Insekten-Diskussion

Manfred

Re: Insekten-Diskussion

#31

Beitrag von Manfred » Do 7. Dez 2017, 00:39

Na welche Insekten genau siehst du denn jetzt bedroht und möchtest sie schützen?
Heimische Insektenarten gibt es viele tausend und die haben alle ihre speziellen Lebensraumansprüche.
Oder geht es dir einfach nur darum, die Biomasse egal welcher Insektenarten zu steigern, und wenn ja, warum?

Pastinake

Re: Insekten-Diskussion

#32

Beitrag von Pastinake » Do 7. Dez 2017, 01:24

Heuschrecken brauchen nicht pauschal nackten Boden, das ist von Art zu Art verschieden. Was mir auffällt, ist z.B., daß ich weniger grüne Heuschrecken oder die großen grünen Heupferde sehe als früher.
Und die brauchen eher hohes, ungemähtes Gras, Blühpflanzen und damit viele Insekten, die sie fressen können. In meinem Garten auf den Flächen ohne Bewuchs sind auch sehr viele kleine braune Schrecken dieses Jahr zu finden gewesen. Als Schädlinge sind sie mir allerdings noch nicht aufgefallen. Und wenn ich dann mal ein Heupferd an meinen Blumen habe, freue ich mich wie Bolle. :)

Auch ich merke, daß meine Autoscheiben nicht mehr so oft geputzt werden müssen. Bei mir kann ich eigentlich nicht sagen, ob es weniger oder mehr Insekten gibt als früher? Das hängt aber auch damit zusammen, daß ich erst seit 2013 hier wohne. Bei mir gab es auch in diesem regnerischen Jahr mehrere verschiedene Schmetterlingsarten (Schmetterlingsflieder wird 2018 gepflanzt!), viele Käferarten, Spinnen und vor allem sehr viele Wildbienen (die im übrigen auch im vielgeschmähte Insektenhotel für 2,99 € Eier gelegt haben) und Hummeln.
Ich hatte bei mir den Eindruck, daß die Wildbienen und Hummeln eher mehr geworden sind. Sie haben auch den Großteil meiner Obstbaumbestäubung übernommen. Die sind wesentlich früher geflogen als die Honigbienen, die eigentlich erst bei der Apfelblüte aktiv geworden sind. Gestern habe ich was über Wildbienen recherchiert und einen Text gefunden, wo sogar ausdrücklich die Honigbienenbestände und somit die Imker als "Feind" der Wildbienen genannt wurde. Seit diesem Jahr gibt es bei uns keinen Imker mehr im Dorf. Ich dachte eigentlich, daß ich gerne Bienen halten würde. Aber vielleicht sollte ich doch davon Abstand nehmen - den anderen Insekten zuliebe? Vielleicht habe ich dieses Jahr auch deswegen mehr Insekten im Garten????

Ich bemühe mich zumindestens in meinem Garten darum, es insektengerecht zu machen. Also ein bißchen mehr Unordnung, Blüten von Februar (Krokusse, Winterlinge) bis zum Herbst (Tomaten, Astern, Einjährige Blumen, Kräuter), Totholzhaufen, Unkraut/Wildkräuterrasen, Steingarten mit Pflanzen, Laubhaufen (in denen die Glühwurmweibchen dann leuchten). Dieses Jahr hatte ich z.B. im Rasen ganz viele kleine "Vulkane" von Bienen im Rasen. Die habe ich dann markiert, damit ich nicht drauftrete und drumherum mähe.
Ich hatte die letzten 2 Jahre auch Schwalbenschwanzraupen am Fenchel, am Dill, an den Möhren. :)
Aber Kreuzspinnen habe ich schon eeeewig keine mehr gesehen. Die vermisse ich ...

Im Nachbardorf gab es eine Vereinbarung zwischen den Landwirten und dem Imkerverein, daß rund um die Felder Blühstreifen gesät werden. Daher sind da die Feldränder auch bunter als anderswo.
Andererseits bin ich hier auch von 3 Naturschutzgebieten "umzingelt", die im Radius 2 km ums Dorf herum liegen. Sicherlich macht auch das etwas aus. Und hier im Dorf gibt es so ziemlich alle Nutztierarten und mehr Tiere als Menschen. Daher haben wir auch riesige Starenschwärme, Spatzenhorden, sehr viele Schwalben, Eulen, Falken, Fledermäuse, Marder, Dachse, Füchse, Mauswiesel, Igel usw.
Gespritzt wird von den Bauern hier im Dorf aber auch heftig. In den Gärten wird auch massiv chemisch gegen alles mögliche vorgegangen.

