Ich bin doch etwas erstaunt, wieviel Unverständnis darüber da ist, wie Pflanzen funktionieren.
Eberhard hat geschrieben: ↑Fr 5. Feb 2021, 22:47
Der Kohlenstoff kommt nach allen Beschreibungen aus dem Kohlendioxid der Luft.
...
Fakt ist aber, der Anteil von Kohlendioxid an der Luft beträgt 0,04 Prozent. Für die Pflanze selber ist das nicht viel.
Nun ja, das funktioniert schon seit etwa drei Milliarden Jahre so, und zwar so gut, dass bei allen heutigen Pflanzen, von der einzelligen Grünalge bis zum Salatkopf, die Biochemie der Photosynthese genau gleich ist. Die kommen damit ganz gut zurecht und bevor man da Verbesserungsvorschläge anbringt, sollte man sich vielleicht ein wenig damit beschäftigen, wie das alles eigentlich funktioniert und wo die Gründe liegen, dass das nicht schneller geht.
Eberhard hat geschrieben: ↑Fr 5. Feb 2021, 22:47
Sie [die Pflanze] muss vor allem atmen und Kohlendioxid aufnehmen, wenn der Bedarf über eine rollierende Photosynthese besonders hoch ist, also tagsüber bei vollem Licht und den jeweils höchsten Temperaturen.
1. Atmen muss sie zu Zeiten aktiver Photosynthese nicht, der für den Betrieb des Zellstoffwechsels nötige Sauerstoff wird ja durch die Photosynthese selber im Überschuss bereitgestellt.
2. Wenn die Pflanzen so funktionieren würden, wären sie schon lange ausgestorben.
Der Bedarf an CO2 ist nur dann hoch, wenn es eine Nachfrage an Photosyntheseprodukten gibt und genug Licht vorhanden ist. Was soll denn sonst mit den Photosyntheseprodukten geschehen? Die Photosynthese wird selbstverständlich dem Bedarf an Primärprodukten angepasst und zurückgefahren, wenn die Abnahme der Produkte nicht gegeben ist - typischerweise bei Wasser- oder Nährstoffmangel oder wenn es zu kalt ist oder wenn Pause befohlen ist, wie bei Fichten an warmen sonnigen Wintertagen.
Es gibt Herbizide, die die Photosynthese entkoppeln und so zum schnellen Tod der Pflanze führen.
Eberhard hat geschrieben: ↑Fr 5. Feb 2021, 22:47
Das kann vermutlich nicht einfach hochgedreht werden, zumal mit dem Atmen gleichlaufend eine erhöhte Wasserverdunstung einhergeht, was ein vorhandenes Problem mit einer Wasserversorgung verschärfen wird. Vergrößerter Hunger und mehr Umsatz wird also mit zunehmendem Durst belohnt.
Da wurde sehr umständlich beschrieben, dass es Wasser haben muss, wenn es besser wachsen soll.
Es sind aber vier Prozesse, die gleichzeitig funktionieren müssen:
a) Kohlendioxidaufnahme aus der Luft ins Blatt;
b) chemische Fixierung des CO2, damit es der Photosynthese zur Verfügung steht;
c) Lichtversorgung als Energielieferant;
d) Abtransport der Photosynthseprodukte.
Wasser braucht es nur für a) - wenn d) begrenzend wirkt, weil Abtransport nur geht, wenn die Produkte irgendwo hin können, muss alles andere zurückgeregelt werden oder warten.
Die Pflanzen lösen das Problem so, dass auf allen Stufen optimiert wird, vom Wurzelsystem über den Spross und die Querschnitte der Leitgefässe über die Blattstellung und Blattanatomie bis zu der unterschiedlichen Menge an Enzymen in den Organellen der Zellen. Der Querschnitt der Wasserversorgungsgefässe beispielsweise muss, wie sich aus obigem ergibt, im Verhältnis zur Photosynthesemaximalleistung stehen. Man vergleiche etwa die Blätter vom Wipfel einer Buche mit denen der untersten, stets beschatteten Zweige. Was passiert, wenn das nicht passt, kann man leicht ausprobieren, indem man eine schattenadaptierte Pflanze ans volle Sonnenlicht stellt: trotz guter Bewässerung "verbrennen" die Blätter.
