Insekten-Diskussion

Manfred

Re: Insekten-Diskussion

#21

Beitrag von Manfred » Mi 6. Dez 2017, 19:01

Wenn es da Wiesen gibt, dann wird es wohl auch Landwirtschaft geben?
Auch die Wälder sind vermutlich bewirtschaftet?
Es braucht schon detaillierte Angaben, um evtl. Veränderungen einschätzen zu können.
Viele Schmetterlings- und Heuschreckenarten sind wie schon geschrieben auf offenem Boden zu finden.
Wenn z.B. die Bewirtschaftung der Wiesen so geändert wurde, dass sich die Grasnarbe verbessert hat, wäre ein Rückgang zu erwarten.
Die Larven der verschiedenen Glühwürmchenarten ernähren sich überwiegend von Schnecken und Würmern. Hohe Dichten gibt es am ehesten in feuchten Auwäldern mit entsprechendem Aufkommen an Nahrungstieren.
Wenn sich die Zahlen einzelner Insektenarten im langfristigen Trend ändern, liegt das eigentlich immer an irgendwelchen Biotopveränderungen.
Auf Prozessschutzflächen z.B. nimmt typischerweise die Zahl der Pflanzenarten, besonders die der Blütenpflanzen deutlich ab, weil die vorher für den Erhalt des Biotops ausschlaggebenden Störungen durch den "Schutz" eliminiert werden. Dann verschiebt sich das Insektenspektrum hin zu Arten, die sich von verrottender Pflanzenmasse und den darin lebenden Wesen ernähren. Und diese stechen schon wegen ihrer eher verborgenen Lebensweise weit weniger ins Auge als die blütenbesuchenden Fluginsekten.

Manfred

Re: Insekten-Diskussion

#22

Beitrag von Manfred » Mi 6. Dez 2017, 19:09

Ich stelle hierzu nochmal den Anhang 3 aus der Veröffentlichung zu den Krefelder Insektenfängen ein:
Krefeld.jpg
Krefeld.jpg (221.47 KiB) 1958 mal betrachtet
Quelle: http://journals.plos.org/plosone/articl ... ne.0185809

Die Forscher haben akribisch die Entwicklung der Vegetation in 200 m Umkreis um die Fallenstandorte (Kreisdiagrame oben, ausgewertet anhand von Luftbildern) und der Entwicklung der Pflanzenartenvielfalt in 50 m Umkreis um die Fallenstandorte (das untere Diagramm) festgehalten.

Das ist das typische Bild auf Flächen, die vom Prozessschutz dominiert werden.
Der Gehölzanteil steigt, weil die Flächen der Sukzession anheim fallen, und die Gesamtzahl der Pflanzenarten sinkt deutlich.
Das hat natürlich auch erhebliche Änderungen in der Zusammensetzung und Menge des Insektenaufkommens zur Folge.

Leider scheint kaum ein Journalist diese Veröffentlichung gelesen, geschweige denn verstanden zu haben.

viktualia

Re: Insekten-Diskussion

#23

Beitrag von viktualia » Mi 6. Dez 2017, 19:23

Der Faden hier ist ja aus dem Glyphfaden abgetrennt und ich möchte die von Thomas angesprochene Komplexität, die das Ursachen suchen so erschwert, als Zitrone nehmen und versuchen, doch noch ne Limonade draus zu brauen.
Wildmohn hatte angefangen mit:
Folgende Gründe stehen u.a. im Zusammenhang mit dem Insektensterben oder könnten im Zusammenhang stehen:
-Einsatz der immer hochkonzentrierteren Pflanzenschutzmittel, die sich im Boden immer langsamer abbauen und somit leichter ins Grundwasser gelangen
-die sog. Agrarwüsten, also Monokulturen und der Verlust von Hecken und Blühstreifen auf den Feldern
-der Klimawandel
-die sog. Neonicotinoiden, bei denen es wissenschaftlich gesichert ist, dass sie zum Insektensterben beitragen
-die Lichtverschmutzung
Das hatte ich dann ergänzt mit:
Private Steingärten, Laubbläser;
die Veränderungen der Infrastruktur: mehr Bebauung, mehr Strassen, weniger Bäume/Freiflächen;
"private Insektenvernichtung": gegen "Hausinsekten" (Mücken, Fliegen, Motten, Asseln, Spinnen..)
Läusebekämpfung/Krätzemittel (viel hilft viel...)(geht auch ins Wasser...)
weniger Tierkot, - überhaupt extrem viel mehr Hygiene.
dann kam drüben im Alternativen zu Glyphfaden grad von Manfred:
Gibt es in D noch Züge, die mit Kot um sich werfen?
Das war doch auch nicht öko und musste abgeschafft werden.
Und da Straßen oft an Bahnstecken lang führen, wären wir dann wieder drüben im Insekten-Thread.
Und als ich grad den post oben über die "dörfliche Veränderung" las,
hat´s mich irgendwie geflasht: so museumsmässig, zeitreiseweise.
Die Menschheit möchte anscheinend in einer undurchschaubaren, hyperklompexen und hochtechnologisierten Welt leben, dann muß sie eben mit dieser von ihr gestalteten Welt leben und darf sich nicht über deren Auswirkungen beschweren. :pfeif:
Tja, Thomas, wo ist sie hin, die Zeit, die alte Alte.
Nee, ich will nicht jammern, schwurbeln oder trollen: if you can´t beat them, eat them:
lasst uns halt statt einer "Ursachensuche" ´ne Zeitreise machen, ist halt so.
Einfach zurückdrehen geht nicht, hätte andere Nachteile (Waschmittel - Fischfutter).
Statt oder neben einer Diskusion fände ich also den Sammelgedanken sehr schön.

