Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

Benutzer 4754 gelöscht

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#101

Beitrag von Benutzer 4754 gelöscht » So 26. Feb 2017, 13:06

Das ist ein Widerspruch in sich selbst. Wie kann man Stickstoff in Humus binden, wenn "der fehlende Stickstoff aus dem Humus kommt"?
Warum fehlt Stickstoff, wenn doch ein Überschuss von 60kg/ha und Jahr besteht?
Dann hast du mich falsch verstanden.

Bei 60kg/ha mehr gedüngt als Abgefahren:
alles in Ordnung, es ist noch möglich Humusaufbau zu betreiben.

Bei 40kg/ha mehr gedüngt als Abgefahren:
die Verluste (gasförmig und als Auswaschung) und die abgefahrene Menge bleiben gleich,
folglich wird entweder kein Humus aufgebaut oder Humus abgebaut.
ina maka hat geschrieben:öhhmmm, wieso macht dann jemand sowas?? :hmm:
Ölkanne hat geschrieben:Ich habe ihn ja erst einmal gedüngt und das muss ihm auch erstmal noch ausreichen, da der Boden gut versorgt ist und ich etwas über die Tabellenwerte gestreut habe.
Das hast du aus dem Fäberwaidthema,
Das bezog sich auf die Grundnährstoffe Phosphor und Kalium.

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krabbe
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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#102

Beitrag von krabbe » Di 28. Feb 2017, 20:58

@ Manfred
Sorry, hat etwas länger gedauert als geplant...
Manfred hat geschrieben:Zum Methämoglobin-Problem bei Babys habe ich allerdings noch keine genaueren Angaben gefunden. Nur dass irgendein Enzym fehlt, dass beim Abbau hilft.
Das Vorkommen von Met-Hb im Blut ist in geringen Mengen physiologisch und wird ständig durch das Enzym NADH-Cytochrom-b5-Reduktase (früher: Methämoglobin-Reduktase) kontrolliert, welches Met-Hb zu Hb reduziert. Bei Neugeborenen ist die Aktivität dieses Enzyms noch nicht ausreichend, weshalb bei ihnen eine erhöhte Gefahr der Ausbildung einer Methämoglobinämie besteht [3]. Zudem lässt sich das Hb von Neugeborenen leichter oxidieren [4].
von hier: deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2012/daz-39-2012/methaemoglobinaemie-durch-lokalanaesthetika

Falls jemand Infos dazu findet, welche Mengen von Nitrat/Nitrit erforderlich sind, um ein Baby ernsthaft zu gefährden, würde ich mich über einen entsprechenden Hinweis freuen.
Für Nitrat hat die WHO eine duldbare tägliche Aufnahmemenge (ADI) von 3,7 mg/kg Körpergewicht abgeleitet, die allerdings nicht für Säuglinge unter 3 Monaten gilt. Der Wert entspricht einer Nitratmenge von 222 mg/Tag für einen 60 kg schweren Erwachsenen. Für Kinder ab 3 Jahren gilt eine maximale Aufnahme von 93 mg/Tag (25 kg Körpergewicht).
vom Bundesinstitut für Risikobewertung : bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_nitrat_und_nitrit_in_lebensmitteln-187056.html
Für Säuglinge unter 3 Monaten habe ich nichts gescheites gefunden.
Hier findest du einige grobe Information zum Thema und auch die ADI Werte von Nitrat. Die gelten jedoch ausdrücklich nicht für Säuglinge unter 3 Monate. Was besseres habe ich auch nicht gefunden. Was man generell beachten kann : Normalerweise nehmen Kleinkinder nicht viel Nitrate auf, aber eine Mahlzeit mit viel Nitrat im Spinat kann schon zu einem Problem werden. Deshalb gibt es auch ADI Werte für einzelne Gemüsesorten
Manfred hat geschrieben:Außerdem interessiert mich, wie Babys Methämoglobin verarbeiten. Irgendwie müssen sie es ja wieder los werden, uns sei es durch kompletten Abbau und Hämoglobin-Neubildung.
Der Körper produziert ständig neue Erythrozyten um die Abgebauten zu ersetzen. Falls der Zustand nicht zu schlimm ist, baut sich das also von alleine wieder ab. Bei schlimmeren Zuständen gibt es Medikamente, die unterstützend eingreifen können.
Nachzulesen bei Wikipedia und hier : symptomat.de/Meth%C3%A4moglobin%C3%A4mie.
Manfred hat geschrieben:Das würde auch in die Zeit passen, in der anscheinend wegen Blausuchtfällen bei Säuglingen Nitratgrenzwerte festgelegt wurden. Damals wurden viel verzinkte Wasserleitungen verbaut. Und die Leute verdienten genug, dass sich Junge Paare neue Häuser bauen konnten.
Könnte also gut sein, dass der Auslöser eigentlich eine Nitritaufnahme war und nicht das Nitrat selbst.
Nitrat selber ist nie das Problem. Es ist immer seine Umbildung in Nitrit und oder Nitrosaminen. Bei Säuglingen ist für die Bildung von Methämoglobin das Nitit verantwortlich. Eine mögliche Quelle ist wieder das Amt für Risikobewertung. Der Link weiter unten ist da auch ganz gut.

