Manfred hat geschrieben: ↑Fr 22. Okt 2021, 16:51
In Nordamerika ist einfachere, gebrauchte Technik, die ein guter Mechaniker noch selbst reparieren und notfalls das eine oder andere Teil nachfertigen kann, seit einigen Jahren sehr gefragt, weil die Vertragshändler der Maschinenkonzerne extrem hohe Preise für Ersatzteile und Reparaturarbeitszeit aufrufen und die neuen, hochtechnisierten Maschinen oft sogar schon vertrag nicht mehr selbst repariert werden dürfen oder die Bauern keinen Zugang zur nötigen Analyse- und Einstellungssoftware erhalten.
Das wird sich durch die aktuellen Lieferprobleme sicher noch deutlich verschärfen.
In Gegenzug haben sich auch Händler für einfachere Technik aus Osteuropa dort etablieren können.
Der russische Traktorenhersteller Rostelmasch z.B. drängt dort unter der Marke Versatile in den Markt.
Wo die Entwicklung hin geht, ist schwer zu sagen.
Auf der einen Seite wird immer mehr automatisiert und mehr und mehr autonome Schlepper kommen auf den Markt.
Auf der anderen Seite ist die Monopolisierung so weit fortgeschritten, dass die Bauern ausgequetscht werden, wenn sie nicht doch wieder auf einfachere, Technik zurückgreifen...
Ich denke mal im Ackerbau geht es dahin, dass große Agrarunternehmen mit autonomen Schlepper, entsprechenden Mechanikerteams für die Wartung und ein paar Agraringenieuren für die Anbauplanung die Masse der Fläche bewirtschaften werden. Kleinbetriebe werden sich nur in Nischen und klein strukturierten Regionen mit geringer Wirtschaftlichkeit halten können.
Auch im Fleischrinderbereich wird immer mehr automatisiert. Die GPS-Halsbänder mit eingebauten Elektropulsern werden immer besser. Die funktionieren ähnlich wie ein Hundezaun. Das Tier erhält ein akustisches Warnsignal, wenn es sich in einen unerwünschten Bereich bewegt und wenn das nicht hilft einen kleinen Elektroschock, ähnlich wie beim Weidezaun.
Die Tiere lernen das sehr schnell und mit entsprechender Software kann man die Herde so über die Weideflächen lotsen, wo man sie hinhaben will.
Für Jungtiere sind die Halsbänder weniger geeignet, weil man ständig die Halsweite anpassen müssten, aber wenn einige ranghohe Kühe der Herde damit gelenkt werden, kann man die Ganze Herde damit auf großen Flächen lenken.
Und durch die Auswertung der Bewegungsprofile kann man auch auf den Gesundheitsstatus, Brunst, Geburt, Stress etc. einzelner Tiere schließen und sie bei Bedarf aufsuchen.
Da werden den Großbetriebe mit arrondierten Flächen weiteres Personal einsparen können und wir Kleinstbetriebe noch weiter zurückfallen.
Wir sind in einem Bereich der Entwicklung angelangt, wo die Demokratie wirklich überlegen sollte, was für eine Landwirtschaft sie möchte und wie sie diese bezahlen will.
Ansonsten wird sich der Strukturwandel noch erheblich beschleunigen, alleine schon deshalb, weil viel zu wenig Bauern und potentielle Landwirtschaftsarbeitskräfte nachkommen.
Oh Mann, der zweite Teil liest sich wie der feuchte Traum einer sozialistischen Dystopie.
Zur einfachen Technik: ein Bekannter von uns hat sich nach Russland abgesetzt und spielt dort Bauer. Die vom Westen bespöttelte
einfache russische Technik hat eben den klaren Vorteil, dass sie
einfach gehalten ist und notfalls mit
einfachen Mitteln von
einfachen Mechanikern dort repariert werden kann, wo Ersatzteile
einfach auch nicht so schnell verfügbar sein können. Dabei hält sie
einfach ewig und will
einfach nicht so schnell kaputt gehen.
Aber wie gesagt: ich bin da Laie und beobachte und höre gespannt zu. Persönlich glaube ich, dass es am Ende 2 wesentliche Betriebsweisen geben wird. Die industrialisierten Großbetriebe in öko + konventionell, die auf Effizienz getrimmt sind und in den Nischen die Idealisten, die die Konsequenzen tragen weil sie Idealisten sind und die wirtschaftlichen Konsequenzen entweder selber puffern (können) oder auf mehrere starke Schultern verteilen können in Form von Menschen, die jeden notwendigen Preis zahlen.
Wir werden es vermutlich noch erleben.
