Lehmfußboden

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limelilly1
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Lehmfußboden

#1

Beitrag von limelilly1 » Do 9. Apr 2015, 13:19

Hallo ihr,

hat jemand von euch Erfahrungen mit Lehmfußböden in alten Fachwerkhäusern? Beim Entrümpeln sind die hier nämlich zum Vorschein gekommen. Leider auch im Zusammenhang mit Ameisenauswurf im Wohnzimmer - nicht so toll.

Hier die Fragen, die ich erst mal so habe:

1. Wie krieg ich die Ameisen weg? Die Böden sind eigentlich sehr hart und ganz gut in Schuss und außerdem möchte ich die Vorteile eines Lehmbodens nicht verlieren. Aber bröckelig darf es nicht werden. Also, was tun?

2. Mit dem Gedanken, auf dem nackten, wenn auch versiegelten Lehmboden zu wohnen, kann ich im Augenblick (noch?) nicht viel anfangen - das stand so gar nicht auf meiner Liste. :ohoh:
Kann man also einen Dielenboden darüber legen (einen relativ offenen, um den Feuchtigkeitsaustausch nicht zu behindern)? Ich möchte allerdings nicht wieder so ein Muffkabinett schaffen, wie wir hier gerade abgetragen haben (Pressplatte+Linoleum+2 Lagen Teppich).

Womit ich zu Frage 3 komme: Ist Lehmboden eigentlich so kalt, dass man etliche Lagen drauflegen muss, damit es erträglich wird?

Ich bin für alle Hinweise, Tipps und Erfahrungsberichte dankbar, da dies für mich völliges Neuland ist. :schaf_1:
LG

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chris
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Re: Lehmfußboden

#2

Beitrag von chris » Do 9. Apr 2015, 14:42

Bei unserer "Tanya" (Bauernhaus) hatte es auch einen Lehmfußboden (Haus nicht Unterkellert) , den ich eigentlich anfänglich auch erhalten wollte. Darüber wurden einfach "grobe" Fließen gelegt.
Den Charm wollten wir beibehalten.......bis nach dem ersten Winter, ewig kalt von unter herauf.......und Frauen mögen nun mal keine kalten Füße :ohoh:
Mehr Heizen bringt leider nichts, ausser das die Raumtemperatur insgesamt zu hoch wird, aber vom Boden her es immer kalt bleibt.
Daher habe ich in den Wohnräumen, 20cm ausgegraben, 8cm Styrodur verlegt und darauf 120mm Estrich, anschließend die "alten Fließen" drüber gelegt. Jetzt sieht es aus wie vorher aber es ist angenehm warm geworden, dadurch haben wir auch weit aus weniger heizen müssen wie in den Jahren davor.
Alles wird gut!

limelilly1
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Re: Lehmfußboden

#3

Beitrag von limelilly1 » Do 9. Apr 2015, 16:52

Autsch! Das hört sich nach viel Knochenarbeit an... :hmm:

Trotzdem vielen, Dank für deine Erfahrungen, Chris! Ich nehme an, man kann einen Dielenboden auf dem Estrich verlegen (ich steh nicht so auf Fliesen). Und das Ameisenproblem wäre damit auch erledigt.
Andererseits, kann es zu Kondensationsproblemen kommen, wenn ich nur die Hauptwohnräume derartig dämme und den Rest so lasse? Oder ist der übrige Lehmboden dann doch wieder so flexible, um das auszugleichen? Und hast du bis unter die Wände isoliert oder nur innen bis ran an die Wand. Ich habe noch keine Ahnung, wie es unter den untersten Wandbalken aussieht - traditionell sollten die ja auf einem Feldsteinfundament ruhen, aber über die Jahre ist von außen viel dran- und drüberbetoniert worden, sodass man nicht mehr viel sehen kann. Andererseits kommen genau da die Ameisen rein.

