der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

hobbygaertnerin
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der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

#1

Beitrag von hobbygaertnerin » Mi 20. Jan 2016, 15:53

Viele Kinder früherer Zeiten wurden mit der übermässigen Mithilfe im Gemüsegarten für lange Zeit oder für immer "verdorben".
Zumindest scheint Garten, vor allem Nutzgarten das ungeliebte Stiefkind zu sein- und es wird mit viel Geld und Technik der Humus ausgebaggert, mit Trennvliesen und Steinen eine Wüstenlandschaft geschaffen, um ja der Fron des Gartens zu entkommen.

Wie kann mit sinnvollem Aufwand an Zeit, Arbeit und Geld ein Nutzgarten geschaffen werden, der ausser einer reichen Ernte auch Erholung, Freude und Genuss schenken kann?
Wer hat sich seinen Nutzgarten so angelegt, dass er nicht der Sklave des Gartens geworden ist?

strega
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Re: der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

#2

Beitrag von strega » Mi 20. Jan 2016, 16:11

die Leute mit den künstlich geschaffenen Wüstenlandschaften haben wohl nicht so den Draht zur SV.... ich würd Depressionen kriegen mit einem hübschen schwarz-weiss geschotterten Vorgarten mit einem krüppeligen Bonsai in der Mitte.

ich seh mich nun absolut nicht als Sklavin des Gartens. Klar, irgendwas zu machen find ich immer wenn ich dort bin, aber dass ich mich immer mal ne halbe Stunde irgendwo gemütlich hinsetze in die Sonne oder im Sommer in den Schatten, das ist fester Bestandteil meines Unterhaltungsprogramms im Garten. Und wenn ich was tue heisst das ja nicht dass es keinen Spass machen muss :mrgreen:
Stress ist ja nun fast immer selbstgemacht... auch im Garten.

Mein Garten läuft ausserdem unter dem Thema Permakultur im nahen und weiten Sinne, gehackt wird nur am Anfang beim Anlegen eines Beetes für Gemüse, das in verdichtetem durchwurzelten Boden nicht klarkäme, ansonsten wächst selbst und säht sich manches danach selbst aus, ich lass möglichst den Boden überall bedeckt und schmeiss hier und da Mist drauf und Gründüngung und schneide die Bäume. Und giesse ein bis zweimal die Woche im Sommer durchdringend. Und das wars doch auch schon.

Kann mir schon vorstellen dass es Leute gibt, die als Erwachsene allergisch auf Garten reagieren, weil Papa sie früher dahingehend getriezt hat. Aber vielleicht nutzen diese Leute ja die Chance, irgendwann sich dessen bewusst zu werden, dass Gartenarbeit nicht zwingend unbedingt was mit fehlgegangener autoritärer Erziehung zu tun hat, sondern auch noch ein paar hunderttausend schöne Seiten hat.
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cfun
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Re: der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

#3

Beitrag von cfun » Mi 20. Jan 2016, 17:48

hobbygaertnerin hat geschrieben: Wer hat sich seinen Nutzgarten so angelegt, dass er nicht der Sklave des Gartens geworden ist?
Noch nicht, aber ich bin hoffentlich auf gutem Wege dorthin, Ziele:
- Keine Konservierung der Lebensmittel, was man nicht isst verschenken oder die Tiere können es haben
- kein Kompost (alles kommt direkt auf den Boden)
- Mehrjährige, Bäume, Sträucher
- keine Bewässerung (Humusaufbau, Mulch, Teiche, Schatten, Pflanzenauswahl, Senken, Wälle)
- sich selbst aussäende Pflanzen, Direktsaat
- kein Unkraut jäten (Bodendecker, Untersaat, Mulch, Unkräuter verwerten)
- nichts dazu holen (Baumarkt, Mulch, Mist)
- erhaltende Ernte (Pflücksalat, Kräuter)
- Geduld (Totholzhaufen statt häckseln)
- keine Schädlingsbekämpfung (außer Schnecken)
- keine Hilfe für kranke Pflanzen

Natürlich bedeutet das starke Einschränkungen (Sortenauswahl, Unordnung ertragen, weniger Ertrag), aber ich habe eh keine andere Wahl und die Herausforderung motiviert mich.