@Minze, was hat sich denn in eurer Gegen in den letzten 20 - 50 Jahren getan?
Naturschutzgebiet oder eher Städtchen, wachsendes?

Und vielleicht erzählt Manfred oder Ölkanne was drüber, seit wann in der Landwirtschaft mit welchen Konzentrationen und Abbaumöglichkeiten gearbeitet wird. Die Arsensache ist ja zum Glück aus dem vorletzten Kapitel dieser Geschichte, es gibt ja durchaus auch so was wie ne Gegenbewegung.

Danke für die "Unterteilung" oder Sukzession? also das Differenzieren verschiedener Insekten, Manfred.

Tja, vielleicht lernen wir dann als Menschheit hier dran, dass es um Vielfalt geht und nicht um eine Lösung.
Waldmeister, Orange, Hollunder, Zitrone!

Und bitte noch mehr Insektenbeobachtungen, - wer kennt Käfer?
Rosenkäferlarven hüte ich seit Jahren im Kompost, hab aber ewig keinen erwachsenen gesehen.
Ausser dem würd ich keinen beim Namen nennen können.....
Kreuzspinnen, so diese denn zählen, hats immer viele bei mir.

Benutzeravatar
Minze
Förderer 2019
Förderer 2019
Beiträge: 2134
Registriert: Mi 4. Aug 2010, 14:29
Familienstand: glücklich verheiratet
Wohnort: Ostprignitz-Ruppin

Re: Insekten-Diskussion

#24

Beitrag von Minze » Mi 6. Dez 2017, 20:27

Hier gibt es wenig Wiesen, meist sind es Trockenwiesen, die werden nicht bewirtschaftet. Der Wald wird bewirtschaftet, klar, aber nicht übermäßig, in früherer Zeit waren es wohl überwiegend Kiefernwälder, heute sind es Mischwälder mit vielen Buchen, Eichen.

Hier gab und gibt es keine Landwirtschaft, auch nicht zu DDR Zeiten, denn hier war Erholungs- und Urlaubsgebiet. Und so ist es auch heute noch. Gebaut wurde nicht viel und es leben eher weniger Menschen hier als früher.

Wir machen auf unserem Grundstück was wir können, haben die am Anfang in Unwissenheit gepflanzte "tote" Hecke ersetzt mit einer Wildfruchthecke, räumen nicht alles auf und lassen Platz und Raum für alles mögliche Getier, bieten Unterschlupfmöglichkeiten z.B. Totholzhaufen, einen Lehmberg.
Liebe Grüße
Minze

Wildmohn

Re: Glyphosat-Diskussion

#25

Beitrag von Wildmohn » Mi 6. Dez 2017, 21:27

Manfred hat geschrieben:Ich habe für die Insekten-Diskussion einen eigenen Thread abgetrennt.

Bitte postet eure entsprechenden Beiträge dort:

https://www.selbstvers.org/forum/viewto ... 15&t=17895
Also, wenn einige wenige der Meinung sind, dass Glyphosat rein garnichts mit dem Insektensterben zu tun hat und dieses sensible Thema abgetrennt wird, dann läuten die Glocken hier irgendwie falsch... :hmm:
Immerhin schön, mal darüber geplaudert zu haben.

