Microbielle Carbonisierung?

Manfred

Re: Microbielle Carbonisierung?

#11

Beitrag von Manfred » So 8. Okt 2017, 12:32

Ich habe das Buch von Walter Witte jetzt vorliegen und gelesen.
Über die zahlreichen Grammatik- und Rechtschreibfehler kann man getrost hinwegsehen. (Ein Lektorat ist offenbar nicht erfolgt.)
Auch inhaltlich hat das Buch einige Schwächen. Er verzichtet auf Literaturangaben und listet seine eigenen Messergebnisse nicht ausführlich auf. An mehreren Stellen scheint er mir das Richtige zu meinen, es aber falsch darzustellen. Z.B. wenn er schreibt "Ein Habitat, wo weder Wasser noch Luft, noch Licht vorhanden ist, führt zwangsläufig zur Gärung" (unten auf Seite 16). Wo kein Wasser vorhanden ist, kann nichts Gären (trockenes Heu). Er meint vermutlich einen passenden Wassergehalt, also keinen Wasserüberschuss.

Aber:
Die grundsätzliche Linie des Buches ist klar und meines Erachtens richtig:

-Die Aufbereitung organischer Reststoffe ist ein notwendiges Übel. Natürliche Abläufe erzeugen keine Kompost- und Misthaufen (von wenigen Ausnahmen wie Schwemmmaterial-Ansammlungen an Fließgewässern oder Ansammlungen von vom Wind verblasenem Laub etc. mal abgesehen). Der moderne Mensch produziert dagegen Massen davon. Mist, Gülle, Klärschlamm, Biomüll, Grünschnitt etc. etc.
-Die heute üblichen Verfahren zur Aufbereitung/Verwertung dieser Stoffe führen dazu, dass ein großer Teil dieses organischen Materials in Gasform in die Atmosphäre oder die Verbrennung wandert. Bei der aeroben Kompostierung wird der größte Teil des im Haufen enthaltenen Kohlenstoffs als CO2 freigesetzt. Auch weitere Nährstoffe gehen in Gasform verloren. Ähnlich ist es bei der Biogas-Bereitung, nur dass der Kohlenstoff dort zwecks energetischer Nutzung verbrannt wird.
-Witte plädiert dafür, die Lagerung und Aufbereitung der organischen Stoffe so zu verändern, dass ein mögl. großer Teil der Masse und der Nährstoffe erhalten bleibt und dem Boden zugeführt werden kann. Er schlägt dazu ein Verfahren vor, dass der Microbielle Carbonisierung nennt. Was er tut entspricht im Kern den früheren Misthaufen auf den Bauernhöfen, aus stimmigen Anteilen von Stroh und Kot, die mit der Gabel feinsäuberlich aufgesetzt und festgetreten wurden. (Ich kenne das noch aus der Kindheit. Meinem Großvater war ein ordentliches Aufsetzen des Mistes sehr wichtig.) Witte macht das maschinell. Die (bei Bedarf, je nach späterem Einsatzzweck) vorzerkleinerten Ausgangsstoffe werden wie bei der Kompostherstellung auf ein halbwegs vernünftiges C:N-Verhältnis gemischt und auf eine Feuchte von max. 50% eingestellt. Anschließend wird der Haufen aufgesetzt, verdichtet (max. 1% Restsauerstoff im frisch verdichteten Substrat) und die Oberfläche des Haufens geglättet.
Also ähnlich wie die Befüllung eines Fahrsilos, nur dass der Haufen nicht luftdicht abgedeckt wird. In Gegenden mit viel Niederschlag soll der Vorgang unter Dach erfolgen, um ein zu starkes Durchnässen zu verhindern. Der Haufen soll sich auf nicht mehr als 55°C erwärmen, sonst müsse nachverdichtet werden.
In diesen Haufen laufen verschiedene, weitgehend anaerobe Umsetzungsprozesse statt. Der Hauptunterschied zur Kompostierung ist, dass das Material nicht mineralisiert wird und so viel mehr Kohlenstoff und andere Nährstoffe im Substrat erhalten bleiben. Trotzdem werden diese Stoffe zu einem gewissen Grad aufgeschlossen, so dass sie nach der Ausbringung leichter für das Bodenleben und die Pflanzen erschließbar sind.
-Für die Ausbringung des Materials schlägt er vor, dieses zusammen mit oberflächig auf dem Acker vorhanden Reststoffen (Stroh) ca. 15 cm tief einzumischen. Der Boden sei umgehend durch Walzen rückzuverdichten, weil die Bodenbearbeitung und der damit verbundene starke Sauerstoffeintrag das Bodenleben massiv beeinträchtigen und zur gasförmigen Freisetzung großer Mengen vorher organisch gebundenen Kohlenstoffs und anderer Nährstoffe führen. Diese Prozesse setzen teilweise innerhalb von Minuten ein, weshalb die Rückverdichtung umgehend nach der Bearbeitung, mögl. im gleichen Arbeitsgang, erfolgen sollte.

