Biokohle im Beton

Sonne, Wind und Feuer
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kraut_ruebe
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Biokohle im Beton

#1

Beitrag von kraut_ruebe » Mo 7. Nov 2022, 12:02

Sonnenerde, der Terra Preta-Hersteller im Burgenland, will/kann Biokohle auch in Beton verarbeiten.

Auszug aus orf.at:

Pflanzenkohle kann aber auch Beton beigemengt werden, erklärte Gerald Dunst, Eigentümer von Sonnenerde. Das bringe nicht nur eine stabile Kohlenstoff-Bindung und damit im Idealfall CO₂-neutralen Beton, sondern es bringe auch im Beton eine Reihe von Vorteilen, wie die Erhöhung der Zugfestigkeit und der Druckfestigkeit. Auch die Wärmedämmung und der Brandschutz werden laut Dunst durch die Zugabe von Pflanzenkohle zum Beton besser.
Um zu zeigen, dass es funktioniert, setzt Sonnenerde den umweltfreundlichen Beton beim Bau der Produktionshalle ein. Das Unternehmen kooperiert dabei mit einem großen Betonerzeuger, der ebenfalls Interesse daran hat, die Umweltbilanz von Beton zu verbessern. Das Beispiel soll Schule machen und weltweit Nachahmer finden, hofft Sonnenerde-Geschäftsführer Dominik Dunst. Pflanzenkohle sei eine der ganz wenigen CO₂-Bindungstechnologien, die nur Vorteile habe: „Je breiter das in die Masse geht, desto mehr CO₂ können wir alle miteinander binden, festhalten und damit die Welt retten.“

Link zum Bericht: https://burgenland.orf.at/stories/3180987/
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Tscharlie
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Re: Biokohle im Beton

#2

Beitrag von Tscharlie » Mo 7. Nov 2022, 13:16

Interessante Seite die die Herstellung von Pflanzenkohle "aus sich selbst" erklärt.

Denn die Energie zum erstellen der Pflanzenkohle muß ja wo herkommen.

https://www.ithaka-journal.net/biokohle ... limaretter
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kraut_ruebe
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Re: Biokohle im Beton

#3

Beitrag von kraut_ruebe » Mo 7. Nov 2022, 14:25

Der Terra Preta- Thread ist hier:

viewtopic.php?f=17&t=646
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Re: Biokohle im Beton

#4

Beitrag von Eberhard » Mo 7. Nov 2022, 21:32

damit im Idealfall CO₂-neutralen Beton
Wird hier Zement (sehr energieaufwändig) durch Pflanzenkohle ersetzt? Erstaunlich bis unglaubwürdig.

Ich habe eine positive Einstellung zu Pflanzenkohle, aber ... für Einsatz in der Landwirtschaft in der Fläche zu teuer, für die Baustoffproduktion aber passend?
Bessere Eigenschaften des Betons muss man als Erklärung hinnehmen oder stärker hinterfragen. Es muss ja nicht unlogisch sein. Die alten Stadtmauern hier bei uns, die heute noch stehen, wurden auch unter Zusatz von Quark gebaut, in die Große Mauer ist auch eine Menge Reis als Kleber integriert.
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

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Re: Biokohle im Beton

#5

Beitrag von Tscharlie » Di 8. Nov 2022, 08:35

Kalk ist theoretisch Klimaneutral, wenn man ihn klimaneutral "brennt".

Denn der Sauerstoff den er beim Brennen aufnimmt gibt er beim Trocknen wieder ab und er nimmt sogar das CO² auf das er beim Brennen produziert hat wieder auf.

Voraussetzung ist aber dass beim Brennen als "Heizquelle" ein klimaneutraler Brennstoff genommen wird.

Soweit so gut, das macht der Zement ( um den geht es ja bei Beton) im Prinzip auch. Aber Betonbauteile sind anders als Kalkfarben meist ziemlich massiv, daher kann der Zement im inneren des Bauteiles nicht an den Kohlenstoff der Luft heran, er behält den Sauerstoff also bei sich.

Das ändert sich nun mit der Pflanzenkohle im Beton, jetzt kann der Zement an die Luft herankommen, da die poröse Planzenkohle das ermöglicht.

Soweit zur Theorie, ich denke da ist noch viel Forschungsarbeit nötig um zu sehen wie sich z.B. Stahlbeton verhält, der ja dann auch "Luft" an den Stahl läßt.

So habe ich das bisher verstanden.
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Re: Biokohle im Beton

#6

Beitrag von emil17 » Mi 9. Nov 2022, 11:21

Da hilft doch mal, die Chemie von Zement zu betrachten:
Zement wird hergestellt durch Brennen von einem Gemisch aus Kalk und Tonmineralien. Dabei entweicht das Carbonat als CO2 zusätzlich zum CO2 aus dem Brennstoff zum Heizen des Zementofens in die Luft.
Da Zement ein vollständig hydraulisches Bindemittel ist, erstarrt er auch unter Wasser und benötigt im Gegensatz zum Luftkalkmörtel kein Luft-CO2 zum Abbinden. Folglich wird auch nur sehr wenig des CO2, das ursprünglich im Ausgangsprodukt Kalkstein war, wieder gebunden.
siehe alles hier oder hier, wobei die Zementchemie ziemlich kompliziert ist. Die Festigkeit entsteht durch die Bildung komplizierter Kalziumsilikathydrate, die keinen Kohlenstoff enthalten. Wenn der Beton Karbonat enthält, dann im Zuschlag.
Entsprechend kann man feuerfesten Beton herstellen, indem man feuerfesten Zuschlag (Schamotte, Basalt, Lava usw.) mit gewöhnlichem Portlandzement mischt. Quarz ist hier unzulässig, weil er in der Hitze umkristallisiert, was die Struktur zerstört.

