Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

Was halt nirgendwo passt
Eule
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Re: Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

#331

Beitrag von Eule » Di 15. Nov 2022, 15:44

mich würde mal Eure Einschätzung interessieren, wie weit in der deutschen, durchschnittlicher-Lebenstandard-Geschichte man Eurer Ansicht nach zurück gehen müsste, damit die damaligen mittleren Lebensverhältnisse hierzulande, multipliziert mit den heutigen 8 Mrd., ein fair verteilter UND NACHHALTIGER Lebensstandard FÜR ALLE wäre. :pfeif:

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ohne_Furcht_und_Adel
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Re: Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

#332

Beitrag von ohne_Furcht_und_Adel » Di 15. Nov 2022, 20:29

Es ging ja bei Rohanas Frage darum, was der Einzelne machen könnte, um nicht ratlos abwarten zu müssen, bis ihm endgültig das Wasser bis zum Hals steht oder noch höher. Jemand, der relativ wenig Handlungsspielraum hat, muss nicht versuchen, alle zu retten, damit er selbst gerettet ist. Es geht dann darum, als Individuum mit einer länger andauernden Krisensituation fertigzuwerden, weil man sich rechtzeitig darauf eingestellt hat. Die heute lebenden Berufstätigen haben die Nachkriegszeit nicht miterlebt und kommen auch nicht alle aus Krisenregionen im Ausland. Sie müssen den Umgang mit der Not wieder lernen. Wenn man erstmal richtig tief drin steckt, würde einem alles mögliche einfallen, was man hätte regeln müssen, als es noch nicht so schlimm war. Wer clever ist, versetzt sich aber vorher schon in die Lage, und macht sich am besten unabhängiger von einer unsicherer werdenden Versorgung.

Eule, man müsste mind. bis 1600 zurückgehen. Aber dazu wird es sowieso nie kommen. Für Deutschland alleine wird es ja glaube ich wieder wie 1963, falls sich alles mittelfristig mal einpendelt. Hier gibt es eine recht gute Bildung und bisher Wasser, gute Böden und gemäßigtes Klima; gute Verkehrsanbindungen. In Mauretanien sieht es schon anders aus!
Aber der Blick nach Russland zeigt, wie man sich verzocken kann, wenn man die falschen Schwerpunkte setzt. Die Modernisierung hätte gelingen können, hätte natürlich mehr verfolgt werden müssen, aber so ist das Land quasi wieder in der Jelzin- Zeit gelandet, Tendenz weiter fallend. Uns Westeuropäern kann demnächst ähnliches passieren, wenn Politiker und Bürger nicht auf Zack sind und die Weichen richtig stellen.

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Re: Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

#333

Beitrag von emil17 » Di 15. Nov 2022, 21:27

Die Frage nach dem Zurück funktioniert schon deshalb nicht, weil es damals viele Möglichkeiten nicht gab, man denke an LED-Leuchtmittel, Wärmepumpen, PV-Kollektoren, um nur mal den Energiesektor abzudecken.
Dann möchte keiner mehr Lindan und Hexachlorbenzol auf dem Obst haben, oder Belibenzin im Tank.
Zudem war die Welt damals in gewissen Dingen viel rückständiger als heute, etwa was gewisse gesellschaftliche Entwicklungen angeht. Wer möchte wegen Kuppelei angezeigt werden können weil er sein eigenes erwachsenes aber nicht volljähriges Kind mit dem zukünftigen Schwiegersohn/tochter hat bei sich übernachten lassen ...

Ebenso haben früher die Staaten sehr viel mehr persönliche Ressourcen für unnützes Zeug verbraucht, Extrembeispiel war das Dritte Reich mit staatlich verordneter Freizeitbeschäftigung und Rüstung - d.h hoher Rohstoffverbrauch, der nichts zum persönlichen Wohlergehen beiträgt.