Als Beleg für seine Theorien zeigt er einen eindrucksvollen Weizenbestand auf einer seiner Versuchsflächen.
Laut meines Onkels (er hat einen Vortrag von Walter Witte besucht) hat Witte ca. 40 Versuchsflächen, die ein Großbetrieb in den neuen Bundesländern weitgehend nach seinen Vorgaben bewirtschafte. Die Flächen würden aber, entgegen Wittes wünschen, durch diesen Betrieb zusätzlich gedüngt. Eine wirklicher Vergleich der Wirkung ist als schwer möglich.

Von der großen Linie her erscheinen mir seine Gedanken sehr plausibel.
Noch besser wäre es natürlich, wenn man es erst gar nicht zu einer Anhäufung solcher "Reststoff"-Mengen kommen ließe, sondern sich noch näher an die natürlichen Abläufe begäbe, indem man die Tiere wieder auf den Flächen hielte und auch die Ausscheidungen und den Biomüll der Menschen wieder viel enger in die Nährstoffkreisläufe einbände. Das wird sich aber schwer realisieren lassen, solange die Menschen geballt in Großstädten sitzen und durch eine ebenfalls geballte Produktion versorgt werden müssen.
Da sind die Selbstversorger auf dem Land auf einem deutlich besseren Weg...

Er kritisiert in seinem Buch auch den Trend zur Biokohle. Da gebe ich ihm ebenfalls recht. Bei der Biokohle-Herstellung werden reichlich Nähr- und Schadstoffe unter hohem Energieaufwand in die Luft geblasen. Der verbleibende Rest, die Kohle, ist für das Bodenleben kaum erschließbar. Eine der Hauptwährungen des Bodenlebens ist organisch gebundener/bindbarer Kohlenstoff. Für diesen Kreislauf des Lebens ist Kohle ungefähr so wertvoll wie eine Kiste gut versteckter Goldbarren für die Konsumförderung... Auch bezüglich der Wasserspeicherung hat die Biokohle nur einen geringen Wert. Sie nimmt das Wasser nur sehr zögerlich an und trocknet schnell wieder aus. Organisches Material dagegen kann Wasser schnell aufnehmen und langsam wieder abgeben. Das ist der Effekt, den wir zur Aufnahme und Speicherung der Niederschläge in den Böden benötigen.
Er ergänzt seine Kritik mit der Anmerkung, dass schon alleine die Tatsache, dass die Terra preta im Amazonasbecken nachwachse, gegen eine wesentliche Bedeutung der Pflanzenkohle und der Tonscherben in diesem Prozess spräche. Er geht (wie auch ich) davon aus, dass es sich bei diesen Stoffen einfach um Abfälle der Siedlungen oder die Reste irgendwelcher Rieten handle. Die Kohle schreibt er Resten von Kochfeuern zu. Ich vermute dagegen, dass der Großteil der Kohle schlicht und ergreifend aus der Brandrodung stammt, mit der die indigenen Völker heute noch regelmäßig ihre wechselnden Felder vorbereiten. Kochfeuer werden ja länger am gleichen Platz geschürt. Da bleibt idR keine Kohle sondern nur Asche übrig, weil die verkohlen Reste vorheriger Feuer in den folgenden Feuern verbrennen.

viktualia

Re: Microbielle Carbonisierung?

