welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

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Oli
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Re: welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

#11

Beitrag von Oli » Do 25. Mär 2021, 11:34

Wir haben eine umgebaute Assi-Tonne als Pyrolyse-Ofen. Also die alten, stabilen Ölfässer an denen man normalerweise biertrinkend steht und Gartenabfälle verbrennt, die nicht der Feuerstelle zugeführt werden. :pft:

Ich hatte das hier im Forum irgendwann mal erwähnt und - wenn ich mich recht entsinne - auch gezeigt. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, war der Tenor der Wortführerin damals, dass das nicht funktionieren kann weil unkontrolliert, unwissenschaftlich, unindustriell, zuviel selbst usw.

In der Tat hat der Konstrukteur unseres Pyrolyseofens nicht Pyrolyse sondern Fahrzeugbau studiert - aber das haben die indigenen möglicherweise auch nicht. ;)

Wie auch immer dem sei, eine große Assi-Tonne mit Luftzufuhr unten und eine kleinere oben als Schlot montiert war im Wesentlichen das Prinzip. Beim Abfackeln musste man dann gut den Rauch beobachten und im richtigen Augenblick löschen.
Das hilft bei der Konstruktion nun wahrscheinlich nur insofern weiter als dass ich aus Erfahrung sagen kann:
1. nur die dicken, alten Ölfässer halten das länger aus und
2. wir haben sehr erfolgreich die daraus gewonnene Pflanzenkohle eingesetzt (unter dem Kompost, im Stall, im Küchenabfalleimer) und der Boden wurde nachhaltig verbessert da wo wir es genutzt haben.

Aber das war's von meiner Seite auch schon, denn ich habe keine Analyse zu bieten, wie feinporig, dauerhaft und sonstwas die entstandene Kohle ist/war und auch keine Angaben dazu, was passiert wäre wenn wir die Kohle nicht eingesetzt hätten oder einfache Holzkohle genommen hätten.


Zum selber machen und mit Feuer spielen ist sowas prima geeignet, erfolgreich im Garten einsetzen kann man es auch - aber wir haben Scheitholz genommen weil der kleine Gehölzschnitt bei der großen Hitze, die sich da entwickelt zu schnell komplett verbrannt wäre. Aber damit muss man rumtesten, in anderen Öfen geht es ja auch mit kleinerem Holz und es ist ja wirklich eine prima Methode es sinnvoll zu verwerten.

Dyrsian
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Re: welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

#12

Beitrag von Dyrsian » Do 25. Mär 2021, 13:35

Naja, das ist schon richtig. Man kann auch ein Lagerfeuer löschen mit Wasser, dann hat man auch einiges an Holzkohle.
Es heißt im Internet, dass bei zu geringen Verkokungstemperaturen die PAK Konzentration in der Kohle zu hoch ist, das kann schon stimmen. Das ist den Pflanzen egal, aber man würde dann den Boden damit verseuchen.
Die Porosität ist bei der Anwendung als Terra Preta erstmal nicht so wichtig, auch "normale" Holzkohle hat schon eine sehr hohe Porosität.
Grillkohle ist manchmal mineralisch (aus Braunkohle), das ist dann wirklich hammermäßig mit Schwermetallen und Schwefel belastet, normale Grillholzkohle würde ich erstmal als unbedenklich einstufen.

Je nachdem wie du den Ofen baust, kannst du ihn vielleicht auch als Hobo Kocher einsetzen?

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Seth
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Re: welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

#13

Beitrag von Seth » Do 25. Mär 2021, 14:36

Danke, denke nun doch über einen Erd Kontiki nach, weil es mir sonst zu umständlich wird, wenn ich extra noch Material beschaffen müsste.

Das mit der PAK-verseuchung habe ich auch gelesen. Was genau verseuche ich da? Ist das für meine Gesundheit schädlich?

Zur Grillkohle: Woran erkenne ich ob diese belastet ist?