Benutzer 3370 gelöscht

Re: der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

#4

Beitrag von Benutzer 3370 gelöscht » Mi 20. Jan 2016, 19:51

hobbygaertnerin hat geschrieben:Wie kann mit sinnvollem Aufwand an Zeit, Arbeit und Geld ein Nutzgarten geschaffen werden, der ausser einer reichen Ernte auch Erholung, Freude und Genuss schenken kann?
Wer hat sich seinen Nutzgarten so angelegt, dass er nicht der Sklave des Gartens geworden ist?
Was verstehst du unter "sinnvollem Aufwand“?

Für mich ist ein sinnvoller Aufwand, wenn ich etwa 2 -2,5 Stunden im Jahresdurchschnitt ( wenn es wirklich so viele sind ) täglich in den Nutzgarten (http://www.selbstvers.org/forum/viewtop ... 20#p203123 ) investiere um damit Lebensmittel zu erzeugen, die für etwa 4-5 Personen ein Jahr lang reichen. In Geld ausgedrückt erreichen wir damit etwa 80 % SV.
Dazu kommt natürlich noch die Einkocherei und Haltbarmachung mit vielleicht 1 Stunde.
IMG_2428.JPG
Der Arbeitsaufwand wird dabei auf das wesentliche Beschränkt und Experimente ( zB exotische Pflanzen ) werden nur im kleinen Rahmen ausgeführt. Der Garten muss dabei zB nicht unkrautfrei sein, das Unkraut muss solange gezähmt werden bis eine Ernte der Kulturfrüchte möglich ist. Der Einsatz von Maschinen fällt dabei bis auf einen Rasenmäher und eine Motorsäge aus.

Benutzer 72 gelöscht

Re: der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

#5

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mi 20. Jan 2016, 20:38

hobbygaertnerin hat geschrieben:Wer hat sich seinen Nutzgarten so angelegt, dass er nicht der Sklave des Gartens geworden ist?
:wink_1:

Ich hab da eine hohe Frustrationstoleranz, was "verwilderte Gemüsegärten" angeht....

Als meine Mutter (im Zuge der vielen Arbeit, die so ein Baby macht) mir vorschlug: "Erspar dir doch die Arbeit und mach da einen Rasen", habe ich sie zwar verstanden, aber nee: das kommt für mich auf keinen Fall in Frage!!

Ich bin leider viel zu inkonsequent, aber es geht doch recht gut mit echt wenig Arbeit - z.B. indem man die Unkräuter kennt und verwertet. Die kann man nämlich in keinem Geschäft kaufen und wir mögen sie sehr gerne im Essen - die guten halt, die giftigen nicht... :pfeif:

Erstaunlich viele Nutzpflanzen kommen mit kaum Pflege aus!!
Ich bin nämlich öfters nur einmal in der Woche in Niederösterreich, wo wir normalerwiese einen Garten haben - und dann will ich auch nicht den ganzen Tag arbeiten, wobei Garteln mir Spaß macht, also so echt als Arbeit tät ichs nicht bezeichnen - ??

Und dann kommt die Riesenarbeit des Himbeererntens!! :mrgreen:
Leider ernten wir allesamt nur in den Mund (psst! nicht verraten!)

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Re: der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

#6

Beitrag von Minze » Mi 20. Jan 2016, 21:23

Das, was mir am meisten Zeit und Arbeit erspart sind die Hochbeete für mein Gemüse. So gut wie kein Unkraut und wenn doch ist es ratzfatz entfernt, das Säen und Ernten geht ganz flugs von der Hand und wenn nötig, ist auch das Giesen schnell erledigt. Und - die Arbeit ist nicht anstrengend und sehr rückenschonend zu erledigen.
Liebe Grüße
Minze

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Re: der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

#7

Beitrag von unkrautaufesserin » Mi 20. Jan 2016, 21:53

Wieso versklavt ein Garten eigentlich? Für mich ist das Therapie!

