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von emil17 » Fr 15. Mai 2020, 15:34
Es müsste wohl heissen, Umweltleistungen der Landwirte sollen von der Gesellschaft, die davon ihren Nutzen hat, bezahlt werden. Ein Landschaftsgärtner wird ja auch dafür bezahlt, dass er eine bewachsene Oberfläche bewusst gestaltet und instand hält. Folglich sind auch Umweltleistungen zugunsten der Allgemeinheit Produkte. Das wird von der Mehrheit der Bevölkerung auch so akzeptiert.
Das Problem hierbei ist, dass kein Gewerbe produzieren darf wie es will, ohne auf Umweltbelange Rücksicht zu nehmen. Wer billiger produziert, weil er die Umwelt über Gebühr belastet, wälzt einen Teil seiner Gestehungskosten auf die Gesellschaft ab, wird also indirekt subventioniert.
Sich dafür bezahlen zu lassen, dass man auf eine Verschmutzung verzichtet, wäre folglich eine Lästigkeitsprämie und die darf es schon wegen dem Gleichbehandlungsprinzip nicht geben. Deswegen muss eine Subvention an eine erkennbare Leistung im positiven Sinne und nicht bloss an einen Verzicht gebunden sein.
Was eine Verschmutzung ist und was nicht, kann nur von unabhängiger Seite entschieden werden. Weder ein asthmakranker Anwohner einer stark befahrenen Strasse noch ein Autofabrikdirektor können sachlich beurteilen, wieviele Abgase zumutbar sind.
Wenn man den Naturschutzfachstellen diese Kompetenz abspricht, tut man das Gleiche wie wenn man den Richtern vorwirft, sie seien an möglichst strengen und absurden Gesetzen interssiert, weil sie diesen ihre Existenz verdanken. Sowohl Naturschutzverbände wie auch Bauernvertreter sollen angemessen gehört werden. Entscheiden soll aber derjenige, der die Geschichte bezahlt, nicht der, welcher das Geld bekommt.
Dann ist da noch die Tatsache, dass Landwirtwschaft auf Subventionen angewiesen ist und der Subventionszahler schon mitreden darf, was er für sein Geld kriegen möchte. Da Landwirtschaft an sich schon eine biodiversitätsfördernde Tätigkeit ist (oder wenigstens sein sollte), rechtfertigt das einen Teil dieses Geldes. Nur müsste dann jedes Gewerbe, das im weitesten Sinne nützlich ist, schon deswegen subventioniert werden, wiederum aus Gründen der Gleichbehandlung. Ich wüsste jetzt aber nicht, dass jeder Schuhmacher und jeder Malermeister, bloss weil er Schuhe macht oder Wände anstreicht, dafür vom Staat extra Geld bekommt.
Ich sehe Probleme nicht in der generellen Orientierung der Landwirtschaft an mehr Umweltverträglichkeit, wozu nun mal Verzicht auf Überdüngung gehört. Es wird dann schwierig werden, wenn von Dänemark bis Griechenland die gleichen Vorschriften gelten sollen. Und da hat die EU einiges an Nachholbedarf.
Die Pandemie stärkt die Position der Landwirte, weil sie den Wert lokaler Produktion in Zeiten eingeschränkter Mobilität beweist. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, die man ausnutzen sollte. Eine biodiversitätsfördernde Produktionsweise könnte die ideale Werbung dafür sein und die direkten Ertragsausfälle im Vergleich mit der bisherigen, schon aus Sicht der Gewässerbelastung untragbaren Produktionsweise überkompensieren. Nur lassen sich die Leute nicht mehr so einfach hinters Licht führen. Biodiversität riecht und hört und sieht man draussen, nicht auf Hochglanzpapier und nicht an Traktorendemos.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.