Leider ist es ja nicht so, dass man von einem Klimawandel nicht betroffen ist, wenn man seinen persönlichen Fussabdruck (wie immer man den definiert) massvoll hält. Heiss und trocken wird es in Mitteleuropa überall, nicht bloss beim Nachbarn mit dem dicken Geländewagen. Deshalb ist die wohl beste Strategie die, sich auf ein moderat schlimmes Szenario vorzubereiten, indem man seinen perönlichen Rohstoffverbrauch einschränkt oder/und nachhaltig deckt. ich sehe hier vor allem die Bereiche Konsum, Haustechnik und Mobilität.
Eine Lösung muss man individuell finden; es muss für mich und meine Familie funktionieren und nicht auf Kosten anderer und auch nicht für die anderen 450 Millionen Europäer. Wohne ich in einer dünnbesiedlten waldreichen Gegend ist beispielsweise eine Holzheizung anders zu bewerten als im Ruhrgebiet.

Auf politischer Ebene wird es nicht ohne massive Umverteilung abgehen, und zwar innenpolitisch (Stichworte, nur die Reichen werden reicher und zahlen immer weniger Steuern, die Reallöhne der ärmeren Hälfte der Bevölkerung nach Miete stagnieren oder sinken sogar) wie aussenpolitisch (fairer Handel wäre so eine Baustelle). All das hat indirekt genauso mit den Klimaproblemen zu tun wie ein Architekt mit der geschickten Planung eines Hauses sehr viel Energieverbrauch gar nicht erst entstehen lassen kann.
Gewissen Unfug (etwa Billigfliegerei) muss man einfach abstellen, egal wie diejenigen quietschen deren Arbeitsplätze dran hängen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

#334

Beitrag von Rohana » Di 15. Nov 2022, 21:45

Fairer Handel ist nicht nur aussenpolitisch eine Baustelle!
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Eule
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Re: Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

#335

Beitrag von Eule » Di 15. Nov 2022, 22:03

emil17 hat geschrieben:
Di 15. Nov 2022, 21:27
Die Frage nach dem Zurück funktioniert schon deshalb nicht, weil es damals viele Möglichkeiten nicht gab, man denke an LED-Leuchtmittel, Wärmepumpen, PV-Kollektoren, um nur mal den Energiesektor abzudecken.
Glaubst Du ernsthaft, die Ressourcen dieses Planeten reichen um 8 Mrd. mit dem Zeugs auszustatten?

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Re: Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

#336

Beitrag von emil17 » Mi 16. Nov 2022, 06:51

Ja, wenn man es nicht als Wegwerfprodukt erzeugt. Ich habe beispielsweise wie wohl jeder Haushalt schon viel Elektronikschrott kommen und gehen sehen, fast alles davon war nicht kaputt sondern überholt und vieles war einfach unnötig oder extra kurzlebig gemacht.
Die Menge an PCs die ich beruflich entsorgt habe willst du gar nicht wissen.
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Re: Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

#337

Beitrag von Rohana » Mi 16. Nov 2022, 07:33

emil17 hat geschrieben:
Mi 16. Nov 2022, 06:51
Die Menge an PCs die ich beruflich entsorgt habe willst du gar nicht wissen.
Bei meinem Mann im Büro steht bis heute ein 15 Zoll Flachbildschirm der wegen Wackelkontakt am Stecker an der Uni um 2010 "entsorgt" wurde... :dreh:


