Auswandern in Gemeinschaft mit Selbstversorgerhof

Was halt nirgendwo passt
DieterB
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Re: Auswandern in Gemeinschaft mit Selbstversorgerhof

#21

Beitrag von DieterB » Mo 30. Okt 2017, 11:20

mma hat geschrieben:Wenn man die andere Vegetation, Wasser und Bodeneigenschaften verstanden hat und das anbaut was ursprünglich dort wächst, beziehungsweise einen Betrieb weiterführt, müßte eine Selbstversorgung möglich sein. Selbstversorgung heiß auch etwas zu erwirtschaften um die laufenden Kosten zu decken und auch ans übermorgen denken.
Theoretisch ist das richtig. In der Realitaet sieht es jedoch so aus, dass viele Kleinbauern ihr Land aufgeben, weil die Kinder einfach keine Lust mehr haben, so hart zu arbeiten fuer so wenig Einkommen. In meiner Gegend im Alentejo sind ganze Landstriche veroeded, weil fast alle Bauern aufgegeben haben und das Alentejo verliert seit Jahren Menschen, die ins Ausland gehen, um dort ein besseres Einkommen zu haben.

Das Problem ist die Trockenheit und der harte Lehmboden, der nur sehr wenig hergibt. Normal haben wir im April nochmal viel Regen, um gut in die Trockenzeit zu kommen. In diesem Jahr ist der Boden aber schon seit Maerz trocken, und jetzt, Ende Oktober, hatten wir immer noch keinen richtigen Regen. Vielleicht wird es im November oder Dezember regnen, aber im Winter waechst auch hier nicht viel.

Bei 40 Grad den ganzen Tag mit der Hacke auf dem Acker zu arbeiten, wie es die alten Leute hier noch gemacht haben, ist einfach nichts fuer unsere Zeitgenossen.

Es gibt sicher Marktnischen, wie laendlicher Tourismus, womit man leidlich ueber die Runden kommt, aber das erfordert auch Investitionen, wenn man es richtig machen will. Aber ich glaube, die meisten Deutschen hier beziehen irgendwie ein Einkommen aus Deutschland.

Ich produziere einen grossen Teil unserer Nahrung auf unserem Land, aber um den finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, arbeite ich freiberuflich fuer Kunden im Ausland. Ich moechte auf keinen Fall von der Landwirtschaft leben muessen.

lg. Dieter

PS: Als Gaertner hast du vielleicht andere Moeglichkeiten in Marktnischen wie Kraeuter-Anbau. Auch ist der Honig in dieser Gegen sehr gut, weil es fast keine Landwirtschaft mehr gibt und die Bienen fast ausschliesslich von Wildpflanzen sammeln.

PPS: Der Medronho-Schnapps hat den Bauern hier frueher ein bescheidenes Einkommen geliefert. Jedoch hat die Regierung das auch unterbunden, indem sie strengere Hygiene-Standards eingefuehrt hat und die Schwarzbrennerei strenger bestraft. Ein Nachbar hat sich erhaengt, weil die Polizei sein Depot an Schnapps und seine Ausruestung konfisziert hat, zusaetzlich zu einer Geldstrafe. Das hat den Mann total ruiniert.

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Renysol
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Re: Auswandern in Gemeinschaft mit Selbstversorgerhof

#22

Beitrag von Renysol » Mo 30. Okt 2017, 12:27

DieterB hat geschrieben: Das Problem ist die Trockenheit und der harte Lehmboden, der nur sehr wenig hergibt. Normal haben wir im April nochmal viel Regen, um gut in die Trockenzeit zu kommen. In diesem Jahr ist der Boden aber schon seit Maerz trocken, und jetzt, Ende Oktober, hatten wir immer noch keinen richtigen Regen. Vielleicht wird es im November oder Dezember regnen, aber im Winter waechst auch hier nicht viel.
Das ist ja ein interessanter Unterschied im Klima zu Süditalien. Wo ich gerade war (Absatz des Stiefels) ist es zwar im Sommer auch so trocken wie bei euch in Portugal, aber im Winterhalbjahr regnet es und es wächst alles - während du sagst, bei euch wächst um die Zeit nicht viel. Ist es da zu kalt?

strega
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Re: Auswandern in Gemeinschaft mit Selbstversorgerhof

#23

Beitrag von strega » Mo 30. Okt 2017, 14:27

Ciao Renysol,

hab grad auch nochmal im Netz geschaut wegen der Veranstaltung, die Einschreibungen laufen noch bis 3.11..... und hier im Westen kommt nix Papierenes an, wenn unten bei Cagliari irgendwas stattfindet, egal was.... ja gut, Tageszeitung hab ich nicht so oft in der Hand...

bei uns wars und ist noch auch hier wahnsinnig trocken, im Februar den letzten brauchbaren Regen, danach fast nichts mehr bis jetzt. Heut nieselt es etwas, besser als knallende Sonne ist das vielleicht für die frisch ausgesähten Sachen, aber den Kohl macht das auch noch nicht fett. Es heisst es sei der heisseste und trockenste Sommer seit 1960 etwa gewesen. Aufm continente hat es wohl etwas mehr geregnet, zumindest gebietsweise.

