Tomaten und Wurzelballen

Benutzeravatar
Stieglitz
Beiträge: 119
Registriert: So 11. Sep 2011, 09:26

Tomaten und Wurzelballen

#1

Beitrag von Stieglitz » Fr 23. Nov 2012, 10:57

Hallo und guten Tag,
Es gibt Zeigerpflanzen und es gibt andere Merkmale wie eben der Wurzelballen, an denen man den Boden oder auch die Pflanze einschätzen kann.

Die Tomaten sind nun abgeräumt.

32 Stöcke in 4 Sorten hatte ich im Tomatenhaus. Die Ernte war gut. Ausfall hatte ich keinen, bis auf einen Stock, den die roten Gartenameisen in Beschlag nahmen. Diese wiederum unterhielten Wurzelläuse, die den Stock maltraitierten bis er einging.

Was mir aber bei der Abräumerei aufgefallen ist, sind die unterschiedlichen Wurzelballen der 4 Tomatensorten, die ich etwas näher inspizierte.,

Am kräftigsten waren diejenigen der „Cherry-Tomaten“ und die der „Mexican Honey“, beides Sorten kleiner Tomaten. Sie machten viele Wurzeln (Schnüre), vereinzelt meterlang, mit denen sie richtiggehend auf Nahrungssuche gingen. Der Ertrag an diesen Stöcken war auch entsprechend gross.

Die „Berner Rosen“ waren zufriedenstellend. Die Stöcke wurden nicht sehr hoch. Entsprechend waren auch die Wurzelballen eher mager.

Die dunklen, deren Name ich nicht weiss, waren sehr schön. Die Wurzelballen aber waren auch hier nicht besonders ausgeprägt.

Was heisst das nun für mich:
Ich pikierte die Tomaten in viel zu nahrhafte Erde,
die aus einem Gemisch mit folgenden Komponenten bestand:

Gartenerde
Faserigem Material
Alt gelagertem Kompost
Wenig Felsensand
Wenig Urgesteinsmehl

Es war eine, wie ich glaubte, gelungene Mischung. Die Pflanzen wuchsen kräftig, entwickelten dicke Stiele und mit der Abhärtung waren sie genau so, wie man sich einen Tomatenstock, vor dem ins Freie Setzen, vorstellen kann. Nichts da von den mageren, geilen Pflanzen, die schon umfallen und knicken bevor man sie gesetzt hat.

Tomaten vor dem Setzen.jpg
Tomaten vor dem Setzen.jpg (117.07 KiB) 3473 mal betrachtet
Alles hat dem Anschein nach aber doch noch nicht gestimmt.

War das Substrat im Ballen beim Pikieren vielleicht doch etwas zu nahrhaft? Hatten es einige Pflanzen deshalb gar nicht nötig, nach dem Aussetzen, auf Nahrungssuche zu gehen.

Es schien, als hätten die „Berner Rosen“ und die dunklen bis zuletzt genügend Nährstoff alleine aus dem Ballen. Sie blieben an Ort und mussten mit den Wurzeln nicht auf Nahrungssuche gehen. Beide Sorten hatten sehr schöne Früchte getragen, aber die Stöcke waren früher schon grösser geworden. - Woran kann das liegen?

Der Boden war frisch umgegraben und locker beim Setzen. Sie hätten also mit Leichtigkeit lange Wurzeln machen können. Ich habe mal gelesen, dass man das Pikier-Substrat nicht allzu „feiss“ machen sollte, damit die Pflanzen nach dem Aussetzen Nahrung suchen müssen.

Stimmt das? Weiss jemand darüber etwas zu berichten?

Meine Idee für nächstes Jahr:
Doppelt so viele „Cherry“ und „Mexican Honey“ pikieren, zusammen mit den beiden andern Sorten und dann diese auf diejenigen mit dem kräftigen Wurzelwerk aufpfropfen. Dafür gibt es sogenannte „Omega-Zangen“, mit denen man einen omega-förmigen Schnitt machen kann.

Würde der Samen aus den gepfropften Tomaten im Folgejahr automatisch dann kräftigere Wurzelstöcke bilden, ohne dass man sie nochmals pfropfen muss? - Viele Fragen und kaum jemand, der sie beantworten kann.

