Kalkputz

Benutzer 3162 gelöscht

Kalkputz

#1

Beitrag von Benutzer 3162 gelöscht » Di 12. Aug 2014, 19:07

Hallo zusammen,

trotz benutzen der Suchfunktion habe ich keine Antwort auf die Frage bekommen, die mich beschäftigt: ist das, was ich gekauft habe, das was ich wollte?

Im örtlichen Baustoffhandel habe ich einen Sack Kalk verlangt, und auf den ratlosen Blick des Verkäufers nachgelegt: das Zeug das man einsumpfen kann. Ein Herr der neben mir stand meinte noch freundlich, "ah, früher hat jeder eine Kalkgrube gehabt".

Dann wurde mir ein 30 kg Sack in den Kofferraum gelegt: KIP von Schwenk, allergikerfreundlich. Weder auf dem Sack noch im www habe ich herausgefunden, was da nun genau drin ist. Es wird gepriesen als Kalk-Innen-Putz.

Ich wollte aber die eierlegende Wollmilchsau, nämlich den Kalk, den man in Wasser kippt und dann vor sich hinsumpfen läßt um entweder Abbeizer, oder Putz oder Farbe daraus zu machen (oder den ungeliebten Nachbarn drin zu versenken). Ok, das war nur Spass ich habe sehr nette Nachbarn, aber früher wurde wohl schon manchmal irgendetwas in der Kalkgrube versenkt.

P. S. ich will eigentlich nicht verputzen, ich habe nur die Schnauze voll seit Wochen die unterschiedlichen Schichten von Gips, Spachtelmasse, Tapetenresten und Leimfarbe von der Wand zu waschen / schrubben, damit die Kalk-Kaseinfarbe hält <- hält auf allem nur nicht auf Leimfarbe. Und der Sumpfkalk von Karl-Erwins-Frau hat sogar da drauf gehalten.

Ich danke schon mal im voraus für Hinweise und Antworten.

Liebe Grüße
yps

Manfred

Re: Kalkputz

#2

Beitrag von Manfred » Di 12. Aug 2014, 20:55

Ne. Da hat man dich falsch beraten. Kalputz enthält mehr Sand als gelöschten Kalk und ist deshalb zum Weißeln nicht geeignet.

Was du suchst ist Branntkalk. Der wird in der Grube mit Wasser gelöscht. Dabei musst du sehr vorsichtig sein, weil das durch die chemische Reaktion ziemlich spritzt und stark ätzend wirkt.

Wenn du Kalk willst, den du direkt verwenden kannst, musst du gelöschten Kalk verlangen. Im Handel wird der meist als Weißkalkhydrat angeboten. Der hat das Ablöschen mit Wasser schon hinter sich und wurde dann wieder getrocknet.
Mit dem guten, alten Grubenkalk ist der gelöschte Kalk aus dem Baustoffhandel aber auch nicht zu 100% zu vergleichen. Der Grubenkalk hat den Vorteil, dass er Zeit bekommt. Und je länger er in der Grube ist, desto besser wird er. Richtiger Grubenkalk wird als Sumpfkalk verkauft und bewegt sich in einer anderen Preisklasse.
Kalkhydrat kostet ca. 6 bis 7 Euro je 25 kg trocken.
Bei Sumpfkalk kannst du für den 10 kg Eimer schon über 30 Euro hinlegen.
Und Sumpfkalk der mehrere Jahre gelagert hat für hohe Ansprüche, z.B. Restaurationsarbeiten ans Kunstwerken, der kostet noch viel mehr.
Die Idee, sich eignen eigenen Kalksumpf anzulegen, wie ihn früher fast jeder Bauernhof hatte, ist also vermutlich keine dumme Idee.

Und wenn du aus deinem gelöschten Kalk Kalkputz herstellen willst, musst du 2 bis 5 Teile Sand auf einen Teil Kalk untermischen.

centauri

Re: Kalkputz

#3

Beitrag von centauri » Mi 13. Aug 2014, 07:37

Hallo.
Manfred hat es schon auf den punkt gebracht.
Weißkalkhydrat ist zumeisst auch nicht zu 100% abgelöscht.
Ich habe aber auch schon weißkalkhydrat eingesumpft,
das ging auch und ist nicht so gefährlich wie branntkalk beim einsumpfen.
Ist aber dann nicht so wischfest wie 12 monate abgelöschter branntkalk!