Die beiden fasse ich mal zusammen :
Manfred hat geschrieben:Kannst du bitte die Quellen mit angeben? Ich möchte in der Sache weiter recherchieren.
Manfred hat geschrieben:Saubere Versucht und Zahlen konnte ich bisher nirgends entdecken. Alles nur Hörensagen, wo voneinander abgeschrieben wurde.
Saubere Versuche und Zahlen sind sehr schwierig zu ermitteln. Zumindest beim jetzigen Wissenstand. Die Vorgänge, die im Körper ablaufen sind sehr komplex. Alleine schon die Umwandlung von Nitrat und Nitrit hängt von vielen Faktoren ab. Prinzipiell weiss man, das sie durch Bakterien ausgelöst wird. Und dann wird es vielschichtig. So wirken zum Beispiel ein saures Milieu (Magensaft) oder Verrottungsprozesse (altes Gemüse, aufgewärmter Spinat) beschleunigend. Dazu kommt noch, dass wir bei der Aufnahme von Substanzen in vielen Fällen noch auf weitergehende Untersuchungen wartet.
Nitrosamine sind so im Tierversuch krebserregend. Aber man mag das nicht einfach so auf den Menschen übertragen.
In Tierversuchen haben sich Nitrosamine als kanzerogen erwiesen. Deshalb sollte bis
zur Klärung noch offener Fragen zum Gefährdungspotential des Nitrits für den Menschen
Quelle unten
Und das was wirklich gesichert ist, ist dazu auch noch schwer in ein Schema zu pressen. Wer ernährt sich schon nur von Spinat oder von gepökeltem Fleisch?

Quelle : Bundesinstitut für Risikobewertung : http://www.bfr.bund.de/cm/343/nitrit_in ... itteln.pdf

Der jetzige Nitrathöchstwert ist also lediglich eine hypothetische Annäherung an ein Problem. In der Schweiz ist der übrigens auf 25 mg/l.

So und jetzt lese ich mal den Rest, seit meinem letzten Post
lg Andrea

Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#103

Beitrag von Manfred » Di 28. Feb 2017, 23:36

krabbe hat geschrieben:Quelle : Bundesinstitut für Risikobewertung : http://www.bfr.bund.de/cm/343/nitrit_in ... itteln.pdf
Danke. Endlich mal eine brauchbare Quelle.
Die Empfehlungen für die max. Nitrat- bzw. Nitrit-Aufnahme sind also mit einem Sicherheitsfaktor von 100 versehen.
Außerdem stammen nur 5% (1/20) der durchschnittlichen Aufnahme aus Wasser. Das ergibt multipliziert 1/2000 der Menge, bei der erste erkennbare Einflüsse zu erwarten wären.
Die Empfehlung von max. 50 mg/l für Trinkwasser gilt außerdem für die mit Abstand empfindlichste Gruppe, nämlich Säuglinge, die aber im kritischen Alter nur kleinste Mengen Trinkwasser aufnehmen.

Außerdem wird die Aussage widerlegt, in den USA gelte ein Grenzwert von 10 mg Nitrat / Liter.
Vielmehr handelt es sich um einen Grenzwert für Nitrat-Stickstoff. Umgerechnet in Nitrat sind das 44,3 mg/l, also fast vergleichbar mit dem Wert in Deutschland.