Hat jemand Erfahrung mit dem Pfropfen von Tomaten? Bei den Gurken und Zucchettis wird es ja auch gemacht. Vielen Dank!

Herzliche Grüsse Stieglitz

roland
Beiträge: 1404
Registriert: Mi 4. Aug 2010, 21:09

Re: Tomaten und Wurzelballen

#2

Beitrag von roland » Fr 23. Nov 2012, 13:47

Hi Stieglitz,
Super, das Du dir die Mühe machst,auch unter den Boden zu schauen. Das ist die Grundlage für ein gutes Verständniss des ganzen Kreislaufes.

Hatten auch die Tomaten, die richtig Wurzeln gebildet hatten, die gleiche Anzuchterde?
Und wie sind deine Erfahrungen mit dem Giesen, die mit tiefen Wurzeln hätten eigentlich länger mal ohne aushalten müssen? Hast du da was bemerkt?
Wie ist der Boden rundrum? Sandig, Lehmig? Wenn sich zb das Wasser immer nur oben befand, weil nur leicht von oben durchwässert beim giessen, bleiben auch die Wurzeln oben.

Gundsätzlich würde ich mal drüber nachdenken, bei den gut durchwurzelten Pflanzen die Wurzeln im Boden zu belassen, bis auf ein paar Anschauungsobjekte. Dann ist im nächsten Frühjahr der Boden schon gut durchlüftet. Vielleicht gehts dann ohne Umgraben.

Roland

Benutzeravatar
Spottdrossel
Beiträge: 2714
Registriert: Mi 4. Aug 2010, 10:15
Wohnort: Alsfeld
Kontaktdaten:

Re: Tomaten und Wurzelballen

#3

Beitrag von Spottdrossel » Fr 23. Nov 2012, 17:03

Stieglitz hat geschrieben:
Würde der Samen aus den gepfropften Tomaten im Folgejahr automatisch dann kräftigere Wurzelstöcke bilden, ohne dass man sie nochmals pfropfen muss? -
Hallo,

interessantes Thema.
Wenn Du die Pflanze gepfropft hast, "weiß" die Frucht nicht, daß sie neue Füße hat. Ihr Erbgut bleibt unverändert (wie bei Sämlingen vom Apfelbaum).
Wenn Du die Veranlagung zur Wurzelbildung ändern möchtest, müßtest Du die Sorten, mit denen Du zufrieden bist, gezielt einkreuzen.
Hühner sind auch nur Menschen...
http://www.spottdrossel.net

Benutzeravatar
Stieglitz
Beiträge: 119
Registriert: So 11. Sep 2011, 09:26

Re: Tomaten und Wurzelballen

#4

Beitrag von Stieglitz » Sa 1. Dez 2012, 15:53

@roland
Du sagst es richtig: Man muss manchmal auch unter den Boden schauen um die Zusammenhänge zu verstehen.

Ich hatte die Tomaten gesetzt, gut eingeschwemmt, und weil der umliegende Boden noch feucht genug war, bremste ich etwas mit der weiteren Feuchtung. Dafür hatte ich sofort mit frischem Grasschnitt gemulcht. Tiefe Wurzeln konnten die Stöcke nicht machen, weil dies, bedingt durch das Töpfchen, nicht möglich war. Die Wurzeln stiessen irgendwann an der Wand oder am Boden an, was natürlich schlecht war für die weitere Entwicklung.
Wurzeln sind schön ausgebildet. Die Pflanze ist gerade in der richtigen Grösse um verpflanzt zu werden. <br />Was mir nicht gefällt ist die Form des Wurzelballens. Wurzeln wachsen nach oben statt nach unten in die Tiefe und sie haben am Boden bereits ein kleines Kränzchen gebildet. Ich müsste also die Tomaten in viel grössere Pflanzgefässe vereinzeln.
Wurzeln sind schön ausgebildet. Die Pflanze ist gerade in der richtigen Grösse um verpflanzt zu werden.
Was mir nicht gefällt ist die Form des Wurzelballens. Wurzeln wachsen nach oben statt nach unten in die Tiefe und sie haben am Boden bereits ein kleines Kränzchen gebildet. Ich müsste also die Tomaten in viel grössere Pflanzgefässe vereinzeln.
Tomate vor dem Setzen1.jpg (95.91 KiB) 3299 mal betrachtet
Die folgenden Kulturdaten habe ich herausgeschrieben:
am 26.03 gesät
am 21.04 vereinzelt und
am 21.05 ins Tomatenhaus gesetzt (nach den Eisheiligen)

