alte Rezepte

hobbygaertnerin
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Re: alte Rezepte

#141

Beitrag von hobbygaertnerin » So 13. Jan 2019, 05:32

Was ich sehr interessant finde, jede Gegend hatte ihre eigenen Rezepte aus Kartoffeln.
In unserer Gegend gibts z.B. eher wenig Kartoffelknödel, aber dafür eher Kartoffelpflanzerl.
Da werden die gekochten Kartoffeln geschält und durch die Kartoffelpresse gedrückt,
wenn erkaltet, mit Eiern, Salz und Mehl ein Kartoffelteig gemacht. Soll er lockerer werden, kommt Knödelbrot (geschnittene Scheiben aus Semmeln) und weniger Mehl hinzu.
Aus der Masse werden kleine Frikadellen geformt und im Fett rausgebacken.
Man kann sie mit Sauerkraut, aber auch mit Apfelmus essen, sie als Beilage und Sossenschlucker verwenden.
Ich hab neulich auch einen Filmbericht über eine Hungerzeit gesehen, das ist mir ziemlich nahe gegangen- und heute wird verschwendet, dass einem schlecht werden kann.
Eine Bekannte- die weit über 80 ist, hat vor längerer Zeit erzählt, wie früher das Essen war, da gabs jeden Abend Dampfnudeln aus Roggenmehl und Sauerteig, im Winter dazu so eine Art Brühe aus gekochten Trockenfrüchten, täglich gekochtes Sauerkraut, im Sommer saure Milch dazu.
Tiefkühltruhe gab es noch nicht, ein Schwein wurde im Winter geschlachtet und ein grosser Teil des anfallenden Fleisches kam in einen Surkübel, wurde dort mit Salz für 4-6 Wochen in dieser Sur gelassen, dann geräuchert. Die Auswahl beim Fleisch war sehr einfach, am Anfang wurde alles verwertet, was nicht länger haltbar war, dann gabs das in Salz eingelegte Fleisch entweder gekocht oder gebraten und dann das geräucherte Fleisch gekocht.
Sie kannte noch Kübelfleisch, Rindfleisch gabs nur - wenn jemand aus dem Dorf ein Tier nochtschlachten musste- da war es Sitte, dass jeder davon was nehmen musste. So richtig abgehängt war das leider nicht, konnte entsprechend zäh sein.
Hühner gab es in gekochter Form, die überzähligen Masthähnchen wurden eher verkauft, wenn es einen Hahn dann doch mal an den Kragen ging, wurde er geschlachtet, vorgekocht und dann paniert und im Fett rausgebacken- ein Backhähnchen.
Sie erzählte, dass es zum Glück sehr viele Mehlspeisen gab, ob aus Kartoffeln oder anderen Zutaten, die sie als Kinder viel lieber hatten.
Griesschnitten, Apfelstrudel, Zwetschgenknödel, Rupfhauben, Kartoffelnudeln, Reinsterz, Heidelbeersterz.
Als sie Kinder waren, war es selbstverständlich, dass sie Himbeeren, Heidelbeeren im Wald gepflückt haben, die wurden zu Saft gemacht oder getrocknet, Pilze gesammelt, die dann ebenfalls getrocknet wurden.
In ihrer Jugendzeit half sie noch bei Bauern aus und da gabs eben Höfe, auf denen die Bäuerin sehr gut kochte und andere, wo das nicht der Fall war.
Das sprach sich herum und entsprechend wurde ausgewählt.

sybille
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Re: alte Rezepte

#142

Beitrag von sybille » So 13. Jan 2019, 20:26

hobbygaertnerin, so erzählen es die alten Leute hier auch noch und z.T. habe ich es selbst noch erlebt.
Bei uns wurde das Scheinefleisch genauso verarbeitet und denke sich bloß niemand das da ein Stück verschwendet wurde. Alles aber auch alles wurde verwertet und das mache ich heute noch so. Jedes Hühnerbeinchen und jeder Knochen wird abgenagt (das Fleisch nahe des Knochens schmeckt eh am besten).
Die Kartoffeln gab es meistens als Salzkartoffeln und abends gab es die Reste als Bratkartoffeln oder je nach Jahreszeit Milchsuppe mit Pflaumen oder Kirschen oder Brot.
Bei uns gab es entweder den eigenen Schinken oder den von der Molkerei gekauften Käse. War der eigene Schinken alle wurde ein Rad Käse gekauft und dann gab es nur Käse. Selbstgemachte Marmeladen und Geeles gab es fast immer und wenn die alle waren wurde bei der Zuckerfabrik ein großer Eimer Rübenkraut gekauft. Aber nur Einer und wenn der alle war gab es eben Zucker oder Salz aufs Brot was selten vorkam da vorher schon angesagt wurde das man sparen müsse. Das kann sich heute niemand mehr vorstellen. Von daher wird es mir auch schlecht wenn ich das
heute wird verschwendet, dass einem schlecht werden kann.
lese. In guten Lebensmitteln steckt so viel Arbeit.

