Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

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Renysol
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Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

#1

Beitrag von Renysol » Mi 10. Jan 2024, 23:39

Hallo liebe Mitglieder!

Ich sah kürzlich einen Videofilm, in dem eine Methode vorgestellt wurde, mit der Schädlinge und Unkrautsamen in Pflanzerde vernichtet werden:

https://www.youtube.com/watch?v=PWt19NYlrW8

Ich kompostiere Rinderdung und Pferdemist und da gibt es hinterher sowohl Unkraut als auch Krabbeltiere. Somit wäre die genannte Methode sicher angebracht, um das zu vermeiden. Heißkompost reicht offensichtlich nicht, da immer Bereiche nicht heiß genug werden. Meines Wissens ist Kompost aber auch was Lebendes und versorgt den Boden mit Mikroorganismen. Die dürften dann auch weggedämpft sein. Ist das vorgestellte Verfahren daher kontraproduktiv?

Danke

Renysol

Ferry
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Re: Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

#2

Beitrag von Ferry » Do 11. Jan 2024, 08:27

Du darfst nicht vergessen das Unkrautsamen auch in der Erde sind und auch von den "Grünstreifen" in der Umgebung kommen.
Damit ist für mich der Sinn, die Mikroben ect. im Kompost abzutöten, dahin.
Die Arbeitszeit verbringe ich dann lieber mit Unkrautjäten.
In dem Video spricht er übrigens davon das er die Anzuchterde dämpft.
Das könnte durchaus Sinn machen. Davon braucht man ja aber auch keine Massen.

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guzzmania
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Re: Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

#3

Beitrag von guzzmania » Do 11. Jan 2024, 09:42

Ich hab das für Anzuchterde einmal probiert, bin aber gleich wieder davon abgekommen. Gründe:
-) Es riecht dann die ganze Küche nach Erde, was die weniger gartenverrückten Mitglieder meiner Familie absolut nicht goutieren.
-) Ich habe auch mit ungedämpfter selbstgemachter Anzuchterde keinerlei Probleme mit Unkraut. Wenn ein paar Unkräuter aufgehen, dann erkennt man die eh an ihrem anderen Aussehen und kann sie schnell auszupfen. Das ist viel weniger Arbeit und Umpatzerei als Erde dämpfen.
-) Wenn ich es besonders sauber und fein haben will, dann nehme ich als Unterlage selbstgemachte Anzuchterde und gebe 1 cm gekaufte Anzuchterde drüber. So reicht ein einziger Sack gekaufter Erde wirklich sehr weit.

Eberhard
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Re: Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

#4

Beitrag von Eberhard » Do 11. Jan 2024, 11:07

Ein Thema gibt es da schon: gedämpfte Erde
da gibt es hinterher sowohl Unkraut als auch Krabbeltiere
Provokante Rückfrage: Ohne diesen Kompost gibt es kein Unkraut, kein Leben (Krabbeltiere)?
Man sagt, im Boden sind Unkrautsamen austreichend für 100 Jahre. Es wird aber jenes "Unkraut" wachsen, was am besten zum vorhandenen Boden passt und was ihm, abseits von eigenen Erwartungen und Bemühungen des Gärtners, am Besten tut und ihn gesundet. Auf einem Ruteralboden werden sich andere Pflanzen ansiedeln und hervortun als auf einem humosen lebenden Boden. In diesem Sinne ist aber Unkraut nicht mehr Unkraut, sondern Komplementär und Partner des Bodens, womit der Boden mehr in die Betrachtung rücken sollte.

Dung von Wiederkäuern (bei natürlicher Ernährung) ist hinsichtlich enthaltener Mikroorganismen sehr wertvoll für den Boden und vergleichbar mit Regenwurmkot und effektiven Mikroorganismen. Da würde ich also leben lassen was geht.
Pferdemist ist da im Vergleich in hohem Maße noch unverdaut, womit man die Art und Weise der Kompostierung anschauen sollte.
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

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emil17
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Re: Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

#5

Beitrag von emil17 » Do 11. Jan 2024, 11:37

Man möchte ja möglichst unkrautsamenfreie Anzuchterde haben, weil man sich damit die Arbeit erleichtert. Wenn die Saat fein ist und auch noch lange zum Keimen braucht, wird es sehr mühsam, wenn zuerst Unkraut kommt und alles voll mit rasch auflaufendem Unkraut ist.
Weil es am Anfang nur wenig Erde braucht, kann man auch Erde von einem gartenfernen Ort holen - etwa Maulwurfshaufen auf einer Wiese, von einer Baugrube, oder von einer grossen Kompostieranlage.
Man kann sie auch selber so unkrautärmer machen:
Erde in Schale geben, warm und hell stellen, Folie oder Vlies drüber, und alle paar Wochen wenn wieder viel aufgelaufen ist, dieses entfernen.
Aber:
Die Unkräuter (damit meine ich Samen von Pflanzen, welche die Kultur stören, unbesehen der Diskussion, ob es überhaupt Unkräuter gibt oder nicht) haben mit sehr wenigen Ausnahmen Samen, die unterschiedlich lange liegen bis sie keimen. Das ist eine Lebensversicherung, weil wenn alles aufs mal auflaufen würde und es dann sehr trocken wird, oder nach einer Wärmeperiode nochmals lange Schnee oder Dauerfrost kommt, wäre die Pflanze am Ort verschwunden.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Eberhard
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Re: Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

