Frage zur Gebäudedämmung

Dyrsian
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Frage zur Gebäudedämmung

#1

Beitrag von Dyrsian » Mo 15. Mär 2021, 12:27

Hallo,
im Fernsehen sehe ich oft, wie Menschen eine ansolut luftdichte Hülle um ihr Haus legen. Begründung: Wenn nun die warme, feuchte Luft in die Wände hineingeht, kühlt sie auf dem Weg nach draußen ab, wenn der Taupunkt in der Dämmung liegt, wird es dort feucht und beginnt zu gammeln. Verstehe ich!
Aber: Kann ich nun überhaupt keine dampfdiffusionsoffenen Wände erbauen wenn ich die dämmen will? Also z.B. ein Holzständerwerk errichten, außen Lärchenbretter dran, innen Panele (alles unlackiert) und die Gefache dann mit Schafwolle oder so als Dämmung auffüllen? Ich würde ungern in einer Plastiktüte leben.
Noch kann ich überhaupt nichts bauen, weil keine Kohle bzw. kein Grundstück, aber der Punkt interessiert mich schon.

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emil17
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Re: Frage zur Gebäudedämmung

#2

Beitrag von emil17 » Mo 15. Mär 2021, 13:37

Ich habe mich bei unserer Altbausanierung ziemlich damit beschäftigt.
Die alten Baumaterialien haben eine grosse thermische Trägheit und können viel Wasserdampf aufnehmen und wieder abgeben, ohne dass sie sich nass anfühlen. Das sorgt sommers wie Winters für ein angenehmes Raumklima. Moderne Dämmstoffe hingegen (Styropor, Steinwolle usw.) haben praktisch keine thermische Trägheit und auch nur ein geringes Wasserdampfaufnahmevermögen. Will heissen: Wenn bei alten Materialien der Taupunkt in die Wand zu liegen kommt, kann da noch lange Zeit ausgeglichen werden. Bei der neuen Bauweise muss man hingegen sehr auf Luftdichtheit achten, sonst kann es zu Feuchteschäden in der Wand kommen.
Wir hatten hingegen bei einer provisorischen Dämmung ein Loch, wo der Wind rein und wo die warme Inneluft rauskonnte. Da wurde es sehr schnell nass, wenns draussen ordentlich gefroren hat.
Was du auf jeden Fall machen solltest: Im Winter nicht Wäsche in Innenräumen trocknen; Nasszellen wie Küche und Bad mit einem Ventilator versehen, der die feuchte Luft nach draussen saugt. Entlüftungen der Abwasserleitungen müssen über Dach geführt werden.
Bei Schafwolle musst du unbedingt sicherstellen, dass sie mottenecht ist, sonst wirst du nicht lange Freude dran haben. Ich würde schon deswegen Holzfaser, entweder als Weichfaserplatte oder zum Einblasen, bevorzugen.
Die von dir beschrieben Ständerbauweise mit Schalung aussen und innen und Dämmung dazwischen erfordert ohne Dampfbremse sehr viel Sorgfalt beim Bauen, weil sonst immer kleine Risse und Spalten entstehen oder übrigbleiben können, wo dann warme Innenluft ungehindert nach draussen kann und dann zu Feuchteschäden führt. Das kann auf der Innenseite schon durch schlecht montierte Steckdosen geschehen. Ebenso wird eine Aussenschalung mit der Zeit undicht, weil Bretter immer schwinden und reissen. Auch die Durchführung von Balken durch die Dämmschicht ist problematisch, wegen Schwindrissen (Kniestock!). Ist alles zu, wird Feuchte nur noch durch Diffusion von innen nach aussen gefördert, was viel langsamer geht als durch Luftzug, und entsprechend weniger schadensträchtig ist.
Ein weiterer Vorteil waren die Holzheizungen, die viel feuchte Innenluft durch den Schornstein nach aussen befördert haben, was bei modernen Wärmepumpenheizungen nicht erfolgt.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Küstenharry
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Re: Frage zur Gebäudedämmung

#3

Beitrag von Küstenharry » Mo 15. Mär 2021, 20:14

Die Luftdichtheit wird von Innen mit einer Dampfbremse realisiert. Von Außen mit einer Winddichtigkeitsebene.
Holzfaserdämmplatte oder Winddichtigkeitsbahn.
Dabei muss es innen dichter wie Außen sein. sd Wert.

Wie haben bei unserem Haus Innen 4 cm Lehmputz, Stroh und dann eine Winddichtigkeitsbahn.


