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Beitrag
von Manfred » Mo 12. Jan 2015, 14:36
Naja...
Ich sitze da ja genau an der Front, bzw. genau zwischen den Fronten.
Und meine traurige Erfahrung habe ich hier im Forum schon reichlich breitgetreten.
Es sind nicht die großen Landwirtschaftsbetriebe, die auf die Erzeugerpreise drücken. Es ist der Handel.
Bei den Produktionsmengen kann man sich natürlich trefflich streiten. Aber die Realität ist: Wir stehen praktisch ohne Außenschutz im weltweiten Wettbewerb. Wenn Irland den Butterpreis und Neuseeland den Milchpulverpreis drücken, dann müssen unsere Molkereien auch zu diesen Preisen verkaufen, egal wie viel oder wenig wir im Inland produzieren.
Die irische Markenbutter gibt es bei Aldi und Lidl ja nicht, weil sie besser ist, sondern einfach deshalb weil sie im Einkauf billiger ist und die Kunden für die schöne Werbung mit den grünen irischen Wiesen noch was extra bezahlen. Maximale Gewinnspanne für den Handel.
Und Nestle und Co kaufen das Milchpulver für ihre Produkte halt auch da, wo es am billigsten ist. Schiffstransport rund um die Erde kostet nichts.
In Australien steigt gerade Gina Rinehart ins Milchgeschäft ein. Die hat neben diversen Farmbeteiligungen mal eben 1,5 Millionen ha Land gekauft, um darauf Milch zur Milchpulverproduktion in ihrer eigens dafür errichteten Fabrik zu erzeugen.
Das ist eine Fläche fast so groß wie Hessen.
Und wir reden hier von Massentierhaltung und industrieller Landwirtschaft...
Unsere Betriebe werden seit Jahrzehnten massiv unter Druck gesetzt, mehr und billiger zu produzieren, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Dieser Druck beseht auch weiterhin. Die EU sagt ganz klar, dass unsere Bauern wettbewerbsfähiger werden müssen und kürzt auch ständig die Grundförderung. Ich gehe davon aus, dass diese in den nächsten 1 bis 2 Förderperioden Richtung Null gehen wird, auch weil der EU das Geld ausgeht.
Gleichzeitig wird mehr und mehr Druck in die Gegenrichtung aufgebaut. Von der Seite soll alles "ökologischer" und kleinstrukturierter werden. Untermauert mit einem unglaublichen Berg an Bürokratie und mit lachhaften Ausgleichszahlungen.
Wie soll z.B. in einer Region mit intensiver Veredelungswirtschaft ein Biobauer, der nur max. 2 Großvieheinheiten pro ha halten darf und einen Großteil seines Futters selbst erzeugen muss gegen einen konventionellen Mastbetrieb mit 10 GV / ha konkurrieren können, der zudem beliebig billiges Futter zukaufen kann.
Die 5-fache Produktionsmenge bei viel niedrigen Stückkosten. Und als Ausgleich dafür gibt es in Bayern ab diesem Jahr jetzt 270 Euro statt 200 Euro Bioprämie pro ha. Das ist völlig lachhaft.
Deshalb gibt es in so einer Region auch keine Biobetriebe (von Gemüsebau und Leuten die als Überzeugungstäter auf Eigenland ihr Eigenkapital verpulvern statt hochpreisig zu verpachten etc. evtl. mal abgesehen).
Und wenn man dann ansieht, was mit den Flächen in den extensiven, ertragsschwachen Regionen (wie hier bei mir) passiert, die unter der Fuchtel der Naturschutzprogramme stehen, kann man fast nur noch weinen.
Ich bewirtschafte ja selbst seit ein paar Jahren diverse Flächen nach den Vorgaben der extensiven KULPA-Programme. Und das Ergebnis ist wirklich traurig. Diese Flächen werden idR 1 x pro Jahr gemäht und nicht gedüngt. Die Folge ist, dass die Artenzahl sinkt und viel schlimmer, der Boden an Humus verliert und versauert.
Früher wurden diese Fläche 2 bis 3 Mal im Jahr gemäht und das zu jährlich variierenden Zeitpunkten. Mal als Grünfutter, mal als frühes oder spätes Heu, mal Silage etc. Und sie wurden mit dem Mist und der Jauche aus der Tierhaltung gedüngt. Über Jahrzehnte oder teils Jahrhunderte. Das ergab ein relativ extensives, aber sehr artenreiches Grünland auf halbwegs gesunden Böden.
So eine Wirtschaftsform ist heute völlig unwirtschaftlich. Man kann die Flächen entweder intensiv Nutzen, mit Stickstoffdüngung und 3 bis 5 Schnitten pro Jahr (hier bei uns, in wärmeren Ecken auch mal 7 Schnitte). Oder man kann die Öko-Förderprogramme mitnehmen und so extensiv wie möglich wirtschaften.
Beides zerstört die Artenvielfalt und letztes den Boden noch mehr als ersteres.
Ein Zwischending ist wirtschaftlich nicht möglich, und wer etwas anders machen will, erhalt dafür keine Förderung, weil es eine Förderung nur flächendeckend nach Schema F gibt.
Das führt dazu, dass unter dem Deckmantel des Naturschutzes genau so viel Umweltzerstörung betrieben wird, wir in der konventionellen Landwirtschaft.
Vom idiotischen Grünlandumbruchverbot, dass jedes Neuanlage von Dauergrünland verhindert, will ich gar nicht reden.
Statt diese unsägliche Situation zu ändern, hat der Europäische Gerichtshof jetzt noch einen draufgesetzt:
Die bisher mögliche Flächenstilllegung für ein Jahr unterbricht den Grünlandstatus nicht mehr.
