Hallo,
die eigene Meinung ist das erste, womit man an Kunst etc. herangeht. Dafür braucht man - auf den ersten Blick - gar nichts.
Um aber probate Kritik an was auch immer - aber in diesem Fall an Malerei - üben zu können, braucht man einen gewissen Boden an Wissen, denn Kritik zielt immer auf das Wie und Warum. Wie ist etwas gemacht und warum empfindet man es in unserer Zeit und in unseren Augen als gut oder schlecht?
Die großen Schriftsteller, Maler, Bildhauer etc. wurden meistens erst einige Zeit nach ihre Ableben begriffen, weil man das, was man in ihrer Kunst als mangelhaft empfunden hat, erst später als etwas Vorausgreifendes verstanden hat. Nicht jedes schlechte Gedicht ist automatisch etwas Großes und manchmal liegt man durchaus richtig, wenn man sich bei der Betrachtung eines Werkes denkt: "Das ist aber wirklich richtiger Mist." Aber nicht immer.
Die Bilder von Mischa sind technisch gut gemacht, erinnern mich ein bisschen an Caspar David Friedrich, sie haben etwas mit der Befreiung der Farbe vom Gegenstand zu tun, wie man es in der Romantik propagiert hat. Sie erwecken das Gefühl des leeren und doch farbigen Raums, der unbesetzten Fläche, die doch eine emotionale Grundtemperatur hat. Sie sind deshalb gut, weil ihnen die gängigen Tricks der Malerei fehlen und sie nicht auf den ersten Blick wiedererkennbar sind. Daraus resultiert übrigens oft schlechte Kritik. Ein zweiter Blick tut dem Betrachter und dem Betrachteten immer gut. Das Interessante an Gesprächen über Kunst ist nicht "Das ist schlecht" oder "das ist gut", sondern da fängt es erst an - dann kommt das "Warum ist es gut oder schlecht." Ab hier wird es meines Erachtens nach Interessant.
@Fuxi: Vor hundert Jahren hätte man übrigens geschrieben:"Meine Herrschaften, ich bitte Sie doch...lassen Sie einander leben.."
Dass man Deine rhetorische Frage, ob man mit "sowas" eine Ausstellung machen kann, vor allem mit dem hier dahinter
ist -beabsichtigt oder nicht - in meinen Augen wenig verwunderlich.
Für alle, die es interessiert: Wir leben in der Zeit der Postmoderne wie unsere Epoche gemeinhin genannt wird. Als alles umbrach, nämlich Ende des 19.Jhds., begann plötzlich alles "durchzudrehen", so die gängige Meinung der Kritiker. Die Komponisten begannen plötzlich, atonale Musik zu machen, die Schriftsteller wie Mallarmè, Zeug zu schreiben, das nicht mehr den althergebrachten Überlieferungen von Kunst entsprach, die Maler die Malerei ad absurdum zu führen, alles zu "spinnen."
Das liegt daran, dass wir in einer Zeit leben, in der die bisherige Bedeutung ihren Sinn verloren hat. Das ist eine der grundlegendsten Revolutionen in der bisherigen Geistesgeschichte. Wir leben in einer Zeit "nach dem Wort" (George Steiner "Von realer Gegenwart"). Eines der wesentlichsten Kennzeichen davon ist, dass wir die Frage nach dem Sinn an und für sich überhaupt stellen. Kein Mensch des Mittelalters wäre auf diese Idee gekommen - dass das Leben keinen Sinn haben könnte, es keinen Gott gäbe etc. Die althergebrachten Normen, seien sie christlich oder gesellschaftlich, greifen nicht mehr, und wir haben noch keine neuen. Die Technik feiert Urstände wie nie zuvor, und wir glauben an das, was man in der Antike die Titanen nannte - an Atome, Radioaktivität, Röntgenstrahlen, Elektrizität, Maschinen. Deshalb wenden sich auch so viele jetzt wieder dem real Begreifbaren zu - dem Boden, dem Garten, dem Selbstgemachten.
Und - Klugscheissermodus wieder aus -
verzeiht den Wortschwall..
Belisa