Geniessen erlaubt

hobbygaertnerin
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Geniessen erlaubt

#1

Beitrag von hobbygaertnerin » So 22. Sep 2013, 08:03

Manchmal kommt es mir so vor, als würde Freude am Essen, Genuss in Deutschland fast verboten. Entweder ungesund, oder Skandale ums Essen-
hier bewundere ich unsere Nachbarn aus anderen Ländern, die haben einen viel genussvolleren Zugang zum Essen und auch zum Leben überhaupt.
Ein Gang durch einen Delikatessenladen zeigt dann wieder, welchen Wert Essen haben kann- welche Wertschöpfung mit Garten, Kochen und Selbermachen geschaffen werden kann.
Das, was als Edelessen geschätzt wird, war früher oft eine Speise der Armen, Krebse, Austern, Lachs und vieles mehr.
Geniessen hat nichts mit teurem Kaviar zu tun, sondern mit einfachen frischen Zutaten lassen sich wunderbare Köstlichkeiten zaubern.
Ein selbstgebackenes Weissbrot mit Auberginencreme, Dampfnudeln mit saurem Schmalz, das in der Pfanne mit frischem Butterschmalz rausgebackene Wiener Schnitzel mit noch lauwarmen Kartoffelsalat und Gurkensalat gleich mit druntergemischt,
selbstgemachte Pasta mit einer guten Sosse, Apfelstrudel mit den ganz bestimmten Äpfeln gemacht.
In unserer Zeit ist die Zeit für lange "am Herd stehen" zum Teil nicht vorhanden, zum Teil auch nicht mehr zeitgemäss.
Würde mich freuen, wenn ihr eure "Genussrezepte" soweit ihr sie anderen mitteilen wollt- hier reinstellt.
Zur Zeit lagern im Kühlschrank eingelegte Wachteleier in Balsamico und ein selbstgemachter Winzerkäse- Brot backe ich immer 7 Stück - und friere es ein.
Jedesmal ein anderes Rezept. In den arbeitsreichen Monaten kaufen wir das Brot vom Bäcker und ich freue mich dann wieder auf das Brot aus unserer "Backstube".

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Thomas/V.
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Re: Geniessen erlaubt

#2

Beitrag von Thomas/V. » So 22. Sep 2013, 08:44

Wir versuchen, wenigstens am Wochenende etwas wirklich "genießerisches" zu kochen. Mindestens einmal täglich frisch kochen ist aber sowieso "Pflicht", und wenn es nur Spaghetti mit Cocktailtomaten, Basilikum und Parmesan, oder Kartoffeln mit Quark ist...
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

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Re: Geniessen erlaubt

#3

Beitrag von hobbygaertnerin » Mo 23. Sep 2013, 08:48

Hallo Thomas,
wobei ich frische Kartoffeln mit Quark und einem guten Leinöl schon fast zum Genuss zähle.
Wir leben heute doch eigentlich im Schlaraffenland, aber die guten einfachen Sachen- die sind rar geworden, bzw. man muss sie sich suchen.
Wenn ich ganz selten eine Kochsendung im Fernsehen sehe- dann habe ich in der Regel das Gefühl, vom Kochen sehr wenig Ahnung zu haben.
Beim "perfekten Dinner" bekomme ich dann Minderwertigkeitskomplexe-
aber was hilfts, wichtig ist mir, dass ich aus dem, was wir haben, was Gutes kochen kann.
Die ganze Zeit schweben mir selbstgemachte Ravioli oder Tortellini vor, das ist für mich ein echtes Luxusessen, weil sie etwas nötig haben, was heute echter Luxus ist-
viel Zeit.