Was die Insekten-Sterben-Diskussion angeht: Leider ist die Krefelder Studie die einzige ihrer Art in Deutschland, weil offensichtlich niemand sonst auf die Idee gekommen ist, das genauer wissenschaftlich zu untersuchen. Daher wird man das wohl als Ausgangspunkt für Diskussionen heranziehen müssen.
Und zu sagen: Wenn man weniger Insekten sieht, kann es sein, daß stattdessen unterirdisch/unsichtbar/nachts mehr Insekten da sind als vorher, finde ich das eine etwas seltsame Argumentation.
Und daß ausschließlich Misthaufen für mehr Insekten in der Vergangenheit verantwortlich sein sollen, halte ich für eine recht gewagte Argumentation. Viele Insekten leben ja in bestimmten Habitaten. Und Magerrasen ist z.B. nie viel gedüngt worden, aber oft besonders artenreich. Sicherlich sterben viele Arten deswegen aus, weil sie zu spezialisiert sind, was Futterpflanzen und Eiablage angeht.
Aber solche Gebiete sollten/könnten doch trotzdem erhalten bleiben, oder nicht? Sind diese gefährdeten Arten nicht schützenswert?

centauri

Re: Insekten-Diskussion

#33

Beitrag von centauri » Do 7. Dez 2017, 07:55

@Manfred
mir geht es eigentlich darum alle Arten zu schützen. Jede Art sollte seine Nische finden. So denke ich. Es geht mir nicht um die Erhöhung der Biomasse. Das ist das agronomische Denken der vergangenen Jahre, "Wir erhöhen die Biomasse und alles wird gut". Und wenn es nur darum gehen würde "die Biomasse erhöhen" könnte man alle Insekten auch in der Halle züchten. Anschauen kann man sie dann im Insektenzoo und gut ist es.
Früher musste alles grösser oder mehr werden, die Höfe, die Flächen die Erträge und das Betriebsergebnis. Was hatten die Landwirte davon? Hat das wirklich was gebracht? Außer das einige wenige Agrokonzerne sich die Taschen voll gehauen haben und die soziale und ökologische Verantwortung auf die Landwirte abgewälzt haben.
Und das mit dem Mist ausbringen ist wirklich nicht mehr wie früher. Nicht nur das er jetzt gleich eingearbeitet werden muss, nee vorher wird er noch durch die Biogasanlage geschickt. Und damit diese ausgelastet ist werden ganze Landstriche mit Energiemais zur Agrowüste gemacht.

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Re: Insekten-Diskussion

#34

Beitrag von Rohana » Do 7. Dez 2017, 09:29

Du weisst doch sicher, schützen geht am besten durch nützen. Also Habitate ausarbeiten, überlegen wie man die nützen kann, und machen.
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

centauri

Re: Insekten-Diskussion

#35

Beitrag von centauri » Do 7. Dez 2017, 09:54

@ Rohana
Naja jetzt wurde eben auf Teufel komm raus genutzt und jetzt wundert sich so mancher das etwas geschützt werden soll. Und wenn ich das bei unserem Bauern so sehe stößt es mir schon auf. Da wird teilweise noch 3 m Waldrand weggepflügt weil 1500 ha einfach noch nicht reichen.
Klar weis ich auch was Habitate sind, hab ja schon das eine oder andere Habitat angelegt.

Manfred

Re: Insekten-Diskussion

#36

Beitrag von Manfred » Do 7. Dez 2017, 10:18

@centauri:

Genau so sehe ich das auch.
Und genau das hätte ich dir dann als nächstes geantwortet, wärst du auf die Biomasse-Schiene eingestiegen:
centauri hat geschrieben: Und wenn es nur darum gehen würde "die Biomasse erhöhen" könnte man alle Insekten auch in der Halle züchten.
...
Und das mit dem Mist ausbringen ist wirklich nicht mehr wie früher. Nicht nur das er jetzt gleich eingearbeitet werden muss, nee vorher wird er noch durch die Biogasanlage geschickt. Und damit diese ausgelastet ist werden ganze Landstriche mit Energiemais zur Agrowüste gemacht.
Deshalb halte ich aus ökologischer Sicht auch wenige von dem Blühstreifen-Blödsinn, zumal wenn die Ansaaten mit landesweit vorgeschriebenen Mischungen banaler Pflanzenarten erfolgen müssen, die zudem keine Bodenschutz-Komponente erhalten und im Ackerboden fast die gleiche Verwüstung anrichten wie eine Mais-Reinkultur.
Gefördert werden dadurch nur einige wenige Insektenarten, von denen eh kaum eine ernsthaft bedroht ist.