#6

Beitrag von Eberhard » Do 11. Jan 2024, 12:20

Über den Sonderfall Anzuchterde wurde hinreichend geschrieben. Renysol wird aber bei der Verkompostierung von Tiermist vermutlich andere Schwerpunkte haben als die Erzeugung von Anzuchterde (Kompost ist noch lange nicht Humus oder Erde).
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

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Renysol
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Re: Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

#7

Beitrag von Renysol » Do 11. Jan 2024, 16:30

Eberhard hat geschrieben:
Do 11. Jan 2024, 12:20
Über den Sonderfall Anzuchterde wurde hinreichend geschrieben. Renysol wird aber bei der Verkompostierung von Tiermist vermutlich andere Schwerpunkte haben als die Erzeugung von Anzuchterde (Kompost ist noch lange nicht Humus oder Erde).
Ja, so ist es. Da ich viel kompostiere und auch gelegentlich Jungpflanzen verkauft habe (was verboten ist, wie mir inzwischen gesteckt wurde), gibt es auch Interessenten, die mir Kompost abkaufen würden. Da ich weiß, dass besonders beim Pferdemist viel Unkraut rauskommt, zögere ich noch. Ich nutze auch zum Teil Kompostwürmer, wobei sich die Frage auch ergibt, wenn die Pferdemist verarbeiten. Es hatte mich zunächst nur mal interessiert, und eure Antworten haben meine Vermutungen bestätigt. Danke.

Der örtliche Recyclinghof verkauft auch Kompost, der eine gewisse Zeit sehr heiß verrottet ist und daher angeblich keine Unkrautsamen mehr enthält, sogar zertifiziert. Dabei ist ja dann durch die Hitze auch sämtliches Bodenleben weg. Der dort gekaufte Kompost bringt auch überhaupt nix.

Eberhard
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Re: Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

#8

Beitrag von Eberhard » Do 11. Jan 2024, 20:31

Pferdemist mit Kompostwürmern zu Wurmhumus zu verarbeiten ist eine gängige Praxis.
Pferdemist Entsorgung

Folgendes Unternehmen scheint aus Pferdemist sogar direkt Pflanzenkohle zu erzeugen: bionero
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

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Re: Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

#9

Beitrag von emil17 » Do 11. Jan 2024, 21:08

Renysol hat geschrieben:
Do 11. Jan 2024, 16:30
Der örtliche Recyclinghof verkauft auch Kompost, der eine gewisse Zeit sehr heiß verrottet ist und daher angeblich keine Unkrautsamen mehr enthält, sogar zertifiziert. Dabei ist ja dann durch die Hitze auch sämtliches Bodenleben weg. Der dort gekaufte Kompost bringt auch überhaupt nix.
DIeser Kompost enthält selbstverständlich Nährstoffe und viel organisches Material. Nach Ausbringen im Garten wird er (wie jedes zersetzbare Material, das auf oder in den Boden gelangt) sehr schnell durch Mikroorganismen wieder besiedelt, die es ja im Boden hat. Wenn er also nix bringt, dürfte es nicht allein daran liegen, dass er durch die eigene Fermentationshitze praktisch steril war.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Eberhard
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Re: Erde dämpfen gegen Unkrautsamen?

#10

Beitrag von Eberhard » Fr 12. Jan 2024, 10:31

... zertifiziert. Dabei ist ja dann durch die Hitze auch sämtliches Bodenleben weg.
Ein Verkäufer mit Zertifizierung soll/muss gleichbleibende Qualität liefern, wobei gleichbleibend nicht zwingend gut bedeutet. Zur Sicherheit gegenüber den oben geschilderten Bedenken (Samen, Keime) wird dann nicht nur heißverrottet, sondern denaturiert (=> ab 75 °C beginnt entgültig die Denaturierung des Eiweißes, so dass die biologischen Prozesse bei der Kompostierung in diesem Temperaturbereich zum Erliegen kommen).
sehr schnell durch Mikroorganismen wieder besiedelt
Der Glaube ist sehr hoch, dass solches im besten und im eigenerwarteten Sinne verläuft. In der Praxis (man muss nur hinschauen) sind die "bösen" Keime allerdings meist die Schnellsten, die sich ansiedeln. Sie haben das entwicklungsgeschichtlich gelernt, weil sie sich gegen die Masse der guten Keime durchsetzen müssen. Zusätzlich wirken dann Prozesse wie Quorum Sensing und Quorum Quenching, die dann der "schnellen" Umbesiedlung im Wege stehen.
Was also "sehr schnell" abläuft, sollte differenzierter betrachtet werden. Die längerfristigen Folgen sind davon durchaus abhängig.

Daneben hat man oft die Erwartung oder gar Notwendigkeit, dass der Kompost den Boden mit nützlichen Mikroorganismen bereichert, nicht anders herum. Oft ist die Rolle der MO wichtiger als das Zubringen von Nährstoffen in häufig überdüngten Gärten.
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

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