Elektroauto Marktübersicht/Kaufberatung

Sonne, Wind und Feuer
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bioke
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Elektroauto Marktübersicht/Kaufberatung

#1

Beitrag von bioke » So 28. Aug 2011, 11:21

Sorry, es ist heute morgen mit mir durchgegangen und ich habe mich im Thread Renault startet 2012 mit kleinem E-Flitzer etwas vertippt. Da der Beitrag aber für den ein oder anderen doch informativ sein kann stelle ich ihn mal ein.

Vielleicht kann ich die Verwirrung um die Akkus mal etwas dämpfen. Es gab bisher drei Systeme: Blei, Nickel-Cadmium und Lithium. Es gibt auch andere (bessere z.B. Nickel-Eisen von Edison) aber die haben sich nicht durchgesetzt und sind aufgrund der geringen Stückzahl dann vergleichsweise teuer.
Alle drei Systeme kosten derzeit grob zwischen 200 und 300Euro pro Kilowattstunde. Blei ist deswegen aufgrund seiner geringen Lebensdauer und extrem hohen Gewichtes aus dem Geschäft da es seinen einzigen Vorteil ( geringeren Preis) verloren hat. Nickel-Cadmium wird nicht mehr produziert und ist eher teurer als Lithium hält aber praktisch unendlich wenn der Separator gute Qualität hat. Ich habe solche Zellen auch schon erfolgreich repariert, also durchaus eine Option für einige. Außerdem laufen sie auch ohne jede Überwachungselektronik ohne gleich bei der ersten schief laufenden Sache kaputt zu gehen.
Gut, Lithium ist also praktisch unausweichlich, wird aber evtl. eine geringere Lebensdauer haben. Kosten für die 7KWh des Twizy liegen also bei rund 2000 Euro Großhandelsspreis. Ohne Überwachungselektronik sind die Dinger nach der ersten Entladung Schrott, geht also nicht und ist auch gefährlich. Sie fangen nicht an zu brennen, aber sie werden sehr heiß und zerstören alles um sich herum. Auswechseln wird man die Akkus nach ihrer normalen Lebensdauer ohne Spezialisten nicht können, der Hersteller sperrt einfach das Steuergerät wenn man ohne sauteures Diagnose- Equipment im Antriebsstrang rumfummelt. Es dauert auch immer ein paar Jahre bis jemand ein solches Programmiergerät in die Finger bekommt und sowas für dich machen kann. Das also zum Thema Selbstständigkeit bei solchen Techniken, man wird Hilfe brauchen.
Woher kommen dann die hohen Preise für solche Akkus? Es ist einfach Markteinführung, die Preise werden auch mit Garantie und Einbau schnell ins Bodenlose fallen und entsprechen dann der Leasingrate für den Twizzyakku.
Was jetzt bei jedem einzelnen für eine Philosophie hinter dem Fahrzeug steckt weiß ich nicht, aber ich glaube jedem hier wird klar sein, daß es kein Fahrzeug welches für jeden passt mehr geben wird, ähnlich wie das alte Wählscheibentelefon abgemeldet ist. Man sollte also vor dem Kauf eines solchen Fahrzeuges herausfinden was man braucht. Das sage ich mit nicht nur meiner eigenen Erfahrung sondern das ist die gesammelte Erfahrung der aktiven Elektromobilisten Deutschlands. Eine kleine aber unvollständige Übersicht von einem Kenner aller dargestellten Fahrzeuge gibt es hier: Übersicht. Selbsternannte Experten gibt es haufenweise und die schreiben leider nur Unsinn, also nicht im Netz googeln und alles für bare Münze nehmen, immer schauen ob der Autor denn auch selbst ein Elektromobil besitzt, dann ist er Realist und kein Phantast oder Werbefachmann. Eine Art etablierter interner Börse gibt es hier : Elektromobilbörse An/Verkauf oben rechts. Da gibt es auch ein Forum, aber das ist dann schon sehr speziell und für Laien oft unverständlich, aber das Wiki dort gibt einen kleinen Einblick auch wenn es stellenweise veraltet ist.
