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Re: Planen fuer den Notfall oder nicht?

Verfasst: Mo 29. Mär 2021, 07:02
von emil17
Nach unseren Berechnungen dürfte jede Woche Schließung das jährliche Wachstum des weltweiten Handels zwischen 0,2 und 0,4 Prozentpunkte kosten
Nicht der Handel ist also durch diese Blockade bedroht, sondern bloss erst die ZUNAHME des Handelsvolumens!
Das Hamsterrad dreht sich sowieso viel zu schnell ...
Eine große Firma in unserer Nähe, die u.a Gartenhütten baut, muss erforderliche Schrauben jetzt aus China einfliegen, weil sie in Europa keine mehr kriegt, sonst steht die gesamte Anlage!
Dann hat der halt Pech gehabt ... in SV-Kreisen würde man das als mangelnde Vorsorge bezeichnen.

Könnte es sein, dass da gewisse Geschäftsmodelle zu sehr auf Kante genäht sind? Wenn man just in time Produktionsketten quer über Kontinente macht, dann geht man damit bewusst und absichtlich ein Risiko ein, nämlich dass man sich extrem von anderen abhängig macht. Das kann man tun, aber dann auf Katastrophe machen bloss weil eingetreten ist was jeder vernünftig denkende Mensch vorhersehen könnte, ist zu einfach. In diesem Chor muss ich nicht mitsingen.

Wenn jetzt chinesische Gummibadeenten 20 Cent das Stück teurer werden oder drei Wochen nicht mehr in rosaraot erhältlich sind, weil die über Südafrika herumgefahren werden müssen, kann ich damit leben.

Wenn ein europäischer Klopapierhersteller errechnet, dass es pro 10 Rollen 0.7 Cent billiger wird, kommen die wahrscheinlich bald auch aus China und wenn dann der Kanal blockiert ist, kann in Europa bald keiner mehr so aufs Klo wie sonst, und schuld an dieser Katastrophe ist dann der Kapitän eines Frachters, und nicht etwa die, welche diesen globalen Produktionsoptimierungsunsinn auf immer absurdere Spitzen treiben.

Ach ja, gerade höre ich, das Schiff habe wieder Wasser unterm Kiel.

Re: Planen fuer den Notfall oder nicht?

Verfasst: Mo 29. Mär 2021, 08:09
von si001
emil17 hat geschrieben:
Mo 29. Mär 2021, 07:02
Dann hat der halt Pech gehabt ... in SV-Kreisen würde man das als mangelnde Vorsorge bezeichnen.
Genau. Mangelnden Vorratshaltung.
Die Lager der deutschen Industrie heißen seit Jahrzehnten (zunehmend) A9, A2, .... Jeweils die rechte Fahrspur und wenn es bergan geht auch noch die zweite Spur daneben. :flag:

Re: Planen fuer den Notfall oder nicht?

Verfasst: Mo 29. Mär 2021, 09:23
von penelope
Man ist gestern wohl einen guten Schritt weiter gekommen und es sieht ganz gut aus, dass der Kanal bald wieder befahrbar ist.

Aber ich denke, man darf es wohl als Warnschuss verstehen, wie sehr man sich von Strukturen, auf die man keinen Einfluss hat, abhängig macht.

(Es wurde aus meiner Sicht aber auch schon vieles in der Presse hochgekocht. Klar ist der Kanal sehr wichtig, aber er ist nun ja nicht der einzige Weg aus Fernost nach Europa. Ich hab mich gerade am Wochenende mit einer Freundin getroffen, die in einem Betrieb arbeitet, der auch vieles in China fertigen lässt: deren Produkte kommen über die Schiene nach Deutschland. Mein Mann macht beruflich internationale Transportversicherungen, da war auch noch alles ganz entspannt)

Re: Planen fuer den Notfall oder nicht?

Verfasst: Mo 29. Mär 2021, 09:37
von penelope
Der bendenklichere Aspekt an dem Ganzen ist eigentlich, dass das gleiche Schiff 2019 in Hamburg schon eine Fähre plattgedrückt hat und es ein riesiges Glück war, dass gerade kaum jemand auf der Fähre war. Es sieht ganz so aus, als ob es dringend an der Zeit ist zu überdenken, wie man auch über Länder- und Kontinentalgrenzen hinweg Sicherheitsstandads festlegen kann.

Re: Planen fuer den Notfall oder nicht?