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emil17
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Re: Kalkputz

#4

Beitrag von emil17 » Mi 13. Aug 2014, 07:46

Ich weiss nicht was du damit machen willst aber selber Kalk löschen ist gefährlich und dauert.
Es gibt wie Manfred schon gesagt hat Kalkhydrat Ca(OH)2, ein blendendweisses, eher leichtes Pulver, dessen Staub sehr aggressiv ist.
Damit kannst du jede Art von Kalkfarbe und auch Luftkalkmörtel anmachen.
Dann gibts noch hydraulischen Kalk, der auch unter Luftabschluss abbindet. Kalkhydrat wandelt sich, wenn er feucht ist, mit dem CO2 der Luft in Kalziumkarbonat um und setzt dabei Wasser frei; hydraulischer Kalk bindet anders ab - er ist auch nicht reinweiss und bedeutend schwerer.
Weil im Bauwesen vorwiegend hydraulische Bindemittel verlangt werden, muss man, wenn man Kalkhydrat will, genau drauf achten, was man bekommt.

Wenn Putz auf dem Sack steht, ist es irgend eine fertige Mischung, die gemäss den Angaben auf dem Sack verwendet werden kann.

Die Leimfarbe sollte runter, darauf hält nichts wirklich gut und dauerhaft.

Abbeizer kannst du mit Kalkhydrat und Soda machen, es geht auch ganz gut mit gesiebter frischer weisser Holzasche und Soda.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Waldläuferin
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Re: Kalkputz

#5

Beitrag von Waldläuferin » Mi 13. Aug 2014, 09:52

Was Du suchst, ist "ungelöschter Kalk".
Gibt es aber nur noch selten.
Bei der Verarbeitung sollte der Staub nicht in die Augen kommen, Handschuhe tragen etc.
Fertig ist besser als perfekt.

Benutzer 3162 gelöscht

Re: Kalkputz

#6

Beitrag von Benutzer 3162 gelöscht » Mi 13. Aug 2014, 12:46

Hallo ihr Lieben,

Danke! So in der Art hatte ich das im HInterkopf, ich hatte dort auch schonmal angerufen und explizit nach Weißkalkhydrat gefragt, und für 25 kg einen anderen Preis genannt bekommen (wie mir nach Manfreds Antwort wieder einfiel). Dann tausche ich den Sack um.

Schutzanzug, Brille, Handschuhe und Atemschutzmaske liegen schon lange hier rum, trotzdem danke für die Hinweise.
Der 3-Jahre eingesumpfte Kalk von KEF war übrigens überhaupt nicht ätzend.

Was ich machen möchte: Diverses :michel:
In dem Buch "Natürliche Farben" werden verschiedene Rezepturen für alle möglichen Anwendungen aufgeführt und bis jetzt bin ich mit denen, die ich ausporbiert habe gut klargekommen. Einerseits natürliche Zutaten und andererseits im Vergleich zu handelsüblichen Produkten spottbillig und gut zu verarbeiten, wenn man gerne manuell arbeitet.

Ich hätte gleich noch ein Frage: wie kriegt man Dielenboden weiß? Ich habe noch nicht angefangen zu experimentieren dachte aber an Wachs + Titanweiß?
Rezepte hörten sich eher nach Versilberungsbeschleunigung mittels Lauge an?

@Waldläuferin ein Rezept für Abbeizer mit Holzasche ist im o. g. Buch auch angegeben, ich habe aber den Eindruck, dass das eher ein Anlauger sein dürfte. Meine Experimente mit Sumpfkalk + Neutralseife und Neutralseife + Soda hatten beide einen ähnlichen Effekt, weichen aber das alte Holz sehr auf und es ist dann extrem schwierig nur die Farbe und nicht die Holzfasern abzuschaben.

