Permakultur-Ethik

Moderator: kraut_ruebe

Benutzer 3991 gelöscht

Re: Permakultur-Ethik

#11

Beitrag von Benutzer 3991 gelöscht » Di 6. Jan 2015, 00:47

Manfred hat geschrieben:Den Einwand müsst ihr mir schon erklären.
OK, ich versuchs. Wir haben ein Schuldgeld - System, Fiat - money.

Geld entsteht, wenn jemand Kredit aufnimmt, sich verschuldet. Dieses Geld wird ex nihilo geschöpft, aus nix.
Staaten sind Nicht - Banken, sie können kein Geld schöpfen, das ist ein Banken - Privileg.
Die verlangten Zinsen gibt es nicht im Umlauf, weil bei der Geldschöpfung ja nur der Kreditbetrag geschaffen wurde, und dadurch eine Zwangsaufschuldung entsteht.

http://derstandard.at/1285200656759/der ... d-aus-Luft

Manfred

Re: Permakultur-Ethik

#12

Beitrag von Manfred » Di 6. Jan 2015, 01:29

Die grundlegende Funktionsweise unseres Geldsystems ist mir bekannt und ebenso, dass die Kritiker gerne die Inflation, die Insolvenz und die Schaffung von Sachwerten in ihren Modellen komplett ignorieren.
Aber was hat das mit Permakultur-Ethik zu tun? Unser aktuelles Geldsystem ist ohne zumindest Korrekturen vorzunehmen nicht stabil und damit zwar vorübergehend als Werkzeug nutzbar, aber schwer in ein Permakultur-System integrierbar. Allenfalls wenn man in sehr langen Zyklen denkt und das in unregelmäßigen Abständen erfolgende Zusammenbrechen des Geldsystems mit einkalkuliert. Werden und Vergehen ist ja im Prinzip ein natürlicher Ablauf. Eine Kuh oder ein Mensch leben ja auch nicht ewig, sondern wird in ihrer Funktion im Laufe der Zeit immer wieder durch neue und leicht veränderte Individuen ersetzt.
Stabilität gewinnt die Natur durch Artenvielfalt und durch eine hohe Zahl von Individuen je Art. Dann ist es relativ egal, wenn einzelne Individuen oder gar ganze Arten ausfallen. Geldsysteme, die lange funktioniert haben, waren alle mehrstufig aufgebaut, mit verschiedenen Währungen und anderen Tauschmitteln auf lokaler, regionaler und überregionaler Ebene.
Große Gemeinschaftswährungen wie der Euro und der Dollar haben im Krankheits- oder Todesfall ein gewaltiges Potential für Instabilität zu sorgen. Deshalb ja auch die verzweifelten Versuche, sie um fast jeden Preis am Zusammenbruch zu hindern. Wenn im Teich nur noch ein dicker Hecht schwimmt, der alle anderen Teichbewohner gefressen hat, dann kippt halt das Ökosystem erst mal um, um sich dann langsam über mehrere Entwicklungsstufen wieder zu stabilisieren.
Vorher hatte Europa viele kleine nationale Währungen. Da war es für den Rest der Welt relativ unbedeutend, wenn mal eine davon zusammengebrochen ist. Und die Bevölkerung des Landes konnte sich in der Übergangszeit mit den Nachbarwährungen behelfen.
Eine über sehr lange Zeit stabile Einzelwährung in einem großen Verbund zu organisieren stelle ich mir extrem schwierig bis unmöglich vor.
Deshalb halte ich auch nichts vom Euro und seiner Organisationsform. Wir hätten aus meiner Sicht die nationalen Währungen beibehalten und den Euro als zusätzliche internationale Währung einführen sollen.
Aber an der Großbaustelle werde ich nichts zerreißen. Ich habe mehr als genug damit zu tun, vor meiner eigenen Tür zu kehren und meine kleine Welt vernünftig und so stabil zu organisieren, dass auch eine kippende Großwährung an ihr keine massiven Schäden anrichtet.
Das ist m.E. die realistischste Option für uns Gesellschafts-Plankton. Wenn wir unsere eigenes Futter haben und uns gegenseitig helfen, kann es uns herzlich egal sein, wenn der Hecht krepiert. Plankton gab es lange vorher und wird es auch lange danach noch geben, weil wir viele und vielfältig sind. ;)

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Re: Permakultur-Ethik

#13

Beitrag von kraut_ruebe » Di 6. Jan 2015, 11:12

wer sich bisserl ins thema konsum vs. PK einlesen mag, dem kann ich david holmgren empfehlen, der sich seit jahren damit befasst:
wikipia hat geschrieben:In der internationalen Permakulturbewegung wird Holmgren vor allem für sein Engagement geschätzt, mit dem er immer wieder durch praktische Projekte die Möglichkeiten der Permakultur demonstriert. Er unterrichtet durch persönliche Beispiele und zeigt, dass ein nachhaltiger Lebensstil eine realistische, attraktive und wirksame Alternative zu Konsum in Abhängigkeit sein kann.
gesamter wiki-artikel zu holmgren: http://de.wikipedia.org/wiki/David_Holmgren

ein essay von holmgren, in deutsch, zum wesen der PK (ethik & prinzipien) http://holmgren.com.au/downloads/Essence_of_Pc_DE.pdf

im essay kann man gut erkennen, dass geld (definiert als ertrag, gewinn, einkommen = belohnung) auch eine rolle spielt, aber eine eher untergeordnete. vieles anderes ist weit wichtiger.
There's a crack in everything. That's how the light gets in.

