Uran ohne Ende im Meerwasser

Sonne, Wind und Feuer
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Benutzer 3991 gelöscht

Uran ohne Ende im Meerwasser

#1

Beitrag von Benutzer 3991 gelöscht » Sa 29. Okt 2016, 00:45


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emil17
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Re: Uran ohne Ende im Meerwasser

#2

Beitrag von emil17 » Fr 4. Nov 2016, 23:27

Das liest sich wie die Technikeuphorie der 1950er Jahre.
Was aus dem Zeug wird, nachdem man es aus dem Wasser rausgeholt und in radioaktiven Abfall verwandelt hat, interessiert die Autoren schlicht nicht.
forbes ist ja auch ein Wirtschaftsmagazin. Sachkenntnis in anderen Disziplinen ist nur lästig, denn es könnte das making money stören.

Das Thema der Rohstoffgewinnung aus dem Meer wird auch hier abgehandelt

Ein Hoffnungsschimmer bleibt: das Deutsche Reich wollte nach 1918 seine Kriegsschulden durch Gold aus Meerwasser bezahlen. Hat auch nicht geklappt.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzer 3991 gelöscht

Re: Uran ohne Ende im Meerwasser

#3

Beitrag von Benutzer 3991 gelöscht » Fr 4. Nov 2016, 23:45

Ich blick das ehrlich gesagt zuwenig oder besser gar nicht was jetzt der große Unterschied ist zwischen Uran in natürlicher Form und radioaktivem Abfall.

Für mich als Laien zerfällt Uran, und irgendwann bleibt Blei über.

https://de.wikipedia.org/wiki/Uran-Radium-Reihe

Was an radioaktivem Abfall so ganz anders ist, und warum, ist mir ein großes Rätsel. :schaf_1:

Manfred

Re: Uran ohne Ende im Meerwasser

#4

Beitrag von Manfred » Sa 5. Nov 2016, 01:09

Das Thema Uran aus Meerwasser ist alles andere als neu.
Und von ohne Ende kann auch keine Rede sein. Aber man könnte es durchaus längere Zeit im großen Umfang nutzen.

Der Unterschied von Atommüll zu natürlich vorkommenden Radioaktivität liegt in der sehr hohen Dichte von strahlendem Material auf kleinem Raum. Außerdem sind Stoffe in Nennenswerter Menge enthalten, die natürlich nur in kleinsten Spuren vorkommen, wie z.B. Plutonium.

Besonders problematisch ist das hochgiftige Plutonium.
Inzwischen gibt es Reaktortypen, die diesen Stoff wieder spalten können.
Die Russen haben einen BN-800 zur Vernichtung von Plutonium im Einsatz und planen den Bau von mehreren BN-1200 Reaktoren, die ebenfalls Plutonium und in konventionellen Reaktoren nicht mehr nutzbares U235 verbrennen sollen.
Diese Reaktoren funktionieren nach dem Prinzip der schnellen Brüter, sind aber so gesteuert, dass mehr Material verbrannt als gebrütet wird. Deshalb nennt man sie auch schnelle Brenner.
Der verbleibende radioaktive Abfall ist dann weit weniger kritisch als das hoch Plutonium und U235 - haltige Zeug, das in Deutschland endgelagert werden soll.
http://nuklearia.de/2013/11/23/neue-rus ... ernichten/

Ich für meinen Teil bin überhaupt kein Freund einer Endlagerung hochangereicherten Materials.
Ich wäre dafür, das Plutonium und verbliebene U235 nach russischem Vorbild aufzubrauchen und das verbleibende, weniger kritische Material nach einer längeren Abklingphase abzureichern, z.B. durch Vermengung mit Glasschmelze und anschließender Granulierung.
Dieses Granulat könnte dann gut verteilt wieder dort eingelagert werden, wo das Uran ursprünglich abgebaut wurde und würde so die natürliche Radioaktivität kaum erhöhen und auch das Risiko verhindern, dass irgendwann ein Atommülllager mit Brennstäben durch Menschen oder die Natur wieder offengelegt würde.