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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#104

Beitrag von krabbe » Mi 1. Mär 2017, 10:28

Der Sicherheitsfaktor ist auch für Erwachsene sehr wichtig. Man weiss einfach zu wenig über die Mechanismen. Vor allem die Langzeitfolgen über Nitrosamine sind sehr wenig erforscht. Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass Tierversuche als aussagekräftig anerkannt sind, wenn es für die entsprechende Stelle nützlich ist. Ist dies nicht der Fall, wird eine Übertragbarkeit auf den Menschen angezweifelt.
Hast du irgendwo gefunden, warum in der Schweiz nur 25 mg/l Nitrat erlaubt sind?
Manfred hat geschrieben: Die Empfehlung von max. 50 mg/l für Trinkwasser gilt außerdem für die mit Abstand empfindlichste Gruppe, nämlich Säuglinge, die aber im kritischen Alter nur kleinste Mengen Trinkwasser aufnehmen.
Das gilt nur für Säuglinge die Gestillt werden. Und selbst die bekommen immer noch Tee dazu.

Die Aufnahmemenge von 5% über Wasseraufnahme erstaunen mich. Wenn ein Trinkwasser mit 50mg/l Nitrat angereichert ist, kann man sich leicht ausrechnen, wie viel NItrat aufgenommen wird.
lg Andrea

Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#105

Beitrag von Manfred » Mi 1. Mär 2017, 10:32

Nach dem Wert in der Schweiz habe ich gar nicht gesucht.
Aber das ist wohl die die meisten Grenzwerte mit viel Willkür bzw. cover-my-ass behaftet.
Wenn der eine sagt X, dann zieht der nächste vorsichtshalber nochmal was ab.

Aber evtl. lässt sich wenigstens zu den Nitrosaminen was finden. Der BFR-Text ist ja von 2009. Evtl. gab es in der Zwischenzeit was Neues.

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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#106

Beitrag von krabbe » Mi 1. Mär 2017, 10:36

Mal ganz abgesehen von der Gesundheit der Menschen und somit auf den Titel des Fadens wieder zurückzukommen.

Was ist mit den Ökosystemen? Meiner Meinung nach, gibt es kein natürliches Ökosystem, dass sich von alleine mit Nitrat anreichert, ohne es wieder abzubauen. Wenn man sich die Entwicklung der Nitratwerte anschaut, kann man jedoch feststellen, dass die gemessenen Nitratwerte im Laufe der Jahre immer höher werden. Das lässt daraus schliessen, das von aussen Nitrate zugeführt werden. Wo kommt deiner Meinung dieses Zuwachs her?

Noch ein Gedanke zu Deiner Karte :Hier bei uns in der Bucht ist die grösste Quelle von zusätzlichen Nitraten eindeutig die Landwirtschaft im Wassereinzugsbereich. Das wurde und wird von staatlichen Stellen schon seit den 70 Jahren festgestellt. Der Beobachtungszeitraum ist mit fast 50 Jahren schon recht aussagekräftig. Und da wir hier ein sensibles Ökosystem haben, kann man auch die Entwicklung gut beobachten.
Bei der Karte, die du eingestellt hast, müsste man zusätzlich mal das Wassereinzugsgebiet + das Ökosystem analysieren. Mit Nitraten angereichertes Wasser kann sich durchaus in ganz anderen Gebieten ansammeln als da wo sie produziert werden. Wenn dann das Ökosystem nicht in der Lage ist, das Nitrat abzubauen, könnte es rein theoretisch auch zu erhöhten NItratwerten kommen, die keinen direkten Zusammenhang mit Tierzucht oder Düngung zu tun hat.
lg Andrea

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Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#107

Beitrag von krabbe » Mi 1. Mär 2017, 10:39

Manfred hat geschrieben:Wenn der eine sagt X, dann zieht der nächste vorsichtshalber nochmal was ab.
Unmöglich ist das nicht, aber manchmal ist man erstaunt.
Manfred hat geschrieben: Aber evtl. lässt sich wenigstens zu den Nitrosaminen was finden. Der BFR-Text ist ja von 2009. Evtl. gab es in der Zwischenzeit was Neues.