Bisher konnte man als Grünland-Bauer auf einem Acker z.B. 5 Jahre lang Kleegras anbauen. Lies man das Kleegras länger stehen, wurde der Acker juristisch zum Dauergrünland und verlor so ca. die Hälfte an Wert.
Also hat man den Acker im 6. Jahr als Stilllegung angemeldet und gemulcht, statt das Futter zu nutzen. Das galt dann als Ackernutzung und im 7 Jahr konnte man wieder offiziell Kleegras anbauen.
So bleib der Ackerstatus der Fläche erhalten, ohne die Fläche tatsächlich umpflügen zu müssen. Und über die Jahre konnte sich sogar etwas Artenvielfalt bilden.
Diese Praxis wurde jetzt verboten. Jetzt muss man den Acker nach 5 Jahren wirklich umpflügen, das Grünland und das Bodengefüge zerstören und eine andere Frucht anbauen, damit er nicht durch Dauergrünlandstatus zur Hälfte enteignet wird.
Völliger Irrsinn und das massiv zur Lasten der Ökologie. Aber die Naturschutzverbände wollen es so.
Aus meiner Sicht dient die Demo in Berlin nur einem Zweck:
Die "Naturschutzverbände" bekommen so billig die benötigten Pressemeldungen, damit die Spendeneinnahmen kräftig fließen. Die angeblichen Naturschutzverbände sind längst zum Selbstzweck verkommen.
Eine Überprüfung und Korrektor der eigenen Maßnahmen erfolgt nicht. Natur darf man in Deutschland nach belieben zerstören, wenn man es Naturschutz nennt.
Und was die direktere Verbindung zwischen kleinen Bauern, Biobauern und den Verbrauchern angeht:
Auch diese wird auf Betreiben der Naturschutzverbände immer weiter erschwert. Die ganzen bürokratischen Auflagen und die mehr und mehr wuchernde privatwirtschaftliche Siegelwirtschaft kann man sich nur leisten, wenn man groß ist und die Kosten auf eine große Menge umlegen kann.
So betriebt man systematisch die Ausrottung der kleinen Betriebe, indem man ihnen den Marktzugang immer schwerer macht. Direktvermarkter müssen deshalb so teuer verkaufen, dass ihnen nur ein winziger Nischenmarkt bleibt, der zudem durch das von den Ökoverbänden massiv geförderte Industriebio immer kleiner wird.
Dafür diese Effekte noch weiter zu verstärken, werde ich bestimmt nicht protestieren.
Da werden einzig und alleine eine Menge gut bezahlter Bürojobs in der aus Zwangsbeiträgen finanzierten Überwachungsindustrie und in der durch Spenden und staatliche Mittel bezahlten grünen Lobbyindustrie erzeugt.
Beides zu Lasten der Landwirte und zu Lasten der Verbraucher.
Und zwar zu Lasten der großen konventionellen Landwirte (die ihre Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Wettbewerb verlieren) wie auch der kleinen Bio-Familienbetriebe, die sich nur durch Selbstausbeutung über Wassre halten können und dann beim nächsten Generationswechsel über den Jordan gehen.
Um wirklich die bäuerliche Landwirtschaft zu fördern, wie sie so gerne beworben wird (egal ob die Werbung von den Grünen, den "Naturschutzverbänden" oder auf den Packungen der Lebensmittelindustrie daherkommt) müsste man völlig anders agieren.
Die allererste und wichtigste Maßnahme wäre eine massive Entbürokatisierung bezüglich des Marktzuganges.
Die zweite Maßnahme wäre die Schaffung von viel flexibleren Fördermöglichkeiten, um alternative Landwirtschaftskonzepte (siehe z.B. Mark Shepard, Joel Salatin, Allan Savory) auch hierzulande im größeren Umfang erproben zu können.
Die dritte Maßnahme wäre, eine zielführende Pflege von artenreichen Flächen (und zwar Artenreich auf dem Boden und im Boden, sprich mit einem lebendigen, humusreichen Boden) angemessen zu bezahlen.
Die vierte, langfristige Maßnahme wäre, einen Außenschutz zu schaffen und den Import von Futtermitteln zu verbieten. (Dies könnte nur über Jahrzehnte gepuffert erfolgen, sonst würde man unzählige Betriebe ruinieren, die ins bisherige System viel Geld investiert haben.)
Die fünfte Maßnahme wäre, Bestandsobergrenzen für die Tierhaltung pro Betrieb einzuführen.
Leider ist das in keiner Weise zu erwarten.
So werden die Grünen, der Nabu usw. weiter vor sich hin onanieren und die Folge wird im immer schnellerer Strukturwandel in der deutschen Landwirtschaft sein, hin zu immer größeren Betrieben, die wie der Boden immer mehr im Eigentum einiger weniger Bonzen stehen werden.
Die einzige Chance sehe ich in einer kleinbäuerlichen Revolution von unten. Wir müssen uns von der staatlichen Gängelei und der Gängelei durch die "Naturschutzverbände" lösen und direkt an willige und interessierte Verbraucher vermarkten.
Das wird nur wenigen gelingen. Aber die können evtl. als Keimzellen für eine zukünftige Landwirtschaft überleben.
Wenn irgendwann genug Bauern und Verbraucher diese Notwenigkeit verstehen, werden evtl. auch die ersten NGOs und evtl. irgendwann auch die Regierungsbürokratie verstehen, was sie angerichtet haben und weiter anrichten.
Dreht den NGOs und den Grünen für ihr dummes und selbstsüchtiges Handeln den Geldhahn zu und fördert mit eurer Kohle lieber direkt die Bauern, die versuchen eine bäuerliche, nachhaltige und im bisten Fall sogar wiederherstellende Landwirtschaft am Leben zu halten oder neu zu schaffen.