Fred
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Re: Uran ohne Ende im Meerwasser

#5

Beitrag von Fred » Sa 5. Nov 2016, 04:18

Lysistrata hat geschrieben: Für mich als Laien zerfällt Uran, und irgendwann bleibt Blei über.
https://de.wikipedia.org/wiki/Uran-Radium-Reihe
Physikalisch ist das sicher zutreffend. Nur muß man sich die Halbwertszeiten ansehen. Dabei Bedenken, daß nach einer Halbwertszeit noch immer 50% von Radioaktivem Uran vorliegen. Bis über 90% verschwunden sind, müssen die Halbwertszeiten der Reihe, die dort aufgelistet sind knapp 4x durchlaufen werden. Und die Reihe fängt für 238 Uran mit einer Halbwertszeit von 4,468·10^9 a = 4 468 000 000 Jahren an. Die 245 500 Jahre für Halbierung von 234U nach 230Th benötigt werden sind dagegen dann bereits Sofortzerfall, aber selbst bei meinen optimistischten Lebensplanungen....

Falls man dann findet, daß die Verbleibenden 10% noch immer zuviel sind: Bis diese auf 10% d.h. 1% der Ursprungsmenge zerfallen sind, das braucht dann gerade wieder genau solange. Und ja, nebenbei während dieser gesamten Zerfallszeit wird Radioaktive Strahlung abgegeben (sonnst würde es ja nicht zerfallen). Diese Strahlung, je nachdem wo...interagiert dann eben mit der Umgebung, je nachdem wo es gerade auftrifft. z.B. als zufällige Veränderungen im Erbgut von Fischleich, falls der da gerade in der Nähe sein sollte...

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Re: Uran ohne Ende im Meerwasser

#6

Beitrag von emil17 » Sa 5. Nov 2016, 11:24

Durch Kerntechnik entstehen unfehlbar radioaktive Abfälle, das sind neben den nicht verwerteten Ausgangsprodukten wie Uran oder gewollten Endprodukten wie Plutonium alle möglichen radioaktiven Isotope von anderen chemischen Elementen.
Dass jede Zerfallskette irgendwann mal aufhört und ob das dann Blei wird oder nicht, ist nur von akademischem Interesse, denn die Geschichte dauert wesentlich länger, als unsere eigene Lebenszeit.
Man kann auch behaupten, dass eine Substanz wie der chemische Kampfstoff Tabun unproblematisch sei, denn es zerfällt zu den harmlosen und lebensnotwenigen Elementen Phosphor, Stickstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff.
Die Wirkung der Radioaktivität auf Lebewesen ist oberhalb einer extrem geringen Aktivität auf alle Lebewesen zerströrerisch, weshalb solche Substanzen unbedingt aus der Biosphäre ferngehalten werden müssen. Darin liegt das Problem, denn das gelingt nicht im ordentlichen Betrieb von Kernkraftwerken und schon gar nicht bei Unfällen.
Zur Mengenproblematik: Die in Tschernobyl freigesetzte Menge an Cäsium betrug weniger als 30 Kilogramm. Diese Menge hat ausgereicht, ganz Europa zu belasten, und 6400 km2 wurden für die Nutzung vollends aufgegeben. Das bedeutet, dass man mit 0.04 Gramm (!) radioaktivem Cäsium einen Hektar Landwirtschaftsland auf Hunderte von Jahren hinaus unbrauchbar machen kann.
Man muss also im Mikrogrammbereich sauber arbeiten bei technischen Prozessen, wo die problematischen Substanzen tonnenweise umgesetzt werden.

Bei radioaktivem Abfall besteht selbst bei ordungsgemässem, d.h. unfallfreiem und sauberem Betrieb ein grundsätzliches Problem. Das Zeug ist radioaktiv. Das bedeutet, dass es sich selber erwärmt und dass es seine Umgebung, z.B. die Behälterwand, dauernd radioaktiv bestrahlt. Und um sowas wird man sich Tausende von Jahren lang kümmern müssen.
Wer muss sich heute kümmern? Richtig: der Steuerzahler.
Wer wird sich morgen kümmern müssen? Interessiert die leute, die damit heute Geld verdienen können, herzlich wenig, also stellt man Ingenieure an und bezahlt die dafür, dass sie so tun als sei das Ganze technisch kein Problem.
Dieser Problematik kommt man auch mit schnellen Brennern und Kernmutation nicht aus, denn auch dort müssen radioaktive Substanzen in hohen Konzentrationen und grossen Mengen verarbeitet und transportiert werden, und auch dort besteht das grundsätzliche Problem, dass durch die Bestrahlung der Zuschlagstoffe und Behälterwände und Werkzeuge wieder neue Isotope mit unerwünschten Eigenschaften entstehen.
Man ersetzt also bestenfalls eine Sorte Abfall durch einen andere.
Das ist so wie Umschuldung in hoffnungslosen Fällen. Man löst einen Kredit durch einen anderen ab und hat wieder eine Weile Ruhe, zwar mehr Schulden, aber spätere Fälligkeit.
Das Problem besteht grundsätzlich und dürfte jedem bekannt sein, der schon mal in einem Laboratorium gearbeitet hat. Es sind keine Prozesse bekannt, welche nicht die Entropie vergrössern und die keine Abfälle erzeugen.