#12

Beitrag von viktualia » So 8. Okt 2017, 16:45

Für die Ausbringung des Materials schlägt er vor, dieses zusammen mit oberflächig auf dem Acker vorhanden Reststoffen (Stroh) ca. 15 cm tief einzumischen. Der Boden sei umgehend durch Walzen rückzuverdichten, weil die Bodenbearbeitung und der damit verbundene starke Sauerstoffeintrag das Bodenleben massiv beeinträchtigen und zur gasförmigen Freisetzung großer Mengen vorher organisch gebundenen Kohlenstoffs und anderer Nährstoffe führen. Diese Prozesse setzen teilweise innerhalb von Minuten ein, weshalb die Rückverdichtung umgehend nach der Bearbeitung, mögl. im gleichen Arbeitsgang, erfolgen sollte.
Ich wüßt ja gern, was Frau Ingham dazu sagt.....
Für diesen Kreislauf des Lebens ist Kohle ungefähr so wertvoll wie eine Kiste gut versteckter Goldbarren für die Konsumförderung...
Puh, das finde ich polemisch, es ist ein Kreislauf des "Werdens", sprich, Tod und totes hören dazu;
genauso könnte er behaupten, für die Produktion sei das Fabrikgebäude nicht wesentlich, weil es nicht direkt produziere.
Mir fehlt die BodenSTRUKTUR in der ganzen Argumentation, auch das Bodenleben kommt bissl kurz.

Mein Bauch sagt, dass er nur die Abläufe vom Rohmaterial bis zur Einbringung bedenkt
und die "Kreisläufe" die er abgebremst hat, sich danach einfach bissl Zeitversetzt abspielen.

Und ´n Haufen weniger Bodenleben stattfindet, weil das der Punkt ist, den er tatsächlich verschiebt.
Ein herkömmlicher Kompost hat doch schon weniger Luft als flächige Rotte - das war doch das "ursprünglich unnnatürliche".
Noch weniger Luft speichert zwar CO2, aber warum soll das automatisch gut für Pflanzen und Boden sein, wenn es denn funktionieren, also "halten" würde? Es schadet den Pflanzen auf kaputtem Boden sicher nicht, hält aber wahrscheinlich auch nicht lange. Das zum Wachsen nötige Millieu bedingt Ausgasung, da hat sich ja nix geändert.
Ich kann den Sinn nicht erkennen. Kommt mir vor wie "Biogas Rückwärts";
Boden als "Speicher" - nicht mehr wie ne Batterie, die Energie in Form von vielen Kleinstmaschinchen bündelt,
sondern ein "Endlager für Lignine" ein "Holzfriedhof". Und sich dann über Kohle als Speicher madig machen, nee.

Da scheint mir der Ansatz von Frau Ingham, lebendige Wurzeln als CO2 Speicher zu kultivieren viel naturgemässer.

Manfred

Re: Microbielle Carbonisierung?

#13

Beitrag von Manfred » So 8. Okt 2017, 18:11

viktualia hat geschrieben: Mein Bauch sagt, dass er nur die Abläufe vom Rohmaterial bis zur Einbringung bedenkt
und die "Kreisläufe" die er abgebremst hat, sich danach einfach bissl Zeitversetzt abspielen.
Mein Bauch sagt, dass du nicht verstanden hast, was ich geschrieben habe.
Genau darum geht es doch: Statt all die wertvollen Nährstoffe bei der Kompostierung in die Luft zu blasen,
soll das Zeug in den Boden, wo es vom Bodenleben sinnvoll verwertet werden kann.

Das Kompostieren wirkt ungefähr so, als ob du eine Regentonne mit 200 l Wasser hast, davon aber erstmal 160 Liter auf den Hof laufen lässt, um dann die restlichen 40 Liter in den ausgetrockneten Garten zu tragen.