Wenn jemand tatsächlich eine solche Anschaffung in Erwägung zieht, dann bin ich bereit einen Kontakt zu einem benachbarten aktiven Elektromobilisten mit ähnlichen Ansprüchen wie er selbst herzustellen. Evtl. ergibt sich dann die ein oder andere hilfreiche Info und Probefahrt.
Ganz grob zur Orientierung: Es gibt Leichtfahrzeuge für den Personentransport in Städten : Twike, CityEl, Sam etc: Vorteile: leicht, klein, passen überall noch hin Nachteile: technisch anfällig
Das Twike ist teuer in der Anschaffung und im Unterhalt was Wartung und Ersatzteile betrifft. Reparaturen sind oft nur durch vorhandenes Fachwerkstattnetz möglich (400 Volt!). Es ist beschränkt autobahntauglich, bietet aber zwei Personen die Möglichkeit sich während der Fahrt zu unterhalten und relativ viel Stauraum. Es kann an einer Steckdose ca 1Km Reichweite pro Minute nachladen.
Das El ist billiger und viel einfacher zu reparieren (36 Volt, keine Überwachungselektronik sondern gute alte Relais). Es ist aber genauso anfällig und bietet nur einer Person Platz und guten Stauraum bei gleichem Gewicht und Verbrauch. Mit billigem Extralader kann er bis zu 1,5Km/Minute nachladen
Das Sam dürfte ähnlich wie das Twike sein, ich bin es nur dreimal gefahren und es ist noch nicht lange verfügbar. Der Fahrkomfort ähnelt aber schon dem eines schweren Verbrenners. Kein Stauraum! Nur ca 30km/Stunde Ladeleistung.
Reine Elekroautos die als solche gebaut wurden wie den Hotzenblitz. Nur als oldtimer zu betrachten, da zu teuer und zu schade (es gibt nur noch geschätzt 100 Stück). sehr anfällig für z.B. Rost u.ä. 2Personen, guter Stauraum.
Die Konvertierten (heißt Elektroautos welche vom Hersteller auf Basis eines Verbrenners so gebaut wurden) verhalten sich in allen Belangen wie bekannt. Sie haben eine Standheizung und bieten 4-5 Personen Platz und Durchschlagskraft im Falle eines Unfalls. Empfehlenswert sind immer noch die französischen Modelle (Citroen AX, Saxo, Peugeot 106, Berlingo etc.). Sie sind relativ billig und viel zuverlässiger, es gibt aber auch andere wie z.B. Golf citystromer. Sie laden alle extrem langsam da sie soviel Strom verbrauchen: ca 25km/h
Die umgebauten: Oft nicht empfehlenswert, da teure Basteltechnik und oft Reparaturen nur den Ersteller möglich der dann nicht greifbar ist. Sehr anfällig, oft schlechte Fahrzeugabstimmung (Schwerpunkt, Stauraum) Einzige Ausnahme: Die als Elektroauto entwickelten Fahrzeuge die dann als Verbrenner vom Band gelaufen und jetzt wieder auf Elektro umgerüstet werden. Beispiel: Smart .
Dieser Hersteller hat mit mir gewettet, er könne das Auto umbauen ohne ein Loch hineinzubohren. Es waren dann aber doch zwei Bohrungen hinter der Tankklappe nötig um dort ein normales Ladekabel anschließen zu können, Mercedes hatte ja ein proprietäres vorgesehen.... Es gibt einige solcher Projekte und durchaus zufriedene Kunden. Es muß halt das sein was Du erwartest.