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Thomas/V.
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Re: Geniessen erlaubt

#4

Beitrag von Thomas/V. » Mo 23. Sep 2013, 09:00

wobei ich frische Kartoffeln mit Quark und einem guten Leinöl schon fast zum Genuss zähle.
Na klar, aber es ist eben ein "schnelles Alltagsessen" für uns. Wirklich "genießerisch" wirds, wenn ich mir Zeit nehme, etwas aufwändigere Gerichte zu kochen, mit Salaten oder Vorspeisen oder Nachtisch. Sowas geht doch heutzutage auch verloren. Da muß möglichst schnell möglichst viel Zeug auf den Teller und dann in 10 Minuten reingespachtelt werden. Gerade die mediterrane Küche mit vielen Vorspeisen, Salaten und Nachtischen, viel Zeit zum Essen nehmen, ein Glas Wein dazu, müßte uns als Vorbild dienen dafür, was wirklicher Genuß ist. Und das versuchen wir möglichst oft auch zu tun. Was natürlich leichter ist, wenn man einen Garten am Haus hat ;) . Das fördert Spontanität und Kreativität, welche auch Vorraussetzungen für Genuß sind.
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

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Re: Geniessen erlaubt

#5

Beitrag von Landfrau » Mo 23. Sep 2013, 13:23

Liebe Maria,

das Genießen ist mMn ein Hauptbestandteil des Essens, allerdings jeder Mahlzeit.
Die übrigens aus gutem GRund "Mahl"zeit und nicht Schlingzeit heißt.

Und es gibt auch kein einzelnes Rezept, es schmeckt alles gut und ist des Genießens (langsames Essen mit allen Sinnen in Ruhe und Muße) wert, was aus der eigenen Küche kommt. Wichtig ist das warme Essen, möglichst dreimal am Tag.
Mit einer kalten Stulle wird hier selten jemand kaltherzig abgespeist.
dass das neben den sonstigen Arbeiten seine Zeit findet, liegt daran, dass vornehmlich Ein - Kochgeschirr - Gerichte zubereitet werden, die ohne viel Aufsicht gar werden können.

Nicht genieß - bar erscheinen Mahlzeiten mit konfektionierten Zutaten, wie man sie eigentlich immer beim außer - Haus - Essen und leider auch fast immer bei privaten Einladungen vorgesetzt bekommt. Das ist sicherlich der eigenene Küche geschuldet, die nur GRundnahrungsmittel und Würzzutaten kauft und Obst, gemüse und tierische Produkte aus eigener Gewinnung verwendet.
Geschmacksnormen, an die die Gastronomie (wir bekommen jede Menge Eimer und andere Behälter aus der gastronomie - seither etwas desillusioniert.....) oder die "schnelle Küche" der eiligen Gastgeberin (Nudelsalat!!! oder Partyservice) nicht rankommt.

süppchen in variationen
Eintöpfe in Variationen
Aufläufe in Variationen
Schmortöpfchen in variationen
Hauptsache, frisch zubereitet, aus dem, was "dran" ist.

dazu BRot. geröstete BRotwürfel oder auch mal ein Pilav oder Polenta.

Zu jeder Mahlzeit wird eine Kerze angezündet: Der sie anzündet und der sie ausbläst formuliert in seinem Herzen einen guten Wunsch.....

Und Ruhe: kein Radio oder gar Glotze, kein telefon, keine Problemgespräche, keine Planungen, kein Lesen nebenbei

und Dankbarkeit. Gutes, frisches, eigenes Essen zu haben und gesund zu sein.

Das ist (uns) genuss genug.

Es sind die vollen Ähren, die die Köpfe senken, die leeren bleiben oben.

L.
Den Inhalt einer Botschaft bestimmt der Empfänger :-)

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Re: Geniessen erlaubt

#6

Beitrag von stoeri » Mo 23. Sep 2013, 23:31

Boh, danke Landfrau,

drei mal am Tag warm essen :eek:
herzliche Grüße
Erika mit Lux und Ricky im Herzen

Wenns nur olle so waradn, wia i sei soiad.

