Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

viktualia

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#851

Beitrag von viktualia » Do 4. Mai 2017, 20:45

Manfred, wenn ich im/ab November einen Eimer vom Misten (meiner Wutzen) auf ein freies Beet kippe,
(anstatt auf´m Kompost das Grasige nach oben zu sortieren, damit die nicht so rumwühlen, die Viechers..),
dann ist das ne Winterfütterung für weitere Arten Vögel?
Also die lieber Kleinvieh suchen als Körner?
Klar, eigentlich.
Danke für die Idee; gut, das wir drüber geredet haben...

Manfred

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#852

Beitrag von Manfred » Do 4. Mai 2017, 21:17

Leben schafft Nischen für weiteres Leben.

Wollte der NABU wirklich etwas für die Vielfalt tun, würde er dabei helfen, die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe massiv von Bürokratie und Kosten zu entlasten. Leider tut er mit seiner Lobbyarbeit genau das Gegenteil. Er schafft beschleunigten Wandel hin zu immer größeren Strukturen und Reinkulturen. Alleine durch die katastrophale Wolfspolitik verlieren wir derzeit fast täglich Weidebetriebe, die mit ihren Tieren Nischen für tausende Vögel geschaffen haben.
Und die Vögel sind ja nur auffällige Zeigerarten. Die Vor- und Nachgelagerte Vielfalt, die mit verloren geht, ist noch viel größer.
Je mehr unterschiedliche Bewirtschafter und Betriebskonzepte wir hätten, desto mehr Varianten und Nischen würden auf den Flächen entstehen.

Rati
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Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#853

Beitrag von Rati » Fr 5. Mai 2017, 08:56

viktualia hat geschrieben:Manfred, wenn ich im/ab November einen Eimer vom Misten (meiner Wutzen) auf ein freies Beet kippe, ...dann ist das ne Winterfütterung für weitere Arten Vögel?
nicht wirklich Viktualia.
Der frische Mist wird ja im November keine Mieter mehr finden (es sei den deine Schweindel hätten Parasiten ;) ) nach denen die Vögel dann suchen können.
Ein schöner großer ganzjährig vorhandener Kompost oder Misthaufen hingegen bringt da einiges.
Na ja und natürlich Totholz und Steinhaufen so wie stehen lassen von Samenständen diverser Pflanzen und anschaffen von Sträuchern mit brauchbaren Früchten. :)

Grüße Rati
Was ist ist! Was nicht ist ist möglich!"
[Einstürzende Neubauten 1996]

viktualia

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#854

Beitrag von viktualia » Fr 5. Mai 2017, 09:06

Moooment, Rati, wieso soll "mein" Schweinekot kein Leben enthalten ausser Parasiten, also Krankheitserregern?
Verdauung ist Verdauung und die ist nicht steril.
Symbionten werden da ja wohl noch drin sein, zumindest meiner Fütterung nach haben die eine wunderbar ausgewogene Darmflora.
Aber 100pro!
Klar, im Oktober wächst da mehr als im Januar, vielleich könnt ich dann doch was dicker streuen...?
(Manfred!!! Wie simulier ich ganzheitliche Kompostweidewirtschaft für Vögel?)

Ich hatte dieses Bild vor Augen, von in der Wiese stehenden und in Fladen pickenden Vögeln....
Die anderen Sachen die du beschreibst hab ich natürlich schon.

Manfred

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#855

Beitrag von Manfred » Fr 5. Mai 2017, 09:56

Die Vögel haben das ganze Jahr über Interesse am Kot.
Ich denke auch, dass zumindest einige Arten die darin enthaltenen Mikroben und Nährstoffe irgendwie verwerten können.
Und sobald die Temperaturen über dem Gefrierpunkt liegen, sind auch wieder Insekten daran zugange.
Aber die Kleintierhaltung produziert ja nicht nur Mist. Die ganze Kette inkl. Fütterung, Behausung, Kot, abgeworfene Haare und Federn, Schlachtresten etc., für alles finden sich Abnehmer, Untermieter und andere Nutznießer, und wenn es Insekten sind, die an den Bisswunden der Pflanzen Säfte saugen.
Kommt der Rasenmäher, gibt es 1 x kurze Zeit Unmengen Pflanzensaft. Grast ein Karnickel oder wird jeden Tag frisch gefüttert, gibt es jeden Tag was zu saugen.
Vom Verwaltungsbüro in Berlin aus sieht man das aber nicht. Da muss man schon draußen sein und genau hingucken.

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Herbstelfe
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Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#856

Beitrag von Herbstelfe » Fr 5. Mai 2017, 10:17

Manfred, es ist schön, dass Du bis zu 77 Vogelarten auf Deinen Flächen zählen konntest, aber das ist eben nicht die Regel - vor allem nicht wenn man es auf nationaler oder kontinentaler Ebene betrachtet. Wenn der Nabu für Dich ein rotes Tuch ist, schau doch mal in die Berichte des DDA (Dachverband Deutscher Avifaunisten) oder des EBCC (European Bird Census Council). Die Datenreihen gehen Jahrzehnte zurück, da geht es nicht um ein akutes Phänomen wegen eines kalten/langen Winters, sondern um ein Problem dass im Bereich der Feldflur seit (mindestens) den 70er Jahren bekannt und gut dokumentiert ist. Du hast vollkommen recht, Vögel sind da nur ein gut wahrnehmbarer Zeiger, was drumherum passiert ist noch viel gravierender.

