Dacheindeckung mit Holzschindeln?

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emil17
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Re: Dacheindeckung mit Holzschindeln?

#11

Beitrag von emil17 » So 4. Sep 2016, 22:35

Du hast schon recht, wer nie was ausprobiert ...
In meiner Wohngegend hat Schindel eine lange Tradition. Hier käme keiner auf die Idee, Erle zu nehmen, obwohl die bis weit hinauf vorkommt.
Lärche ist das Holz der Wahl, der Splint kommt weg. Sonst feinjährige Fichte. Gespalten werden die aus ausgesuchtem astfreiem Holz eines leichtspaltigen Baumes mit einem Schindelmesser - ein gerader Gertel und ein Holzklöpfel gehen auch, aber etwas weniger bequem.
Gespaltene Schindeln halten länger als gesägte.
Weil Dachreparaturen lästig sind und immer im dümmsten Moment kommen, und weil undichte Dächer auch bald die Unterkonstruktion schädigen, solltest du in diesem Punkt nicht auf das Jahrhunderte alte Erfahrungswissen verzichten.
Die Alten wussten genau, welche Holzart wozu taugt und wozu nicht. Erle ist gut zu drechseln, ist auch immer mal wieder als Möbelholz beliebt, aber für Konstruktionen aller Art ist es zu wenig dauerhaft. Aus eben diesem Grund hat man auch nirgends die häufige Buche als Bau- und Konstruktionsholz verwendet, obwohl die Festigkeit vorzüglich wäre.
Dass nur entrindetes Holz verwendet wird, ist selbstverständlich.
Die Dauerhaftigkeitsangaben beziehen sich auf solches.
Totholz hält sich im Wald weniger lang als entrindetes und verbautes, aber der Vergleich verschiedener Baumarten gibt Hinweise auf die Dauerhaftigkeit. Deshalb habe ich das erwähnt.

Beschattung durch Baumkronen ist der Haltbarkeit von Holz im Freien abträglich, weil die Sache länger feucht bleibt.

Kannst du denn nirgendwo alte Biberschwanz-Dachziegel oder Dachschiefer aufteiben? Es wäre doch schade um die Arbeit, wenn sie dann aus Gründen des Materials bald zu Grunde ginge.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

bienengarten
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Re: Dacheindeckung mit Holzschindeln?

#12

Beitrag von bienengarten » So 4. Sep 2016, 23:19

Ich bin im Vogelsberg aufgewachsen zu hause,hier war und ist es wohl ähnlich wie im Westerwald.Eine karge Landschaft der man seinen Lebensunterhalt regelrecht abtrotzen mußte in der Landwirtschaft.(Hat sich bis heute nicht groß geändert was aber an der Landschaft liegt ) .Trotzdem hat man sich hier wie auch sonst überall beim Bauen den Sachzwängen beugen müssen.
Die "Alten" waren uns da mit Sicherheit weit voraus was die auswahl der Baumaterialien angeht,auch wenn es manchmal,so ausschaut als wäre das verbaut worden was gerade da war.Dem war mit Sicherheit nicht so ,das erkennt man schon daran das fast alle Gebäude aus den gleichen Materialien gebaut sind.
Langlebigkeit war gefragt ,nachhaltig würde man heute wohl dazu sagen.Sicher wurde da auch im großen Stil wiederverwertet aber das jeweilige Material wurde auch an der richtigen Stelle wiederverwendet.
Der Weg zur Quelle führt gegen den Strom.....

Benutzer 72 gelöscht

Re: Dacheindeckung mit Holzschindeln?

#13

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mo 5. Sep 2016, 09:39

Auf der Alm, wo wir als Kinder unsere Ferien verbracht haben, war die Hütte mit Steinplatten gedeckt (die gab es dort zuhauf).
Aber - als ich meinem Mann erzählte, dass ich gerne Tondachziegel hätte für unseren Geräteschuppen, meinte er nur, er habe Zweifel, ob die Unterkonstruktion das Gewicht dieser Ziegel halten könne (zur Zeit ist dort Bitumen oder Teer auf Spanplatte).
Ist ein Dach aus gebrannten Tonziegel wirklich so schwer??
Ich mein nur, die Blockhäuser auf der Alm haben diese Steinplatten auch halten können... sieht übrigens schön aus! :daumen:

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emil17
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Re: Dacheindeckung mit Holzschindeln?

