Wann Kinder ans Schlachten und Ausweiden heranführen?

[centauri]

Heranführen, geniales wort.
Einfach teilnehmen lassen wäre besser.

[65375]

Es ist nicht nur die Umgebung, es ist auch die persönliche Wahrnehmung des Kindes, die man schwer abschätzen kann.

Meine Mutter und ihre vielen Schwestern mußten zuhause immer bei allem helfen, da wurde auf irgendwelche Befindlichkeiten keine Rücksicht genommen.
Für meine Mutter war das Schlachten und Verarbeiten des Hausschweines immer schrecklich, sie hat davon ein tiefgreifendes Trauma mit ins Leben genommen; ihre etwas ältere Schwester fand das alles eher spannend und wäre auch gerne mit zur Jagd gegangen, wenn das damals für junge Frauen möglich gewesen wäre. Die hätte sich auch in einer Metzgerei wohlgefühlt (Opa war aber Bäcker).

Mein Opa schon, der immer das Futter gebracht und sich mit dem Schwein "unterhalten" hat, war am Schlachttag nicht im Haus. Zum Essen war er allerdings mit Appetit wieder dabei. Soweit ging die artübergreifende Freunschaft dann doch nicht.

[Oli]

wieso sagts du "heranführen" und nicht einfach "zuschaun lassen"?

Heranführen, geniales wort.
Einfach teilnehmen lassen wäre besser.

Herrje, Duden sagt:

jemandem etwas näherbringen und sein Interesse dafür wecken

An sich hatte ich es unbewusst geschrieben, aber wenn ich mir die Definition nochmal genauer ansehe, meine ich ehrlich gesagt vermutlich genau das.
Wir führen unser Leben ja so, wie wir es für richtig erachten, sonst würden wir es ändern. Und demnach würden wir schon gerne den Nachwuchs auch in die Richtung bringen.
Sei es, das eigene Gemüse zu ziehen, den besten Erntezeitpunkt zu kennen, Dinge selber zu machen oder eben auch jagen und fischen zu gehen.
Natürlich soll das selbst entschieden werden, das wichtigste sind uns Selbstvertrauen und Glück für das Kind, aber wenn die Bereitschaft da ist, wären wir sehr froh, wenn wir Naturbeobachtungen, Hege, Pflege, Anbau, Verarbeitung, Töten und die Kunst ein gutes Mahl daraus zuzubereiten, näherbringen und das Interesse dafür wecken könnten.

Das kann dann ja, wie ina sagt "zuschauen lassen" und centauri sagt "teilnehmen lassen" beinhalten.

[Oli]

Es ist nicht nur die Umgebung, es ist auch die persönliche Wahrnehmung des Kindes, die man schwer abschätzen kann.

Meine Mutter und ihre vielen Schwestern mußten zuhause immer bei allem helfen, da wurde auf irgendwelche Befindlichkeiten keine Rücksicht genommen.

Also, davor habe ich ein wenig Respekt, dass man die persönliche Wahrnehmung des Kindes falsch einschätzt, andererseits: wer sollte das besser einschätzen können als achtsame Eltern.

Wenn deine Mutter musste, war es ja doch auch die Umgebung, die da sensibler hätte sein können. Es gibt ja für alles auch immer richtige und falsche Zeitpunkte, vielleicht wäre deine Mutter zu einem anderen Zeitpunkt unbefangener da rangegangen. Aber das ist Spekulation.
Zwang missfällt mir ohnehin, da lernt das Kind doch an sich nur, dass durch Kraft, Alter, Position oder weiss der Geier was, eine Art 'Gewalt' ausgeübt werden kann.
Sowas möchte ich vermeiden und daher achtsam sein und Rücksicht nehmen.

[hobbygaertnerin]

Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen, Leben und Tod gehörte dort ganz selbstverständlich dazu- das Schwein bekam kleine Ferkel, die Ferkel wurden grösser und irgendwann hiess es, der Metzger kommt- beim Schlachten selbst hat es mich nie hingezogen,
aber danach, zuerst zuschauen und dann mit der Zeit mithelfen.
Irgendwann hat mir meine Mutter gezeigt, wie ein Masthähnchen zu schlachten ist, ich mache es heute noch nicht gerne, es ist immer die Entscheidung über ein Leben.
Aber von diesem Fleisch verkommt mit Sicherheit nichts, irgendwie ist es anders, wenn man das Tier kennt, das man isst.
Unsere Kinder hatten immer ihren Streichelzoo, diese Tiere starben an Altersschwäche.
Leben und Tod, Geburt, Werden und Vergehen haben sie im Alltag schon genug gesehen.

[Reisende]

oli ich finde es super, wie bedacht du an die sache herangehst.
ich hätte mir sehr gewünscht, sowas von klein auf zu kennen, ich denke dann täte ich mich jetzt wesentlich leichter.
ich glaube ich würde keinen großen heckmeck machen beim schlachttermin. den kindern sagen und grob erklären worum es geht, und dann sollen sie selber entscheiden ob es sie interessiert, ob sie zuschauen wollen oder eben nicht. imho wären verbote oder umgekehrt große ermunterung eher kontraproduktiv.
meine schwiemu erzählt immer (und immernoch mit horror), wie sie als kind die hühner beim schlachten festhalten musste, weil irgendein helfer ausgefallen war. sie hat nicht fest genug gehalten und dann rannten die kopflosen viecher blutend und flatternd über den hof.

