Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#141

Beitrag von Manfred » Mi 5. Apr 2017, 12:55

Hier einige Daten zum Einfluss der Biogas-Produktion:

http://buel.bmel.de/index.php/buel/arti ... -92-3-html

Interessant ist vor allem die Vergleichskarte des regionalen Stickstoff-Anfalls aus Biogas alleine und aus Tierhaltung und Biogas zusammen, etwas oberhalb der Mitte der Seite.
Durch die starke regionale Überlagerung von intensiver Biogas- und Tierproduktion hat die Politik das Problem noch erheblich verschärft.
Aber statt jetzt endlich regional zu handeln (wie das z.B. in Bayern passiert) und die Hotspots zu entschärfen, setzt der Bund weiter auf flächendeckende Gängelung.

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emil17
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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#142

Beitrag von emil17 » Do 6. Apr 2017, 05:44

Manfred hat geschrieben: Durch die starke regionale Überlagerung von intensiver Biogas- und Tierproduktion hat die Politik das Problem noch erheblich verschärft.
Biogas wird doch dort erzeugt, wo die entsprechenden Mengen an vergärbaren Abfällen entstehen. Wieso soll die Politik daran (an der regionalen Überlagerung, steht hier) schuld sein?
Vermutlich weil durch die Förderung von Biogas viel mehr Gärrückstände anfallen? Was würde man denn sonst mit dem Zeug machen, das vergärt wird? Verbrennen?
Manfred hat geschrieben:Aber statt jetzt endlich regional zu handeln (wie das z.B. in Bayern passiert) und die Hotspots zu entschärfen, setzt der Bund weiter auf flächendeckende Gängelung.

Was ist flächendeckende Gängelung? Der Höchstwert für N pro ha und Jahr?
Wie entschärft man Hotspots? Gärrückstände in Gegenden mit wenig Tierproduktion transportieren? Natürlich auf Kosten des Steuerzahlers, denn der will ja eine N-Obergrenze pro Fläche und Jahr?

In der Zusammenfassung des Artikels, der an ziemlich umständlichem Deutsch leidet, steht unter anderem:
Eine dabei diskutierte Ausbringungsmenge bis zu 250 Kilogramm Stickstoff für Acker- und Grünlandflächen von Biogaserzeugern würde teilweise zu einer betriebswirtschaftlichen Entlastung der ansonsten zukünftig sich verändernden regionalen Nährstoffproblematik und dem damit verbundenen Flächenbedarf zur Wirtschaftsdüngerverbringung führen.
Was "betriebswirtschaftlichen Entlastung der ansonsten zukünftig sich verändernden regionalen Nährstoffproblematik" genannt wird, ist wohl einfach so gemeint: Wir dürfen mehr rausknallen und sparen so Geld, auf Kosten der Umwelt.
Ein normaler Mensch würde dem wohl einfach legalisierte Überdüngung sagen.

Ich sehe das ziemlich einfach: Nach dem Verursacherprinzip sind doch alle in der Pflicht, die hohe Mengen an N-haltigem Dünger produzieren oder/und verwenden und damit die Trinkwasserversorgung gefährden oder verteuern und die Gewässer belasten. Statt die finanziell nachteiligen Massnahmen auf alle zu verteilen die Verursacher sind, wird darum gestritten, wer schuld ist.
Die Politik, natürlich.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#143

