penelope hat geschrieben: ↑Mi 12. Okt 2022, 08:25
Getreide ist ja letztlich Gras. Baumbus ebenso.
Schon, aber das hilft zum Verständnis physiologischer Vorgänge genauso nicht weiter wie es einem Architekten nicht weiterhilft, wenn er weiss, dass Beton letztlich Kies und Sand ist. Von unseren Nahrungspflnzen wissen wir, dass die wesentlichen Unterschiede der Verwendbarkeit auf Stufe Unterart oder Sorte zu finden sind - esse mal wilde Möhren oder Holzäpfel.
"Gras" ist eine Art pflanzlicher Biomasse, die nur von Blattfressern gut verwertet werden kann. Dabei spielt dann die Pflanzensystematik keine so grosse Rolle. Kühe fressen gerne Wegerich. Löwenzahn und anderes Zeugs, das systematisch kein Gras ist, aber eben Grünfutter. Mit Bambus oder Schilf wirst du jedoch Kühe nicht füttern können, obwohl Kühe Gras fressen und das Gräser sind. Getreide wollen wir wegen der Körner, nicht wegen dem Laub - obwohl man Getreide gut im Grasstadium mähen und verfüttern könnte.
penelope hat geschrieben: ↑Mi 12. Okt 2022, 08:25
Das Problem ist die Celluluse. Dem Menschen fehlt das passende Enzym, um diese verdauen zu können. Daher können wir nur Gräsersorten bzw die Pflanzenteile mit wenig Zellulose verdauen.
Auch hier ist die Sache viel komplizierter.
Zellulose ist zusammen mit Lignin er Universalbaustoff der Pflanzen und damit mengenmässig der bedeutendste Naturstoff der belebten Welt.
Seltsamerweise können nur gewisse Bakterien und Pilze Zellulose enzymatisch abbauen, sowie gewisse Mollusken. Selbst Pflanzen können ihre einmal erzeugte Zellulose selbst nicht mehr abbauen, bzw. sie können es, wenn es um den Umbau lebender Zellwände geht, aber nicht, um einmal gebildetes verholztes Festigungsgewebe wieder anderswo verwerten zu können. Dabei wäre das von grossem Vorteil, wenn sich eine Pflanze zur Winterruhe ganz einziehn könnte. Stattdessen wird alles Verwertbare aus den Blättern und Stengeln heruasgezogen und diese vertrocknen dann.
Die Pflanzenzüchtung hat sehr viel getan, um Sorten zu züchten, die weniger Cellulose und statt dessen mehr (für die Pflanze gleich teure) Stärke erzeugen. Der oft grosse Aufwand in scheinbar nutzlose Strukturen, den die Pflanzen treiben (Fichtenzapfen, Grannen gewisser Getreidearten usw.) deutet aber darauf hin, dass Cellulose für Pflanzen nicht limitierend ist, ausser vielleicht bei etremen Schattenpflanzen.
Tiere (und menschen) beruhen auf Proteinen auch als Bausubstanz, deshalb ist Zellulose ziemlich nutzlos, wenn man wachsen will. Deshalb hat sich die Fähigkeit, Zellulose verdauen zu können, in der Evolution wohl nicht als lohnend erwiesen, obwohl es natürlich ein reizvolles Gedankenspiel ist, mit Stroh und Totholz das Welternährungsproblem lösen zu können.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.