Ich habe den Eindruck, dass das Interesse weiter zu forschen relativ gering ist. Da verdient doch keiner was dran. Und Was ist, wenn man feststellen würde, dass selbst das zu viel ist? Ich denke da vor allem an Langzeitfolgen
lg Andrea

Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#108

Beitrag von Manfred » Mi 1. Mär 2017, 10:42

Zu den Säuglingen gibt es ja schon die einige Beiträge vorher verlinkte Info von 1986.
Da wurde festgehalten, dass trotz des damals höheren Grenzwertes von 90 mg in den 20 Jahren davor in D kein einziger Fall von Säuglingsblausucht aufgrund von Nitrat aus Trinkwasser bekannt geworden ist.

Das einzig möglicherweise relevante Risiko scheint die Bildung von Nitrosaminen zu sein.
Aber selbst dazu steht in dem BfR-Text: Dass der Verzehr von Gemüse mit viel Nitrat noch immer gesünder sei, als dieses Gemüse wegen einer mögl. Nitrosamin-Gefahr wegzulassen.
So schlimm kann das also auch nicht sein. Zumal wenn seit Jahrzehnten daran geforscht wird und noch immer keine aussagekräftigen Daten vorliegen sollten, ob das Zeug überhaupt im Körper gebildet werden kann.
Bisher habe ich nur einen Text gefunden in dem Stand, dass es evtl. theoretisch im Magen möglich wäre, dort der Säuregehalt für die nötigen Reaktionen aber eigentlich zu hoch sei.

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Re: Nitrat im Grundwasser - wo liegen die Ursachen?

#109

Beitrag von Rati » Mi 1. Mär 2017, 12:09

krabbe hat geschrieben:Mal ganz abgesehen von der Gesundheit der Menschen und somit auf den Titel des Fadens wieder zurückzukommen.

Was ist mit den Ökosystemen? Was ist mit den Ökosystemen? Meiner Meinung nach, gibt es kein natürliches Ökosystem, dass sich von alleine mit Nitrat anreichert, ohne es wieder abzubauen. Wenn man sich die Entwicklung der Nitratwerte anschaut, kann man jedoch feststellen, dass die gemessenen Nitratwerte im Laufe der Jahre immer höher werden. Das lässt daraus schliessen, das von aussen Nitrate zugeführt werden. Wo kommt deiner Meinung dieses Zuwachs her?...
Danke krabbe. :)
krabbe hat geschrieben:Mit Nitraten angereichertes Wasser kann sich durchaus in ganz anderen Gebieten ansammeln als da wo sie produziert werden...
genau, außerdem können die Werte welche heut gemessen werden, von Einträgen stammen die schon mehrere Jahren vorher geschehen sind. Die Wege des Wassers sind manchmal unergründlich.

Grüße Rati
Was ist ist! Was nicht ist ist möglich!"
[Einstürzende Neubauten 1996]

Manfred

Re: Nitrat im Trinkwasser - wo liegen die Ursachen?

#110

Beitrag von Manfred » Mi 1. Mär 2017, 12:11

Hier noch mal eine Tabelle aus dem Nitratbericht 2016.
Da sieht man sehr schon, was die Landwirtschaft in den letzten Jahren geleistet hat.
Die Stickstoff-Bilanzüberschüsse haben sich massiv reduziert:
Stickstoff_bilanz_bundesländer_600.png
Stickstoff_bilanz_bundesländer_600.png (119.08 KiB) 2783 mal betrachtet
(Wobei sich über den Sinn und Zweck und Qualität dieser Bilanzierung trefflich streiten lässt.
Das Bilanzprogramm spuckt sogar bei mir ohne jede Düngerzufuhr einen Überschuss von 10 kg N / ha aus.
Wohl wegen des Klees auf meinen Flächen.
Der Humusaufbau wird dabei übrigens in keinster Weise berücksichtigt, obwohl darin bei mir erhebliche Mengen N gebunden werden.)

Auch andere Arten der Stickstofffixierung aus der Luft als die durch Klee scheinen in den Zuständigen Behörden nicht bekannt zu sein...
Ein einziges Trauerspiel. Aber Hauptsache eine Menge Papier produziert.

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