Beitrag von Manfred » Do 6. Apr 2017, 08:54

Emil, du scheinst dich weder über die Biogaserzeugung noch über das Düngerecht in D informiert zu haben.
Das solltest du tun, bevor du solche Behauptungen in den Raum stellst.
Der Anteil von Mist, Gülle und sonstigen "Resten" wie Grünlandaufwuchs beim Substrat der deutschen Biogasanlagen ist relativ gering.
Das liegt an den politischen Vorgaben so lange Zeit so ausgesehen haben, dass der Einsatz von Rohstoffen wie Mais und Getreide wesentlich wirtschaftlicher war und für die Anlagen mit Bestandsschutz und späteren Laufzeitverlängerungen auch bleibt. Diese Stoffe haben kürzere Durchlaufzeiten und höhere Gasausbeuten, so dass sich der Gasertrag und damit die Wirtschaftlichkeit der Anlage damit deutlich erhöhen lassen.
Anlagen, die Vertraglich einen hohen Anteil Gülle einsetzen müssen (die Vorgaben haben sich inzwischen geändert, deshalb werden auch fast keine Anlagen mehr gebaut, weil die lukrativen NaWaRo-Zeiten für Neuanlagen vorbei sind) den restlichen Teil gerne mit Stoffen mit besonders hoher Ausbeute und schnellem Durchsatz wie z.B. Getreide.
Und gebaut wurden die Anlagen überwiegend dort, wo bereits vorhandene größere, kapitalstarke Betriebe die Auslastung ihre vorhandene Technik für den Maisanbau und die Substrat und Gärrest-Logistik und oder ihr eh vorhandenes Wissen (technische Anlagen, Finanzierung großer Projekte) gut nutzen konnten.
Das hat dann Danz geführt, dass der größte Schweine- oder Geflügelmäster in der Gemeinde eben noch eine Biogasanlage dazu gestellt hat.
Und das natürlich besonders sinniger Wiese auf seinem Aussiedlungsstandort draußen auf freier Flur, so dass nur relativ kleine Teile der anfallenden Wärme sinnvoll genutzt werden konnten.
Die Bodeneigentümer- und Verpächterfraktion in der Union hat zuzudem sehr schnell gemerkt, dass sie über steigende Pachtpreise ein gutes Stück von dem Kuchen abschneiden und, besser, auch noch die restlichen Betriebe kräftig schröpfen können. So hat man sich bemüht, die mögl. Flächenausstattung für die Gärresteentsorgung gering zu halten. Eine Hoftorbilanz wurde verhindert und die Biogas-Betriebe durften die gesamte zulässige Stickstoffmenge ohne Anrechnung der sonstigen Nährstoffe durch Substrat ausbringen, während die Tierhaltungsbetriebe schon lange der Beschränkung durch die Phosphatmenge (bzw. der durch die theoretische Phosphatmenge bedingten tierisch-N-Obergrenzen) unterliegen und den restlichen Bedarf deshalb mit Kunstdünger ausgleichen müssen.

Ich habe oben ja die Karten mit dem N-Anfall verlinkt. Das reicht im deutschen Durchschnitt evlt. noch für 1/3 des Düngebedarfs.
Deshalb gibt es Propbleme aufgrund von tierischem Dünger ja nur in relativ wenigen Regionen.
Der Großteil der Nitratprobleme liegt an der fehlenden N-Pufferfähigkeit vieler Böden. Und die kommt u.A. durch fehlende tierische Dünger und dadurch fehlende organische Substanz zustande und wurde durch die Biogas-Welle noch verschärft, weil das Biogas-Substrat eben kaum noch organische Substanz enthält (der Kohlenstoff wird ja in Gas verwandelt, dafür aber eine hohe Dichte schnell löslicher Nährstoffe.
Die Biogaserzeugung frisst die organische Substanz der Böden und verschärft die Nitrat-Problematik so gleich doppelt.

Und die Gängelung sieht so aus, dass extensive Betriebe mit geringem Stockstoffanfall die gleichen bürokratischen Auflagen in der Düngeplanung- und Umsetzung einhalten müssen wie intensivst wirtschaftende Großbetriebe. Und Betriebe in Gegenden ohne Nitrat-Probleme die gleichen Auflagen wie die Betriebe min Regionen mit höchster Nitrat-Belastung.
Das ist genauso kontraproduktiv wie das Grünlandumbruchverbot und viele andere "gut gemeinte" Vorgaben. Es bremst bis verhindert den einzig vernünftigen Ansatz: Die Tiere wieder in die Fläche und mögl. auf die Fläche zu bringen, um eine gute flächige Verteilung der Nährstoffe und einen Wiederaufbau der organischen Substanz der Böden zu erreichen. Uns fehlen in D ca. 1/2 bis 2/3 der nötigen Nutztiere, um unsere Böden wieder flächig auf Vordermann zu bringen.

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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#144

Beitrag von emil17 » Do 6. Apr 2017, 14:56

danke, deshalb hab ich ja gefragt und nicht behauptet.