Wenn ich eine Art erhalten will, ist die Biomasse, sofern eine gewisse Grundzahl vorhanden ist, wenig ausschlaggebend. Viel wichtiger ist eine gesunder Altersstruktur, was bei den Insekten und der kurzen Lebensdauer der meisten Arten, halt regelmäßige Vermehrungszyklen bedeutet.

Um mögl. viele Arten zu erhalten, braucht es Diversität, ein Verständnis ökologischer Grundzusammenhänge und ein entsprechend naturnahes Wirtschaften.
Beispiele dafür finden sich ja reichlich in den Forenbereichen zu Permakultur, HM und aufbauender Landwirtschaft.

Und dann haben wir noch das Problem mit den Naturschutzgebieten, die laut der verschiedenen Naturschutzgesetze auch dem Erhalt der Biodiversität dienen sollen, wo aber hauptsächlich eine Einheits-Monotonie produziert wird, weil die Tonangebenden Leute sich krampfhaft daran festklammern, die Natur würde es schon richten, wenn man ihr nur einen Körperteil (den Menschen) abhackt und sie ansonsten links liegen lässt. Dass man ihr vorher Bereits viele andere Körperteile abgehackt hatte, die ihr auf so kleinen Flächen (von max. einigen tausend ha) nicht nachwachsen können, und dass man ihr trotz des Ignorierens ständig von außen irgendwas zuführt oder ihr irgendwas entzieht, scheint in dieser Ideologie nicht ins Gewicht zu fallen. So siecht der Krüppel dann vor sich hin und tut, was er mit den vielen Einschränkungen noch kann. Oder man versucht ihm zu "helfen", indem man immer wieder den Schorf abkratzt, der sich auf seinen Wunden zu bilden versucht. Ein ziemlich perverses Geschäft und wenig produktiv für den Artenschutz, besonders wenn man statt weniger spezifischer Arten das gesamte Artenspektrum im Blick hat.
Dabei könnten wir diese Flächen gut dafür nutzen, um die Aufgabe zu erfüllen, für die die Evolution uns (wie die anderen Arten auch) geschaffen hat: Die entstehende Monotonie durch Nutzung derselben immer wieder aufzubrechen und so Nischen für viele der anderen Arten zu schaffen.

Benutzer 4754 gelöscht

Re: Glyphosat-Diskussion

#37

Beitrag von Benutzer 4754 gelöscht » Do 7. Dez 2017, 11:11

Wildmohn hat geschrieben:
Manfred hat geschrieben:Ich habe für die Insekten-Diskussion einen eigenen Thread abgetrennt.

Bitte postet eure entsprechenden Beiträge dort:

https://www.selbstvers.org/forum/viewto ... 15&t=17895
Also, wenn einige wenige der Meinung sind, dass Glyphosat rein garnichts mit dem Insektensterben zu tun hat und dieses sensible Thema abgetrennt wird, dann läuten die Glocken hier irgendwie falsch... :hmm:
Immerhin schön, mal darüber geplaudert zu haben.
Ein Herbizid das hauptsächlich auf nicht blühende Pflanzen (Ausfallgetreide, Quecken, Ausfallraps, Grünlandumbruch, Disteln auf der Stoppel etc) ausgebracht wird kann schon vom rein logischen Zusammenhang keine Insekten beeinflussen.
reines Grün ist für Bienen absolut uninteressant!

centauri

Re: Insekten-Diskussion

#38

Beitrag von centauri » Do 7. Dez 2017, 11:32

Ja Ölkanne ist eigentlich wie mit allem so. Z.B. Umweltgifte können ja auch nicht im Grundwasser sein weil die dafür nicht gedacht sind und dort nicht hin gehören. Genauso ist es ja auch mit Radioaktivität. Die gehört eigentlich nur in den Reaktor. Und so weiter und so fort. ;)

Manfred

Re: Insekten-Diskussion

#39

Beitrag von Manfred » Do 7. Dez 2017, 11:39

@Pastinake:
Auch die Heupferde lege ihre Eier in offenen Bodenstellen ab.
Offener Boden meint nicht hektarweise nackten Boden, sondern einen gewissen Anteil an Lücken in der Grasnarbe.
Die höchste Heupferd-Dichte auf meinen Flächen beobachte ich in den meisten Jahren an einer kleinen Fläche zwischen Bahndamm und Böschung der Bundesstraße. Damm wie Böschung bieten ihnen reichlich Platz für die Eiablage.

https://www.myheimat.de/burgdorf/natur/ ... 49379.html
http://www.blickwinkel.de/archive/BLWS002799

Schwalbenschwänze hatte ich hier schon länger keine mehr gesehen. Zuletzt vor Jahren auf einer der Flurwiesen südlich vom Dorf, die dann aber umgepflügt wurde.
Dieses Jahr waren dann mehrere auf einer meiner Kleegras-Flächen.

