Es dauert schon einige Minuten, wenn man das gesamte Thema von ganz vorn bis ganz hinten liest, und mir scheint, es wäre ganz nützlich, wenn Neulinge das tun würden, aber auch am Thema Beteiligte. Eine solche zeitversetzte Reflektion auch eigener Aussagen kann richtig spannend und aufschlussreich sein.
Es wurde schon sehr viel von Pflanzenkohle geredet, aber die Beschäftigung mit diesem Stoff selber scheint mir etwas zu kurz gekommen zu sein (oder ich habe es nicht bemerkt, dann möge man mir das nachsehen). Da aber einige wie hobbygaertnerin sehr gut verstehen wollen, verlinke ich an der Stelle zwei Videos mit wirklich reichhaltigen Informationen:
Marko Heckel:
Holzkohle - Pflanzenkohle - Biokohle: Diamant des Bodens
Marko Heckel ist Verkäufer von EM und einigem weiteren. Man sei da bei Ausschlägen in diese Richtung etwas tolerant, das ist auch sehr im Rahmen.
Prof. Dr. Bruno Glaser:
Pflanzenkohle – Stand der Forschung (2018)
Ergänzend noch einige persönliche Anmerkungen:
Ich selber erzeuge für einen Garten (knapp 200 m²) seit 2016 in einem Eigenbau-Kontiki selbst Pflanzenkohle. Der Kessel fasst etwa 270 Liter, Ertrag sind dann etwa 200 Liter pro Durchgang, wovon es vergangenes Jahr sechs gab. Ich habe das erste Mal einen Überschuss, so dass ich an explizite Unterfußdüngungen denken kann. Gerne weisen manche auf die drohende Abholzung von Wäldern hin. Nein, ich sammle Obstbaumschnitt und Abfälle der Brennholzgewinnung und von Baumfällungen. Kaminholz wollen viele, aber mit Ästen und Zweigen mit weniger als 5 Zentimeter Stärke kann fast niemand etwas anfangen. Mein Kontiki schon, und auch die Nachbarn sind sehr aufgeschlossen für eine "Entsorgung". Und wo ein Haufen ist, da kommt immer etwas drauf, vor Weihnachten gab es wieder einen ordentlichen Zulauf.
Wenn man von Terra Preta als Wundererde oder als Dünger redet, macht man meiner Ansicht nach schon einen systematischen Fehler.
Wunder sollen alle gemachten Fehler egalisieren und alle Probleme lösen. In der Realität: Unmöglich.
Düngung? So wie Kunstdünger oder Mist? Wohl kaum. Terra Preta ist wie jeder Boden (ungleich Dreck, siehe Elaine Ingham) ein System, ein lebendes System, ein leistungsfähiges Organ.
Bekommt man mit Terra Preta kurzfristig eine dramatische Verbesserung, kann es auch daran liegen, dass man durch mitgegebene Nährstoffe und Spurenelemente aus Kompost, Mist, Urin, Gesteinsmehl, Zuckerrohrmelasse (aus EM-Vermehrung) usw. auf einen offensichtlichen Bedarf bis Mangel trifft und diesen bedient. Das System Terra Preta wird sich erst nach und nach etablieren.
Trifft man auf einen hervorragenden und hervorragend gepflegten Boden, werden die zusätzlichen wahrnehmbaren Effekte nicht sehr deutlich sein und von manchem dann auch sicherlich nicht wahrgenommen und am Ende verleugnet.
Es spricht nichts dafür, vorhandene und gut funktionierende Systeme der Bodenpflege zu ersetzen. Terra Preta soll nicht ersetzen, was man bisher gut macht. Na gut, die Erde eines Blumentopfs kann man auch ganz ersetzen, für einen Garten oder dann Felder kriegt man das nicht auf die Reihe.
Es spricht aber einiges dafür, seine guten Methoden zu ergänzen und schlicht über vielfältige Wege wie im Thema und auch in den obigen Videos beschrieben zu ergänzen und etwas Pflanzenkohle einzubauen. Gegen eine mögliche bessere Ernte, gegen mehr Stabilität in der Wasserversorgung, gegen eine Senkung von Schädlings- und Krankheitsdruck, einhergehend mit Reduzierung und Verzicht von eigenem Pflanzenschutz (Pestizide?), gegen eine Verringerung oder Unnötigkeit von zugekauften Dünger, gegen gesündere und nährstoffreichere Nahrungspflanzen mit wieder mehr interessanten Sekundärstoffen wird kaum jemand etwas haben.
Eine wirkliche Beschäftigung mit Terra Preta bringt einen ganz schnell in eine hoffentlich positive Auseinandersetzung mit Mikroorganismen und Bodenleben ganz allgemein, über Sinn und Zweck von ein paar Milchsäurebakterien & Co. weit hinaus.
Also vergessen wir doch nicht, unserem Boden
Vielfalt an Stoffen und Mikrobiologie zu gönnen. Unsere Bewirtschaftungsmethoden sind doch eher geeignet, Einseitigkeit zu erzeugen, trotz Fruchtwechsel, Mischkultur. Die Begrenzung auf wenige Pflanzenarten setzt sich fort, vermutlich unbemerkt, auf das in Symbiose mit den Pflanzen stehende Bodenleben. Weniger Vögel und das Artensterben bei Insekten fallen schon mal auf. Aus dem Boden schauen uns aber nicht mal traurige Augen an ... Da kann es doch eine Zielstellung sein, durch eine Vielfalt an Stoffen wie auch eine Vielfalt an Mikroorganismen unserem Boden etwas wiederzugeben, was ihm verlorengegangen sein kann, so über eine Handvoll Schwefel hinaus. Vielfalt beginnt auch schon mit Untersaaten, Zwischensaaten, akzeptierbaren "Unkräutern" usw.
Denken wir auch an lebende Pflanzen und damit
lebende Pflanzenwurzeln möglichst ganzjährig entsprechend örtlicher Bedingungen. Der Austausch Leben zu Leben (Pflanzenwurzel zu Bodenleben) ist durch nichts zu ersetzen.
Bodenbedeckung schützt den Boden: Abblockung tödlicher UV-Strahlung, moderatere Temperaturschwankungen an der Bodenoberfläche, Verminderung von Windlast, Schlagregen, Austrocknen, Erosion. Pflanzen einschließlich ihrer Wurzelmasse und der profitierenden Mikroorganismen sind Lebendbindung von Nährstoffen und Spurenelementen und somit ein Speicher vor Ort, um dann unsere Nutzpflanzen zu versorgen.
Denken wir auch an einen unverdichteten Boden, der aber nur
minimal bearbeitet wird, soweit möglich. Kartoffeln wird man schon richtig ernten wollen und da mal Gabel und Spaten einsetzen. Vergegenwärtigen wir uns die Riesenleistungen, die Mykorrhiza im Verbund mit vielen anderen Bodenlebewesen bezüglich Nährstofferschließung und -transport wie auch Wassertransport zu Pflanzen erbringen kann und damit die Folgen einer Zerstörung von solchen Netzwerken. Auf eine Verzehnfachung des erreichbaren Bodenraumes für Nahrungsgewinnung sowie eine feinere Porendurchdringung (Pilzglyphen sind nur ein Zehntel so dick wie Haarwurzeln der Pflanzen) durch die Bodenpilze würde man im vollen Bewusstsein dessen wohl nicht so gern verzichten.
Die angedeutenden Punkte in einer leicht verdaulichen Darstellung:
Die Gesundheit des Menschen beginnt im Boden - Stefan Schwarzer