Solche Ungerechtigkeiten zugunsten der Grossen haben nicht nur, aber auch im Landwirtschaftsbereich Methode: Subventionen nur für Betriebe mit Mindestgrösse, Energieumlagekosten nicht für Grossabnehmer, und nun bei der N-Ausbringung ist nicht die Menge, sondern die Herkunft mit entscheidend ...
So gehts, wenn man die Lobbyisten der Grossunternehmer die Gesetze und Verordnungen schreiben lässt. 1)

Was deine Forderung, die Tiere müssten auf die Fläche, betrifft: Lass Dich bitte nicht beirren. Du weisst ja, was die Propheten im eigenen Land gelten. Wenn man zudem die Futter- und Düngemittelindustrie in Frage stellt, gehts sofort um Hudnerte Millionen und da hört der Spass dann auf, egal wie es in Wirklichkeit ist.

Zur N-Belastung hätte ich einen vielleicht machbaren Vorschlag: Wenn du irgenwie den Futterertrag deines Dauergrünlandes pro Fläche und Jahr errechnen kannst und in einem Loch im Oberboden den Nitratgehalt des Bodenwassers messen könntest (dafür nehmen die Bodenkundler Saugkerzen aus unglasiertem Porzellan, die leergepumpt und dann in den Boden vergraben werden, der Luftdruck treibt dann das Bodenwasser durch die Poren), dann könntest du doch mit Zahlen belegen, dass deine Tierhaltung Mehrertrag bei weniger Nährstoffverlusten und damit geringerer Gewässerbelastung bringt?

1) Hierzu lohnt es sich das Video von der Diskussion von Anne Will über TTIP vom Mai 2014 anzuschauen. Die Will hatte es nicht besonders im Griff, aber aufschlussreich war im Zusammenhang mit obigem eine Äusserung eines Unternehmers ganz am Schluss: Was mischen sich diese NGOs in die Freihandelsabkommen ein, was haben die überhaupt zu sagen?
Das, nachdem dargelegt wurde, dass die grossen Unternehmen eingeladen wurden, einen Wunschkatalog über Klauseln vorzulegen, die ins Abkommen sollen (keine Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel; alles, was nicht wissenschaftlich begründbar schädlich ist, darf auf den Markt usw.)
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#145

Beitrag von Manfred » Sa 8. Apr 2017, 08:00

"Böden in Hühnerausläufen überdüngt"
https://www.topagrar.com/news/Home-top- ... 63913.html

@Emil: Was du misst ist uninteressant für die Politik. Die setzen ihr Mikro-Management gnadenlos durch.
Es geht ja nicht darum, Ziele vorzuschreiben. Damit könnte ich gut leben. Es geht darum, dass dir jede Handgriff bis ins Detail vorgeschrieben, kontrolliert und sanktioniert wird, egal ob der ganze Vorgang bei dir überhaupt Sinn macht oder nicht.

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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#146

Beitrag von emil17 » Sa 8. Apr 2017, 09:44

Ich weiss das. Hier werden z.B. Vorschriften für Tierstallungen bezüglich Mindestgrösse usw. auch für Wetterschutzställe oberhalb der Waldgrenze angewendet, die nur ein paar Wochen pro Jahr genutzt werden.
Ich meine aber, wenn du anhand mit Zahlen belegter Beispiele zeigen kannst, dass es auch anders geht, dann kannst du die Meinungsbildung langfristig schon beeinflussen, wenn du z.B. Abgeordnete deiner Stossrichtung damit versorgst. Die Politiker setzen durch, was sie für mehrheitsfähig halten, oder womit sie von Lobbyisten gefüttert werden. Dass die freiwillig an den Hof kommen, um zu fragen, wie man es auch noch machen könnte, das wirst du nicht erleben.
Mit generellen Rundumschlägen wie "Die setzen ihr Mikro-Management gnadenlos durch" ist nichts zu gewinnen.
Das ganz dauert in der Regel einige zehn Jahre. Ich erinnere an das Umdenken bei Abgaskatalysatoren, beim Verbot von Bleibenzin, bei der Dämmung von Gebäuden (von "unsinnig und unwirtschaftlich" in den 60er Jahren über eine Akzeptanz und nun eine Übertreibung in die andere Richtung).
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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