Das liebe Geld

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Narrenkoenig
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Re: Das liebe Geld

#41

Beitrag von Narrenkoenig » Fr 16. Okt 2015, 09:54

Thomas/V. hat geschrieben:Zentralgewalten (Staaten) führten definitiv immer zum Untergang einer Gesellschaft.
Welch Erkenntnis. Selbst die Alpen werden von Wind und Wetter Stück für Stück abgetragen. Das Ende der Idylle der Bergbauern ist also absehbar. Das liegt dann aber nur an der bösen Zentralgewalt und dem kleinen häßlichen Monster Staat.
Wenn du dir unter Gesellschaft allerdings etwas statisches, nicht veränderndes vorstellst, wirst du an der Realität scheitern. Nicht mal Berge und Steine sind von Dauer.

Grüße

Robert
Ich bin zur Vernunft gekommen,
leider war sie grad nicht da.

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emil17
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Re: Das liebe Geld

#42

Beitrag von emil17 » Fr 16. Okt 2015, 11:15

@Thomas:
Anarchie im Sinne von Proudhon hat das gleiche Problem wie der Sozialismus:
Idee gut, Realität ... nicht so gut.
Das Grundübel liegt darin dass die Menschen, oder sagen wir mal 90% davon, eben nicht so sind, dass eine solche Gesellschaftsform über eine Menschenmenge von sagen wir optimistisch 50 Personen hinaus auf Dauer funktionieren könnte.
Sobald man die Leute nicht mehr persönlich kennt, macht die Mehrzahl eben eine ganz nüchterne Kosten-Nutzen-Analyse. Von da ist der Schritt zur Nutzenoptimierung logisch und der Schritt zur Ausnützung anderer eine reine Frage des Charakters, wird also unweigerlich eintreten.
Früher wurde das in der Dorfgemeinschaft am ehesten durch eine sehr sternge religiös geprägte Sozialkontrolle im Rahmen des Erträglichen gehalten, aber auch da gab es eigentlich nie eine wirklich egalitäre Gesellschaft.

Das ist ein bisschen wie im Hühnerhof: Die Hackordnung lässt sich nicht beseitigen, wenn man den ärgsten Tyrannen entfernt - es rückt sogleich ein andere nach. Viele sagen auch, dass ein aus der untersten Schicht nachgerückter Kleintyrann am schlimmsten ist, deshalb werden Aufseher in Straflagern und Sklavenpantagen oft aus der unterdrückten Mannschaft rekrutiert. Mit anderen Worten, die Neigung zur Ausnützung anderer ist eine ureigene menschliche Eigenschaft.

Die beste (oder am wenigsten schlechteste) derzeit real existierende Staatsform ist deshalb eine soziale Marktwirtschaft im föderalistischen Kleinstaat.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Thomas/V.
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Re: Das liebe Geld

#43

Beitrag von Thomas/V. » Fr 16. Okt 2015, 12:10

Das Grundübel liegt darin dass die Menschen, oder sagen wir mal 90% davon, eben nicht so sind, dass eine solche Gesellschaftsform über eine Menschenmenge von sagen wir optimistisch 50 Personen hinaus auf Dauer funktionieren könnte.
Das ist falsch.
Es gab viel größere, egalitäre und solidarische Gemeinschaften.
In denen versorgten sich die einzelnen Haushalte selber, kooperierten mit den anderen Haushalten des Dorfes und mit den Nachbardörfern.
In dieser Vernetzung befanden sich bis schätzungsweise 10 000 Menschen, und das ohne Zentralmachtausübung!
Und diese Gemeinschaften existierten lange Zeit!
Die Verbindung aller Mitglieder wurde durch Verwandschaft, gemeinsame Festivitäten, Spiritualitätsausübung, gegenseitige Solidarität bei z.B. Ernteausfällen und andere "Projekte" gefestigt.
Erst durch die (aus noch nicht bis ins letzte Detail nachvollziehbaren Gründen) installierte Zentralmacht mitsamt von ihr abhängigen "Adligen" oder sonstwie privilegierte machtausübende Helfer wurde der Mensch zum Staatsbürger, Egoisten, Abhängigen usw. .