Rati
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Re: Insekten-Diskussion

#40

Beitrag von Rati » Do 7. Dez 2017, 11:51

also, ich steige auf die Biomasseschiene ein, und zwar volle Kanne. :)

erstmal Danke das du die Diagramme noch mal für alle reingestellt hast.
Zu eben diesen:
Die Verschiebungen welche fast ausschließlich zu Lasten der Ackerfläche (selbst wenn da Weideland inbegriffen ist, das ich aber jetzt eher bei den 0,2% Grasland sehen würde) gehen befinden sich in prozentualen Größen, die mMn keinesfalls einen Abfall von bis zu 75 % der Biomasse der Fluginsekten begründen können. Zumal ja Ackerland nicht wirklich dauerhaften Lebensraum darstellt, sondern höchstens Nahrungsquelle für Einzelarten. Schmetterlingslebensraum zB ist von den Habitatänderungen kaum betroffen, auch Schwebfliegenland ist nicht unbedingt die Ackerfläche. Fluginsekten in Wassernähe gibt es reichlich(die Fläche ist gestiegen), und auch ein Wald ist nicht gerade Fluginsektenarm. Gerade weil die Biomasse als Maß genommen wurde, wird der allgemeine starke Insektenschwund deutlich sichtbar und ist wie geschrieben mit den geringfügigen Landschaftsänderungen nicht erklärbar. Verschiebung der Artgefüge ja, aber rabiater Abfall der Gesamtmasse? Nö, kann ich nicht nachvollziehen.
Natürlich ist die Sache mit dem Mist auf der Weide und den Fliegen und der Nahrungskette schon richtig, aber in diesem Fall reicht auch das nicht aus um mit den 11,5% Verlust (jetzt mal Acker und Graslandverlust zusammen) den 75% Biomasserückgang gegenüber zu stellen.
Ach, und was die nicht vorhandenen Artendiversität in Naturschutzgebieten angeht, es geht ja nicht darum möglichst viele Arten in einem Naturschutzgebiet zu versammeln, den dafür müsste mensch ja in einem Raum alle möglichen Habitatzohnen künstlich erzeugen. Es geht doch eher darum möglichst viele Naturschutgebiete mit den dort typischen Ökosystemen wachsen zu lassen und die Artenvielfalt als Gesamtbild aller Schutzgebiete zu verwirklichen.

Eigentlich gibt es ja noch viel mehr zu all den guten Beiträgen hier zu schreiben, aber die Zeit drückt.
Zwei Sachen noch ganz kurz:
Rohana hat geschrieben:Also beim Motorradfahren merk ich davon nix. Ich muss nach jeder Tour und manchmal auch zwischendrin meinen Helm saubermachen!
kann ich als langjähriger Motorradfahrer nicht so bestätigen.
Ich gebe zu eine gewisse Resistenz gegen Insektengekröse auf dem Visier zu haben, aber heut zu Tage reicht es mir immer bis zum nächsten Regen* zu warten und dann mal rüber zu wischen. Wärend ich früher öfter mal am Waschbecken stand um wieder Durchblick her zu stellen. Ja, es stimmt mehr Autos auf der Strasse ergeben weniger Matsch pro Auto und ein geringerer CW Wert sorgt für mehr unsichtbares sterben, denn @Manfred, nur weil die kleineren Insekten nicht auf der Scheibe landen bedeutet das nicht das sie die Verwirbeleien mit anschließenden Notlandungen hinterm Auto besser überleben.

Grüße Rati

*bei uns waren die letzten Sommer – im Gegensatz zu so manch anderer Gegend in deutschelande (zB bei Thomas/V im Heuschreckenbeispiel) nicht regnerischer. Eigentlich hatte ich letztes Jahr zum ersten mal das Gefühl normalen Regenmengen zu haben und nicht wochenlang im braunen Steppengraslandschaften gegen die Dürre kämpfen zu müssen.
Was ist ist! Was nicht ist ist möglich!"
[Einstürzende Neubauten 1996]

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