Optimiert wird dabei nicht die maximal mögliche Wachstumsleistung an einem vorzüglichen Tag, sondern der durchschnittliche Erfolg über eine ganze Vegetationsperiode.
Dazu gehört auch eine durch Evolution erworbene Lebenserfahrung: Wenn man optimal wächst, ist man saftig und zart ... und wird abgefressen. Wenn die Tage kurz werden, tut man gut daran, das abzuhärten, was den Winter überdauern soll, statt weiterzuwachsen. Das wäre sonst ein Schuss in den Ofen und der Konkurrent, der zäh und dornig ist und trödelt, war trotzdem erfolgreicher.
Es ist im Grunde genommen das gleiche Problem, das jeder Geschäftsführer eines Produktionsbetriebes hat: Um den Gewinn zu steigern, muss man die Geschäftsabläufe bis ins Detail kennen und je nach dem im Werbung (Nachfrage), Rohstoffeinkauf, Produktion, Lagerhaltung oder Vertrieb investieren.
Man kann, um noch einen Vergleich zu strapazieren, den Gewinn einer Schraubenfabrik nicht einfach dadurch steigern, dass man mehr Stahl anliefert. Warum sollen also Pflanzen besser wachsen, wenn man mehr Kohlenstoff anbietet ...
Eberhard hat geschrieben: ↑So 7. Feb 2021, 16:27
Was auch sehr schnell funktioniert: Wenn der Boden mit einer Mineraldüngerlösung, also einer Salzlösung geflutet wird (nichts anderes wird eine typische Düngung sein), wird eine Pflanze durch die Notwendigkeit der Wasseraufnahme quasi zwangs- und druckernährt. Die Parallelernährung über Mykorrhiza wird augenblicklich überflüssig, und in der Tat werden da bestehende Verbindungen sehr zeitnah gekappt..
Auch das ist in Wirklichkeit ziemlich anders: Pflanzenwurzeln sind nicht einfach ein Schwamm oder verzweigter Bodenwassersaugrüssel, der wahllos alles aufsauget, was aus dem Boden kommt, wenn oben Wasser nachgefragt wird. Die Pflanze kann sehr gut kontrollieren, was sie in welchen Mengen aufnimmt. Dazu gibt es eine sehr spezielle Wurzelanatomie.
Tatsache ist, dass die Mykorhiza die Pflanzen sehr viel Energie kostet. Wo es die Nährstoffe quasi gratis gibt, nämlich gelöst im Bodenwasser, da werden keine Mykorhizapilze gebraucht (wozu auch) und die gehen deshalb im Boden stark zurück, weil sie nicht mehr gefüttert werden. In Situationen, wo die Pflanzen zu viel Energie hat, weil sie aus Nährstoffmangel nicht wachsen kann (wir erinnern uns, Kohlenstoff ist nicht limitierend), da wird sie gerne Mykorrhizen füttern, um ihre Nährstoffversorgung zu verbessern.
Da Wurzeln allgemein aufwendig sind, werden Pflanzen in nährstoffreichen und dauernd feuchten Böden sowieso weniger Wurzeln haben als in nähstoffarmen. Diese Standorte sind dann logischerweise auch anfälliger auf Trockenheit. Gärtnereien nutzen das aus; Topfpflanzen werden meist überdüngt gezogen, um viel verkaufsförderndes Grün über möglichst kleinen Töpfen zu haben.
Landwirte und Gärtner nutzen das auch aus; aus der schlichten Erfahrung, dass gut wasser- und nährstoffversorgte Böden mehr Ernte hervorbringen.
Dass indirekte Effekte einer Mineralstoffdüngung Probleme mit der Pflanzengesundheit mit sich bringen, ist eine andere Geschichte. Die Tatsache, dass sich so ziemlich alle Gewächse in reiner Nährlösung in Hydrokultur, also ohne allen Bodenkohlenstoff, sehr gut kultivieren lassen, zeigt auch, dass Bodenhumus nur indirekt lebensnotwendig ist. Ist die Nährlösung nicht exakt so zusammengesetzt, wie es gerade dem Bedarf der Pflanze entspricht, dann funktioniert es dennoch - weil die Pflanze sich das holt, was sie braucht, und eben nicht wahllos aufnimmt, was gerade kommt.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.