Ingham kommt aus der anderen Richtung. Sie stellt ja nur kleine Mengen Kompost her, um mit den darin gezüchteten Mikroorganismen heruntergewirtschaftete Böden zu impfen. Sie hat bei größeren Projekten in dünn besiedelten Gebieten oft das Problem, dass sie nicht genug Kompostmaterial für die Impfung zusammen bekommt. Das ist die gegenüberliegende Seite der Baustelle.
Würden die Menschen dort leben, wo ihre Nahrung erzeugt wird, gäbe es beide Probleme nicht, weil sie sich durch Zusammenführung in der Mitte auflösen würden.

hobbygaertnerin
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Re: Microbielle Carbonisierung?

#14

Beitrag von hobbygaertnerin » So 8. Okt 2017, 18:30

@Manfred,
wie kommt man an das Buch vom Witte. Ich wollte es in der Buchhandlung bestellen, da ging nix.
Zur Biokohle, rein für landwirtschaftliche Flächen unbezahlbar und auch nicht machbar.
Ob die Kohle im Amazonasbereich über Brandrodung in die Humusflöze reinkam- ich weiß es nicht, ich hab eher die Vermutung, dass bei dem feuchten Klima ein paar kluge Leute erkannten, dass sie die Abfälle sorgfältig behandeln müssen- weil sonst Krankheitserreger in Massen zu Gange wären.


Zu der Zeit haben sie in Europa die Nachthaferl noch beim Fenster rausgeschüttet oder in den Bach.
Ein Bekannter war in einem Kurs bei Witte und arbeitet nach diesem System- es ist sich ganz schön aufwendig, aber dank dem, dass derzeit das Schwachholz überhaupt nichts mehr kostet, kommt er an genügend Holzhäcksel.
Ich werde mir nächstes Jahr mal seine Flächen genauer anschauen und wir werden dort eine Spatenprobe machen.

Manfred

Re: Microbielle Carbonisierung?

#15

Beitrag von Manfred » So 8. Okt 2017, 22:09

Das Buch scheint es nur bei ihm direkt zu geben:
http://www.mc-bicon.de/das-buch.php
Man muss per Mail die Lieferadresse schicken und das Geld überweisen.
Ein paar Tage später kommt das Buch.


Seine Mischerei und Aufsetzerei erscheint mir auch sehr aufwändig.
Aber bei den Betrieben, die aufwändig Kompost bereiten, ist es wohl nicht viel weniger, zumal der ja auch noch umgesetzt werden muss.
Was macht denn euer Kollege genau? Mist mit Hackschnitzeln mischen?

Da erscheint mir die Lösung von Salatin deutlich einfacher. Tiefstreu. Soviel Einstreu rein, dass es nicht nach Ammoniak stinkt fertig.
Er lässt dann im Frühjahr die Schweine den Haufen umwühlen und so zu Kompost aufbereiten. Würde man ihn einfach sitzen lassen, wäre man sehr nah an Witte.

Fred
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Re: Microbielle Carbonisierung?