Die neuen Holzöfen ziehen ihre Luft extern von Außen.
Die können keine feuchte Luft "verbrennen".
Gruss von der Küste

Harry

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emil17
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Re: Frage zur Gebäudedämmung

#4

Beitrag von emil17 » Mo 15. Mär 2021, 21:58

Küstenharry hat geschrieben:
Mo 15. Mär 2021, 20:14
Die neuen Holzöfen ziehen ihre Luft extern von Außen.
Die können keine feuchte Luft "verbrennen".
Ich weiss nicht wie bei Euch die Vorschriften sind, hier muss das erst ab 18 kW oder so eine extra Luftzufuhr haben.
Bei einem neuen Gebäude, wo das vergessen wurde hab ich aber schon erlebt, dass der Ofen nicht zog wenn Tür und Fenster zu waren, weil das alles so dicht war.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Küstenharry
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Re: Frage zur Gebäudedämmung

#5

Beitrag von Küstenharry » Mo 15. Mär 2021, 22:25

Entweder durch einen Lhs Schornstein mit Zugschacht ist die Zuluft zu gewährleisten, alternativ haben wir für unseren Grundofen ein 200 er KG Rohr in der Bodenplatte vom Ofen nach außen verlegt.
Gruss von der Küste

Harry

Manfred

Re: Frage zur Gebäudedämmung

#6

Beitrag von Manfred » Mo 15. Mär 2021, 23:11

Mir ist diese ganze Leichtdämmungs-Kram mit Dampfsperre suspekt.
Das meiste davon ist bei der Entsorgung Sondermüll, inkl. chemisch behandelter Holzfaser-Dämmplatten.
Und spätestens wenn eine Maus oder ein Käfer ein Loch rein nagt, ist die Folien-Dampfsperre hinüber und der Gammel breitet sich aus.

Es gibt doch inzwischen brauchbare Massivbau-Konzepte auf rein mineralischer oder Holzbasis.
Moderne Hohlziegel (ohne irgendwelche Füllung, wie oft wieder Sondermüll sind, was die Entsorgung dann richtig teuer macht, weil der schwere Ziegel zum gleichen Tonnen-Preis mit entsorgt werden muss wie der eingefüllte Leichtdämmstoff), Porenbeton, Massivholzwände (Holz 100, MHM, etc.).
Die kommen bei entsprechenden Wandstärken ohne zusätzliche Dämmung aus und haben fast die Wärme- und Dampfträgheit alter Massivmauern.
Hat hohe Lebensdauern und hinterlässt kein Entsorgungsproblem.
Was diese Wände in der Anschaffung mehr kosten, spielen sie bei Unterhalt und Entsorgung locker wieder ein.
Und der Wiederverkaufswert solcher Bauten ist auch höher.
Bei einem Neubau würde ich nichts anderes mehr einsetzen.

Bei der Altbausanierung, sofern überhaupt sinnvoll, muss man evtl. Kompromisse eingehen.
Die Entsorgungsproblematik sollte man trotzdem immer im Blick behalten.

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Re: Frage zur Gebäudedämmung

#7

Beitrag von emil17 » Di 16. Mär 2021, 08:25

Manfred hat geschrieben:
Mo 15. Mär 2021, 23:11
Mir ist diese ganze Leichtdämmungs-Kram mit Dampfsperre suspekt.
mir auch ... aber rasch, leicht, billig und morgen schauen wir weiter ist wohl die Mentalität unserer schnellebigen Zeit.
Manfred hat geschrieben:
Mo 15. Mär 2021, 23:11
Die Entsorgungsproblematik sollte man trotzdem immer im Blick behalten.
Eigentlich sollte man hier anfangen und wie bei Altreifen und Akkus gleich eine vorgezogene Entsorgungsgebühr auf den Warenpreis machen, denn Verbauen von Sondermüll ist eine Anleihe auf die Zukunft. So würden auch nachhaltige Baustoffe konkurrenzfähiger.
Aber ich kann mir das Geschrei der Zunft vorstellen ...

An sich wären Dinge wie gefüllte Leichtbausteine aus gebranntem Ton nicht schlecht, wenn die Füllung auch auf mineralischer Basis erfolgt und unproblematisch ist.