Radioaktive Abfälle bestehen aus radioaktiven Isotopen von natürlicherweise vorkommenden chemischen Elementen.
Isotope sind Atome, die sich nur in der Anzahl Neutronen im Kern voneinender unterscheiden. Weil die Protonenzahl gleich ist, gehören all diese Isotope zum gleichen chemischen Element und unterscheiden sich im chemischen Verhalten nicht. Je nach Anzahl Neutronen sind sie aber instabil und zerfallen radioaktiv zu etwas anderem.
Beispiel Jod: Das biologisch wichtige Element Jod hat als stabiles Isotop 53 Protonen und 74 Neutronen. Das bei Kernreaktoren in Mengen gebildete Jod 131 hat 4 Neutronen mehr und zerfällt darum radioaktiv mit einer Halbwertszeit von etwa 8 Tagen.
Das grosse Problem an der Sache ist nun, dass die radioaktiven Varianten von allen Lebenwesen nicht von den stabilen unterschieden werden (da es ja die gleichen Elemente sind, verhalten sie sich chemisch gleich) und deshalb in den Stoffwechsel und in den Körper geraten. Durch den Zerfall werden die Zellen beschädigt und die Erbsubstanz zerschossen, was je nach Dosis zu den bekannten Folgen Strahlenkrankheit und Krebs führt. Beim Jod wird die radioaktive Variante genau wie die stabile in der Schilddrüse eingebaut, was zu einer sehr effizienten Bestrahlung "von innen" führt.
Die radioaktive Wirkung auf Lebenwesen ist bei Substanzen mit einer geologisch kurzen Halbwertszeit von Tagen bis zu einigen zehntausend Jahren viel grösser als die chemische, so dass die Giftigkeit einer Substanz hinter der radioaktiven Wirkung völlig zurücktritt.


Die natürliche Radioaktivität wird von den Befürwortern der Kernenergie gerne dafür missbraucht, um zu zeigen, dass die ganze Sache ja harmlos sei, weil Radoaktivität eben allgegenwärtig sei. Sie verschweigen aber bewusst, dass die Konzentrationen und die beteiligten Substanzen ganz andere sind.
Das ist etwa so, wie wenn jemand einen Tank mit hochkonzentrirter Schwefelsäure in die Wohnung stellt und findet, es sei harmlos, denn der in jedem Haushalt vorhandene Essig sei ja auch sauer und niemand mache deswegen eine Geschichte.

Wenn radioaktive Substanzen in die Umwelt geraten, bestimmt das chemische Verhalten, was damit passiert und wo sie sich anreichern, bevor sie zerfallen. Als Faustregel gilt, dass man rund zehn Halbwertszeiten abwarten muss, bis die Anfangsaktivität auf 1 Promille abgenommen hat. Beim Cäsium 137, das in Fukushima und Tschernobyl frei wurde, sind das rund 300 Jahre. Das ist für Geologen extrem kurzlebig und deshalb wird der Begriff "kurzlebige Isotope" für solche Substanzen verwendet, obwohl sie für unsere Zeitmasstäbe alles andere als kurzlebig sind.
Cäsium ist nun als Element der ersten Hauptgruppe im Periodensystem chemisch wie Natrium und Kalium sehr mobil und wird überall ausgewaschen und verbreitet. Unter anderem deshalb hat die Betreiberin von Fukushima ja immer noch ihre liebe Mühe, das Auswaschen in den Pazifik zu verhindern. Eine biologische Bedeutung des Elements ist nicht bekannt, es kommt normalerweise nicht im Körper vor und ist nicht toxisch (Wiki). Aber es wird aufgenommen und ausgeschieden, und was sich im Körper befindet und zerfält, entfaltet seine unheilvolle Wirkung.