Liebe Grüße
Yps

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Re: Kalkputz

#7

Beitrag von emil17 » Fr 15. Aug 2014, 08:44

Der Laugeneffekt von Asche oder Kalkhydrat und Soda-Gemisch in Wasser beruht auf folgender chemischen Reaktion:
Das Na-oder K-Carbonat (Soda bzw. Pottasche in der Holzasche) löst sich, ebenso in geringerem Masse das Kalkhydrat. Das Ca++ aus dem Ca-Hydroxid fällt als Carbonat aus, weil CaCo3 (Kalk) schwerlöslich ist, und im Brei übrig bleibt NaOH oder KOH (Natron- oder Kalilauge).

Damit wird der pH-Wert weit basischer als wenn man bloss eine starke Seifenlösung hat.

Durch den hohen pH wird dann die zu entfernenede Farbe verseift, das geht mit manchen Farben sehr gut und mit anderen fast gar nicht.

Die Holzasche enthält auch gebrannten Kalk (CaO), d.h. es funktioniert auch bloss mit nasser Asche. Jedoch ist der Gehalt je nach Holz und Herkunft sehr verschieden, Buchenholzasche soll am besten geeignet sein.

Weil die Luft immer etwas Wasser und CO2 enthält, stumpft die Asche mit der Zeit ab.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzer 3162 gelöscht

Re: Kalkputz

#8

Beitrag von Benutzer 3162 gelöscht » Fr 15. Aug 2014, 17:12

Hallo Emil17,

ich hatte mit Sumpfkalk + Neutralseife experimentiert (Ölfarbe unter Lack). Der Lack ging mit der Heißluftdingsda gut runter, bei der Ölfarbe war es dann nur noch Geschmiere und Gesiffe. Da kam dann die Paste bzw. Soda + Neutralseife zum Einsatz. An manchen Stellen mit guten Ergebnissen, an anderen weniger befriedigend.

Das Holz wird sehr angegriffen / aufgeweicht und wenn die Struktur nicht absolut glatt ist, dann kommen mehr Holzfasern runter, als mir lieb ist. Außerdem sind die schönen Fasen einfach zugeschmiert worden, inklusive Scharniere usw. das ist einfach nur ärgerlich.

Insgesamt bedauere ich einfach nur, daß mit irgendwelchen absurden Chemieprodukten gepfuscht wird, wie es nur irgend geht, um nur ja keinen "Trend" zu verpassen.

Danke für die ausfühlichen Bemerkungen. Schönen Feiertag, falls Mariä HImmelfahrt bei Dir einer ist.

Liebe Grüße
Yps

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Re: Kalkputz

#9

Beitrag von Schlapphut » Mo 18. Aug 2014, 08:47

Fuer alle Kalker aus dem SO Raum und Oesterreich. Ungeloeschter Kalk in Pulverform wird in Tschechien fuer 3 bis 4 Euro der 25 kg Sack verkauft. Heisst Vahpno und gibts im Baustoffhandel.
Loeschen muss man selbst. Eimer Wasser und Kalk in kleinen Mengen langsam beigeben. Vorsicht, die chemische Reaktion ist heftig und es wird viel Hitze freigesetzt. Die Bruehe kann anfangen zu kochen. Nicht zuviel Pulver auf einmal reintun. Unbedingt Augenschutz tragen und bei Spritzern SOFORT mit Wasser auswaschen. Ruhig Wasser bereithalten. Hautschutz auch empfehlenswert.
Kann sofort nach anmischen verarbeitet werden. Streiche damit im Moment einen alten Kuhstall. Hat nach einer knappen Woche fast nicht mehr gekreided. Deckt gut und hilft gegen den Viehgeruch. Stinkt zeitweise allerdings erbaermlich nach Amonnium.
lg Schlapp

Benutzer 3162 gelöscht

Re: Kalkputz

#10

Beitrag von Benutzer 3162 gelöscht » Do 21. Aug 2014, 09:49

Hallo Schlapphut,

nach Tschechien wollte ich jetzt nicht unbedingt fahren :hhe:

Auf der Röhre gibt es Videos vom Kalklöschen, das ist wirklich nichts, was man mal so eben im Hinterhof machen sollte! Ich hätte nicht erwartet, daß ein paar Brocken Kalk dermaßen "abgehen".

Liebe Grüße
Yps

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