Zusammenhang zwischen Strahlung, Lufttemperatur, Mikroklima

Was halt nirgendwo passt
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kraut_ruebe
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Re: Zusammenhang zwischen Strahlung, Lufttemperatur, Mikrokl

#11

Beitrag von kraut_ruebe » Do 2. Feb 2017, 07:33

im hügelland kann man aber vermutlich keinen besseren standort aussuchen als auf nem halben hügel. ganz oben und ganz unten wäre noch weniger repräsentativ für die gesamtgemeinde - nehme ich an. zum besseren verständnis: ein hügel wird wohl so um die 100 m bedeuten, trägt jeweils einen namen mit -berg und es sind derer viele in der umgebung.

das wär mal so ein typischer 'wenn es friert, dann um 6'-ausblick. dass kalte luft nach unten sinkt ist soweit klar, nur muss die kalte luft ja vorher irgendwo gewesen sein um runtersinken zu können. auf unseren 'berg'spitzen lauert sie definitiv nicht, denn bei denen oben am hügelkamm frieren die apfelblüten (äpfel sind überall, wir sind kommerzielles apfelland) so gut wie nie ab, während in den tallagen auch mal spätfrostschäden sind:
6-uhr-frost.JPG
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There's a crack in everything. That's how the light gets in.

centauri

Re: Zusammenhang zwischen Strahlung, Lufttemperatur, Mikrokl

#12

Beitrag von centauri » Do 2. Feb 2017, 08:57

Bei uns hier ist das genau so.
Ca. 1 Std. vor Sonnenaufgang geht die Temperatur auf den Tiefstpunkt.
Aus dem Bayrischen Wald kannte ich das eher so wie Emil es beschreibt.
Liegt wahrscheinlich an der Topographie. :hmm:

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emil17
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Re: Zusammenhang zwischen Strahlung, Lufttemperatur, Mikrokl

#13

Beitrag von emil17 » Do 2. Feb 2017, 13:30

Bei diesen tabellierten Temperaturdaten müsste ich mich, wollte ich daraus generelle Schlüsse ziehen, zuerst zum Advokaten des Gegenteils machen, d.h. alle anderen denkbaren Einflüsse ausschliessen, bevor ich behaupten könnte, Frost trete erst frühmorgens auf.

Was mir hier auffällt:
Es wird nicht gesagt, in welcher Höhe über der Bodenoberfläche gemessen worden ist. Bei Messungen für Meteorologie sind 2m Standard (ein Problem für abgelegene Orte mit wachsender Schneedecke, hier aber nicht Thema).
Der Sprung von 0 auf -1 könnte, wenn es ein digitales Thermometer mit 1 Grad Auflösung war, auch nur von -0.45 auf -0.55 Grad gewesen sein.

Es ist logisch, dass sich die Luft durch die negative Strahlungsbilanz im Laufe der Nacht immer weiter abkühlt. Deshalb ist es am frühen Morgen am kältesten.

Die relativ konstante Temperatur über mehrere Stunden vor dem Eintritt des Frostes kann durch latente Wärme erzeugt worden sein (Ausfrieren des Wassers). Das wird als Frostschutz ausgenutzt, indem man z.B. Marillenplantagen kurz vor der Blüte mit Sprühregnern bewässert. Wenn 1 Liter Wasser von 0 Grad sich in 1kg Eis verwandelt, wird soviel Wärmeenergie freigesetzt wie es zum Auftauen von 1kg Eis braucht. Das ist soviel wie benötigt wird, um das Wasser von 0 auf 80 Grad zu erwärmen.
Die Hypothese, dass ein Kaltluftsee von vielleicht nur einigen 10 cm Mächtigkeit bei Eintritt des Tageslichts aufgewirbelt worden ist, so dass das Thermometer plötzlich von kälterer Luft bestrichen worden wäre, die vorher ruhig unterhalb der Messonde lag, besteht immer noch.
nur muss die kalte luft ja vorher irgendwo gewesen sein um runtersinken zu können. auf unseren 'berg'spitzen lauert sie definitiv nicht, denn bei denen oben am hügelkamm frieren die apfelblüten so gut wie nie ab, während in den tallagen auch mal spätfrostschäden sind
Das ist typisch und hat zwei Gründe.
a) Oben ist es etwas kälter, d.h die Blüte ist etwas später, weil die Pflanzen zurückbleiben, und das Spätfrostrisiko ist deshalb geringer. Im Wallis werden spätfrostempfindliche Kulturen wie Marille deshalb am Schatthang angelegt.
b) Die Kaltluftschicht bildet sich am Grunde von Senken an Ort und Stelle durch nächtliche Abstrahlung. Sie kommt nicht von oben und füllt die Senken auf. Wenn es keine Senke ist, ist die Abkühlung (die an der Bodenoberfläche stattfindet!) genau so stark, nur fliesst die kalte Luft wegen ihrer grösseren Dichte hangabwärts ab und wird durch andere ersetzt, die vorher nicht in direktem Bodenkontakt und deshalb weniger kalt war.
Aus dem gleichen Grund bleibt in windigen kalten Nächten der Frost aus oder ist milder, als wenn es windstill ist, weil in den Kaltluftlöchern dann die Luft nicht liegen bleibt.
Der Kaltluftsee kann auch durch Sonneneinstrahlung zerstört werden: Die Bodenoberfläche erwärmt sich rasch auf 0 Grad, wenn keine geschlossene Schneedecke liegt. Sobald der Reif weg ist, was rasch geht, erwärmt sie sich weiter. Die Luft in Bodennähe erwärmt sich durch Bodenkontakt, vermindert ihre Dichte und steigt auf, wodurch die Kaltluftschicht verwirbelt und zerstört wird.
Bei geschlossener Schneedecke und geringer Sonnenstrahlungsleistung wegen tiefem Sonnenstand wird das meiste reflektiert, die Kaltluftseen werden von Tag zu Tag mächtiger und erst durch eine Wetteränderung vernichtet. Das hat der vergangene Januar sehr schön gezeigt.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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