Ob man es wahrhaben will oder nicht, die Ursachen dafür sind unter anderem in der Ausräumung der Kulturlandschaft zu suchen, in einem Verlust der Lebensräume und Nahrungsgrundlage. Das Thema ist komplex, es gibt natürlich noch viele andere Einflüsse wie den Klimawandel, das Zugverhalten usw. Da sind schon sehr viele, sehr gute internationale Studien zu publiziert worden. Hier dann aber mit dem Zeigefinger auf Gartenbesitzer(!!!) zu zeigen, bei einem Flächenanteil von über 80% land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen in Deutschland, ist geradezu absurd. Gärten machen in Deutschland weit unter 5% der Flächen aus! Ich bin sehr dafür, einen Garten möglichst naturnah zu gestalten, evtl auch Kleintiere anzuschaffen (bei uns leider verboten). Diese Änderungen werden den Artenschwund aber weder aufhalten noch abbremsen, denn die richtig großen Flächen werden - wie gesagt - von Land- und Forstwirtschaft gepflegt.

Ich wüsste nicht, dass der Nabu Entscheidungsträger ist in Deutschland oder Europa, so dass Gesetzgebungen, Fördermittel oder Reglementierungen von ihnen aktiv gestaltet und Deine Bewirtschaftung beeinflusst wird. Ganz sicher macht der Nabu Lobby-Arbeit - vielleicht auch tatsächlich in Millionenhöhe (wobei ich das bezweifeln würde). Dem könnte man jetzt einfach mal den Umfang und Impact der Lobbyarbeit der Chemie- und Lebensmittel/Agrarindustie gegenüberstellen. Naja, ist eigentlich ein No-Brainer :roll:
Keine Zeit für dumme Späße, ich hab zu tun mit Älterwerden.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#857

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Fr 5. Mai 2017, 10:36

Manfred hat geschrieben:Kommt der Rasenmäher, gibt es 1 x kurze Zeit Unmengen Pflanzensaft. Grast ein Karnickel oder wird jeden Tag frisch gefüttert, gibt es jeden Tag was zu saugen.
ist es für die Vögel ein großer Unterschied, ob diese Karnickel "wild" oder "für die Mast" sind?
So wie ich das verstanden hab, brauchen die Vögel Insekten. Wie ich dafür sorge, dass es bei mir viele Insekten gibt, ist jetzt nicht so sehr der Punkt, oder?
Also könnte ich alternativ auch keine Pestizide verwenden? den Garten nicht aufräumen? viele Wildkräuter blühen lassen? Hummelnester schützen??

Wir können nämlich keine Nutztiere halten und sowieso kann das nicht jeder, der einen Garten hat.
Obwohl ich schon des öfteren ernsthaft daran gedacht habe, bei uns Hühner oder Enten/Gänse (was ginge eher? was tät mehr bringen?) auf dem Grundstück ein Zuhause zu bieten. Wir sind allerdings nicht täglich dort, das müssten dann wieder halbwilde Nutztiere sein und da schreien manche aus Tierschutzgründen auf.
Und ich bin mir einfach total unsicher ....
schön wärs schon und "natürlich" eigentlich auch, hm :hmm:

Ich beobachte immer viele Vögel in den Getreidefeldern - laufen sicher unter "Schädlinge", aber wenn kein Getreide - Weizen, Gerste und so - angebaut wird, gibt es weniger Fedevieh.

Manfred

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#858

Beitrag von Manfred » Fr 5. Mai 2017, 10:44

@Herbstelfe: Ich bezweifle den Rückgang nicht und auch nicht, dass die Landwirtschaft daran einen großen Anteil (wenn auch bei weiten nicht den Einzigen) hat.
Was mich ärgert, ist dass alle großen Naturschutzverbände, egal ob NABU, BUND, LBV etc. mit ihrer Lobby- und Pressearbeit entgegen all ihrer Absichtsbekundungen sich nicht für Vielfalt in der Landwirtschaft einsetzen, sondern immer wieder für Regelungen trommeln, die genau das Gegenteil bewirken, selbst wenn sie gut gemeint sein mögen.
Gut gemeint ist eben nicht gut gemacht, sondern sehr oft das genaue Gegenteil.

Diese Verbände sollten die Partner von Landwirten wie mir sein, statt uns ständig neue Knüppel zwischen die Beine zu werfen und so der konventionellen Großflächenlandwirtschaft die Bälle zuzuspielen.
Sie sollten das Ganze im Blick haben und jeder ihrer Entscheidungen konsequent daran messen, ob es zum Ganzen hinführt, und nicht nach ihrem Kassenstand, Tageslaune und dem, was sich in der Presse gerade gut verkaufen lässt.
Diese Verbände wenden fast ihre gesamten Einnahmen für Werbung und Personal auf. In aktive Naturschutzarbeit fließen allenfalls kleine Bruchteile.

