Afrikanische Merinowolle

hier wird gesponnen
Sabi(e)ne
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Afrikanische Merinowolle

#1

Beitrag von Sabi(e)ne » Sa 25. Apr 2015, 18:47

Ich bin geflasht - hab heute den Nachmittag damit verbracht, die superfeine Merinowolle erst mal anzuschmachten :engel: und dann a la Margret Stove Einzellocken zu waschen.
Vom Fingergefühl her liegen Welten zwischen der Landmerino aus Reichstätt und der Afrika-Merino - und beim Crimp auch.
Das hatte ich zuletzt vor 5 Jahren, als ich ein halbes Kilo superfein (u20mic) direkt aus NZ bekommen konnte.
Aber das hier ist noch feiner, und um den Crimp per Zentimeter zu messen, brauchte wahrhaftig die Lupe.
Die Spitzen sind ziemlich dreckig, aber das meiste wäscht sich gut raus, und sie sind nicht brüchig - was eine Seltenheit ist.
Jetzt warte ich darauf, daß die erste 15g Ladung trocknet, damit ich morgen probespinnen kann. Ein Teil wird auf den Crimp gesponnen (siehe Margret Stove), und ein Teil wird gekämmt - und dann muß ich dringend überlegen, was ich daraus stricke :mrgreen:
(ein echtes First World-Problem.... ;)

Meine Begeisterung ist für Nicht-Spinner vermutlich nicht nachvollziehbar :pfeif: , aber solche Edelwolle gibt es nicht an jeder Ecke, wenn man nicht grad in NZ oder AU lebt.

Die ganzen High-End Edel-Herrenanzüge aus Italien werden aus sowas gemacht, ebenso die CoolWool-Stoffe, und die "Funktionsmerino"-Klamotten. Alles ziemlich teuer.

Aber ich hatte bislang nicht gewußt, das es in Afrika so tolle Wolle gibt - da hat meine Weltkarte einen großen weißen Fleck - und ich freu mich, daß ich dazulernen kann. :daumen:
Und die Wolle wird mich bis zum ersten Endprodukt mindestens ein halbes Jahr beschäftigen.
:engel:
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IngeE
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Re: Afrikanische Merinowolle

#2

Beitrag von IngeE » So 26. Apr 2015, 11:03

Freu mich, wenn Du Dich freust!
Bitte beschreibe doch, wie Du die Wolle weiter verarbeitest.
Zum Waschen, wie geht das mit den Einzellocken nach M. Stove ( habe gesucht und nicht gefunden) und womit, wie trocknen.... also bitte all die Basics für mich und andere Anfänger, die mit so feiner Faser arbeiten wollen.
Ich habe selbst noch nie so feines Vlies gehabt, selbst die Jungbockmohair fühlt sich grober an.
Zum Spinnen nehme ich normalerweise ausgezupfte oder kardierte Rohwolle. Ich habs hiermit auch probiert, nur die Enden mit Franzens Kamm ( Er braucht ihn mangels Masse nicht mehr ) aufgelockert und dann auseinandergezogen. Das wird nicht so gleichmässig, wie ich es haben will.
Ich sollte wohl doch erst Waschen und Kämmen. Wie geht das Kämmen, wenn man keine Wollkämme hat? Ideen???
Liebe Grüsse
Inge
Ach ja, Willem schert im August wieder und meinte, ich sollte besser vorbestellen.

Sabi(e)ne
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Re: Afrikanische Merinowolle

#3

Beitrag von Sabi(e)ne » So 26. Apr 2015, 12:47

:engel: Okay, das wird dann aber ne längere Antwort.... ;)

Waschen a la Stove braucht 2 Schüsseln mit Wasser, eine davon kochend heiß, und ein großes Stück Kernseife (oder sonstige harte Seife).
Du zerlegst die Wolle in die einzelnen Locken/Stapel, alle schön nebeneinander, in der gleichen Richtung.
Dann nimmst du eine Locke in der Mitte, und tauchst sie zur Hälfte in das heiße Wasser.
Dann damit auf das Seifenstück, und rubbeln (nicht loslassen!)
Dann in der anderen Schüssel die Seife ausspülen, und das ganze mit der anderen Hälfte wiederholen.
Dann schön ordentlich hinlegen (Handtuch), und das Wasser rausdrücken.
Dann liegen lassen, bis es richtig trocken ist.
Und dann alles wieder von vorne mit der nächsten Locke.

Es geht viel schneller, als man denkt und ich es hier beschreiben kann - wichtig ist, daß das Wasser in der ersten Schüssel wirklich brühheiß sein muß, damit das Lanolin wegkommt, es darf nix mehr kleben, wenn's trocken ist.
Man muß überraschend oft das Wasser wechseln...