#14

Beitrag von emil17 » Mo 5. Sep 2016, 10:12

Rechne mit einem Tonziegeldach mit 50 ... 100 kg/m2 Gewicht.
Bei Steinplattendächern ein Mehrfaches davon.
Hinzu kommt noch die Schneelast, die in schneereichen Gegenden bis zu 500kg/m2 betragen kann.

Obs das trägt, kommt auf die Unterkonstruktion an und lässt sich ohne genaue Kenntnis dieser nicht beurteilen.
Zur Berechnung erfolgt eine Einteilung der Standorte in Schneelastzonen.
Im Zweifelsfall wird für untergeordnete Bauten die Konstruktion eben überdimensioniert.

Das Problem bei flächig verlegten Abdeckungen aus Teerpappe usw. ist, dass man kleine Lecks nicht sofort bemerkt. Das Wasser dringt durch kleine Versprödungsrisse usw. ein. Bei nicht unterlüfteten Blechdächern geschieht dies durch Verlegefehler, z.B. wenn das Blech so befestigt wurde, dass es sich nicht dehnen kann und die Befestigungslöcher ausreissen. Das Wasser sammelt sich zwischen Dachhaut und Unterkonstruktion und führt dort zu Pilzwachstum und Schäden, weil es nicht abtrocknen kann.
Folgt darunter noch eine Dämmung und dann noch eine weitere Schalung, so ist die Sache zuerst scheinbar noch dicht. Wenn man den Schaden von unten sieht, ist er meist schon gross.
Bei Schuppendeckung (Ziegel, Steinplatten, Schiefer, Schindeln usw.) kann die Konstruktion von unten her abtrocknen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

viktualia

Re: Dacheindeckung mit Holzschindeln?

#15

Beitrag von viktualia » Mo 5. Sep 2016, 15:46

Wenn ich wüßte, dass ichs in ein paar Jahren neu machen werde, würd ich rausfinden wollen, mit welchem Holz sich die Schindeln am einfachsten, evtl schnellsten herstellen lassen.
Und wenn es ganz egal ist, weil ichs sowieso nur für mich mache, wäre auch der schönste Geruch des Holzes ein Parameter....

Benutzer 72 gelöscht

Re: Dacheindeckung mit Holzschindeln?

#16

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mo 5. Sep 2016, 17:42

groooooßes Argument gegen Bitumen!

Wicheler
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Re: Dacheindeckung mit Holzschindeln?

#17

Beitrag von Wicheler » Mo 5. Sep 2016, 20:30

viktualia hat geschrieben:Und wenn es ganz egal ist, weil ichs sowieso nur für mich mache, wäre auch der schönste Geruch des Holzes ein Parameter....
Haste mal Tuja geschnitten? Hab mal einen Baum an meiner Brauerei gefällt, so oberarmdick, naja, damals "tauziehoberarmdick", der duftet vielleicht, selbst beim Verbrennen noch. Vom Harz her könnte das auch Schindeln geben.
Gruß Dieter

viktualia

Re: Dacheindeckung mit Holzschindeln?

#18

Beitrag von viktualia » Di 6. Sep 2016, 08:42

Huch, na ja,
Die einzelnen Arten der Gattung Thuja sind unter anderem am aromatischen Duft der zerriebenen schuppenförmigen Blätter unterscheidbar. So duftet Thuja koraiensis nach Mandelkuchen, Thuja plicata (sogar schon ohne Zerreiben) nach Ananas, Thuja occidentalis nach Apfelmus mit Gewürznelken und der Duft von Thuja standishii erinnert an Zitronenbonbons.
sagt Wiki; ich kanns nachvollziehen, aber wenn ich dich schon vom "heimischen" so ablenke, möcht ich doch lieber die Idee mit den Dachpfannen mit Bewuchs noch mal ins Spiel bringen:
Hauswurz etc. sind doch auch nett für die Bewohner, also die Bienen.
Ich hab im Garten ein Hühnerhaus (ein geerbtes, ohne Hühner, für Werkzeug), da das Dach zu bepflanzen ging gut....