Wenn ich Essensgäste habe gibt es kein Fleisch mehr mit Knochen. Habe mich lange genug darüber geärgert das das Fleisch nur grob vom Knochen abgeschnitten wurde und der Rest liegenblieb. Auch fettes Fleisch gibt es nicht mehr da jeder kleine Fettrand abgeschnitten wird. Da wird es schon schwierig und von daher lade ich eher zu Kaffee und Kuchen ein und esse gutes Fleisch selber.

Heute hatte ich ein Huhn mit Lorbeerblättern und etwas Salz 4 Stunden langsam köcheln lassen und dann Gemüse, Zwiebel, Knobi und Kartoffeln in die schöne fette Brühe gegeben. Es war ein Genuss! Da kommt kein Brathähnchen dran.
Hühner sind Menschen wie Du und ich, nur das sie zur Hausordnung Hackordnung sagen.

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Re: alte Rezepte

#143

Beitrag von si001 » So 13. Jan 2019, 21:46

hobbygaertnerin hat geschrieben:Was ich sehr interessant finde, jede Gegend hatte ihre eigenen Rezepte aus Kartoffeln.
Quarkkeulchen kenne ich von meiner Oma und meiner Tante. Das ist sind auch so ein altes Rezept aus Kartoffeln.
Karoffeln gedämpf und durchgedrückt und mit (Mais-)Mehl, Eiern und Quark zu einem glatten Teig gerührt, zu bulettenartigen Teiglingen geformt und in der Pfanne gar gebraten. Dazu gab es Zucker und Zimt.
Wenn vorhanden, kamen ich Rosinen in den Teig. Oder es gab Kompott zu den Quarkkeulchen.
Ist ein Arme-Leute-Essen, aber ich mag´s gern.
Liebe Grüße, si001!
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Re: alte Rezepte

#144

Beitrag von Zaphira » So 20. Jan 2019, 10:13

Ich habe mir im Freilandmuseum ein kulturgeschichtliches Koch- und Lesebuch gekauft: Kartoffel in der Früh.

Die Rezepte sind aus Franken und der Oberpfalz, teilweise auch aus Thüringen. Da ist alles drin Kuchen, Brot, Eintopf, Suppe, Beilagen, Aufläufe, alles mit Kartoffeln. Habe ich jetzt mal wieder rausgekramt.
Mein Ziel ist ein Leben von dem ich keinen Urlaub brauche.

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Re: alte Rezepte

#145

Beitrag von christine-josefine » So 20. Jan 2019, 10:19

saures Lüngerl:
Lunge in Essig-Salzwasser kochen, ist bissl schwierig weil sie nicht unter Wasser bleiben will
abkühlen lassen und dann in Streifen schneiden
Zwiebeln mit bissl Zucker in Fett anbräunen
Mehl dazu bis alles schön mittelbraun ist
mit dem Kochwasser aufgießen rühren bis es schön cremig ist, dann noch Milch oder Sahne dazu, nach Geschmack
würzen mit Salz, Pfeffer, Lorbeer, Essig
die Lungenstreifen rein und noch etwas ziehen lassen
dazu Semmelknödel

Guten Appetit
Viele Grüße, Christine mit J
Wait and see!

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Re: alte Rezepte

#146

Beitrag von Minze » So 20. Jan 2019, 11:21

Lecker, Christine, aber es muß unbedingt ein Herz mit der Lunge gekocht werden, schon wegen dem Biss :mrgreen:
Liebe Grüße
Minze

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Re: alte Rezepte

#147

Beitrag von Benutzer 1612 gelöscht » Mo 21. Jan 2019, 19:40

Dibbelabbes
Cool, das kenne ich vom Mittelrhein als Döppekuchen (bw."Döppekooche"), ist ein Wintergericht und schmeckt irre gut!

Doris L.
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Re: alte Rezepte

#148

Beitrag von Doris L. » Mo 21. Jan 2019, 20:06

Mich wundert eigentlich das meine Mutter deren Eltern aus dem Hunsrück ins Ruhrgebiet kamen, niemals dieses oder ein ähnliches Gericht kochte. Sind doch billige Zutaten. Der Gasherd in frühen Jahren? Vor dem hatte ich immer Angst.
Ich kenne Stielmus, aber das richtige Rezept fand ich noch nicht.

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Zacharias
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Re: alte Rezepte

#149

Beitrag von Zacharias » Mo 21. Jan 2019, 20:20

Döbbekoche gibt es gleich bei mir :) (Bin so richtig richtig mitten aus dem Rhein, kein Ruhrpötter)
Grüße,
Birgit

Benutzer 1612 gelöscht

Re: alte Rezepte

#150

Beitrag von Benutzer 1612 gelöscht » Mo 21. Jan 2019, 23:09

Dann bist Du das berühmte Rheingold! :eek:

Im Ruhrpott ist der Rhein ja nur noch so ein Industriefluß.
Ich habe in Lahnstein und in Neuwied gewohnt... Letzteres hat gerade noch so Weinberge, ist aber fast schon NRW.

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