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Re: welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

#14

Beitrag von Dyrsian » Sa 27. Mär 2021, 10:02

Bei der Grillkohle musst du darauf achten, dass explizit draufsteht, dass sie aus z.B. Buchenholz ist. Billige Kohle ist oft aus Braunkohle (hier neben dem rheinischen Braunkohlerevier steht dann als Erzeuger auch "Rheinbraun" drauf) oder Tropenholz. Das mit dem Tropenholz ist für die Belastung zunächst egal, aber trotzdem Mist. Braukohle ist fett belastet und gehört zurück dahin, wo sie herkam.
PAK sind ziemliche stabile Umweltschadstoffe, die sind eigentlich alle ungesund, besonders die krebserzeugender Wirkung vieler PAKs ist problematisch.
Ein weiteres Problem bei selbst erzeugten Kohlen ist es, die zu vermahlen. Das trifft auch auf Grillkohle zu, die hat häufig eine sehr gute mechanische Stabilität. Ich habe sie mit einem großen Hammer zerstampft, aber wirklich gut geht das auch nicht. Es ist eine riesen Sauerei und dauert lange! In Anbetracht der Tatsache, dass vernünftig, vermahlene Pflanzenkohle ungefähr 50 Cent pro Liter kostet kann man sich fragen, ob man sich echt die Arbeit macht ... :hmm: Soviel billiger ist Grillkohle auch nicht.

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Re: welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

#15

Beitrag von Eberhard » Sa 27. Mär 2021, 13:15

Wer einmal Pflanzenkohle, die mit einem Kon-Tiki fachgerecht erzeugt wurde, kennengelernt hat, der wird bei einem Vergleich mit Grillkohle nur den Kopf schütteln und letztere für solche Zwecke alsbald vergessen.

Grillkohle soll ja heizen, und zwar schön lange. Da ist also außer Kohlenstoff noch sehr viel anderes (noch) drin.
Ich selber habe einen Eigenbau-Kon-Tiki (freistehender Metallkessel mit Wasseranschluss am Boden). Durch die Hitze (etwa 400...600 Grad) werden die Zellstrukturen des Holzes richtig ausgegast, so dass praktisch nur noch die Kohlenstoffgitter verbleiben. In der Schlussphase wird dann von unten Wasser eingeleitet, das Aufsteigen von Wasserdampf und Wasser sprengt dann die Strukturen zusätzlich richtig auf. Solche Kohle kann man zwischen Daumen und Zeigefinger zerreiben, die verbleibende mechanische Zerkleinerung ist dann weniger anspruchsvoll. Diese Kohle hat aber dann nur einen geringen Heizwert, zum Grillen absolut ungeeignet, weil ruckzuck zu Asche verglühend.

Aus Kon-Tiki - Die Demokratisierung der Pflanzenkohle-Produktion
So konnte nachgewiesen werden, dass der Prozess umweltfreundlich, besser als sämtliche anderen traditionellen Verkohlungstechniken, einfach zu beherrschen und sicher ist. Die Qualität der Pflanzenkohle erfüllt alle Anforderungen an das Europäische Pflanzenkohle-Zertifikat (hier eine Beispielanalyse) und die Herstellungskosten pro Tonne Pflanzenkohle sind um ein Vielfaches niedriger als in den bekannten industriellen Verfahren. Somit waren die Voraussetzungen geschaffen, dass jeder Bauer und Gärtner auf der Welt seine Pflanzenkohle selbst herstellen kann.
Wenn man sich also stark an den originalen Prozess anlehnt, hat man beste Chancen, eine Pflanzenkohle zu erzeugen, die die Anforderungen einer Zertifizierung erfüllen würde und somit geeignet für eigenen Gemüseanbau ist.
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

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Seth
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Re: welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

#16

Beitrag von Seth » Di 30. Mär 2021, 10:13

Eberhard, bin über deinen Link zur dieser Website gekommen, die diese KonTikis verkauft:

https://www.prodana.de/kon-tiki-basis

Dort steht ein vermeintlicher Widerspruch zu deiner Aussage, dass die erzeugte Kohle nicht zum Grillen geeignet wäre:

So können Sie mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen - Sie sparen Grillkohle, haben Spaß mit Freunden und Familie und nebenbei produzieren Sie mit den Kon-Tiki Pyrolyseofen wertvolle Biokohle.

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Re: welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

#17

Beitrag von Sven2 » Di 30. Mär 2021, 10:43

Ich hätte das jetzt so verstanden, dass man den Ofen während des Pyrolysevorgangs nebenbei noch zum Grillen benutzen kann.

Aber eine Frage habe ich: es wird auf den Geschmack der Kohle hingewiesen - wieso denn das? :eek:
Oder nutzt man das auch als Aktivkohle zur innerlichen Anwendung?

