Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

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wörpedahler
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Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

#1

Beitrag von wörpedahler » Mi 10. Jan 2024, 16:20

Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung von Nico Becker
https://www.youtube.com/watch?v=5RiTLtyQTCA

Ich kann einigen Aussagen aus dem Video nur zustimmen.

Ein paar Beispiele von mir:

Wir durften unsere Streuobst-Wiese nur anlegen, weil wir einen jungen engagierten Landschaftsschützer haben, der selber Lust auf so etwas hat. Trotzdem hatte er Angst das zu genehmigen (es könnte ja Ärger geben). Außerdem wurde uns geraten auf jeden Fall unter 2000qm zu bleiben, weil Streuobst-Wiesen über 2k qm direkt in einen strengeren Schutz fallen würden und wir dann wieder Bürokratie an den Hacken hätten.
Streuobst ist streng geschützt. Trotzdem wurden uns jede Menge Steine in den Weg gelegt, als wir eine anlegen wollten. Förderung haben wir genau gar keine bekommen.

Eine alte Eiche mussten wir fällen, weil sie drohte auf die Straße zu fallen. Die Stadt wollte keine Genehmigung ausstellen, grenze zum Landschaftsschutzgebiet war ihnen zu heiß. Landschaftsschützer hat das Gutachten (!) nicht gereicht, er ist vorbei gekommen und hat sie sich selbst angeschaut. Gut, Genehmigung dann schnell bekommen, aber mit Pflicht zur Ersatzpflanzung. Ersatzpflanzung darf aber nicht da hin, wo sie Sinn macht, weil es ein anderes Flurstück ist (3m weiter). Also steht die neue Eiche jetzt hinten bei uns im Garten (wo sie keinen Sinn macht). Zur Einordnung: Wir haben über 100 Bäume auf unserem Grundstück. Fällen für die Verkehrssicherheit und Ersatzpflanzung haben zusammen ein paar tausend Euro gekostet. Auch hier: Regeln ja, Unterstützung keine.

Wir haben eine mittelgroße Weide im Landschaftsschutzgebiet. Ich würde die gerne etwas renaturieren. Ist aber nicht erlaubt, weil die Landschaft nun mal „Weide“ ist. Schafhaltung für eine natürliche Beweidung? Unterstand wird nicht genehmigt.
Alles was ich hier an Naturschutz aktiv und auf eigene Kosten machen will ist verboten.

Baugenehmigung für ein Gewächshaus? Unser Grundstück ist Innenbereich, daher sind 40kubikmeter ohne Genehmigung machbar. Alles darüber keine Chance. Auf der Weide schon 3 mal keine Chance.

Die ganzen alten Bauern drumzu raten mir nur noch dazu einfach zu machen und keine Genehmigungen einzuholen. Das würde eh nix mehr bringen. Dann muss man aber mit dem Risiko einer hohen Strafe und Rückbau leben. Will man das?

Es ist teilweise zum Haare raufen, dass Dinge die jeder normale Mensch als vollkommen normal einstufen würde, strikt verboten sind. Ein Bauer hält auf seinem Land direkt neben dem Haus ein paar Hühner und hat Gemüsebeete? NO WAY!

Ich habe für mich ein paar Möglichkeiten gefunden damit irgendwie klar zu kommen. Aber glücklich bin ich nicht und gut finde ich es definitiv nicht. Da fehlt einfach an allen Ecken der gesunde Menschenverstand.

Sven2
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Re: Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

#2

Beitrag von Sven2 » Mi 10. Jan 2024, 18:01

Nachfrage:
Die Streuobst- Wiese, war das ein besonderes (Naturschutz)Gebiet?
Ich wusste gar nicht, dass man für Obstbäume eine Genehmigung braucht, hatte das bis jetzt nur von Wald gehört :eek:
Und der Landschaftsschützer war vom Amt, wenn ich das Richtig verstehe?

Das mit der Eiche finde ich tatsächlich krass, ich find aber bei Verkehrssicherheit bzw. Gefahren sollte man da immer auf Nummer sicher gehen und das nicht bürokratisch verschleppen. Ich hatte mal was gelesen, wo ein Biber einen Brandschutzteich zugebaut hatte, da war auch unklar wies weitergeht, aber bei aller Liebe zum Biber muss der Brandschutz sichergestellt sein finde ich

Bernd Belgien
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Re: Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

#3

Beitrag von Bernd Belgien » Mi 10. Jan 2024, 18:32

Das sieht hier ähnlich aus.
Die spontane Meldung zur Teilnahme am 1000 Hecken Programm war ein gratis Kurs in deutsch/französischem Beamtensprech, diversen parallelen Gesetzen und persönlichen Befindlichkeiten jeglichen Gestrüpps.
Na ja trotzdem durchgezogen.
Eine Bestellung über den Großhandel direkt hätte aber viele Nerven gespart und wäre nur unwesentlich teurer geworden.

wörpedahler
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Re: Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

#4

Beitrag von wörpedahler » Mi 10. Jan 2024, 19:55

Sven2 hat geschrieben:
Mi 10. Jan 2024, 18:01
Nachfrage:
Die Streuobst- Wiese, war das ein besonderes (Naturschutz)Gebiet?
Ich wusste gar nicht, dass man für Obstbäume eine Genehmigung braucht, hatte das bis jetzt nur von Wald gehört :eek:
Und der Landschaftsschützer war vom Amt, wenn ich das Richtig verstehe?
Moin Sven,