Ich kenn ein paar Leute, die von der Landwirtschaft leben, einer macht hier seit 30 Jahren Bio-Landbau und ist auf dem Wochenmarkt nach 10 generell ausverkauft, also schon gefragt, aber auch der kann gerade so in etwa seine Kosten decken. Auch weil er halt kein Essen kaufen muss, müsste er das wäre es wohl nicht mehr machbar. Das Problem ist auch, dass es in Italien keinen so netten Kleinunternehmer-Freibetrag wie in Deutschland gibt, das macht vielen kleinen Höfen und Firmen von vornherein den Garaus.

So ein Kombi-Projekt mit etwas Landwirtschaft, Ferienwohnungsvermietung und vielleicht noch Eier und Käse verkaufen an Leute ausm Dorf, plus noch irgendwas anderes, damit geht schon was. Nur reine Landwirtschaft in kleinem Stil, das ist perfekt für SV und für den Spass am eigenen Olivenöl und tollem sugo, aber nicht zum Kohlemachen.
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Renysol
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Re: Auswandern in Gemeinschaft mit Selbstversorgerhof

#24

Beitrag von Renysol » Di 31. Okt 2017, 19:39

Danke, die Ausstellung (vom letzten Jahr) hörte sich ganz interessant an und die Bambussache interessiert mich. Da Ryanair fürn Appel nach Cagliari fliegt, würde ich mir das da mal ansehen, wenn das Programm ausreichend Infos erwarten lässt. Daher warte ich mal noch, bis sie Details veröffentlichen.

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Re: Auswandern in Gemeinschaft mit Selbstversorgerhof

#25

Beitrag von DieterB » Di 31. Okt 2017, 21:36

Renysol hat geschrieben:Das ist ja ein interessanter Unterschied im Klima zu Süditalien. Wo ich gerade war (Absatz des Stiefels) ist es zwar im Sommer auch so trocken wie bei euch in Portugal, aber im Winterhalbjahr regnet es und es wächst alles - während du sagst, bei euch wächst um die Zeit nicht viel. Ist es da zu kalt?
Es waechst schon, aber eben viel langsamer, weil die Tage viel kuerzer sind. Ich glaube auch, dass es in Italien nicht viel anders ist. Das merkst du erst, wenn du einig Zeit dort Anbau betrieben hast. Z.b. Kohl, Endivien Salate und Knollenfenchel muss ich im July vorziehen und im August/September auspflanzen damit sie noch vor Dezember gross genug werden, weil das Wachstum von Dezember bis Februar sehr reduziert ist. Du has zwar Gemuese im Garten, das waechst aber kaum noch. Wenn der Kohl vor dem Winter nicht gross genug ist, kann ich ihn vergessen. Selbst Weizen, dicke Bohnen, Zwiebeln und Knoblauch, die ich im Herbst saee oder stecke, wachsen im Winter nur sehr wenig. Erst wenn es im Fruehling waermer wird, kriegen die einen Wachstumsschub. Das gleiche gilt fuer Artischocken. Die wachsen zwar im Winter, aber die Frucht wird erst im Fruehling erzeugt.

lg. Dieter

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Re: Auswandern in Gemeinschaft mit Selbstversorgerhof

#26

Beitrag von strega » Di 31. Okt 2017, 23:24

ist hier auch so. Wildes Grün hats dennoch satt im Winter, der wilde Spargel ist dann so ab Februar geniessbar.... und vieles andere.
Richtig loslegen tut aber alles im Frühling erst.