Manfred

Re: der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

#8

Beitrag von Manfred » Mi 20. Jan 2016, 21:59

Das Video, das Steinbock heute im Unterforum Boden gepostet hat, passt hier auch gut rein:

Vortrag von Paul Kaiser für seinen Gemüsebaubetrieb (Englisch):
https://www.youtube.com/watch?v=ukFpwvlkqUY

Er arbeitet mit vorgezogenen Pflanzen. Nach jeder Ernte wird sofort (in der Regel innerhalb von 4 Stunden) wieder gepflanzt.
So erreicht er eine ganzjährige Bodendurchwurzelung und -Bedeckung und eine schnelle Folge von Ernten.
Gedüngt wird mit Kompost, der oberflächlich als dicke Schicht aufgebracht wird. Das unterdrückt das Unkraut und er muss angeblich so gut wie gar nicht jäten.
(Evtl. verwendet er Rohkompost, der noch keimhemmende Stoffe enthält. Im Detail wird nicht darauf eingegangen.)

Der Boden wird (außer bei der Erstanlage neuer Gemüsefelder) nicht wendend bearbeitet, sondern allenfalls bei Bedarf mit einer Broadfork gelockert. Wobei das bei gut eingefahrenen Beeten wohl kaum noch nötig ist.
Maschinen setzt er keine ein, um jede unnötige Bodenverdichtung zu vermeiden.

Den Aufwand für die Unkrautbekämpfung bei Direktsaat und die geringe Bodendurchwurzelung und -Bedeckung mit dem Aufwand für die Voranzucht von Jungpflanzen gegenüber zu stellen, ist evtl. eine Überlegung wert.

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Re: der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

#9

Beitrag von hobbygaertnerin » Do 21. Jan 2016, 08:17

Hallo Manfred,
vorgezogene Pflanzen sind ein sehr praktischer Ansatz, um Arbeitszeit zu sparen, man kann die Beete damit viel intensiver nutzen, weil die Kulturzeit auf dem Beet kürzer ist. Ausserdem wird Unkrautjäten wesentlich einfacher, weil der Boden fast immer eine Schattengare hat.
So toll Chicoree auch sein mag und welches schöne Gefühl, im Winter die Treiberei zu beginnen, ihn habe ich ausgelistet, er braucht viel zu lange ein Gartenbeet- und die paar Chicorees kann ich zur Not auch zukaufen.
Dafür lieber mehr Zuckerhutsalat, Chinakohl oder Endiviensalat als späten Herbst- und Wintersalat.
Früher habe ich 50 verschiedene Tomaten- und unzählige Paprikasorten im Garten ausgepflanzt, jetzt reichen uns 5 -7 verschiedene Tomaten- und 5 Paprikasorten.
Schwarzwurzeln waren im Beet die begehrte Leibspeise für die Wühlmäuse, sei ein paar Jahren kommen sie in hohe Mörtelkästen, die Pflege geht einfach und im Winter wird eine Tonne einfach umgestürzt, die Ernte ist bei nicht gefrorenem Boden wesentlich einfacher. Sie können nicht so tief wurzeln, aber bei unserem schweren Lehmboden können sie das auch nicht.
Im Gemüsegarten, wo jetzt nicht mit Traktor oder anderen Maschinen gearbeitet wird, sind Hoch- und Bankbeete eine grosse Arbeitserleichterung.
https://www.youtube.com/watch?v=-tY5g7Dm2yk
Hier in Deutschland sind die Bankbeete nicht verbreitet, aber sie haben einen grossen Nutzen.
Gutes, funktionelles Gartenwerkzeug erspart auch einiges an Arbeit, z.B. der Sauzahn- bei den Bankbeeten durchgezogen und das war die Bodenbearbeitung.
Karotten erspare ich mir, sie brauchen zu lange, sind mühsam zu pflegen.
Beim Gemüse haben wir ungefähr 85 % des Eigenbedarfs, späte Lagerkartoffeln und Karotten kaufe ich zu. Beim Obst - Orangen, Mandarinen und Bananen werden zugekauft, bei den Zitronen ist die Selbstversorgung noch nicht gedeckt, aber ich arbeite dran.
Alles andere an Obst, Kräuter, Beeren wächst im Garten.

