Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

Manfred

Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#1

Beitrag von Manfred » Do 12. Feb 2015, 11:31

Als Hauptursache für nitratbelastetes Trinkwasser wird ja gerne die intensive Tierhaltung angeprangert.
Sucht man nach Fakten, gerät diese Behauptung aber schnell ins Wanken.

Hier als Beispiel zwei interessante Karten aus Niedersachsen, wo durch die intensive Geflügel- und Schweinemast in einigen Regionen mit die höchsten Viehdichten Deutschlands zu finden sind:

Großvieheinheiten pro ha:
Bild


Nitratbelastung des Trinkwassers:
Bild

In den viehstarken Regionen ist also offensichtlich keine besondere Häufung von nitratbelasteten Brunnen zu finden.
Und völlig im Gegensatz zur Viehbestands-These finden sich auch in Regionen mit sehr extensiver Landwirtschaft, z.B. unter Heidegebieten und in größeren Waldgebieten, Brunnen mit hoher Belastung.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#2

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Do 12. Feb 2015, 11:58

interessant....

Wo liegen denn die Ursachen?

**************************
Manfred hat geschrieben:intensive Geflügel- und Schweinemast
zwei Fragen:
leben diese Tiere in Freilandhaltung?
wo wird die Gülle entsorgt?

www.geoportal

Mülldeponien belasten das Trinkwasser auch! :)

und ich persönlich denke, Überdüngung führt eher zu erhöhten Nitratwerten als Tierhaltung.

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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#3

Beitrag von kraut_ruebe » Do 12. Feb 2015, 12:21

bei uns wird das nicht der tierhaltung sondern der felddüngung angelastet. da die werte im grundwasser bei uns sehr hoch sind, stellenweise sogar bedenklich, gibt es bei uns seit 2014 ein nitrataktionsprogramm, welches den einsatz der düngemittel regelt und einige verbote ausgesprochen hat. möge die situaton sich dadurch bessern.
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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#4

Beitrag von Rati » Do 12. Feb 2015, 12:30

kraut_ruebe hat geschrieben:bei uns wird das nicht der tierhaltung sondern der felddüngung angelastet
:daumen:
genau, warum soll den die Belastung auch dort hoch sein Wo der Viehbestand ist?
da wo die Gülle landet müßen die Werte hoch sein und die wird mittlerweile ja schon durch halb Europa gekarrt.

Außerdem, wenn mensch mal schaut wie dicht da die Messpunkte mit niedrigster belastung und höchster Belastung zusammenliegen, ist die Aussagekraft der gesamten Statistik schon ziemlich fraglich.

Grüße Rati
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Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#5

Beitrag von Manfred » Do 12. Feb 2015, 12:55

@Ina:
Ja. Überdüngung ist das richtige Stichwort.
Man muss aber alle Aspekte dieses Begriffs erfassen.

Dazu gehören in Bezug auf Stickstoff unter anderem:
-Welche Mengen kann ein Boden speichern
-Welche Mengen kann der Aufwuchs nutzen
-In welcher chemischen Form und in welcher zeitlichen Verteilung wird der Stickstoff eingebracht
-Aus welchen Quellen stammt dieser Stickstoff

Wenn ein Monokultur-Wald auf saurem Boden evtl. nur 10 bis 20 kg N pro ha speichern und verwerten kann, aber aus der Luft 40 bis 50 kg eingetragen werden, dann ist dieser Wald überdüngt und ein Teil des Stickstoffs landet als Nitrat im Grundwasser.
Noch extremere Biotope, wie die durch jahrhundertelange menschliche Misswirtschaft entstandenen Heideflächen, vertragen evtl. noch weniger Stickstoff.

Ein gut organisch gedüngter Acker- oder noch mehr Grünlandboden mit hohem Humusanteil und neutralem pH-Wert kann dagegen evtl. 200 und mehr kg Stickstoff pro ha binden und der Aufwuchs auf diesem Boden kann diesen Stickstoff auch verwerten.
Wobei Grünland mit ganzjähriger Bodenbedeckung und -Durchwurzelung in der Stickstoff besser binden kann als ein zeitweise unbedeckter und wurzelloser Ackerboden.

Man muss also anschauen wo und wann der Stickstoff in welcher Form landet und wo er her kommt.
Dann kann man überlegen, wie man die Situation verbessert.

Auch der zeitliche Verlauf ist interessant. Der Stickstoff gelangt ja nicht über Nacht in die teils recht tiefen Grundwasserschichten, die für die Trinkwassergewinnung genutzt werden.
Vieles was dort unten heute ankommt, wurde evtl. schon vor Jahren oder Jahrzehnten ausgebracht.
Im größten Teil der Messstellen sind die Nitratwerte ja rückläufig. Noch ein Grund mehr genauer hinzusehen.

Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#6

Beitrag von Manfred » Fr 13. Feb 2015, 17:20

Hier eine interessante Untersuchung zum Nitratgehalt im Boden unter verschiedenen Waldarten in Niedersachsen, Raum Cloppenburg.
Durch die hohe Viehdichte dort erfolgt ein überdurchschnittlicher hoher Stickstoffeintrag aus der Luft in den Wald:

Nitrataustrag unter Wald

Die Untersuchung zeigt, dass Nadelwald-Monokulturen auf Sandboden den eingetragenen Stickstoff nur unzureichend binden können.

Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#7

Beitrag von Manfred » Fr 13. Feb 2015, 17:25

Eine weitere interessante Karte:
Ammonikemmission (die großteils regional wieder niedergehen) im Vergleich zur Viehdichte (links):

Bild

Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#8

Beitrag von Manfred » Fr 13. Feb 2015, 17:32

Und hier noch eine Karte der Süddeutschen Zeitung über die Nitratbelastung im Grundwasser in Deutschland:
http://polpix.sueddeutsche.com/polopoly ... /image.jpg

Benutzer 2354 gelöscht

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#9

Beitrag von Benutzer 2354 gelöscht » Sa 14. Feb 2015, 07:00

ich sags ja , du kannst riechen wenn du in Cloppenburg angekommen bist. :)
Das jetzt die Heideflächen das ergebnis jahrhunderter Langer misswirtschaft sind das mag ich nicht glauben.
Hier gibt es seit gut 10 Jahren eine massive ausweitung von Mais und jetzt steigt die Nitratbelastung im Grundwasser an.

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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#10

Beitrag von Hildegard » Sa 14. Feb 2015, 14:15

Seit unser Nachbar sein Feld/Wiese neben unserem Brunnen ..und auch seine anderen...nicht mehr wie vor Jahrzehnten üblich... 2x jährlich "düngt" sondern gefühlt im Monatsrhythmus, hat sich der Nitratwert unseres Brunnens in 10 Jahren verdoppelt und liegt jetzt hart am Grenzwert.Da die Situation in absehbarer Zeit sicher nicht besser wird, und er alternierend auch Getreide und Mais..mit den ganzen "Schutzmitteln versehen" ...anbaut,sind wir gezwungen dauerhaft einen teuren Filter einzubauen, wenn wir nicht den ganzen Dreck schlucken möchten.
Allerdings kommt auch einiges von "oben", denn ich habe interessehalber mal frisch gefallenen Schnee getestet.Auch da schlägt der Nitratwert mit halbem Grenzwert! an.
Es kommt ja noch das Nitrat + Nitrit aus Salat,Gemüse,Wurst, Räucherwaren....das normal nicht bestimmt wird, dazu.
LG Hildegard
Trau nie dem Ort an dem kein Unkraut wächst ;)

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