Kleine Anekdote am Rande zum Thema "überholt": Meine Mama hat seit etwa 1,5 Jahren ein Zartfone, so nennt sie es, und ich bin mittlerweile auch der Überzeugung dass es eher zart als smart ist. Weil Mama eine leichte Aluhutneigung hat, war sie immer schon WLAN gegenüber skeptisch, weil da funkt's ja direkt bei ihr in der Wohnung rum und sie mag keine Daten die durch die Luft fliegen, das ist bestimmt schlimm. Also hat sie sich mobiles Datenvolumen gekauft und all mein Reden dass da ja AUCH Daten durch die Luft fliegen müssen, zwangsläufig, hat sie nicht so interessiert. Ausserdem müsste sie ja für eigenes WLAN bestimmt nochmal mehr für's Internet zahlen. Dass ihr Router WLAN kann weiss ich, aber da ich die letzten 2 Jahre nicht vor Ort war und vorher kein Bedarf bestand, war das noch nie in Gebrauch. Bei unserem Besuch vor zwei Wochen habe ich mich also einen Abend hingesetzt und mich mit dem Router beschäftigt. Mittlerweile bin ich ja echt raus aus dem ganzen IT Zeug und von WLAN hatte ich noch nie Ahnung :pfeif: zu guter letzt habe ich das Teil davon überzeugt bekommen dass es mir WLAN gibt, auf meinem Smartphone hat es funktioniert... aber Mamas ist ein nobles Iphone was bitteschön den neuen Verschlüsselungsstandard habs-schon-wieder-vergessen will, und das kann der uralt-Router nicht, und deshalb will es nichtmal einloggen. Aus der Traum vom WLAN :motz: Mamas PC ist auch so eine Gurke von vor gefühlt 20 Jahren. Aber es reicht. Da wird die Hardware noch bis zum letzten Atemzug genutzt :grinblum:
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Re: Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

#338

Beitrag von Dyrsian » Mi 16. Nov 2022, 10:20

Ellie hat geschrieben:
Di 15. Nov 2022, 08:53
sybille hat geschrieben:
Mo 14. Nov 2022, 21:10
Das stellst Du Dir alles etwas sehr einfach vor. Ich denke Du warst noch nicht in der Situation Vollzeit arbeiten zu müssen und noch einen Minijob haben zu müssen um über die Runden zu kommen. Da ist dann nicht mehr viel Luft für etwas anderes. Mit Partner und Kindern schon gar nicht.
Aber selbst das ist doch auch eine Wahl. Keiner muss in der teuren Stadt leben, in der es zweieinhalb Gehälter braucht um die Familie zu versorgen. Vielleicht ist es anderswo günstiger und es reichen 2 Gehälter, oder sogar weniger. Durch die Entwicklung der letzten Jahre kann man mit homeoffice teils sogar den Job in der Stadt behalten. Welchen Lebensstandard wir haben wollen entscheiden wir auch selbst. Muss ich jedes Jahr ein neues Eifon haben? Müssen die Kinder ins Ballet, Klarinette, Judo und Chinesisch? Muss ich bio Obst und Gemüse außerhalb der Saison, fertig gewaschen, geschnitten und abgepackt kaufen? Muss ich jedes Jahr zweimal zum Urlaub um die Welt jetten? Alles Entscheidungen.
Leider kann man sich oft nicht mehr wirklich entscheiden, spätestens wenn man Kinder hat werden die Optionen weniger.
Wir leben in der Stadt und ich persönlich will hier eigentlich nur noch weg und eigentlich auch weg aus Deutschland.
Wir arbeiten beide (in Teilzeit 50% & 80%) und ich überlege jetzt ernsthaft den zweiten Nebenjob anzufangen, weil es mit dem Geld nicht wirklich reicht. Je nach Stadt wird nicht nur bei der Miete kräftig abkassiert, wir müssen hier auch mehrere tausend Euro im Jahr an Kindergartengebühren aufbringen.Wer kein nennenswertes Vermögen hat, dafür aber Kinder und eventuell den falschen Beruf hat kaum eine Chance dem Hamsterrad zu entkommen.
Ich könnte, ja ich müsste eigentlich, ins Ausland gehen wo die Gehälter so hoch sind dass man auch mit einem Gehalt ein gutes Leben als Familie führen kann. Nur will meine Familie hier nicht wegziehen, eben weil hier Freunde und Verwandte sind, man alles kennt usw. Alleine will und kann ich den Schritt nicht machen.
Zudem ist es, je nach Beruf, oft nicht so einfach möglich "aufs Land" zu ziehen. Grade hochspezialisierte Leute im akademischen Bereich brauchen einfach die Nähe zu Ballungsräumen, weil nur dort die Jobs sind. Ich habe mit Leute gesprochen die auf dem Land leben, da wird oft 100 km zu Arbeit gependelt. Ich bin überzeugt, dass das bald ein Ende haben wird. Hier sieht man schon allenthalben, dass alles getan wird um den Leuten das Autofahren auszutreiben. Es werden gezielt Staus erzeugt, überall wird beim Parken abkassiert, der Sprit wird teurer usw. Diese extreme Pendelei wird es bald nicht mehr geben.