Und noch eine Frage (du siehst, ich bin ein völliges Newbie): Was für Werkzeuge hast du gebraucht? Der Boden hier ist richtig hart. Presslufthammer hoffentlich nicht ...
LG

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emil17
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Re: Lehmfußboden

#4

Beitrag von emil17 » Fr 10. Apr 2015, 20:11

Wie kommst du drauf, dass sich nach Einbringen eines Estrichs das Ameisenproblem erledigt?
Wenn es Hausameisen sind (Lasius brunneus, L. emarginatus, oder am schlimmsten Pharaoameisen), dann wirst du die so schnell nicht los.
Weitere Arten sind oft nur Zufalls"gäste" oder zeigen einen Feuchtigkeistsschaden im Holz an, worauf auch das von Dir geschriebene hindeutet:
limelilly1 hat geschrieben:Ich habe noch keine Ahnung, wie es unter den untersten Wandbalken aussieht - traditionell sollten die ja auf einem Feldsteinfundament ruhen, aber über die Jahre ist von außen viel dran- und drüberbetoniert worden, sodass man nicht mehr viel sehen kann. Andererseits kommen genau da die Ameisen rein.
Wenn du nicht absolut trockene Verhältnisse hast und einen Estrich aufbringst, kann weniger Wasser durch den nun abgesperrten Boden verdunsten und es wird darunter feuchter. Darunter leidet dann das Fachwerk.
Auch dran- und drüberbetonieren ist eine der Sünden wider das Fachwerk, denn das behindert immer die Verdunstung und erhöht so die Holzfeuchtigkeit. (Mit einem dicken Kunstharzfarbanstrich lässt sich das mit weniger Materialaufwand auch erreichen.) Oft ist Trockenfäule die Folge, oder - wenn man lange genug wartet - ist da wo Konstruktionsholz sein sollte, nur noch Luft.
Weil Holz anders quillt und schwindet als Beton, entsteht zudem am oberen Ende der Bausünde immer eine Fuge, in welche dann z.B. Schlagregenwasser eindringen und - wegen dem Beton - nur sehr langsam wieder verdunsten kann. Holzzersetzende Pilze mögen das.

Ich würde, bevor ich mich an Dämmung oder den Innenausbau mache, das tragende Holzwerk im unteren Wandbereich überall sehr genau sehen wollen. Bei Fachwerk sind die Schwellbalken und die untersten Teile der Ständer am häufigsten betroffen.
Also raus damit und alles inspizieren. Wenn man mal durch den Boden durch ist, kann man ihn oft in grossen Schollen mit einem Geissfuss oder Brecheisen nach oben loshebeln.
In fachwerk.de findest du einiges darüber.
Für Dämmung halte Dich bitte an die Grundregel: von innen nach aussen muss der Wasserdampfdiffusionswiderstand abnehmen. Mit einer diffusionshemmenden Innendämmung zerstört man allerdings das angenehme Wohnklima eines Gebäudes aus Holz, Kalk, Lehm und gebranntem Ton.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Lehmfußboden

#5

Beitrag von limelilly1 » Fr 10. Apr 2015, 22:45

Danke, emil 17, auch wenn du meine Befürchtungen re Balken und Feuchte leider bestätigst.
emil17 hat geschrieben:Wie kommst du drauf, dass sich nach Einbringen eines Estrichs das Ameisenproblem erledigt?
Wenn es Hausameisen sind (Lasius brunneus, L. emarginatus, oder am schlimmsten Pharaoameisen), dann wirst du die so schnell nicht los.
Weitere Arten sind oft nur Zufalls"gäste" oder zeigen einen Feuchtigkeistsschaden im Holz an.
Nicht durch den Estrich, sondern durch 20 cm Aushub, Iso-Material und Estrich. Das geht dann schon fast an den Schwellbalken vorbei. Ameisen habe ich bis jetzt noch nicht gesichtet, aber Sandauswurf und diverse Ameisenmittel von den Vorgängern. Ich denke, ich werde mal die Schwellbalken von außen freilegen und sehen, was da los ist. Den Boden innen lass ich erstmal in Ruhe - so besonders kalt kam er mir diesen Winter nicht vor. Aber wenn man nichts weiß und anderswo dauernd darüber liest...