Eberhard
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Re: welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

#18

Beitrag von Eberhard » Di 30. Mär 2021, 10:51

Nun, in dem Text steht, dass man "Grillkohle spart", nicht dass man welche erzeugt ...

Werbeaussagen sind oft etwas blumiger, man findet dann seine eigene Realität beim Tun. So spricht man auch davon, dass man sehr vieles, angefangen bei Grasschnitt, darüber verkohlen kann. Das ist evtl. möglich, dann müsste man aber in einer Einöde arbeiten mit entsprechenden Transportwegen und Aufwand (Wasseranschluss) oder durchgehend extrem tolerante Nachbarn haben und zusätzlich Spielraum haben wegen der örtlichen Rechtslage. Ich selber verwende nun relativ homogenes Material: Getrocknete Zweige und Äste mit maximal 1,5 cm Durchmesser und durchschnittlich 25 ... 30 cm Länge, von Laub- und Obstbäumen aus dem normal anfallenden Verschnitt. Hackschnitzel haben sich hier nicht bewährt, dickeres Holz geht in die Holzheizung.

Aus der Natur des von mir verwendeten Holzes bleibt dann zum Grillen kaum etwas Brauchbares zurück. Dafür habe ich jetzt einen recht entspannten Prozess : Kein Funkenflug, wenig Qualm, ohne den Geruch des Holzfeuers würden einige Nachbarn gar nichts von dem Vorgang bemerken.
Nach dem Ablöschen weiß man dann auch, dass man gehen kann und nicht an Feuerwache denken muss.

Wenn Du nach einfachen Mitteln sinnst: Es gab auf Youtube auch mal ein Video, wo jemand eine alte Badewanne in die Erde eingelassen hatte mit etwas "Umluft" und damit erfolgreich Pflanzenkohle hergestellt hat. Der Link ist durch ein gestorbenes Forum verloren gegangen.

Ach so: Nebenbei grillen oder kochen kann ich mir bei meinem Prozess nicht vorstellen. Es ist zu heiß, und die Hitze wird auch benötigt, um das nachgelegte Holz schnellstens bei offener Flamme in die Holzvergasung zu bringen, sonst hat man Phasen, wo es schwelt und dann richtig qualmt.
Dafür bin ich nach etwa 2 Stunden fertig mit etwa 200 Liter Pflanzenkohle.
zur innerlichen Anwendung?
Theoretisch ja. Sauberes Holz, große Hitze erledigt alles Leben, sauberes Wasser - da hat man schon Lebensmittelqualität. Man bräuchte nur eine Motivation, das auch einzunehmen.
Als Beimengung zu Viehfutter wird Pflanzenkohle durchaus eingesetzt, spätestens dann als Zugabe für die Einstreu, was spürbar Gerüche senkt und Tiergesundheit verbessert und die Qualität des Mistes verbessert.
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

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Re: welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

#19

Beitrag von Seth » Di 30. Mär 2021, 15:13

Okay, dann habe ich das falsch verstanden, dachte man erzeugt damit Grillkohle.

Der KonTiki ist für meinen Gebrauch zu teuer, aber das mit der Badewanne klingt interessant :)

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Re: welchen Pyrolyseofen für Terra Preta?

#20

Beitrag von Dyrsian » Di 30. Mär 2021, 16:06

Bei der Kohleherstellung passieren 2 Dinge, das kann nacheinander aber auch teilweise parallel ablaufen:

1.) Umwandlung der org. Struktur (hier Lignin, Zellulose) in eine Graphitstruktur, dabei Entstehung und ggf. Ausgasen von verschiedenen, teils eher unangenehmen Dingen (CO, H2, H2O, CO2, die erwähnten PAKs und vieles weitere mehr).
2.) Einbrennen einer Porenstruktur durch (hoffentlich kontrollierten) Abbrand des org. Materials. Je poröser das Material, desto größer die innere Oberfläche. Das ist bei Pflanzenkohle und vor allem Aktivkohle sehr erwünscht, bei Grillkohle eher nicht so, weil es den Brennwert senkt, wie Eberhardt ganz richtig angemerkt hat.

Industriell werden Etagenöfen, Drehrohröfen oder (früher verbreiteter) Wirbelschichtöfen zur Aktivierung genutzt. Die haben eine Rauchgasreinigung, die man privat leider nicht hat.

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