Betrachtet man nur die CO2-Bilanz, so ist es kaum möglich, "klimaneutralen" Zement zu machen, weil der im Ausgangsprodukt Kalkstein enthaltene Anteil zwangsläufig frei wird; dies ist ebenso fossiler Kohlenstoff wie der aus Steinkohle oder Erdöl. Zementherstellung ist eine der Hauptquellen fossiler C-Emissionen.

Was die Behauptung angeht, durch Zugabe von Pflanzenkohle könne man die Zug- und Druckfestigkeit von Beton vebessern: Die Festigkeit hängt bei optimaler Mischung ausschliesslich von den Zuschlagsstoffen ab, und Pflanzenkohle ist nicht als besonders druckfest bekannt. Hochfesten Beton erhält man durch besonders fein gemahlenen Zement, ausgewählte Zuschlagstoffe, einen genau eingehaltenen Wasserzuschlag und Abrütteln bis zur Porenfreiheit.
Denkbar wären Leichtbetone, wo man Pflanzenkohle als Zuschlag hernimmt, um bei noch ausreichender Druckfestigkeit weniger Dichte zu erhalten. Dies wird bisher durch Beigabe von Blähton, Bims oder ähnlichem erreicht. Es lassen sich auch zementgebundene Werkstoffe aus Holzabfällen erzeugen, etwa die Heraklithplatten. Problematisch dürfte hier die ungenügende mechanische Festigkeit der Pflanzenkohle sein. Wenn der Zuschlag beim Mischen zerbricht, entstehen Flächen ohne Bindemittel, die ähnlich wie Kiesnester nichts zur Festigkeit beitragen.
Die Zugfestigkeit von Beton ist viel geringer als die Druckfestigkeit, deshalb werden hoch belastete Betonkonstruktionen und Fertigbetonteile bewehrt oder man mengt mineralische Fasern bei, welche mit dem anderen Zuschlag abgestimmt sein müssen und die Zugfestigkeit bei noch genügender Druckfestigkeit erhöhen. Eine gute Ausnutzung der Druckfestigkeit lässt sich durch Vorspannen der Bewehrung erreichen (Spannbetonbrücken).
Durch Anteile von CaO im frisch abgebundenen Zement ist dieser sehr basisch, was ein guter Schutz des Bewehrungseisens gegen Korrosion bewirkt. Fortlaufende Einwirkung der Luft auf ungeschützte Betonoberfläche wandeln dies in Karbonat um (wie beim Abbinden von Luftkalkmörtel), wodurch der Korrosionsschutz verloren geht und das Eisen im Beton zu Rosten beginnt, wenn es nicht genügend überdeckt ist. Der Rost, und nicht die Karbonatisierung an sich, bringt dann den Beton zum Abplatzen.
Das Zementwerk kann durch Wahl und Mischungsverhältnis der Ausgangsstoffe die Eigenschaften weitgehend bestimmen, wobei dann für die gewöhnlichen Bauanwendungen der Preis wesentlich wird.

Zum Luftkalkmörtel: Bei vollständigem Abbinden nimmt er soviel CO2 aus der Luft auf wie beim Brennen aus dem Kalk herauskam. Das Abbinden ist aber kein Trocknen, sondern ein chemischer Vorgang, wo ein Hydroxid durch ein Karbonat ersetzt wird, und erfolgt nach
CO2 + H2O --> H2CO3 H2CO3 + Ca(OH)2 --> CaCO3 + 2 H2O
Es funktioniert nur bei feuchtem Mörtel unter Luftzufuhr, weshalb ganz trockener Mörtelkalk an der Luft nicht so schnell stumpf wird wie etwa Zement, den man unverpackt herumliegen lässt. Weil durch das Abbinden das Wasser wieder frei wird, das durch das Löschen des gebrannten Kalkes gebunden wurde, bleiben Mauern aus Luftkalk lange feucht. Zudem härten dicke Mörtelschichten nur langsam aus, weil das Luft-CO2 durch den bereits abgebundenen Mörtel hindurch diffundieren muss.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Biokohle im Beton

#7

Beitrag von Dyrsian » Mi 9. Nov 2022, 14:12

Emil, das war sehr schön erklärt, aber man merkt den Akademiker! :haha:

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Re: Biokohle im Beton

#8

Beitrag von emil17 » Mi 9. Nov 2022, 17:52

So?
Wie hiess es bei uns: Chemie ist nicht alles, aber ohne Chemie ist fas alles nichts.
Zum Glück wird das Zeug auch hart wenn man die Formeln nicht kennt.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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