Der Fachwerk.de link sieht gut aus, vielen Dank. :)
LG

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Re: Lehmfußboden

#6

Beitrag von kraut_ruebe » Sa 11. Apr 2015, 07:36

ich dachte immer lehmfussboden wäre eher warm :hmm:

zumindest dürfte er die fähigkeit haben, wärme von öfen und drauffallender sonneneinstrahlung zu speichern. und er dürfte sich wunderbar für fussbodenheizungen/fussleistenheizungen eignen. (alles nur angelesen).

hätte ich lehm als baustoff in meinem haus, würd ich mich mit einem der seltenen spezialisten was lehmbau angeht kurzschliessen. lehm ist ein wunderbarer baustoff, aber 'arbeitet' anders als wir das zumeist gewohnt sind. es scheint so als gäbe es dabei viel zu beachten.

ein bisschen an infos haben wir hier schon gesammelt, es gibt nen thread 'lehmbau' hier.
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Re: Lehmfußboden

#7

Beitrag von osterheidi » Sa 11. Apr 2015, 08:46

ich habe auch lehm als untergrund im haus, allerdings ein haus mit mauern aus kieseln und sandputz. richtig gut wohnen kann man eigentlich erst seit wir in allen räumen den lehm ausgschaufelt haben und einen sauberen bodenaufbau erstellt haben . grabtiefe 1,20 m danach mit kies aufgefüllt und estrichaufbau. die wände wurden trocken gelegt, d.h. wir haben das fundament der mauern auch kontrolliert und von innen und aussen saniert.
vorher war es kalt und feucht, egal wieviel man geheizt hat...da brauch ich wohl nicht mehr beschreiben :ua:


ich hoffe du findest die richtige lösung für dich denn es wird so oder so ein wenig arbeit machen.
alles gute

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Re: Lehmfußboden

#8

Beitrag von emil17 » Sa 11. Apr 2015, 09:09

kraut_ruebe hat geschrieben:ich dachte immer lehmfussboden wäre eher warm
Es gibt zwei Arten von "Wärme" von Baustoffen im Wohnbereich.
Das eine ist die Temperatur. Dazu gibts nicht viel weiter zu sagen, als dass diese im Winter durch Heizen erzeugt werden muss.

Das andere ist die Wärmeleitfähigkeit. Was es damit auf sich hat, merkst Du, wenn du im Winter ohne Handschuhe ein draussen herumliegendes Metallrohr und einen trockenen Holzstab anfassest. Oder - im Wohnbereich - warum man sich barfuss auf einen Teppich stellt, obwohl der die gleiche Temperatur hat wie der Steinboden, auf dem er liegt.
Leider ist es nun so, dass Baustoffe mit hoher Dichte (Gewicht pro Volumen) auch eine hohe Wärmeleitfähigkeit haben und dass Baustoffe, die mechanisch stark belastet werden können, eine höhere Dichte haben.
Der genialste Kompromiss der Naturbaustoffe zwischen Wärmeleitfähigkeit und hoher mechanischer Belastbarkeit ist Holz.
Ein Lehmfussboden, der ohne darunterliegende Dämmung auf dem Erdreich liegt, ist deshalb "kälter" als eine Lehmwand, weil der Fussboden abriebfester sein muss und deshalb weniger Poren und dämmende Zuschlagstoffe haben kann. Er wird deshalb eine höhere Dichte und eine bessere Wärmeleitfähigkeit haben und sich also "kälter" anfühlen.
Einen Fussboden kriegt man warm, indem man eine Bodenheizung verlegt oder indem man den darunterliegenden Raum heizt. Weil man früher nur konventionelle Öfen hatte, und damit Böden kaum warm zu kriegen sind, gab es nur zwei Möglichkeiten:
- Man legt Teppiche und trägt Patschen oder Holzschuhe
- Man bewohnt das Untergeschoss nicht (unterkellern) und ist damit elegant das Problem los, das aufsteigende Feuchtigkeit und Kälte aus dem Erdreich darunter verursachen und das man mit traditionellen Baustoffen (Holz, Lehm, Kalk, Gips, Ziegel, Naturstein) kaum anders lösen kann.

Lehmfussböden im Wohnbereich waren früher die Arme-Leute-Böden. In solchen Wohnungen wird man nicht alt, man bekommt Gicht, Rheuma und ähnliches. Für die Nutzschicht gibt es bessere Materialien als Lehm, denn das Zeug ist nur ungenügend abriebfest.
In Landstrichen mit heissen Sommern und milden Wintern sieht die Sache anders aus.

Dielen würde ich nie direkt auf solche Böden im Erdgeschoss verlegen, weil jede Spur aufsteigender Feuchtigkeit diesen von unten her sterben lässt. Auch wenn der Boden scheinbar trocken ist - das ist er meistens nur so lange, wie die aufsteigende Feuchtigkeit durch die diffusionsoffene Bodenoberfläche verdunsten kann. Deshalb schimmelt es manchmal schon unter Teppichen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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