Ich werde versuchen, die Saat nächstes Jahr nochmals um eine Woche hinauszuschieben. Die Pflanzen werden es sicher nachholen.
Der Boden war locker und gut vorbereitet für Tomaten.

@Spottdrossel
Du hast es gut beschrieben, das mit den neuen Füssen. Leuchtet mir ein. Ich möchte mich nicht speziell an eine Neuzüchtung heranwagen, aber ich versuche noch einige Parameter zu ändern. Wenn ich Erfolg habe, werde ich darüber wieder berichten.

Vielen Dank an Euch beide und liebe Grüsse

Stieglitz

hobbygaertnerin
Förderer 2019
Förderer 2019
Beiträge: 4904
Registriert: Di 14. Jun 2011, 08:48

Re: Tomaten und Wurzelballen

#5

Beitrag von hobbygaertnerin » Sa 1. Dez 2012, 18:46

Hallo Stieglitz,
deine Bilder und deine Beiträge hab ich mit grösstem Interesse verfolgt.
Mir ist beim Beete räumen auch der Unterschied der Wurzelmasse bei verschiedenen Tomatensorten aufgefallen, hab es allerdings nicht weiter beachtet.
Ich weiß nicht mehr, wo ich gelesen habe, dass man beim Einpflanzen von Topfware das Wurzelwerk auseinanderziehen soll, weil die Wurzeln sonst sich nicht ausbreiten.
Bei deinem Tomatenwurzelbild ist es mir wieder eingefallen. Hab es allerdings noch nie gemacht, sondern immer darauf geachtet, dass der Wurzelballen schön beisammen bleibt.
Fürs nächste Jahr hab ich mir vorgenommen, eigene Anzuchterde auszuprobieren, mit der gekauften Anzuchterde hab ich keine guten Erfahrungen beim Heranziehen der Tomatenpflänzchen gemacht.
Nächstes Jahr werde ich auch den Blick in die Wurzelsphäre wagen, hier liegen wohl die grössten Geheimnisse der Pflanze im Erdreich verborgen.
Gruss
hobbygaertnerin

Benutzer 662 gelöscht

Re: Tomaten und Wurzelballen

#6

Beitrag von Benutzer 662 gelöscht » Sa 1. Dez 2012, 21:01

hallo Stieglitz,

den Pflanzen auf Deinen Bildern hätte ich die Keimblätter und die untersten Zwei blätter genommen und dann so tief gepflanzt das die verbleibenden Blätter über der Erde bleiben.
Der schöne Wurzelballen dient der Erst- und Hauptversorgung und der eingeerdete Haupttrieb treibt weitere natürliche Wurzeln.
ich habe damit bei mir , sandiger Humus, Sand und Sand, gute Erfahrung gemacht.
Im Herbst normalerweise bei allen Sorten (heuer waren es 15) meterlange Wurzeln in alle Richtungen.

Kleinerklaus

Sabi(e)ne
Beiträge: 8711
Registriert: Di 3. Aug 2010, 16:34
Wohnort: Weserpampa

Re: Tomaten und Wurzelballen

#7

Beitrag von Sabi(e)ne » Sa 1. Dez 2012, 21:17

@hobbygaertnerin: auch dazu gibt es auf deutsch leider kaum was, aber ne Menge auf englisch.
Neben dem Stamets-Buch war auch noch "Teaming up with microbes" 978-1604691139 ,extrem aufschlußreich, da bringst du dann alles zusammen an Pilzen, Humus, EMs, etc.
Ich hab die 2004-Auflage, da kam noch kein Kohlenstoff vor, keine Ahnung, was alles in der 2010 Auflage steht. :hmm:
I love life. And it loves me right back.
And resistance is fertile. :-)

Words are no substitute for actions...