Neue Fahrzeuge: kenne ich mich kaum aus, nicht weil ich sie nicht gesehen oder gefahren habe, aber Neufahrzeuge kauft man sich weil man was absetzen möchte o.ä. Sie dürften aber für die meisten hier unbezahlbar teuer sein und ihren Wert schnell einbüßen. Die meisten Fahrzeuge sind dann sehr kompliziert gebaut und entmündigen den Fahrer weitgehend. Wer damit leben kann ist wahrscheinlich gut damit bedient wenn es denn Funktioniert. Fehlerbehebung ist trotzdem noch nicht so ganz Sache der Fachwerkstätten, da Deutschland das letzte europäische Land ist welches von den Herstellern bedient wird. Ich kann diese Fahrzeuge persönlich nicht ausstehen da sie unnötigerweise fast alle das Verhalten eines Benziners imitieren. z.B. das Motorengeräusch oder sie fahren an wenn man den Fuß vom Gas nimmt (Automatikschleifgetriebe). Da habe ich mal fast jemanden überfahren. Dann bitte aus anderer Quelle informieren ich bin voreingenommen. Schaut aber bei Verkäufern nach, nicht bei Herstellern, z.B. hier
Mein Fahrzeug bleibt auf jeder Schräge stehen wenn ich es so programmiere, wozu ist da ein Elektronikrechner mit Motorpositionserkennung drin? Ich steuere auch nicht mehr den Strom auf den Motor sondern lasse ihn vom Rechner so regeln, daß er die von mir gewünschte Geschwindigkeit fährt.
Also Vorsicht bei Ankündigungen von Elektrofahrzeugen. In der Vergangenheit wurden nur 10% der Fahrzeuge hinterher tatsächlich angeboten. Die Preise sind auch meist Phantasie. Ich lese solche Ankündigungen schon seit Jahren nicht mehr. Nur wer etwas auch tatsächlich anbietet der darf mir auch etwas über die Vorzüge des Fahrzeugs erklären, alle anderen sind für mich weltfremde Spinner die erstmal beweisen müssen was sie können, selbst wenn sie Mercedes oder sonst wie heißen. BMW, Mercedes und Audi haben übrigens ihre komplette Entwicklungsabteilung alternativer Fahrzeugantriebe 2005 bis 2007 kurz vor dem Elektroautohype entlassen und viele Patente verkauft. Soviel zu ihrer Glaubwürdigkeit. Sowohl der Smart als auch der A2 wurden als reine Elektrofahrzeuge entwickelt und dann vor Produktionsbeginn doch auf Verbrenner umgerüstet.
Ich selbst liebe logische Lösungen. Mein Fahrzeug wird mit Stick gesteuert (Richtung, Beschleunigen, Verzögern) ohne sich anzustrengen. Wenn ich die Pedale, Lenkräder und Gangschaltungen und anderen Fahrzeugen sehe muß ich immer an Pferdekutschen denken. Wozu ist ein Bremspedal gut wenn es ohne die Fahrzeugelektronik nicht mehr bremst? Dann lieber ehrlich sein und einen Knopf einbauen der per Finger zu bedienen ist. Ich habe die Beine frei um während der Fahrt mitzutrampeln. Das tut meiner Gesundheit gut und spart sogar ein klein wenig Strom. Mit der linken Hand kann ich ganz bequem andere Sachen machen, essen, Geräte bedienen. Fällt die Elektronik aus kann ich per Rücktritt ein völlig unabhängiges hydraulisches Bremssystem aktivieren. Die Lenkung ist voll mechanisch und sehr leichtgängig. Warum halten Menschen immer an althergebrachten fest, auch wenn es keinen Nutzen mehr bietet? Aber ich verliere mich.
Wer etwas wissen will, Fragen willkommen auch per PM.