Verfasst: Di 30. Mär 2021, 13:01
von 65375
penelope hat geschrieben:
Mo 29. Mär 2021, 09:37
Der bendenklichere Aspekt an dem Ganzen ist eigentlich, dass das gleiche Schiff 2019 in Hamburg schon eine Fähre plattgedrückt hat und es ein riesiges Glück war, dass gerade kaum jemand auf der Fähre war. Es sieht ganz so aus, als ob es dringend an der Zeit ist zu überdenken, wie man auch über Länder- und Kontinentalgrenzen hinweg Sicherheitsstandads festlegen kann.
Soweit ich das verstanden habe, ist das eines der größten Schiffe überhaupt. Vielleicht wäre eine (ein paar) Nummer(n) kleiner schon mal die richtige Richtung.
Wir wohnen am Rhein, der ja bekanntlich in den letzten Jahren immer öfter extremes Niedrigwasser hat. Das fahren sich alle naslang Schiffe fest. Früher waren viele kleinere Partikukliere unterwegs, heute gibt's die kaum noch; es werden immer größere Containerschiffe auch auf Flüssen eingesetzt.

In meinem Portemonnaie habe ich einen Zettel:
Wie viele Dinge es doch gibt, die ich nicht brauche!
Sokrates

Re: Planen fuer den Notfall oder nicht?

Verfasst: Do 1. Apr 2021, 10:52
von Sven2
Falls es jemand interessiert, was evtl die Ursache sein könnte (für mich klingts plausibel):

https://www.tagesspiegel.de/wissen/ever ... 51666.html

Re: Planen fuer den Notfall oder nicht?

Verfasst: Do 1. Apr 2021, 11:32
von emil17
Das mag zwar die physikalische Ursache der Havarie sein, aber nicht das Problem.
Um einen Vergleich zu machen: wenn ich mich mit einem zu schweren Fahrzeug auf einem sumpfigen Waldweg festfahre, ist zwar der viele Regen und die schlechte Strasse direkte Ursache meiner nun folgenden Probleme, aber schuld bin ich ganz alleine.

Auch das
Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis eines der immer länger und breiter werdenden Megaschiffe, die einen Großteil der Globalisierungslasten um die Erde tragen, einen solchen Megaschaden verursachen würde. Ob in Zukunft Prävention gelingt, hängt nicht nur davon ab, ob den Schiffsführern der gute alte Bernoulli präsent sein wird. Denn die chronische Ursache - träge, schwere, breite Riesenschiffe - bleibt.
ist nicht das Problem:
Es gibt keine "Globalisierungslast der Erde" sondern es gibt Profitmaximierung auf Kosten der Sicherheit (und fast allem anderen). Daran ändert auch die passive Formulierung des Autors dieses Textes nichts.

Re: Planen fuer den Notfall oder nicht?

Verfasst: Do 1. Apr 2021, 11:40
von Oli
Interessant. Ich hätte aber auch gern gewusst, warum der Kutter vorher einen Penis, Hoden und einen Mors ins Meer gezeichnet hat um ehrlich zu sein.

Re: Planen fuer den Notfall oder nicht?

Verfasst: Do 1. Apr 2021, 12:04
von Eule
Oli hat geschrieben:
Do 1. Apr 2021, 11:40
Interessant. Ich hätte aber auch gern gewusst, warum der Kutter vorher einen Penis, Hoden und einen Mors ins Meer gezeichnet hat um ehrlich zu sein.
Da gibts nicht sooo viele Möglichkeiten: Imponiergehabe und Dope, gerne auch die Kombination :grr:
Als Reeder würde ich nicht nur den Kapitän feuern, sondern ihm von seinem Restlohn die Spritkosten für die "Grafik" abziehen - da dürfte nicht allzu viel übrig bleiben :kaffee:

Zur Havarie: der "Kutter" hat ein Bugstrahlruder, habe ich gelesen. Wenn tatsächlich Bernoulli stärker war, würde ich auf Auslegungsfehler tippen (da wurde auch nicht für den Notfall geplant ;) ), und eigentlich funktioniert der B.-Effekt eher bei steilen Ufern, die es dort ausdrücklich NICHT gibt :hmm:

Re: Planen fuer den Notfall oder nicht?

Verfasst: Do 1. Apr 2021, 12:18
von Oli
Sieh an, es wird noch interessanter. :)

Das Internet sagt, dass das Szenario 'Blockade des Suezkanals' von den verschiedensten dafür zuständigen Diensten durchgespielt wird. Dafür sind sie ja auch da und nur wenige dürfte es verwundern. Das eigentliche Wunder ist für mich, dass das nicht schon einmal/öfter/[beliebige Szenarien hier einsetzen] passiert ist.

Hat eigentlich mal jemand verfolgt, was im Nord-Ostsee-Kanal so passiert ist in den letzten Jahren?
Und welche Regelmässigkeiten es da gibt?

Es bleibt interessant und das beste ist in Hinblick auf das Topic: nach Rücksprache mit meiner Speisekammer und den sonstigen Vorräten, die wir hier so brauchen habe ich festgestellt, dass Planen für den Notfall immer gut ist, man am Ende aber leider nicht alles bunkern darf/kann, was so ausfallen kann und, dass man nie so doof denken kann, wie es kommt. :)