Ich habs die letzten Jahre so gemacht, dass ich alles was irgendwie übern Winter kommt im Herbst gepflanzt hab, bevor ich eine Weile nicht da war, wenn ich dann wiederkomm gibts schon manches zu Essen :)
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Re: Auswandern in Gemeinschaft mit Selbstversorgerhof

#27

Beitrag von emil17 » Sa 4. Nov 2017, 22:12

DieterB hat geschrieben: Es waechst schon, aber eben viel langsamer, weil die Tage viel kuerzer sind. Ich glaube auch, dass es in Italien nicht viel anders ist. Das merkst du erst, wenn du einig Zeit dort Anbau betrieben hast. Z.b. Kohl, Endivien Salate und Knollenfenchel muss ich im July vorziehen und im August/September auspflanzen damit sie noch vor Dezember gross genug werden, weil das Wachstum von Dezember bis Februar sehr reduziert ist.
Ich *vermute* (weiss es nicht sicher), dass das einen biologischen Grund hat, der nicht direkt mit der Tageslänge zu tun hat.
Im Mittelmeerklima hat eine Pflanze zwei Probleme: Im Sommer die Trockenheit, im Winter die Frostgefahr.
Biologisch voll aktive Gewebe sind frostempfindlich und werden schon durch leichte Fröste abgetötet. Man sieht das gut an Pflanzen aus Gebieten, wo es nie Frost gibt. Ein mässiger Frost, und alles, was sich unter Null Grad abkühlt, ist dahin (leichter Bodenfrost nach Austrieb der Kartoffeln ...)
Die Pflanzen des Mittelmeerklimas müssen im Winter wachsen, weil es im Sommer zu trocken dazu ist. Ihr Trick besteht darin, den Zellsaft stark mit Zucker und anderen löslichen Substanzen anzureichern. Das funktioniert bis etwa -6, -7, -8 Grad. Nur wird dadurch das Wachstum selbst behindert. Deswegen, und nicht aus Lichtmangel, wachsen die im Winter so langsam, denn Strahlungsfröste sind für die Pflanze nicht voraussehbar. Sie "weiss" nur aufgrund der kurzen Tage, dass Frostgefahr besteht.
Weil die Photosynthese noch bei tieferen Temperaturen funktioniert als die Zellteilung, können sich die Pflanzen im Winter zudem mit Reservestoffen füllen. Sobald die genetische Blockade durch wieder längere Tage gelöst ist (die Temperatur allein wäre trügerisch, wie oft kommt nach Wärme wieder Frost), geht es dann los.
Pflanzen der wirklich winterkalten Gebiete halten dagegen eine echte Winterruhe ein. Die wird ebenfalls durch die Tageslänge eingeleitet und gebrochen, aber es wird die ganze Physiologie auf Frostresistenz umorganisert und auch milde Tage im Winter bewirken kein Wachstum.
Eine sibirische Lärche erträgt im Dezember Temperaturen von -80 Grad im Experiment problemlos und auch unsere Fichten kann man mit kalten Wintern nicht umbringen. Ein leichter Frost bewirkt an der gleiche Pflanze im Sommer dagegen das Absterben der frischen Austriebe.

Weil nun die meisten essbaren Pflanzen nicht aus den Gebieten mit "echten" Wintern stammen, haben die alle diese Wachstumsperiodik. Das kann man offenbar genauso schwer wegzüchten, wie man z.B. frostresistente Orangenbäume züchten kann.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Auswandern in Gemeinschaft mit Selbstversorgerhof

#28

Beitrag von Olaf » So 5. Nov 2017, 00:59

Interessanter Gedanke, Emil, der erste Part.
Ich beleuchte ja jetzt meine mediteranen Lieblinge, abends, ich verlänge den jammervoll lichtschwachen Tag noch um paar Stunden. Ich will ja aber gar nicht, dass sie wachsen, und zumindest die Kaper, das seh ich schon, vergeilt mir wieder. Sie sollen ja nur überleben!
Wäre es eventuell sinnvoller, den jammervoll lichtschwachen Tag zu unterstützen mit Kunstlicht, aber die Länge des Tages nicht auszuweiten?
:hmm:
Olaf
Eigentlich bin ich ein netter Kerl.
Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.

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Re: Auswandern in Gemeinschaft mit Selbstversorgerhof

#29

Beitrag von strega » So 5. Nov 2017, 13:15

naja, hier sind die Tage ja auch nicht länger im Winter als im Norden... und die Pflanzen draussen leben damit. Hab Zweifel ob das so toll ist, die indoors zu beleuchten, wenns draussen schon dunkel ist. Klar, indoors hats eh weniger Licht, aber dann würd ich eventuell nur tagsüber etwas zubuttern an Licht, wenns dunkel wird dann nicht mehr.

Minusgrade hats hier an der Küste eigentlich nie wirklich... vor ein paar Jahren sind aber mal bei so minus 1 Grad ein paar Kaktusfeigen und Aloen abgefroren... da jammern die Leut hier heut noch manchmal, wenns wieder Winter wird ("boooahh, war das kalt damals, der pure Horror....")
aber vielleicht rechnen die Pflanzen dennoch damit, dass es im Winter frieren könnte? So ne Art genetisch über Jahrtausende programmierte Vorsicht, die mit dem Schlimmsten rechnet?
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