Früher wurde das in der Dorfgemeinschaft am ehesten durch eine sehr sternge religiös geprägte Sozialkontrolle im Rahmen des Erträglichen gehalten, aber auch da gab es eigentlich nie eine wirklich egalitäre Gesellschaft.
Du beziehst Dich mit dieser Angabe ("früher") auf die letzten paar 1000 Jahre. Also auf Zeiten, in denen es einen mehr oder weniger ausgeprägten Staat bzw. vorstaatliche Strukturen gab.
Das ist ein bisschen wie im Hühnerhof: Die Hackordnung lässt sich nicht beseitigen, wenn man den ärgsten Tyrannen entfernt - es rückt sogleich ein andere nach. Viele sagen auch, dass ein aus der untersten Schicht nachgerückter Kleintyrann am schlimmsten ist, deshalb werden Aufseher in Straflagern und Sklavenpantagen oft aus der unterdrückten Mannschaft rekrutiert. Mit anderen Worten, die Neigung zur Ausnützung anderer ist eine ureigene menschliche Eigenschaft.
Das ist so, weil die überwiegende Mehrheit dieses System verinnerlicht hat. Also glaubt, das es so sein müsse. Dann ist es natürlich auch so.
Wenn ich in einer Hackordnung aufwachse, dann muß ich natürlich auch zu so ein "Hacker" werden.
Die beste (oder am wenigsten schlechteste) derzeit real existierende Staatsform ist deshalb eine soziale Marktwirtschaft im föderalistischen Kleinstaat
Diese Form wird ja grade abgeschafft. Alles was jetzt kommt, wird schlimmer...
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

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Re: Das liebe Geld

#44

Beitrag von Lehrling » Fr 16. Okt 2015, 20:18

Thomas/V. hat geschrieben:


Das ist so, weil die überwiegende Mehrheit dieses System verinnerlicht hat. Also glaubt, das es so sein müsse. Dann ist es natürlich auch so.
Wenn ich in einer Hackordnung aufwachse, dann muß ich natürlich auch zu so ein "Hacker" werden.
wer wächst nicht in einer >Hackordnung <auf? also bleibt es dabei, die Menschheit muß erst mal aussterben, ehe sich was vernünftiges Neues aufbauen kann.

liebe Grüße
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Re: Das liebe Geld

#45

Beitrag von aron » Fr 16. Okt 2015, 20:30

Thomas/V. hat geschrieben:

Das ist falsch.
Es gab viel größere, egalitäre und solidarische Gemeinschaften.
In denen versorgten sich die einzelnen Haushalte selber, kooperierten mit den anderen Haushalten des Dorfes und mit den Nachbardörfern.
In dieser Vernetzung befanden sich bis schätzungsweise 10 000 Menschen, und das ohne Zentralmachtausübung!
Und diese Gemeinschaften existierten lange Zeit!
Die Verbindung aller Mitglieder wurde durch Verwandschaft, gemeinsame Festivitäten, Spiritualitätsausübung, gegenseitige Solidarität bei z.B. Ernteausfällen und andere "Projekte" gefestigt.
Erst durch die (aus noch nicht bis ins letzte Detail nachvollziehbaren Gründen) installierte Zentralmacht mitsamt von ihr abhängigen "Adligen" oder sonstwie privilegierte machtausübende Helfer wurde der Mensch zum Staatsbürger, Egoisten, Abhängigen ..
Wo hast du das denn her?
Wo soll das gewesen sein?

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Re: Das liebe Geld

#46

Beitrag von Sabi(e)ne » Fr 16. Okt 2015, 21:22

Seit der Christianisierung war als erstes die Kirche die absolute Zentralmacht - und mir kann niemand erzählen, daß die Kirche jemals solidarisch mit den Armen gewesen wäre....(hätte sie dann soviel Geld wie jetzt?)
Wer das glaubt, sollte doch bitte nochmal die Geschichtsbücher lesen. :pfeif:

Es gab zu allen Zeiten kleine Gemeinschaften, die so am Limit lebten, und jeder Stammeschef versuchte mit allen Tricks sein Gebiet zu vergrößern, wenn er meinte damit mehr Macht und Einfluß zu bekommen.
Auch immer wieder gern durch Frauen- und Kinderraub, wenn Verhandlungen nichts nützten...oder Hinterhalte.
Viel später kamen erst die Chrisianisierungen - den Römern waren lokale Gottheiten völlig egal, solange damit keine Aufstände angezettelt wurden - auch eine Art der Religionsfreiheit.

Und man muß jede Periode der Geschichte auch auf Wetterphänomene und Hungersnöte ansehen, ebenso auf große Seuchenzüge.

Es gibt nicht DIE Vergangenheit - die ändert sich mit jedem neuen archäologischem Befund.

Ich fand in der Schule Geschichte tödlich langweilig, weil es immer nur um Daten und Fakten ging, ohne Bezug zu den Menschen, die damals lebten (wann immer das war).
Es wurde erst richtig interessant, als ich ein lokales Archäologen-Paar traf, was meist so um 800 als Fokus hatte, und beide unendlich viel dazu erzählen konnten, wie das Leben damals wirklich war.
Deren Freunde waren wiederum Steinzeit-Archäologen, die wieder ganz andere Geschichten zu erzählen hatten - faszinierend.
Und mittlerweile gibt es so viele Dokus über viele Ausgrabungen und mit nachgestellten Spielszenen, und auch über mittelalterliche Politik, daß das gar nicht mehr langweilig ist.....