Es handelt sich bei der Streuobst-Wiese um eine Weide im Landschaftsschutzgebiet. Nicht Naturschutz, das ist ein Unterschied.
Aber auch so ist eine Weide eine Landwirtschaftliche Fläche als Dauergründland. Meines wissens dürfte auch ein Bauer dort nicht einfach Obstbäume pflanzen. Genau um das Thema ging es auch im verlinkten Video.
Meines Wissens darf ich auch nicht ein paar hundert Quadratmeter davon "umbrechen" und dort Gemüse anbauen. Wiese ist Wiese und muss für immer und ewig Wiese bleiben. Wir haben zum Glück ein großes "normales" Grundstück am Haus auf dem ich in meinem Garten noch mal deutlich mehr machen darf.

Landschaftsschutz ist bei uns im Landkreis aufgehängt und dort gibt es spezielle Beamte dafür. Ich nenne die lapidar Landschaftsschützer, die haben bestimmt auch noch einen komplizierteren Namen.

PS: Ich bin offiziell auch kein Landwirt, da ich keinen Betrieb angemeldet habe. Landwirte sind teilweise "priviligiert", das heißt dürfen auch Gebäude wie eine Scheune bauen, wenn sie Bedarf nachweisen können (aber auch nicht immer und überall). Dann hat man aber wieder die ganze Bürokratie als Landwirt an der Backe.

Sven2
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Re: Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

#5

Beitrag von Sven2 » Mi 10. Jan 2024, 20:13

Ah, ok. Das Umbruchverbot von Grünland und privilegien der Landwirte kannte ich, ebenso dass Wald nicht einfach gepflanzt werden darf, aber ich dachte immer das Streuobst als Weide zählt. Gut das zu wissen für die Zukunft, vielen Dank! Das Video schau ich mir bei Gelegenheit an

Eberhard
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Re: Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

#6

Beitrag von Eberhard » Mi 10. Jan 2024, 23:24

Ich nenne die lapidar Landschaftsschützer
Nicht selten wünscht man sich, mal den Spieß umzudrehen und zu schauen, wo und wie die wohnen und wirtschaften. Deren fachmännisch gepflegten Biotope sind sicherlich öffentlich repräsentativ, oder auch nicht ...
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

wörpedahler
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Re: Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

#7

Beitrag von wörpedahler » Do 11. Jan 2024, 07:49

Eberhard hat geschrieben:
Mi 10. Jan 2024, 23:24
Ich nenne die lapidar Landschaftsschützer
Nicht selten wünscht man sich, mal den Spieß umzudrehen und zu schauen, wo und wie die wohnen und wirtschaften. Deren fachmännisch gepflegten Biotope sind sicherlich öffentlich repräsentativ, oder auch nicht ...
Nicht selten wohnen die vermutlich in einer Mietwohnung ohne Balkon.
:haha:

Unser ist frisch von der Uni und möchte viel, hat aber selber Probleme mit den ganzen Regelungen. Er ist nett, aber es fehlt an Lebenserfahrung und Praxis.

Bernd Belgien
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Re: Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

#8

Beitrag von Bernd Belgien » Do 11. Jan 2024, 09:13

Wörpedahler:
Jung und frisch von der Uni ?- Dorf/Hoffest und abfüllen, danach gnädig über den Rest des Abends schweigen ohne zu vergessen :engel:
Oder einfach nur nett sein wenn das reicht....

wörpedahler
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Re: Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

#9

Beitrag von wörpedahler » Do 11. Jan 2024, 16:05

Bernd Belgien hat geschrieben:
Do 11. Jan 2024, 09:13
Wörpedahler:
Jung und frisch von der Uni ?- Dorf/Hoffest und abfüllen, danach gnädig über den Rest des Abends schweigen ohne zu vergessen :engel:
Oder einfach nur nett sein wenn das reicht....
Bis jetzt hat nett sein gereicht. Das größte Problem ist, dass er selber Angst vor den ganzen Regelungen hat und versucht alles richtig zu machen.

Die Landschaftsschutz-Ordnung in der drin steht was wir nicht dürfen, kann er leider auch nicht einfach ignorieren.

Bernd Belgien
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Re: Bürokratiewahnsinn in Landwirtschaft und Selbstversorgung

#10

Beitrag von Bernd Belgien » Do 11. Jan 2024, 16:20

Na dann besteht ja Hoffnung!
Wobei Angstbeißen auch gefährlich ist...

Wir beziehen unser Wasser über eine Wassergemeinschaft (Verein ohne Gewinnabsicht) und sollten, müssen, müssten die Daten wer was bekommt sofort (eigentlich, theoretisch, garnicht) an eine Behörde melden und machen: nix!
Solange der unbedeutende Brunnen "privat" ist und in keiner Akte steht spielen wir Hobbit unter Mordors (Pardon Brüssels) Auge und 50 Haushalte haben top Wasser für 1,- pro Kubikmeter (brav geprüft natürlich)...

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