Es gibt eine plausible Theorie, nach welcher die Entstehung höherer Lebensformen erst im frühen Kambrium (vor ca. 500 Mio. Jahren) eingesetzt hat, weil erst dann die natürliche Radioaktivität in den oberflächennahen Schichten der Erdkruste genügend abgeklungen sei, um die Biochemie und Genetik der mehrzelligen Lebewesen zu ermöglichen. Das möchte man mit der Kerntechnik offenbar wieder rückgängig machen.

Was an der Sache mit der Urangewinnung auch fehlt, ist eine Energiebilanz über den ganzen ordnungsgemässen Betrieb, d.h. von der Gewinnung über das Handling bis zur Endlagerung einschliesslich dem vollständigen Rückbau der Kraftwerke, die ja auch nicht ewig, sondern nur einige Jahrzehnte leben. Ich hab den dringenden Verdacht, dass das ein Hype ist, um die Aktienkurse einiger Konzerne zu befeuern. Würde es gelingen, wäre es für die Biosphäre eine Katastrophe.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Fred
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Re: Uran ohne Ende im Meerwasser

#7

Beitrag von Fred » So 6. Nov 2016, 01:28

emil17 hat geschrieben: Was an der Sache mit der Urangewinnung auch fehlt, ist eine Energiebilanz über den ganzen ordnungsgemässen Betrieb, d.h. von der Gewinnung über das Handling bis zur Endlagerung einschliesslich dem vollständigen Rückbau der Kraftwerke, die ja auch nicht ewig, sondern nur einige Jahrzehnte leben. Ich hab den dringenden Verdacht, dass das ein Hype ist, um die Aktienkurse einiger Konzerne zu befeuern. Würde es gelingen, wäre es für die Biosphäre eine Katastrophe.
Emil, das willst nicht wissen. Es kommt sehr darauf an, welchen Ausgangs-Gehalt die Uranerze haben. Es sind ja nur die wenigen Prozent schweren Isotope nutzbar. Deshalb muss das Material ja angereichert werden, um AKW-taugliche Brennstäbe zu bekommen. Vor einigen Jahren (gut 5 Jahre) wurde in den VDI-Nachrichten in einem Artikel darauf hingewisen, daß die nutbaren Uranvorräte bereits soweit abgebaut sind, daß in Australien Uran-Erzvorkommen mit so niedrigem Gehalt abgebaut werden, daß nach Anreichernung nur noch mit einem Erntefaktor von 8 gerechnet werden kann.
Bei erneuerbaren Energien würde man heute die Hände über den Kopf zusammenschlagen, wenn eine PV-Anlage über ihre Lebenszeit nur die 8-fache Menge, die ihre Herstellung erforderte liefert.

In Österreich wurde eine Studie zu dem Thema verfasst, die zu dem Schluss kommt, daß der Grenzerzgehalt, bei dem Energerzeugung/Energieaufwand negativ wird bei 0,008% und 0,012% Urangehalt des Erzes liegt (Je nach Randbedingungen). Zu den verfügbaren Erzen:
Zwei Drittel der weltweiten Uranvorräte haben einen
Erzgehalt von unter 0,2 %, der weltweit
mittlere Erzgehalt liegt bei 0,05 – 0,15 % [...]
Australien hat bei weitem die größten Uranressource
n, aber zu einem sehr niedrigen Erz-
gehalt: 90 % haben weniger als 0,06 %. Auch in Kasa
chstan, dem zur Zeit größten Uranpro-
duzenten, liegt der Großteil des Erzes mit einer Ur
ankonzentration von weit unter 0,1 % vor
(EWG 2006)
Schaut man in Statistiken der Erntefaktoren für Kernkraft, so wird meist nur angegeben, wielange es dauert, bis ein AKW die Energiemenge in das Netz eingespeist hat, die sein Bau benötigte. Für die Erzsituation wird wenn überhaupt betrachtet, da wohl von der Optimalsituation ausgegangen.

Benutzer 3991 gelöscht

Re: Uran ohne Ende im Meerwasser

#8

Beitrag von Benutzer 3991 gelöscht » So 6. Nov 2016, 13:52

Über Atomversuche, Abrüstung, dt. Wiedervereinigung eine interessante Doku

https://www.youtube.com/watch?v=UFzVn740rf8

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