Es ging IMMER und überall nur darum, den eigenen Machtbereich zu halten und zu vergrößern - ohne Rücksicht auf alle anderen.

Und das ist heute immer noch so - nur mit anderen Mitteln, und in anderen Dimensionen.

Europa hat enorm profitiert von der Aufklärung - aber der Rest der Welt hängt immer noch im Stammesdenken fest: "ich kann niemandem trauen, der nicht zu meiner Familie gehört" - damit kommt man aber nicht weiter.
(und ganz nebenbei ist die Geschichte des Osmanischen Reichs auffällig durch Brudermorde in Mengen....)

Die Insel der Seligen gab es nie, und wird es nie geben - leider.
I love life. And it loves me right back.
And resistance is fertile. :-)

Words are no substitute for actions...

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Re: Das liebe Geld

#47

Beitrag von Narrenkoenig » Fr 16. Okt 2015, 22:07

Sabi(e)ne hat geschrieben:… den Römern waren lokale Gottheiten völlig egal, solange damit keine Aufstände angezettelt wurden - auch eine Art der Religionsfreiheit.
Das würde ich so nicht sagen, die waren eher pragmatisch im Umgang mit diversen Mythen. Aber das wer es sich mit den lokalen Gottheiten versaut auch bei der Urbevölkerung unten durch ist war ihnen schon klar. Da wurde lieber eingebaut in die bestehende Götterwelt was nicht bei drei auf dem Baum war. Auf diese Weise waren Religionszwistigkeiten aus der Zeit eher unbekannt, bis dann die mit dem Alleinvertretungsanspruch kamen.
Dem christlichen Gott wurde in Rom ja auch ein Tempel gebaut.
Und um es sich mit gar keinem zu versauen sogar ein Tempel für den unbekannten Gott.

Grüße

Robert
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Re: Das liebe Geld

#48

Beitrag von Thomas/V. » Fr 16. Okt 2015, 22:12

Lehrling hat geschrieben:
Thomas/V. hat geschrieben:


Das ist so, weil die überwiegende Mehrheit dieses System verinnerlicht hat. Also glaubt, das es so sein müsse. Dann ist es natürlich auch so.
Wenn ich in einer Hackordnung aufwachse, dann muß ich natürlich auch zu so ein "Hacker" werden.
wer wächst nicht in einer >Hackordnung <auf? also bleibt es dabei, die Menschheit muß erst mal aussterben, ehe sich was vernünftiges Neues aufbauen kann.

liebe Grüße
Lehrling
Das ist wohl wahr. Wer in einer kranken Gesellschaft aufwächst, kann wohl kaum eine gesunde Gemeinschaft erschaffen. Er wird seine Krankheit immer mit sich herumschleppen.
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

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Re: Das liebe Geld

#49

Beitrag von Narrenkoenig » Fr 16. Okt 2015, 22:18

Thomas/V. hat geschrieben: Das ist wohl wahr. Wer in einer kranken Gesellschaft aufwächst, kann wohl kaum eine gesunde Gemeinschaft erschaffen. Er wird seine Krankheit immer mit sich herumschleppen.
Na, wenn ich mir so anschau was sich die letzten 2 - 300 Jahre in Mitteleuropa getan hat siehts aber nach was anderem aus.
Ich seh da schon deutliche Fortschritte vom Feudalismus zur sozialen Marktwirtschaft, vom Absolutismus zum allgemeinen Rechtsstaat.
Muß nicht jeder diese Sicht teilen, mancher hängt auch an seiner Untertanenrolle, aber es tut sich schon was.
Und zwar nicht nur Rückfall zu Galgen und Kopf abschlagen wie neuerdings wieder verlangt, sondern auch in die andere Richtung.

Grüße

Robert
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Re: Das liebe Geld

#50

Beitrag von Benutzer 3370 gelöscht » Fr 16. Okt 2015, 22:27

Denke auch , dass sich da was getan hat. Zumindest gibt es neue Schlagwörter wie etwa "Work-Live Balance" das zumindest in die Richtung weg vom Leistungsdenken zeigt. Wie es dann gelebt wird, ist eine andere Sache.
Viele in der jungen Generation haben halt auch keinen Bock mehr auf schaffe schaffe Häusle baue und auf die Pension warten bis sie ihren Selbstversorgergarten pflegen können.

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