Benutzeravatar
Stieglitz
Beiträge: 119
Registriert: So 11. Sep 2011, 09:26

Re: Tomaten und Wurzelballen

#8

Beitrag von Stieglitz » Fr 7. Dez 2012, 10:17

Hallo Kleinerklaus,
Die untersten Blätter entferne ich immer vor dem Setzen. Ich setze die Pflanzen so tief als möglich; - alles genau wie Du es beschreibst.
Im Herbst normalerweise bei allen Sorten (heuer waren es 15) meterlange Wurzeln in alle Richtungen.
Genau da liegt des Pudels Kern. Ich möchte bei allen Sorten erreichen, dass sie genau diese langen Wurzeln machen, aber dies findet nur bei den beiden Sorten Cocktail-Tomaten statt. Die beiden grossen Sorten fühlen sich wohl mit ihrem Wurzelballen. Es hat anscheinend genügend Nährstoff da drinnen, oder vielleicht sind diese ganz einfach überzüchtet (gibt’s das?).

Ich werde die Wurzelballen im Auge behalten und wieder darüber berichten, wenn ich was Neues herausgefunden habe.

Vielen Dank für Deinen Bericht
Liebe Grüsse Stieglitz

Benutzer 2354 gelöscht

Re: Tomaten und Wurzelballen

#9

Beitrag von Benutzer 2354 gelöscht » Fr 7. Dez 2012, 11:18

es gibt den sogenannten Drehwuchs bei Pflanzen die zulange im Topf gestanden haben. Das ist im Gartenbau vor allem aber bei Pflanzen der Fall die länger als 9 Monate im selben Topf gestanden haben. Hier wird vor dem Auspflanzen der Wurzelballen auseinander gezogen bzw. die Wurzeln angeritzt damit die Wurzel wieder nach aussen wachsen.
Da aber 2 Tomaten schöne Wurzeln gemacht haben und diese auch nur ein paar Wochen in dem Topf gestanden haben ist dies offensichtlich nicht das Problem. :hmm:
Scheint so zu sein das die eine Sorte einfach besser mit deinem Boden klarkommt wie die anderen Sorten.#
Ist eben einfach so. Ich würde die guten behalten und einfach im nächsten Jahr ne andere Sorte testen. Es gibt ja genug :pft:

DieterB
Beiträge: 745
Registriert: Do 16. Dez 2010, 00:32
Wohnort: Alentejo

Re: Tomaten und Wurzelballen

#10

Beitrag von DieterB » Fr 7. Dez 2012, 15:17

Stieglitz hat geschrieben:Ich möchte bei allen Sorten erreichen, dass sie genau diese langen Wurzeln machen, ...
Allgemein sagt man, dass "urspruengliche" Planzensorten groessere Wurzeln bilden als neu-gezuechtete Sorten. Das liegt daran, dass neue Sorten gezuechted werden, um mit reichlich Duenger zu wachsen. Die Wurzeln brauchen sich also nicht auszubreiten, um nach Naehrstoffen zu suchen. Ich nehm an, dass dies auch bei Tomaten gueltig ist.

Ich hab auch die Erfahrung gemacht, dass kleine Tomaten laengere Triebe und mehr Fruchtstaende bilden als grosse Tomaten. Ich hab mir allerdings nie die Muehe gemacht, die Wurzeln auszugraben. Ich arbeite ohne Umgraben und versuche moeglichst, den Boden nicht zu stoeren. Alle Wurzeln bleiben in der Erde. Leider mag ich die kleinen Tomaten nicht. Die grossen Fleischtomaten sind zum Kochen und Trocknen viel vorteilhafter.

Eine neue Sorte zu zuechten ist nicht ganz einfach, aber du musst dabei wahrscheinlich verschiedene Sorten kreuzen und nicht veredeln.

Tomaten sind sehr genuegsam. Zur Anzucht benutze ich eine Mischung aus gekaufter Gartenerde und unserer Lehmerde. Die Lehmerde alleine wuerde in den Saatkaesten zu hart werden. Aber ich Duenge niemals.

lg. Dieter

Antworten

Zurück zu „Tomaten, Paprika, Auberginen, Physalis“