Kämmen ohne Kämme geht nicht wirklich - das Ziel der Arbeit ist ja eben Kammgarn, bei dem alle Fasern in der gleichen Richtung sein sollen.
Ich hab die großen Wollkämme von Wingham, weil ich viel Longwool spinne, für das Merino tun es aber auch Mini-Combs, aber die sind nicht wirklich billiger.
http://www.winghamwoolwork.co.uk/cardin ... combs.html
Die Dinger müssen ziemlich viel Zug aushalten ohne sich zu verbiegen.
Der Mann hat mir mal welche selbst gebaut, und die waren nach einer Stunde total verbogen, und nichts mehr zu retten. :platt:

Es gibt Selbstbaulösungen dafür, aber die sind meist nicht so einfach zu bauen.
Das Problem ist, daß das Merino als Streichgarn/kardiert fürchterlich pillen wird, weil die ganzen kurzen Stückchen da ja drinbleiben.
Eine Alternative hab ich da leider nicht anzubieten....

Teil 2 kommt heute nachmittag, ich muß kochen gehen.
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Sabi(e)ne
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Re: Afrikanische Merinowolle Teil 2

#4

Beitrag von Sabi(e)ne » So 26. Apr 2015, 17:55

Welche auch noch gut sind: http://www.villagespinweave.com/IBS/Sim ... 09382.html, und die sind nicht ganz so teuer.

Wir ignorieren das Kämmproblem erst mal ;) , und widmen uns der mittlerweile gut getrockneten Wolle.
Jetzt kommt ein wichtiger Teil, nämlich alle Spitzen der Wolle abzukneifen, die nicht gut sind - speziell von der Sonne brüchigen, und dunkle Stellen/Dreck.
Das hätte man auch schon beim Waschen tun können, aber ich mach es lieber, wenn die Wolle trocken ist - nasse Wolle reißt leicht.

Ich hab grad was ausprobiert, und zwar mit einem Läusekamm aus Holz - mit einem aus Metall müßte es genausogut gehen - Kriegst du sowas bei euch?
Dann die Locke wie beim Waschen mittig verdreht festhalten, und erst die eine und dann die andere Hälfte kämmen.
Bei den butts (untere Seite) wirst du ziemlich festhalten müssen, evt. dann mit der anderen Hand etwas auflockern.
Am Schluß solltest du in deiner Hand die ganze Locke nett parallel liegen haben.
Foto folgt, wenn die Kamera geladen ist :motz:

Man kann sich die Waschnummer natürlich vereinfachen, wenn man die Locken alle schön parallel und stramm in ein Wäschenetz packt, und dann je 20g auf einmal wäscht, aber für eine so tolle Wolle ist es mir der Aufwand wert. :rot:

Bei Wollkämmen hast du etwa 20-30% "Abfall" - den man aber sammeln und kardieren und als Streichgarn nutzen kann. Zum Spinnen zieht man die gekämmten Fasern von dem einen Kamm mit einem Diz ab - ich verweise nochmal auf Amandas Videos:
https://www.youtube.com/watch?v=gcYY1xF-JvY
Sie macht es wirklich extrem sorgfältig - ich bin da nicht ganz so pingelig. :pfeif:
Aber das Ergebnis lohnt sich sehr - das Waschen und Spinnen ist ja nur Zwischenstufe für allerfeinstes Lacegarn.

Falls jemand an dem Video "Spinning for Lace" von Margret Stove Interesse hat - das gibt es heute als Download bei Interweave für 5,99$
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Re: Afrikanische Merinowolle

#5

Beitrag von Sabi(e)ne » Do 30. Apr 2015, 21:13

Huh? Inge, hab ich dich verschreckt? :rot:
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Re: Afrikanische Merinowolle

#6

Beitrag von Sabi(e)ne » Do 30. Apr 2015, 21:50

Ich hab den heutigen Nachmittag damit verbracht, wieder "Spinnen auf den Crimp" zu üben - ich konnte es vor ein paar Jahren schon ganz gut, bin aber offensichtlich eingerostet... :rot:
Die ersten Locken spannen sich wie Seide(!!!!), und das bedeutete, daß ich die Wolle viel zu sehr gedehnt habe - da war nix mehr elastisch. :rot:
Ich hab dann den Einzug und die Umdrehungen runtergedreht, und nach ner Stunde fluppte das wieder. *Schweiß von der Stirn putz*.
Nach zwei weiteren Stunden hatte ich dann endlich genug auf der Spule, um zu verzwirnen, und auch da kam mir der Crimp schräg - ich muß ja den auch beim Zwirnen treffen......
Morgen geht's weiter - und es ist nach wie vor die allerfeinste Merino, die ich je in den Fingern hatte.
Jetzt grübel ich, was ich draus stricke - ein ganzer Shawl wird daraus keine 70g wiegen, und etwa 800m haben, und ich werde Wochen zum Stricken brauchen.....Wirklich ein High-end-Produkt halt. Aber es wird ganz bestimmt kein großes Dreieckstuch, sondern eher eine klassische Stola zur Abendgarderobe. :engel:
Wir werden sehen.... ;)
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Re: Afrikanische Merinowolle