Grundsätzlich geb ich allen Vorrednern Recht, kann aber auch sehr sehr gut nachvollziehen, dass wenn ich schon die Mühe des Original-rausfindens auf mich nehme, dann will ich auch genau wissen, warum; also ab wann welches andere Holz warum ausscheidet (fault, bewegt sich, zieht Tiere an....) und ich finde, so was sieht man besser, wenn mans von Anfang an selber "verbockt" hat, also auch Schindeln von verschiedenen Bäumen geschlagen hat.
Meiner Erfahrung nach lernt man so auch oft was darüber, wo und warum ich diese Hölzer denn woanders besser einsetzte;
Rundumbild, sinnlicher Eindruck, ganzheitliches Lernen, ihr wisst schon...
Also paar Jahre lang beim Holz für den Winter machen alles spalten, was dir vor die Axt kommt.
(Oder Wurzen sammeln, oder beides.)

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emil17
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Re: Dacheindeckung mit Holzschindeln?

#19

Beitrag von emil17 » Di 6. Sep 2016, 10:14

Da ich mich auch schon mal mit selber Schindeln machen herumgeplagt habe:
1. Das Holz muss dauerhaft sein
2. Das Holz muss sich leicht spalten lassen
3. Das Holz darf nicht drehwüchsig oder astig sein
4. Der Baum soll verfügbar sein

Gewisse Arten sind prinzipiell schwerspaltig und deshalb nicht geeignet, aber auch bei geeigneten Baumarten (Lärche) gibt s genug schwerspaltige Individuen, die einfach nicht funktionieren; es ist auch eine Sache des Ausprobierens.
Professionelle Schindelmacher haben gewöhnlich ein Abkommen mit den Förstern, dass die ihnen sagen, wenn es "schindelträchtige" Bäume zu fällen gibt.

Die Schindeln sollen stehende Jahrringe haben Die gut wetterbeständige Edelkastanie ist nicht gut geeignet, weil die zu Ringrissigkeit neigt. Ebenso bedeutet das, dass man grosse Querschnitte braucht und feinjähriges Holz nehmen sollte.

Aus aststarker Thuja könnte man höchstens Sägeschindeln machen.
viktualia hat geschrieben:so was sieht man besser, wenn mans von Anfang an selber "verbockt" hat, also auch Schindeln von verschiedenen Bäumen geschlagen hat.
Hier ist es ein Jahrhunderte altes Handwerk, und man kann sich drauf verlassen, dass unsere Vorfahren weder dumm noch unwissend waren. Deshalb würde ich es zu erst einmal so machen, wie man es früher gemacht hat, und erst später zu experimentieren anfangen.

Die über lange Zeit tradierte Bauweise alter Häuser aus lokalen Baustoffen haben sich ja auch durchgesetzt, weil sie sich bewährt haben. So wusste man früher auch genau, welche Schiefer aus welchen Brüchen sich für Dächer eigneten und welche nicht.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

viktualia

Re: Dacheindeckung mit Holzschindeln?

#20

Beitrag von viktualia » Di 6. Sep 2016, 13:07

@Emil, bezogen auf jemanden, der seine Selbstversorgerei mit der Produktion von Holzschindeln aufbessern möchte, hast du sicher recht, auch bei jemandem, der ein ganzes großes Dach eindecken möchte.
Wenn aber Wicheler nur ein paar Quadratmeter braucht und beim Holzhacken seine Studien betreibt, dann kann er die gewonnenen Erkentnisse auch auf andere Arbeiten übertragen und dies wär in meinen Augen ein Gewinn.
Comprendre?
Bäume wachsen ja auch unterschiedlich, je nachdem, wo sie stehen, wie du ja auch schon erwähntest.

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