Für die Anzucht von Pflanzen habe ich Erdpressen von Nixdorf, genauso kaufe ich bei ihm Gartenvlies, das ist wesentlich robuster und hält bei guter Behandlung mehrere Jahre.
Eine gute Kompostwirtschaft, hier unter anderem auch die Terra Preta, einen Wurmkomposter um Komposttee herstellen zu können, 2 Tonnen für Pflanzenjauchen und eine für aufgelösten Mist, einige Säcke Steinmehl und Pflanzenkohle kaufe ich zu.
Von einem guten Kompostsieb träume ich noch immer, bzw. es steht auf der Wunschliste.
Das vergangene Jahr mit seiner Hitze hat mir gezeigt, dass es trotz Mulch und guter Humusfülle im Boden eine arbeits- und wassersparende Bewässerung braucht.
2 Mist- und 2 Hochbeete werden im Frühjahr mit einer dicken warmen Mistpackung gefüllt, macht zwar Arbeit, aber damit kriege ich schnell warme Füsse für die frühen Pflanzen, ansonsten kommt Feldsalat, Portulak im Herbst als Pflanzen auf die abgeräumten Beete und im Gewächshaus säät sich Portulak selbst aus- als schnelles Frühgemüse.
Bärlauch wächst unter den Beerensträuchern, die Gartennordseite ist mit höheren Sträuchern bepflanzt, damit keine kalten Nordwinde dem Gemüse zusetzen, diese Fläche wird und soll noch verstärkt für Pilzzucht genutzt werden.
Für dieses Jahr möchte ich noch Veredeln der Obstbäume lernen,das richtige Zuschneiden der Bäume (die Kunst der Spaliererziehung steht auch auf dem Lernplan), bei den Bienen bin ich noch ganz weit weg, um wirklich was über sie zu wissen. Da stehen mir wohl noch viele Jahre intensiven Lernens an.
Mir hat das Buch von Mücke- der Intensivgarten und Minifarming von Markham sehr viel geholfen.
So wie der Garten jetzt organisiert ist, bleibt auch noch Zeit, um ihn in der Hängematte oder im Gartenstuhl zu geniessen.
Er ist Lieferant von Gemüse, Obst, Beeren, Kräuter, Blumen, bietet Insekten und anderen Tieren Rückzug und Nahrung, wir können uns dort gemütlich zusammensetzen, ausruhen, erholen.
Freue mich über jeden Vogel, der irgendwo sein Nistplätzchen findet, über jeden Igel, der sich darin wohlfühlt, über die Bienen, die immer was an Nektar und Pollen finden sollen. Auf dem warmen Steinwall sehe ich Eidechsen in der Sonne oder hin- und wieder eine Blindschleiche.

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Re: der zeit- und arbeitssparende Nutzgarten

#10

Beitrag von Buchkammer » Do 21. Jan 2016, 10:23

Sklave des eigenen Gartens. Hmm, könnte man schon sagen, dass das so die ersten 2 Jahre meines gärtnerischen Treibens war. Halt in einer Kleingartensiedlung, wo doch schon gerne mal über den Zaun geschaut wird, ob beim Nachbarn alles pickobello sauber ist. :roll:

Seit 3 Jahren seh ich das nicht mehr so eng. Ich baue an, was möglich ist - ohne das ich mich dafür verausgabe. Was wächst das wächst und ein Großteil des Grünzeugs wird verarbeitet, sofern essbar. Klar, so sauber wie beim Nachbarn sieht es schon alleine durch die über den Winter stehen gelassenen Blütenstände und zum Teil bedecketen Beete nicht aus. Dafür kann ich im Winter noch Nahrung aus der Erde ziehen oder oberhalb abschneiden. Und die winterliche Ruhe im Garten - die genieße ich vor allem. Ist ja keiner groß draußen in der Gartenanlage. Nur ein paar Pseudo-Vogelschützer, die Zufüttern. :pfeif:
vogelhaus_im_winter.jpg
vogelhaus_im_winter.jpg (120.82 KiB) 4830 mal betrachtet
Sklave des Gartens? Nein, heute nicht mehr. Ich genieße die Zeit und freue mich über alles was mir dieses Stück Land an physischen und psychischen Erlebnissen und Gaben schenkt. Und eigenartigerweise erhöht sich der Ertrag von Jahr zu Jahr bei weniger Arbeitsleistung. Diese Erkenntnis werde ich noch weiter reifen lassen und ausbauen. :hmm:
Gestern war ich klug und wollte die Welt verändern. Heute bin ich weise und möchte mich verändern. (Rūmī)
https://www.bewusste-menschen.de/

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