Solange das so bleibt, rate ich jedem Verbraucher dazu, diesen Verbänden keinen Cent mehr zukommen zu lassen, sondern das Geld lieber für gezielte Konsumentscheidungen zu verwenden und sich Gedanken darüber zu machen, wie das produziert wird, was sie jeden Tag konsumieren. Damit erreichen sie viel mehr.
Man kann sich seiner Verantwortung für das Ökosystem nicht entziehen, indem man irgendwelche Ablassbriefe kauft und ansonsten weitermacht wie bisher.
Werde selbst aktiv, statt auf "die Landwirtschaf" zu schimpfen. Die Landwirtschaft liefert nur das, was nachgefragt wird. Es ist deine Entscheidung, was du kaufst, nicht die der Landwirte.
Hier streichen gerade wieder zwei Direktvermarkter die Segel. Mein Onkel hört auf, weil er bei seinen Rindfleischkunden keine Auskömmlichen Preise für die Arbeitszeit in der Direktvermarktung durchsetzen kann. Und einer der größten Bio-Direktvermarkter hier, mit eigens gebauter Metzgerei und eigens dafür erworbenem Metzgermeister-Titel, stellt die Wurstproduktion ein und verkauft nur noch Fleischpakete, weil der Aufwand für die Ganzen Kontrollen, Laborproben etc. zu hoch sind, dass es sich einfach nicht mehr rentiert.

Wenn er NABU helfen will, dann soll er sich für einen Food-Freedom-Act einsetzen, der die Direktvermarkter und kleinen Lebensmittelhandwerker komplett von all diesen Auflagen befreit (wer will, könnte sich natürlich freiwillig weiter kontrollieren und dafür zertifizieren lassen).
Dann könnte wieder ein blühender Markt für Direktvermarkter und kleines Lebensmittelhandwerk entstehen und die damit verbundene Vielfalt in der Landwirtschaft.
Jeder Verbraucher kann selbst entscheiden, ob er bei so einen Anbieter (mit Schild: nicht kontrollierte Lebensmittelerzeugung an der Tür) kaufen will oder nicht. So wie er selbst entscheiden kann, ob er raucht, trinkt, Motorrad fährt oder sich zur Bundeswehr meldet, um das Vaterland am Hindukusch zu verteidigen. Das dürfen wir alles, aber ein Stück Fleisch aus Hausschlachtung in der Scheune des Bauern kaufen dürfen wir nicht, weil das ja viel zu gefährlich für uns ist. Davor müssen wir geschützt werden... damit der Industrie durch diese böse Konkurrenz blos ein Umsatz entgeht.

Manfred

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#859

Beitrag von Manfred » Fr 5. Mai 2017, 10:56

@Ina: Die meisten deiner alternativen Ansätze bewirken natürlich kleine Schritte zum Positiven. Aber halt nur in der jeweiligen Saison. Nutztiere schaffen das ganze Jahr über nutzbare Nischen.
Stellt euch mal vor, wie viel Leben mehr es gäbe, wenn al die Nutztiere, die jetzt in Ställen hocken, alle ganzjährig wieder draußen leben könnten.
Vor 1900 habe es in D noch irgendwas um die 120 Mio. Schafe. Auch Rinder und Scheine, Ziegen, Geflügel wurden zumindest zeitweise draußen gehalten. Auf dem Land hatte fast jeder einen Nutzgarten und Kleinvieh.
Das ist alles weg, bis auf minimale Reste. Und was an Tieren noch da ist, muss aus Kostengründen und wegen unzähliger Vorschriften in den Ställen eingepfercht werden, weil die Verbraucher in Umfragen zwar immer alle Bio und Regional kaufen, aber ihr Geld dann seltsamer Weise doch fast komplett bei Aldi und Co. ausgeben und selbst zwischen diesen Discountern wechseln, wenn der eine was 2 Cent billiger anbietet.

Es ist halt so einfach, die eigene Bequemlichkeit zu ignorieren und anderen die Schuld zu geben.

Wenn sich etwas ändern soll in der Landwirtschaft, dann muss sich das Konsumverhalten der Verbraucher und der Weg vom Bauern zum Verbraucher ändern. Das können die Bauern alleine nicht leisten.
Solange die "guten" Betriebe von Idealismus und Selbstausbeutung leben müssen und die "bösen" das Geld verdienen, werden die einen weniger werden und die anderen mehr.
Mit Schimpfen auf die Bauern erreicht man da garnichts. Und mit immer neuen Auflagen, die die großen auf die Masse umlegen können und die die Kleinen ersticken erreicht man das Gegenteil des Erwünschten.
Das ganze System muss umgebaut werden, so dass die erwünschten Betriebe den Wettbewerbsvorteil haben und ihren Menschen eine gute Lebensqualität bieten. Dann erst ändert sich in der Fläche die Bewirtschaftung zu mehr Vielfalt.

hobbygaertnerin
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Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#860

Beitrag von hobbygaertnerin » Fr 5. Mai 2017, 11:33

@Manfred,
Danke für deinen Beitrag, ganz, ganz herzlich Danke.

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