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Re: Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

#339

Beitrag von Dyrsian » Mi 16. Nov 2022, 10:28

emil17 hat geschrieben:
Di 15. Nov 2022, 21:27
Wohne ich in einer dünnbesiedlten waldreichen Gegend ist beispielsweise eine Holzheizung anders zu bewerten als im Ruhrgebiet.
Du würdest dich wundern, wie viel Holz hier so rumliegt, und wieviel Wald wir hier haben. :lol:

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Re: Kann es sein, dass unser Wohlstandsmodell am Ende ist?

#340

Beitrag von Dyrsian » Mi 16. Nov 2022, 11:06

Um nochmal auf das Thema "Wohlstand" zurückzukommen: Die beste Zeit um in Deutschland wohlhabend zu sein ist jetzt! Daran hat die Politik seit Jahrzehnten gearbeitet!
Da das meiste Vermögen vererbt und nicht erarbeitet wird, gehen wir mal von dem realistischen Fall aus ich hätte ein vergleichsweise kleines Vermögen geerbt, also z.B. 50 Millionen Euro.
Einen Teil des Geldes habe ich in meiner Villa angelegt, für die wir, weil sie schon seit Jahrzehnten in Familienbesitz ist, aufgrund des (zugegeben mittlerweile überholten) Grundsteuersystems kaum Steuern zahlen. Den Rest der Kohle habe ich am Kapitalmarkt dergestalt angelegt, dass ich jährlich nur 37500€ Dividenden erhalte, der Rest ist thesaurierend angelegt und wird somit immer mehr (es soll ja auch noch für meine Enkel reichen). Auf die 37500€ muss ich 25% Kapitalertragssteuer zahlen, alle anderen Sozialabgaben entfallen. Bleiben 30.000. Davon kann ich mir eine private Krankenversicherung leisten und auch sonst super leben. Weil ich auch ab und an in Urlaub fahre, nutze ich dafür mein 150.000€ Wohnmobil - das kostet im Jahr kaum KFZ Steuer und bezahlt ist es ja schon. Es ist zwar auch irgendwie ein Vermögenswert, aber die sind ja hier steuerfrei! :) Mit dem Luxusteil kann ich super die kostenfreien oder kostengünstigen Stellplätze hier in Europa nutzen, so kostet mich der Urlaub fast nix! Lustig, wie die Trottel das ganze Jahr sparen um sich dann eine kleine Ferienwohnung leisten zu können!
Meine Freundin habe ich auf 600€-Basis als Reinigungskraft "eingestellt", dann ist sie krankenversichert und unsere Kinder gleich mit. Wegen unserem geringen "Einkommen" zahlen wir weniger Kindergartengebühren als der Klempner von nebenan und seine Frau die als Altenpflegerin schuftet. Ist das nicht lustig?
Und was die Umwelt angeht? Hey, die Villa kostet ordentlich Strom und Gas, stimmt schon. Aber da übernimmt der Staat ja die Dezemberrechnung. Achja, Kindergeld kriegen wir auch noch! Und diese Untersützung während Corona gab es auch noch! Ist das Leben nicht herrlich, wenn man vermögend ist? Es lebe der Wohlstand!

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