Bunz
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Re: Elektroauto Marktübersicht/Kaufberatung

#2

Beitrag von Bunz » Mo 29. Aug 2011, 06:13

Hallo!
Danke Dir für den Aufsatz.
Und was fährst Du?
lg
Bunz
Der Weg zur Gesundheit führt durch die Küche und nicht durch die Apotheke.
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Hannah

Re: Elektroauto Marktübersicht/Kaufberatung

#3

Beitrag von Hannah » Mo 29. Aug 2011, 08:24

Danke für den langen Text- so kompakt konnte ich schon lange nichts mehr zum Thema lesen.

kaeferk1
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Re: Elektroauto Marktübersicht/Kaufberatung

#4

Beitrag von kaeferk1 » Mo 29. Aug 2011, 09:03

Hallo,
danke für den sehr guten Beitrag. Eine Frage habe ich noch gibt es eigentlich die Möglichkeit die Batterien die Wertstoffe kostengünstig wieder zu verwenden?
Fände ich spannend da ich der Zeit schon Arbeitsbedingt damit immer genervt werde.
Hersteller heut zu tage müssen die Autos ja wieder zurücknehmen und komplett verwerten als Ziel.

gruß

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Re: Elektroauto Marktübersicht/Kaufberatung

#5

Beitrag von kaeferk1 » Do 1. Sep 2011, 08:18

http://www.handelsblatt.com/auto/test-t ... 56396.html

hier auch ein paar Bilder zu den verfügbaren E-Autos

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Re: Elektroauto Marktübersicht/Kaufberatung

#6

Beitrag von bioke » Do 1. Sep 2011, 18:54

Der Artikel stellt richtig dar, daß die meisten Anbieter nur Fotos von irgendwelche Mock-ups ins Netz stellen. Start der Serienproduktion unbekannt, Kaufpreis unbekannt etc.pp.
Selbst die Fahrzeuge in diesem Artikel sind für die exorbitanten Kaufpreise wahrscheinlich für den normalen Kunden nicht erhältlich, jedenfalls weiß ich nichts gegenteiliges. Sie sind als Statussymbole oder Bekenntnisse für Firmenflotten vorgesehen, nicht für unsereins.
Ich selbst fahre ein Auto welches man seit 10 Jahren in Deutschland kaufen kann, ein Twike. Ich kann es nicht für jeden empfehlen wenn ich nicht weiß für wen, für einige ist es aber bestimmt das was sie suchen.
Das Recycling der Akkus ist in Deutschland ganz einfach. Der zurücknehmende Betrieb bringt das Ganze zum Entsorger und holt sich seinen Entsorgungsnachweis. Rücklaufquote ist extrem hoch, bei Staplerakkus (Blei) über 99%. Allerdings wird das Zeug einfach nur verbrannt und das Blei rausgeschmolzen, bei Cadmium abdestilliert. Klingt eklig, ist aber ein vergleichsweise durchaus sauberes Verfahren wenn die Firma eine Abgasbehandlung hat. Bei Lithium wird sich die Mühe wohl vorerst keiner machen, aber irgendwer findet bestimmt bald ein rentables Verfahren dazu (oder hat es schon?). Sobald es Geld bringt wird es auch recycelt. Allerdings ist der Anteil Lithium in modernen Eisenphosphatakkus sehr gering (2-4%) und wie der Name schon sagt ist der Rest nicht teuer (Eisen und Phosphor). Einige enthaltene Veredler wie Yttrium dürften da schon interessanter sein.
Ich finde es aber sehr befriedigend zumindest beim Laden nicht auf andere angewiesen zu sein. Natürlich kann ich die Fahrzeugakkus nicht selbst herstellen aber zumindest den Treibstoff.

Bunz
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Re: Elektroauto Marktübersicht/Kaufberatung

#7

Beitrag von Bunz » Fr 2. Sep 2011, 05:25

Hallo bioke,
dachte ich mir's doch...
Das Twike habe ich schon vor 20 Jahren in der Schweiz (Luzern) gesehen und war begeistert.
Nur vom Preis eben nicht. Das ist hier wirklich der Knackpunkt.
Vor allem das Modell, wo man zusätzlich einen Pedalantrieb hat, finde ich genial.
Viel Freude noch damit!
lg
Bunz
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Sebastian Kneipp

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