centauri

Re: Insekten-Diskussion

#26

Beitrag von centauri » Mi 6. Dez 2017, 22:17

Also das der Boden mit Glyphosat einfacher bedeckt gehalten werden kann könnte ich jetzt bei uns hier nicht feststellen.
Letztes Jahr wurden um uns herum auf Feldern von Größeneinheiten von 10 bayrischen Landwirtschaftsbetrieben Kartoffeln angebaut. Da war im Frühjahr erst mal nix bedeckt. Und sobald sich etwas Unkraut regte fuhr da schon mal eine Spritze lang. Irgendwann hatten die Kartoffeln alles bedeckt. Dann wurden diese geerntet und es war einige Zeit unbedeckt bis dort Winterweizen oder Wintergerste wuchs. Die Flächen wurden natürlich auch unkrautfrei gehalten. Dann wurde dieses Jahr der Weizen oder die Gerste abgeerntet. Das Feld wurde dann mit einer Scheibenegge bearbeitet und irgendwas angebaut was nach 3 oder 4 Wochen aussah wie Getreide. Als das 10 cm hoch war wurde das Zeug niedergespritzt und Raps angesät. Achso zwischendrin wurde noch komplett Putenmist aufgebracht. Der lag aber auch erst mal 3 Wochen in einem Riesen Haufen auf dem Feld rum ohne das die Fliegenpopulation signifikant angestiegen wäre.
Und das auf einem 800 ha großem Kartoffelfeld ohne irgend welchem anderem Bewuchs sich viele Insektenarten tummeln sollen kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Gut, Kartoffelkäfer vielleicht schon. :hmm:

Benutzeravatar
Rohana
Förderer 2018
Förderer 2018
Beiträge: 5346
Registriert: Mo 3. Feb 2014, 21:31
Familienstand: verheiratet
Wohnort: Oberpfalz

Re: Insekten-Diskussion

#27

Beitrag von Rohana » Mi 6. Dez 2017, 22:39

centauri hat geschrieben:Also das der Boden mit Glyphosat einfacher bedeckt gehalten werden kann könnte ich jetzt bei uns hier nicht feststellen.
"Können" ist das Stichwort. Muss ja niemand zwingend tun. Wenn's bei dir keiner tut, wirst du es auch nicht sehen :hmm:
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

Benutzer 72 gelöscht

Re: Insekten-Diskussion

#28

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mi 6. Dez 2017, 22:50

oh ja! "kleinstrukturierte Landwirtschaft" ...
Das dürfte ein großer Punkt sein!
und @Manfred: Wälder hm - in Totholz leben sehr viele Insekten.

Bei uns gibt es Rosenkäfer! dicke Brummer, die wunderschön grünlich glitzern.....
Und nachtens huschen im Garten so Käfer rum - aber wie die heißen, weiß ich nicht.
Ganz traurig bin ich, dass die Wildbienenkolonie an unserm Haus verschwunden ist. keine Ahnung, warum das passiert ist. war vor ca. drei Jahren.

@Rohana: wer tut das und wo? hab noch nie ein Feld gesehen, dass dank Herbizid ganzjährig bedeckten Boden hatte, oder wie war das gemeint?

Manfred

Re: Insekten-Diskussion

#29

Beitrag von Manfred » Do 7. Dez 2017, 00:01

@ina: Aber irgendwelche Käferlarven, die sich 5 Jahre durchs Holz nagen, finden sich halt nicht in der Krefelder Insektenfallen. Genauso wenig wie hochfliegende Fliegenarten, deren Larven Laub und absterbende Gräser fressen. Und im Garten fallen beide auch nur dann auf, wenn man sie zufällig ausgräbt oder einem mal so ein Käfer über den Weg läuft.
Man muss sich halt mit sich selbst einige werden, welche Insekten man haben möchte. Dann kann man die meist leicht vermehren. Notfalls machst halt mal ein Praktikum bei einem Futterinsektenproduzenten.
Aber wenn man eine Biotop so umgestaltet, dass dort überwiegend Lebensraum für Pflanzenrestefresser entsteht, dann braucht man sich über den Schwund anderer Arten nicht zu wundern.

https://www.youtube.com/watch?v=Ww1CAsTvAJs

@Minze: Wenn du Schmetterlinge und Heuschrecken willst: Eine Kombi aus Blütenpflanzen und offengehaltenem, mageren Boden. Bienen finden sich dann auch ein.
Kannst natürlich auch eine Futterstelle mit Zuckersirup einrichten...

centauri

Re: Insekten-Diskussion

#30

Beitrag von centauri » Do 7. Dez 2017, 00:24

@Manfred
das ist jetzt aber schon eine "Wir bauen uns ein Insektenhotel" Argumentation. :aeh:
So wurde die letzten Jahre argumentiert. Jeder baut ein Insektenhotel und die Insekten sind gerettet. :pfeif:
Immerhin ist mehr als die Hälfte der Fläche (53,2 %) Deutschlands landwirtschaftliche Fläche und dann kommt erst der Wald (30,1 %) dann Gebäude und Verkehrsflächen (11,9 %) und Wasserflächen (2,4 %). Der Rest unterliegt einer anderen Nutzung (3,2 %) wie Erholung und Betriebsflächen. (Stand 2010)
Irgendwie liegt es doch auf der Hand wer sich zum Schutz der Insekten am meisten einbringen sollte. Oder hab ich da einen Denkfehler? :hmm:
Der Privatgartenbesitzer kann mit Sicherheit seinen Anteil einbringen. Aber was auf einem Großteil deutscher Flächen angerichtet wird bekommt man mit Kleinkrämerei nicht hin. :rot:

Antworten

Zurück zu „Wildtiere, Fischerei, Jagd“