#7

Beitrag von IngeE » Do 30. Apr 2015, 23:51

Hach nein, bestimmt nicht verschreckt. Schliesslich bin ich echter Mecklenburger und die sind schliesslich für ihre Sturheit bekannt!!!! Ich gebrauche nur derzeit meine "übrige" Zeit herauszufinden, wie das mit dem Kämmen gehen kann- oder wie andere Pläne arbeiten können.
So, alle hier haben kardiert - Karakul und Merino - keiner hat gekämmt, also auch keine Kämme zu bekommen.
Kardieren geht nicht, habs probiert. Wie Du es vorausgesagt hattest, lauter Pillchen im/auf dem Vlies.
In SA kann ich Ashford Spinnräder und Kardierer bekommen, Kämme sind nicht auf der Liste. Aber da eine normale Handkarde schon 680.00 Rand kostet, will ich eigentlich auch gar nicht wissen, was die so für Kämme haben wollen.
Und Selbstbau, ist da wirklich keine gute Anleitung zu bekommen?
Ich versuch mal, einen Link hier reinzustellen, ist das brauchbar?
Nein, geht nicht, also per Hand moonsongfiberworks.blogspot.com/2011/11/how-to-make-wool-comb-and-hackle-set.html
Liebe Grüsse
Inge
Sabine, hast Du nicht ein paar Fotos gemacht?

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Re: Afrikanische Merinowolle

#8

Beitrag von Sabi(e)ne » Fr 1. Mai 2015, 10:15

:engel: Doch, der Link ist toll!
Die Nägel müssen aber richtig spitz sein, und möglichst rostarmer Stahl - man kann sich vorstellen, daß man die bei Flugrost sonst nicht mal eben einzeln abschmirgeln kann.
Es ist schon ziemlich aufwendig, sowas zu bauen, was dann auch wirklich funktioniert.
Fotos heute abend.
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Re: Afrikanische Merinowolle

#9

Beitrag von Sabi(e)ne » Fr 1. Mai 2015, 14:50

https://www.flickr.com/photos/59968730@N00/16710536403/
Meine Kämmstation, fest montiert auf einer klappbaren Werkbank.

https://www.flickr.com/photos/59968730@N00/16710535573/
Nur, um mal den Unterschied im Crimp zu zeigen.

https://www.flickr.com/photos/59968730@N00/16710535803/
Der Läusekamm als Hilfsgerät, wenn man keinen Wollkamm hat... ;)

https://www.flickr.com/photos/59968730@N00/16710536093/
Und so sehen zwei Locken nach dem Kämmen mit dem Läusekamm aus....spinnfähig.

https://www.flickr.com/photos/59968730@N00/16710536363/
Das Bild ist das Ergebnis von 5g Wolle, richtig gekämmt, und mit einem Diz* abgezogen von dem Kamm. Ich hab aber keine 5 Durchgänge gemacht, sondern nur 3.

*Ein Diz ist ein Teilchen, was man dazu braucht, um die Wolle geordnet vom Kamm runterzukriegen.
(In dem Link von Inge ist auch eine "Blending Hackle" , damit kann man gut Farben mischen, und zieht das Endprodukt dann wieder mit dem Diz ab - so bleiben die Fasern alle schön parallel.)
Ein Diz kann aus allem sein, solange er mindestens ein sehr kleines Loch hat - mein erstes war der Deckel einer alten Plastikdose, aber z.B. Knöpfe gehen auch, wenn die Löcher nicht zu groß sind. ;)
Der Diz bewirkt sowas wie einen Trichter-Effekt, so daß man soviel Wolle wie möglich parallel behält beim abziehen.
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Re: Afrikanische Merinowolle

#10

Beitrag von IngeE » So 3. Mai 2015, 08:55

Je mehr Antworten, umso mehr Fragen!
Sprühst Du die Locken vor dem Kämmen auch mit Oel - Wassergemisch ein? ( Wie auf dem Video gezeigt)
Ich habe gestern abend noch Locken gewaschen, die sind noch nicht alle trocken, aber drei habe ich schon mal gekämmt -mit Franzens Kamm- und die liegen nun fein ordentlich ausgerichtet vor mir. Wie geht das nun weiter, ich habe noch keine Idee, wie das mit dem Diz funktionieren kann.
Ich sehe, die Nägel bei den Winghamkämmen sind nicht senkrecht, sondern etwas nach hinten ausgerichtet. Ist das für das Funktionieren nötig, oder nur angenehmer in der Handhabung? Bei Selbstbauvarianten haben die Nägel selbst ja eine nur kurze Spitze, der Nagel ist zylindrisch, bei Deinen wird es langsam spitzer, ist das wichtig?
Die Fragen gehen alle speziell um die Verarbeitung der Feinstwolle, mit der "normalen" Merinowolle komm ich zurecht.
Freitag abend hatte ich Willem angerufen und ihm gesagt, wie sehr Du Dich über die Wolle gefreut hast. Er meinte, sein Scherdurchschnitt letztes Jahr waren 17 mic. ! Er wird die erste Woche im August wieder scheren und meinte, er könne mir noch bessere Wolle raussuchen.
Liebe Grüsse
Inge

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