Ein weiterer Punkt ist die Architektur: Konstruktiver Holzschutz zum Beispiel ist ganz ausser Mode, denn da müsste sich ja der gestalterische Wille dem Material und Klima unterordnen. Zudem möchten offenbar alle Leute in terrarienartigen Würfeln wohnen, mindestens sehen die Neubauten hier so aus. Mit nachhaltigen Materialien kann man aber nicht so bauen.
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Re: Frage zur Gebäudedämmung

#8

Beitrag von Dyrsian » Di 16. Mär 2021, 12:51

Hm, komplizierte Materie, ich sehe schon. Das mit den Motten in der Schafswolle ist echt ein Punkt, die haben uns auch die ganzen Wollpullover im Sommer zerfressen, weil wir die nicht eingeschweißt hatten. Ein Riesenverlust, meine Frau hat fast geheult.
Es geht offenbar auch ohne Folien. Eine ehemaliges Mitglied aus dem Forum, Tascha, hat sich damals ein Holzhaus von dieser Firma gekauft. Der Wandaufbau kommt ohne Folie aus (bitte liebe Mods, lasst den Link stehen, ich arbeite weder für diese Firma noch habe ich Aktien von denen):
https://nordic-haus.de/patentierter-wandaufbau/
Diese Häuser gefallen mir sehr. Ich hatte nochmal mit Tascha geschrieben, die waren mit der Firma bis auf Kleinigkeiten sehr zufrieden. Ich bin mir nur nicht sicher, ob man ohne Weiteres eine Baugenehmigung für so ein Haus kriegen würde, weil es sich ja doch sehr stark von den "normalen" Steinwürfeln hier unterscheidet. Tascha hat damals auf einem Riesengrundstück außerhalb gebaut, da wird sowas eher gehen als in der Stadt. Hier bauen die Leute auch die merkwürdigsten Dinge, aber ich vermute da geht dann noch der ein oder andere Umschlag über den Tisch ...

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Re: Frage zur Gebäudedämmung

#9

Beitrag von penelope » Di 16. Mär 2021, 14:56

Konstrukriver Holzschutz ist bei Holz und/oder Fachwerk wirklich das A und O. Die Beispielshäuser auf der Homepage haben ja ganz gut Dachüberstand, da könnte ich mir vorstellen, dass das funktioniert.

Ich hab hier ein Fachwerkhaus, an dem der Vorbesitzer noch einen Anbau gebaut hat. Die alte Hauhälfte hat einen ordentlichen Dachüberstand, die neue nicht. Bei Wetter wie in den letzten Tagen kommt immer immer wieder Wasser durch die Balken im Anbau gedrückt, was im alten Teil überhaupt noch nie ein Problem war. Schon viel versucht, Fachgutachter da gehabt usw, aber wirklich mach kann man nichts, wenn der eigentliche Fehler die Grundkonstruktion ist.

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Re: Frage zur Gebäudedämmung

#10

Beitrag von SunOdyssey » Di 16. Mär 2021, 18:04

Hallo Dyrsian,

Du darfst in D nur Baustoffe verwenden, die die Mindestanforderungen an den Wärme- und Tauwasserschutz erfüllen. Dort ist klar definiert, wie hoch der U-Wert von Einzelbauteilen sein darf. Alles nachzulesen in der DIN 4108 inkl. Aller Beiblätter. Dann gibt es noch die Bilanzierung der Gebäude nach Verbrauch, der zuzeit noch in der EnEV definiert wird. Auch da gelten Mindestwerte, die einzuhalten sind. Aber besser geht immer! Aaaaber ---Gerade bei einem Holzständerwerk kann man/Frau so unglaublich viele Fehler machen, dass Bauteile durch unsachgemäßes Bauen einfach zerstört werden.

Wenn du Naturstoffe verwendest, besteht manchmal die Schwierigkeit, dass diese nicht immer standardisiert sind und daher nicht in den Beiblättern genannt werden können. Natürlich ist es so, dass im Privatbereich nicht alles haarscharf kontrolliert wird, aber spätestens, wenn man eine Genehmigung vom Bauamt braucht, werden solche Nachweise fällig. Und ganz schwierig ist das Thema Brandschutz, nicht alles, was gut dämmt, ist sicher bei Bränden, wie bei Styropor leider schon bewiesen.

Am besten fragst du eine/n Energieberater*in, der/die kann dich auch in Bezug auf ökologische Produkte sehr gut beraten. Und die kennen sich auch aus, was die Dämmwerte dieser Produkte betrifft.
Ich sage, was ich meine und ich meine, was ich sage

Und ich sage.....blöde Autokorrektur

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