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Re: Geniessen erlaubt

#7

Beitrag von hobbygaertnerin » Di 24. Sep 2013, 07:43

Hallo Landfrau,
das war vermutlich auch das Geheimnis, dass Frauen früher trotz der vielen Arbeit ein gutes Essen auf den Tisch stellen konnten, Gerichte, die zum grossen Teil keine ständige Überwachung brauchten, sich quasi mit sich selbst beschäftigten und Leib und Seele zusammenhielten.
Trotz ausreichend anderer Arbeit, ein gutes selbstgemachtes Essen mit einfachen Zutaten macht anders satt, zufriedenen.
Essengehen hat für mich so wenig Reiz, da kann ich mir um dieses Geld selbst kochen, das ganz anders schmeckt.
Geniessen hat auch etwas mit Dankbarkeit zu tun, mit Achtung, Würde. Des Kochen mit den Jahreszeiten und was vor Ort vorhanden ist, lässt immer wieder neues auf den Teller und die Freude. Bärlauch gibt es eben nur im Frühjahr, die Erdbeeren zu ihrer Zeit, Tomaten, wenn sie im Garten reif sind, ebenso die Gurken, im Frühjahr der erste Salat aus dem eigenen Garten und zu wissen, dass es der eigenen Anstrengung, Mühe und Arbeit bedarf, aber dennoch es auch von vielen anderen Gegebenheiten abhängt, die wir selbst nicht in den Händen haben.
Wer alles immer zu jeder Zeit haben kann, ich weiß nicht, wie hier noch Achtung vor dem Essen entstehen kann?
Selbst ein frisch gebackenes Brot mit Butter kann ein Genuss sein.
Ein schön gedeckter Tisch, muss keine weisse Damasttischdecke dafür verwendet werden, aber die Aufmerksamkeit für das Essen und nicht nebenher die Glotze oder die Zeitung, Nachrichten sind bei uns beim Essen tabu.

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Re: Geniessen erlaubt

#8

Beitrag von stoeri » Di 24. Sep 2013, 09:23

Hallo Landfrau,

so jetzt habe ich gerade ausprobiert wie sich ein warmes Frühstück anfühlt (Haferflocken mit Milch)

Ja Du hast vollkommen Recht und das ist so eine tolle Idee mit den Kerzen, mit dem nicht lesen, mit dem einfach nur das Essen geniesen. Nur ist mir das eigentlich total fremd.

Und noch dazu der letzte Spruch.

DANKE!!
herzliche Grüße
Erika mit Lux und Ricky im Herzen

Wenns nur olle so waradn, wia i sei soiad.

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Re: Geniessen erlaubt

#9

Beitrag von Landfrau » Di 24. Sep 2013, 11:49

LIebe Maria, liebe Erika,

es freut mich sehr, zu lesen, dass ihr die Erfahrungen teilen könnt. Es ist so einfach, gut zu essen und man gewöhnt sich dran.

Bei uns gab es gestern / heute einiges Neue, darum bin ich hinsichtlich der Kochroutine aus dem Tritt geraten und ja, es ist keinem bekommen. Wir essen morgens einen gut gekochten Brei aus verschiedenen Getreiden, dazu gibt es Ölsaaten und Gewürze. Das nährt, macht warm, zufrieden und zuversichtlich.

Und es ist auch absolut richtig, Obst und Gemüse nach Jahreszeit zu verwenden. Im GH gibt es noch Tomaten, Gurken, Paprika und das kam gestern u. a. in die Suppe - sie ist mir nicht bekommen. Es ist fast Oktober und Zeit für wärmende Gerichte, nicht für kühlende. Die Erde gibt uns das Rechte zur rechten Zeit. Bei Aldi gibt es alles immer.

Um die Kochzeiten von Hülsenfrüchteeintöpfen zu verringern, will ich mal wieder eine Versuch machen mit zB gemahlenen Erbsen.....vermutlich müssen aber auch diese Eintöpfe nach dem Ankochen "ins Rohr", damit sie ohne anzubrennen garen.
Ein Tipp für "schnelle" HüFrü - Gerichte sind die geschälten roten oder gelben Linsen (vom Türken) und zum ganz leichten Andicken leichter Gemüsesuppen feiner Bulgur (nur teelöffelweise zugeben...).