#16

Beitrag von Fred » Mo 9. Okt 2017, 00:38

Manfred hat geschrieben: -Die heute üblichen Verfahren zur Aufbereitung/Verwertung dieser Stoffe führen dazu, dass ein großer Teil dieses organischen Materials in Gasform in die Atmosphäre oder die Verbrennung wandert. Bei der aeroben Kompostierung wird der größte Teil des im Haufen enthaltenen Kohlenstoffs als CO2 freigesetzt. Auch weitere Nährstoffe gehen in Gasform verloren. Ähnlich ist es bei der Biogas-Bereitung, nur dass der Kohlenstoff dort zwecks energetischer Nutzung verbrannt wird.
Die aerobe Atmung kann Kohlenstoffe komplett zu CO2 Oxidieren, in anaeroben Prozessen kann nur ein Teilabbau der Kohlenstoffe stattfinden. Daß im Aeroben Kompost, vorallem wenn kein "Schnell Verfahren" mehr Kohlenstoff verbraucht wird stimmt mit dem was ich denke überein. Nach Elaine Ingham werden weiteren Nährstoffe, vor allem Schwefel und Stickstoff gerade im anaeroben Kompost weit stärker abgebaut, zu den allseits gefürchteten Faulgaßen (Fäulnisprozesse=anaerob), weil die Mikroben den Kohlenstoff nur so schlecht verwerten können, greifen sie auf Schwefel und Stickstoff als Energiequelle zurück. Die Geruchsentwicklung seiner Komposte wäre interessant, vielleicht ist es eine Frage weiterer Prozessbedingungen.
-Witte plädiert dafür, die Lagerung und Aufbereitung der organischen Stoffe so zu verändern, dass ein mögl. großer Teil der Masse und der Nährstoffe erhalten bleibt und dem Boden zugeführt werden kann.
:hhe: ... das findet wohl jeder gut ... könnte sogar ein Politiker so behaupten. :pfeif:
Er schlägt dazu ein Verfahren vor, dass der Microbielle Carbonisierung nennt. [...]
Also ähnlich wie die Befüllung eines Fahrsilos, nur dass der Haufen nicht luftdicht abgedeckt wird. In Gegenden mit viel Niederschlag soll der Vorgang unter Dach erfolgen, um ein zu starkes Durchnässen zu verhindern. Der Haufen soll sich auf nicht mehr als 55°C erwärmen, sonst müsse nachverdichtet werden.
:hmm: wird schon interessanter, ohne Ausprobieren wohl schwer zu beurteilen. Auffällig, daß diese 55°C bei der Aeroben Kompostierung ja gerade angestrebt werden (allerdings auch nicht allzuviel darüber hinaus).

-Für die Ausbringung des Materials schlägt er vor, dieses zusammen mit oberflächig auf dem Acker vorhanden Reststoffen (Stroh) ca. 15 cm tief einzumischen. Der Boden sei umgehend durch Walzen rückzuverdichten, weil die Bodenbearbeitung und der damit verbundene starke Sauerstoffeintrag das Bodenleben massiv beeinträchtigen und zur gasförmigen Freisetzung großer Mengen vorher organisch gebundenen Kohlenstoffs und anderer Nährstoffe führen. Diese Prozesse setzen teilweise innerhalb von Minuten ein, weshalb die Rückverdichtung umgehend nach der Bearbeitung, mögl. im gleichen Arbeitsgang, erfolgen sollte.
Der Boden sollte nicht anaerob sein, aber allzuviel Sauserstoff zu einem Ungleichgewicht durch übermäßige einseitige Vermehrung führt sehe ich auch so.
Die Flächen würden aber, entgegen Wittes wünschen, durch diesen Betrieb zusätzlich gedüngt. Eine wirklicher Vergleich der Wirkung ist als schwer möglich.
So ähnliche Erfahrungen berichtet Elaine Inham mit den Landwirten als Versuchspartner auch, am Ende "verändern" diese die "Versuche" doch Richtung Ertragsoptimierung und die ganze Auswertung ist futsch...
Er kritisiert in seinem Buch auch den Trend zur Biokohle. Da gebe ich ihm ebenfalls recht. Bei der Biokohle-Herstellung werden reichlich Nähr- und Schadstoffe unter hohem Energieaufwand in die Luft geblasen. Der verbleibende Rest, die Kohle, ist für das Bodenleben kaum erschließbar. Eine der Hauptwährungen des Bodenlebens ist organisch gebundener/bindbarer Kohlenstoff.
Als Allheilmittel sehe ich Biokohle auch nicht, denke schon daß es Bedingungen gibt, wo Strukturbildung und Oberflächenwirkung der Kohle einen Unterschied machen können, wenn auch richtig ist, daß Kolenstoff in der Kohle aus Lebenszyklus erst mal raus ist.