[Olaf]

und dann rannten die kopflosen viecher blutend und flatternd über den hof.

Das hat Opa zu unserer gruselnden Belustigung auch gemacht.
Ich kann mich auch erinnern, dass wir voller Begeisterung die halbfertigen Eier rausgesammelt haben und Oma die uns dann braten "musste", also müssen wir auch beim Ausnehmen dabei gewesen sein. Ansonsten kann ich mich nicht sehr erinnern, kann mich also nicht zu tief erschüttert haben, obwohl ich wohl was unter 10 war.
Ich glaube, wenn Erwachsene Gelassenheit und Selbstverständlichkeit demonstrieren, sind Kinder ziemlich zähe und neugierig. Cristinas Großer war auch am Ziegenschlachten von Anfang an interessiert. Bei den ersten hab ich ihn nicht auf die Koppel gelassen während des Tötens, und da war er schon 15, irgendwie hatte ich trotzdem Hemmungen. Die andern interessiert das nicht sehr, bzw. Johanna würde sich wohl sehr grausen. Sie isst auch nichts, wo Ziege drin ist, und ich musste ihr versprechen, sie nicht zu bescheißen.
Ich denke also, man sollte einfach machen, keinen zwingen (das klingt mir irgendwie in dem Wort "Heranführen"), und auch keinen fernhalten.
Jeder geht damit anders um, und das hat glaub ich gar nicht so viel mit dem Alter zu tun.
Außer dass Kinder vielleicht noch in dem einfältigen Glauben sind, dass alles richtig ist, was die Erwachsenen tun.

Olaf
(Aber meine Kindheitserinnerungen beziehen sich auch nur auf Hühner und Karnickel, bei großen und individuelleren Tieren mag das vielleicht anders sein)

[Oli]

oli ich finde es super, wie bedacht du an die sache herangehst.

Danke Und ich hatte, nachdem ich ein paar Absätze geschrieben habe, schon wieder das Gefühl, zu verkopft zu sein.

ich hätte mir sehr gewünscht, sowas von klein auf zu kennen, ich denke dann täte ich mich jetzt wesentlich leichter.

Ich auch, bei der Schilderung von July kam fast sowas wie Neid auf. Ich lauf ja schon im Kreis, wenn ich ein verletztes Küken zum Erlösen finde. Echt jetzt, ganz schlimmer Fall von verstädterten Eltern.

ich glaube ich würde keinen großen heckmeck machen beim schlachttermin. den kindern sagen und grob erklären worum es geht, und dann sollen sie selber entscheiden ob es sie interessiert, ob sie zuschauen wollen oder eben nicht. imho wären verbote oder umgekehrt große ermunterung eher kontraproduktiv.

Hm stimmt, große Ermunterung wäre auch nicht gut. Heckmeck mach ich eh nicht. Bislang erzähle und erkläre ich halt nur (sowohl beim Baby als auch bei größeren Fremdkindern) "Die Enten sind hier, damit wir Fleisch essen können, die füttern wir jetzt bis zum Herbst und dann werden die geschlachtet ... Das ist ein Reh, das hat Papa geschossen damit wir wieder Fleisch haben (und ausserdem war es ein böser Killer, der andere Rehe auf die Landstraße in den Verkehrstod getrieben hat Nein Scherz )

meine schwiemu erzählt immer (und immernoch mit horror), wie sie als kind die hühner beim schlachten festhalten musste, weil irgendein helfer ausgefallen war. sie hat nicht fest genug gehalten und dann rannten die kopflosen viecher blutend und flatternd über den hof.

Also zusammenfassend würde ich erstmal sagen: müssen ist scheiße, locker normal mit einbeziehen und um schlechte Gefühle zu vermeiden, sollte man den Karnickelfaktor (Fell, verängstigte Knopfaugen, Kindchen-Schema) erstmal vermeiden.
Ebenso logischerweise alles was nicht waidgerecht ist oder die Tiere über die Maßen stresst, leiden lässt - aber das ist eh klar.

[Little Joe]

Bei meinen Eltern hatten wir Kaninchen und zum schlachten kam Samstags Vormittags immer der Vetter meiner Mutter, der selber Metzger war. Leider hat der gern mal einen übern Durst getrunken und war dann nicht immer ganz nüchtern. So kam es mal vor, dass er mit dem Schlagholz nicht richtig getroffen hat und das Kaninchen wie irre geschrien hat. Das fand ich als Kind so schrecklich, dass ich immer noch kein Kaninchen essen kann bzw. nie in der Lage wäre welche zu halten geschweige denn sie zu schlachten.

In der Schule hat ein Kollege vor zwei Jahren mal ein frisch geschlachtetes Huhn mitgebracht und mit den Schülern gemeinsam ausgenommen, gerupft und zubereitet. Das fanden alle total spannend und keiner ist schreiend weggerannt.

[Olaf]

Und es gab keine Eltern, die sich aufgegeilt haben?