Das gemeinsame Essen hat sich in der Tat zu einem Ritual entwickelt, wider die Hetze, das Hamsterrad und Zwänge.
Es ist eine Auszeit, nur dem Essen - von dem wir ja leben - gewidmet.
Dass man dieses zentrale Ereignis miteinander teilt, verbindet die Menschen, die an einem Tisch sitzen. Alleine gegssen wird nicht (gern)
Dass man ihm einen würdigen Rahmen gibt, Kerze und ein Tisch, frei von allem, was nicht zum Essen gehört, betont die Bedeutung, die es für unser Leben hat.
So "verleiben" wir uns mit dem Essen ein Stück "Erde" ein, es wird zu unserem Leib, der sich davon nährt und davon lebt und darum sollte man so drauf achtgeben, was man sich "ein-verleibt".

das aufwendige kochen mit vielen Töpfen und separat gekochten Gerichten, Vor- und Nachspeisen, das zugegebenermaßen riesigen Spaß machen kann, ist eine echte Luxusbeschäftigung, die man dann machen kann, wenn man das GEmüse, das Fleisch, die Milchprodukte, das BRot etc. nicht selber produziert. Man kann nur an einer Stelle auf einmal sein: Im Stall, im Garten, in der Käseküche, in der BAckstube, am Herd...... .

Darum sind ländliche Gerichte einfach, sehr einfach.

Sehr schön das Buch "Gute alte Bauernküche", die Autorin ist mW auch Hauswitschafterin und neben Rezepten bietet es viel Einblick ins Landleben - und erklärt damit, warum die Leute oft heilfroh waren, davon wegzukommen. Und auch von dem Essen - Getreidebrei mit heißem Schmalz......Wir haben es ja heute besser, zerstören Schnecken oder Wühlmäuse die Ernte, haben wir keine Hungersnot, sondern gehen einkaufen.

Danke für eure Denkanregungen - darum schätze ich dies Forum und viele der Beiträge so sehr.
Heute ist BAcktag, ausnahmsweise wird mal nach Rezept gebacken, eine neue BRotsorte und das muss in 10 MInuten wieder "betreut" werden.

Eine wunderbaren Tag,

L.
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Re: Geniessen erlaubt

#10

Beitrag von Landfrau » Di 24. Sep 2013, 12:37

Da das BRot nun bäckt, ein Nachtrag zu dem "einen Kochgeschirr", was mir grad einfiel.

In armen, ländlichen regionen (und in schicken Ethnorestaurants in den Städten), die Tajine in Marokko, der toprak tencere in Anatolien - ein irdener Topf, in den die Zutaten gegeben werden, dann wird der Deckel mit Lehm oder Brotteig aufgesetzt und abgedichtet und in die Glut / heiße Asche eines Feuers gestellt.....

Die indischen Dal Gerichte ......

Gusseiserne Kochgeschirre (dutch oven....) , die in oder ans feuer gestellt werden, Gulaschkessel in Ungarn und der Suppentopf am Haken über dem offenen feuer eines nds, Rauchhauses ..... der überkochende Hirsebrei aus dem Märchen...

Alles wärmende Gerichte, wie sie dem Menschen gut tun, die ihn nicht belasten, die er nicht erst im Magen erwärmen muss und die ihm, der doch so viel an Veränderungen,. Informationen täglich zu verdauen hat (im Sinne des Wortes) wenig Mühe bereiten - im Magen und in der Küche. Die Kochzeit muss nicht präzise eingehalten werden, milde Wärme gart die Speise, das Warmhalten kein Problem.....

Dazu ein Stück Brot .... einmal sah ich eine sehr alte türkische Frau, das Brot war vom niedrigen tisch herabgefallen, sie bückte sich sofort, um es aufzuheben, küsste es, sprach zu Allah und legte es bedachtsam wieder auf den Tisch.
Anrührend und nachdenken machend.

Alles Liebe, L.
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