Holzgaser hat über das Lignin als einen wichtigen Aspekt seiner Arbeit geschrieben, das fehlt in dieser Beschreibung. Lignin fördert Pilz Wachstum, wovon vielen Kulturböden mangelt. Steht dazu was im Buch? - Das könnte schon ein Förderlicher Faktor gegenüber sonnstiger Praxis sein.

Manfred

Re: Microbielle Carbonisierung?

#17

Beitrag von Manfred » Mo 9. Okt 2017, 01:46

Fred hat geschrieben: Die aerobe Atmung kann Kohlenstoffe komplett zu CO2 Oxidieren, in anaeroben Prozessen kann nur ein Teilabbau der Kohlenstoffe stattfinden. Daß im Aeroben Kompost, vorallem wenn kein "Schnell Verfahren" mehr Kohlenstoff verbraucht wird stimmt mit dem was ich denke überein. Nach Elaine Ingham werden weiteren Nährstoffe, vor allem Schwefel und Stickstoff gerade im anaeroben Kompost weit stärker abgebaut, zu den allseits gefürchteten Faulgaßen (Fäulnisprozesse=anaerob), weil die Mikroben den Kohlenstoff nur so schlecht verwerten können, greifen sie auf Schwefel und Stickstoff als Energiequelle zurück. Die Geruchsentwicklung seiner Komposte wäre interessant, vielleicht ist es eine Frage weiterer Prozessbedingungen.
Diese Themen spricht er, bis auf den Geruch der Miete im Buch explizit an.
Es geht ihm genau darum, das vollständige oxidieren zu verhindern.
Die Freisetzung von N und S in verschiedenen Formen im Haufen sei kein Problem, weil der größte Teil davon durch weitere Abläufe wieder gebunden würde (er schreibt einiges dazu und zeigt auch ein Bild mit Ansammlungen von auskristallisiertem Schwefel aus einem seiner Haufen).
Zum Geruch ist um Buch nur zu lesen, dass die Gase die Miete nicht verlassen dürfen.
Laut meinem Onkel (wieder Info aus dem Vortrag) ist Witte sehr wichtig, dass die aufbereiteten Dünger nicht stinken.
Er beschäftige sich intensiv mit Gülleaufbereitung durch Impfung mit Mikroben.
Im Buch wird das an zwei Stellen kurz angesprochen.
In einem Versuch wird ein Glas voll Biogas-Gülle geimpft, im anderen huminstoffhaltiges Sickerwassern aus den Mieten.
Entscheidend für die Aufbereitung seien photoheterotrophe Archaeen (er schreibt Archeen).
Diese Mikroben nutzen Licht als Energiequelle, können aber im Gegensatz zu Pflanzen nicht CO2 als alleinige Kohlenstoffquelle nutzen, sondern benötigen organisches Material, das sie umsetzen können.
Sie produzieren allerlei Kohlenstoffketten, Aminosäuren (darin verschwinden wohl die sonst flüchtigen Stickstoffverbindungen der Lösung) usw.
Das Ergebnis, wenn die Archaeen ihr Werk getan haben, soll eine fast geruchlose, schwarze Flüssigkeit sein.

Holzgaser hat über das Lignin als einen wichtigen Aspekt seiner Arbeit geschrieben, das fehlt in dieser Beschreibung. Lignin fördert Pilz Wachstum, wovon vielen Kulturböden mangelt. Steht dazu was im Buch? - Das könnte schon ein Förderlicher Faktor gegenüber sonnstiger Praxis sein.
Er schreibt dazu, dass er Pilzwachstum im Substrat verhindern wolle, weil die Pilze das Lignin zersetzen und so das Ausgangsmaterial für langlebigen Dauerhumus verloren ginge. Er zeigt aber nur Schimmelpilze und komplexe Pilze mit Fruchtkörpern. Strahlenpilze spricht er mit keinem Wort an.

Ich habe Zweifel, ob seine Theorien und Ausführungen zu den Vorgängen alle im Detail richtig sind, zumal man stellenweise schon deutlich merkt, dass er Autodidakt mit etwas eigenwilliger Nomenklatur ist, aber der große Bogen seiner Arbeit scheint mir, wie oben geschrieben, schlüssig.

