Rehpansen bekamen unsere Buschhühner und Perlhühner....
Ja und Fische hatten wir auch und haben die gerne ausgenommen und abgeschuppt. Die Wildenten durften wir immer rupfen, die Eichelhäher auch.....
Wir haben auch Fallen mit kontrollieren dürfen und durften bei Treibjagden als Treiber mitwirken.
Ich habe dadurch keinen Schaden erlitten. Entweder man lernt es früh oder man hat ein Leben lang Probleme damit....so wie GG.....wenn wir im Winter Wild bekommen und das Zerlegen losgeht:)
Es war eine schöne Kindheit!
LG von July

[Mika]

Ich war als Kind auch von Anfang an beim Verwurschten dabei. Zuschauen beim Schweineschlachten durfte ich dann so mit 12. Eine meine ersten Kindheitserinnerungen ist mit Papa im Keller zu stehen und Wurst zu machen. ich durfte die Kurbel drehen (und es gab Kesselfleisch ). Ich hatte da nie ein Problem damit. Da war ich ungefähr 3.
Wenn die Kinder beim zerlegen zugucken und helfen wollen, finde ich das voll o.k.. Du solltest sie halt zu nix zwingen, aber auch nix verbieten.

[citty]

Hi,

die Psychiaterin hat wohl recht, ich durfte erstmal nur die ausgenommenen Tierkoerper sehen, erst spaeter durfte ich beim Kaninchenschlachten zusehen, mit 12 beim Schweineschlachten auf einem Bauernhof. Mir wurde von Anfang an beigebracht, dass die Tiere nicht leiden duerfen. Vor dem Ausnehmen und dem Fellabziehen gruselt es mich immer noch, es ist wirklich wichtig dass Kinder nicht zu frueh dabei sind, sie koennten sonst "verrohen" oder sonst wie Schaden nehmen.

LG Citty

[Manfred]

Für uns war das Schlachten von Klein auf ganz normal.
Nur beim Schweineschlachten haben wir uns bis ins Kindergartenalter immer versteckt, bis das Schwein tot war. Nicht wegen des Tötens, sondern wegen der "klassischen" Methode die Schweine, die ihr Leben in einer kleinen Bucht im Stall verbracht hatten, mit einem Bremsstrick am Bein lauthals quiekend in die Scheune zu treiben. Sobald das Gequieke vorbei war wussten wir: Das Schwein ist tot. Und dann haben wir gerne beim Blutrühren geholfen und beim Ausweiden zugesehen. Ich fand das nie eklig oder beängstigend. Auch nicht das Wenden und Reinigen der Därme. Es war einfach sehr interessant.

Wie die Kinder das Schlachten wahrnehmen, liegt wohl hauptsächlich daran, wie die anderen beteiligten Menschen damit umgehen. Wenn es für die Routine ist und im gewohnten Umfeld passiert, dann merkt Kind: Alles OK, keine Gefahr. Wenn "die Alten" schon zwei Tage vorher zappeln wie ein Sack Flöhe, und man für das lange geplante Ereignis noch an einen besonderen Ort reist, dann messen die Kinder dem vermutlich eine völlig andere Bedeutung zu.

Eigene Kinder habe ich ja nicht, aber meinen Neffen habe ich das Schlachten ihrer selbst gefangenen Fische beigebracht. Die haben da auch kein Problem mit.

[sybille]

Manfred, da kann ich nur zustimmen So in der Art war es bei uns früher auch. Das Schlachten gehörte dazu und wir Kinder haben nach dem Töten mitgemacht.

Wenn "die Alten" schon zwei Tage vorher zappeln wie ein Sack Flöhe, und man für das lange geplante Ereignis noch an einen besonderen Ort reist, dann messen die Kinder dem vermutlich eine völlig andere Bedeutung zu.

So ist es! man sollte wissen, das ein Tier geschlachtet wird und das auch akzepieren. Dann können die Kinder damit leben.

[Oli]

Vielen Dank für eure Antworten, eure Erfahrungen sind mir wirklich wertvoll!
July, deine Kindheit hört sich traumhaft an, soviel Basis an Wissen und Naturerfahrungen sind sicher durch nichts was später kommt zu ersetzen. Da hätte ich gerne mit dir getauscht.

Auch euch anderen vielen Dank für eure Einschätzung und Erfahrungen!

Ich bin mir ganz sicher, dass es auf das WIE ankommt, also an sich das, was Manfred schrieb; wenn alle entspannt handeln und es einfach natürlich und Routine ist, wird es logischerweise von den superfeinen Sensoren des Kindes auch so wahrgenommen. Schlimm wäre es für mich nur, wenn etwas schief geht und das Kind das verarbeiten muss. (krank schiessen etc.)

Ich bin gespannt, ob und was noch an Meinungen kommt, prinzipiell ist das ja ein Thema, was polarisiert.
Meine Tendenz ist auf den Bauch zu hören, mein Instinkt sagt, dass ich im richtigen Moment das richtige tun werde. Neulich stand ich mit Baby im Tragetuch dabei, wie die Männer ein Reh aufgebrochen haben. Baby sah sehr interessiert zu. Aber getragene Babies stehen ja ohnehin unter dem besonderen Schutz der Nähe und sind durch kaum etwas zu erschüttern.

[connymatte]

Von unserem Haus und Hof Schlachter Meister die Tochter ist 3 und bei hofschlachtungen immer dabei.Timm sagt immer sie soll lernen das ihr essen ein Gesicht hatte und man damit nicht rum verschwenden darf.die Namen der Innereien und wozu die gut sind erklärt er ihr immer genauestens und ich habe nicht das Gefühl das sie da irgendeinen schaden von nimmt eher im Gegenteil sie geht damit sehr gewissenhaft um wenn man das indem alter so sagen kann.

[Rabe]

Wie`s der Zufall so will, sah mir heute meine 8jährige Tochter beim Huhn ausnehmen zu. Sie kam vom spielen rein und interessierte sich für das was ich tat. Nebenbei fragte sie was was sei und sah sogar Dottersäcke. Sie fand das alles sehr interessant und absolut nicht eklig. Beim Schlachten guckt sie manchmal aus dem Fenster. Wenn allerdings die Hasen dran sind, hält sie Abstand. Wir lassen sie (und ihre größeren Geschwister) das selbst bestimmen.

[Benutzer 72 gelöscht]

wieso sagts du "heranführen" und nicht einfach "zuschaun lassen"?

ich halte viel davon, dass Kinder ins Alltagsleben integriert werden - so wie es im Elternhaus eben ist, also: überall anders

Meine haben das Fische-Fangen, -töten und ausnehmen mitgekriegt und miterlebt.
Bei meinen Kindern war schon das Töten an sich das, was am meisten zu Herzen gegangen ist, also der Moment, wo das vorher zappelnde Tier sich dann nicht mehr bewegt hat.

Das Ausnehmen war nichts arg bewegendes mehr und auch nicht sooo interessant, obwohl es Kaviar zu kosten gab
(der den Kindern sogar schmeckte).

Komisch, dass sie auf der einen Seite "Bachflohkrebse zum Essen" mich wohl ins kochende Wasser schütten lassen - aber wenn wir Algen aus dem Teich holen, wollen sie immer soviele wie geht retten und zurück in den Teich geben - schizophren??