Manfred hat geschrieben: ↑Fr 22. Okt 2021, 12:06
Ich warte auch seit Monaten auf Ersatzteile für meinen Zaunmäher.
Lieferzeiten für Neumaschinen betragen ebenfalls oft mehrere Monate bis über ein Jahr.
[...]
Die massiven Störungen der Lieferketten durch die Corona-Maßnahmen und die Inflation durch viele Gelddruckerei werden uns noch länger begleiten. Das verursacht auch viele Klopapier-Effekte. Wer bei knapper Versorgung etwas ergattern kann, legt es sich als Vorrat auf Lager, um die eigene Versorgung zu sichern. So fehlt dann noch mehr Wahre für den aktuellen Bedarf.
Zu Lieferzeiten: Die Autovermieterin erzählte, dass sie doppelt so viele Autos vermieten könne, wenn diese denn geliefert werden würden. Sie wartet aktuell seit 9 Monaten und hat just Bescheid bekommen, dass die Auslieferung sich nochmal um 12 Monate verzögert. Es handelt sich um Volkswagen, deckt sich aber mit den Informationen, die ich in den vergangenen Wochen von den vielen Autohändlern bekommen habe, die ich aufsuchen musste.
Aus dieser Info könnte man jetzt Rückschlüsse auf den Rattenschwanz ziehen, den das nach sich zieht.
Wenn die Herstellung von landwirtschaftlichen Maschinen auch nur entfernt ähnlich betroffen ist, könnte man aus dieser Info auch Rückschlüsse auf mögliche Auswirkungen ziehen.
Zu den gestörten Lieferketten: Die Maßnahmen und die Inflation haben wahrscheinlich den grötßen Anteil an den Problemen. In unserem Bereich erzählte der Großhändler vor ein paar Tagen darüber hinaus, dass sie die Ware aber eben auch nicht mehr zeitnah vom Hafen/der Fabrik zum Handel bekommen weil jede Menge alte weiße Männer, die sonst den undankbaren Job des LKW-Fahrers gemacht haben in den Ruhestand gegangen sind.
Wie wir alle wissen, ist der Nachwuchs zu 'schlau' für solche Jobs und die Arbeitszeiten passen nicht zu den Vorstellungen der Work-Life-Balance.
In den USA kommt dann noch die Situation dazu, dass vor der Westküste die ganzen beladenen Schiffe ankern und nicht entladen werden. In Australien, dass die Trucker gerne selbst über ihren Körper entscheiden wollen und streiken.
Insgesamt ganz gute Zutaten für einen perfekten Sturm was die Versorgungssicherheit angeht. Aber wie Oelkanne schon schrieb: Wir ordern dann einfach etwas mehr auf dem Weltmarkt. Zumindest solange, wie wir unsere privilegierte Stellung halten.
emil17 hat geschrieben: ↑Fr 22. Okt 2021, 19:21
[...]
@Oli: da hilft eigentlich nur, ein baugleiches Zweitfahrzeug vorzuhalten. Denn das was du im Ersatzlager hast, das geht nicht kaputt - Maschinen sind da sehr kreativ. Zudem wollen viele Werkstätten nicht gerne Teile vom Kunden einbauen, denn die haben Provision drauf und was ist, wenn die Ersatzlichtmaschine vom Kunden zur Montage gegeben auch morsch war?. Also nur gegen Haftungsausschluss - was bei manchen Werkstätten dann eine Einladung zum raschen Reinfrickeln wird - oder selber.
Ersteres ist die Variante, für die sich oben beschriebener Bekannter von uns entschieden hat für seine deutschen Dependancen. Er hat immer mindestens 6 baugleiche Fahrzeuge, gute, praktische, große Fabrikate, die relativ low tech sind.
Das ist eher eine Lebenseinstellung als alles andere denke ich, ob das für Trecker und Co. so machbar ist - kein Plan.
Randnotiz: Ich habe mein neues Fahrzeug gestern übrigens nicht bekommen, die Übergabe wurde in letzter Sekunde abgesagt ... weil ein Bauteil nicht geliefert wurde.
Was die Rahmenbedingungen von Handwerksbetrieben angeht: Natürlich wird die Arbeitsleistung teurer wenn der Kunde die Kalkulation dadurch zerschiesst, dass er Teile selber besorgt.
Würde ich aber gar nicht wollen. Wer A sagt, muss auch B sagen. Also entweder selber Teile + Einbau organisieren und sparen oder Teile organisieren und einbauen
lassen. Muss ja zeitlich nicht dicht beieinander liegen, alles Absprachessache denke ich.