Fred
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Re: Microbielle Carbonisierung?

#18

Beitrag von Fred » Mo 9. Okt 2017, 02:36

Manfred hat geschrieben:
Zum Geruch ist um Buch nur zu lesen, dass die Gase die Miete nicht verlassen dürfen.
Laut meinem Onkel (wieder Info aus dem Vortrag) ist Witte sehr wichtig, dass die aufbereiteten Dünger nicht stinken.
Ja, weil sonnst stinkt es nämlich, wenn die Gase raus kommen. Ich denke daß bei Ihm die Prozessführung penibel ausgetüftelt sein muss, wenn er mit anaeroben Prozessen das so im Griff haben will.
Entscheidend für die Aufbereitung seien photoheterotrophe Archaeen (er schreibt Archeen).
Diese Mikroben nutzen Licht als Energiequelle, können aber im Gegensatz zu Pflanzen nicht CO2 als alleinige Kohlenstoffquelle nutzen, sondern benötigen organisches Material, das sie umsetzen können.
Was es nicht alles gibt... bei den Mikroben scheint es eh nichts zu geben, was es nicht gibt.
Wobei diese Tierchen ja im Haufen=dunkel ... :hmm: ...vielleicht an der Oberfläche... letztlich kann man es staunend nur zur Kentnis nehmen. Elaine Ingham bezieht sich bei ihrer Arbeit explizit auf die Biologie aerober Komposthaufen, und räumt ein, daß im bereich der Aeroben Kompostier vieles noch nicht richtig verstanden ist, z.B. was wirklich in einem Jean-Pain-Kompost geschieht. (Gibt ja auch nur relativ wenig Forschungs-Mittel für)
Holzgaser hat über das Lignin als einen wichtigen Aspekt seiner Arbeit geschrieben, das fehlt in dieser Beschreibung. Lignin fördert Pilz Wachstum, wovon vielen Kulturböden mangelt. Steht dazu was im Buch? - Das könnte schon ein Förderlicher Faktor gegenüber sonnstiger Praxis sein.

Er schreibt dazu, dass er Pilzwachstum im Substrat verhindern wolle, weil die Pilze das Lignin zersetzen und so das Ausgangsmaterial für langlebigen Dauerhumus verloren ginge. Er zeigt aber nur Schimmelpilze und komplexe Pilze mit Fruchtkörpern. Strahlenpilze spricht er mit keinem Wort an.
Wobei unsere (meisten) Kulturpflanzen zum gesunden gedeihen ja einen Ausgeglichenen Pilz/Bakterienmix brauchen, und ja Lignin wird dann zersetzt und wieder in Kreislauf gebracht.

Manfred

Re: Microbielle Carbonisierung?

#19

Beitrag von Manfred » Mo 9. Okt 2017, 10:14

Fred hat geschrieben:...vielleicht an der Oberfläche...
Ja. Das spricht er auch an. Das spielt sicher eine Rolle.
Wobei unsere (meisten) Kulturpflanzen zum gesunden gedeihen ja einen Ausgeglichenen Pilz/Bakterienmix brauchen, und ja Lignin wird dann zersetzt und wieder in Kreislauf gebracht.
Was wieder dafür spricht, das Material direkt bzw. etwas voraufgeschlossen auf/in den Boden zu bringen, statt es vorher komplett verrotten zu lassen.

hobbygaertnerin
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Re: Microbielle Carbonisierung?

#20

Beitrag von hobbygaertnerin » Mo 9. Okt 2017, 14:01

Ich habe ja nur auf einer kleinen Fläche fragmentiertes Zweigholz war kompostiert und noch ein bisschen für die sauren Beerenfrüchte ausgebracht, das was da in kurzer Zeit an positiven Veränderungen geschehen ist, da könnt ich jedesmal beim vorbeigehen Luftsprünge machen.
Lignin scheint für die Pflanzen eminent wichtig zu sein.

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