Manfred

Re: Permakultur-Ethik

#14

Beitrag von Manfred » Di 6. Jan 2015, 11:40

Davids Wohnsitz ist ein wirklich schönes Beispiel dafür, wie man nachhaltig, unabhängig und komfortabel leben kann. Ein Land in dem ein guter Teil der Bevölkerung so lebt, könnte jeder Wirtschafts-, Finanz- und Energiekrise gelassen in die Augen sehen.

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Re: Permakultur-Ethik

#15

Beitrag von Thomas/V. » Di 6. Jan 2015, 14:29

Manfred hat geschrieben:Den Einwand müsst ihr mir schon erklären.
Welcher Wachstumszwang besteht denn in einem stabilen System?
Ein System mit Wachstumszwang ist doch ganz automatisch instabil.
Das Problem besteht darin, das die Mehrheit der Menschen das Zwangswachstumssystem als normalen, natürlichen und somit alternativlosen Zustand ansieht, weil es ihnen so eingetrichtert wurde..
Stabile, nachhaltige Systeme, in denen womöglich auch noch viel mehr "mit der Hand im Dreck" gearbeitet werden muß, sind für diese Mehrheit unattraktiv.
Und selbst nach einem "Reset", wie auch immer dieser aussehen mag, werden die meisten Leute wieder nach Konsum, Wachstum usw. usf. schreien, wenn sich die Möglichkeit bietet (siehe Untergang der DDR).
Das Wachstumssysteme instabil sind interessiert niemanden, solange er am Wachstum persönlich kurzfristig profitiert.
Das ist wie beim Alkoholiker, der kurzfristige Kick ist attraktiver als die abschreckende Vorstellung einer langfristig wirkende Leberzirrhose, die man erst merkt, wenn es zu spät ist.

Wenn Du also eine globale Zwangswachstumsgesellschaft in eine stationäre Gesellschaft umbauen willst, müßte die übergroße Mehrheit erstmal davon überzeugt werden, das diese besser für sie ist.

Viel Spaß dabei ;)
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

Manfred

Re: Permakultur-Ethik

#16

Beitrag von Manfred » Di 6. Jan 2015, 15:09

Ach komm. Die Zeiten der Planwirtschaft, wo ein paar einfältige Großkopferte am allerbesten wussten, wie die Vielfalt und damit der Fortschritt zu unterdrücken ist, sollten wir irgendwann mal überwinden.
Wenn es der Permakulturbewegung nicht gelingt, so attraktive Entwürfe vorzuleben, dass ein nennenswerter Teil der Bevölkerung sich diesen anschließt, ob aus Gefallen oder aus Vernunft und Freiwilligkeit, dann verfehlt sie ihr Ziel. Es soll (von müssen kann gar nicht die Rede sein) ja auch nicht jeder wieder zum Gärtner und Bauern werden. Die Vorteile einer arbeitsteiligen Organisation sind ja nicht von der Hand zu weisen. Es gilt nur, das richtige Maß zu finden. Moderne Kommunikationsmittel z.B. würden in einer Permakultur-Gesellschaft ja nicht abgeschafft. Aber sie würden im Idealfall ohne Raubbau und Umweltverschmutzung und Sklavenarbeit gebaut, würden weniger Energie benötigen und wären zu 100% recycelbar.

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Re: Permakultur-Ethik

#17

Beitrag von Thomas/V. » Di 6. Jan 2015, 15:38

Ach komm. Die Zeiten der Planwirtschaft, wo ein paar einfältige Großkopferte am allerbesten wussten, wie die Vielfalt und damit der Fortschritt zu unterdrücken ist, sollten wir irgendwann mal überwinden.
Wo spricht jemand von Planwirtschaft?
Wenn es der Permakulturbewegung nicht gelingt, so attraktive Entwürfe vorzuleben, dass ein nennenswerter Teil der Bevölkerung sich diesen anschließt, ob aus Gefallen oder aus Vernunft und Freiwilligkeit, dann verfehlt sie ihr Ziel.
Das meine ich doch. So lange allerdings die Gewinner des Zwangswachstumssystems die MACHT haben, und die übergroße Mehrheit sich dieser Macht unterwirft, weil sie glaubt, damit am besten zu fahren, werden die Permakulturisten weiterhin als Randgruppe da stehen.
Die Menschheit hat sich seit Beginn der Zivilisation noch nie durch besondere Vernunft ausgezeichnet, und freiwillig hat sich auch noch niemand von seinen vermeintlichen oder tatsächlichen Privilegien verabschiedet.
Es gilt nur, das richtige Maß zu finden.
Frag mal 100 Leute, was "das richtige Maß" ist, und Du wirst 100 verschiedene Antworten kriegen :)
Letzten Endes müßten wieder irgendwelche Leute festsetzen, was "richtig" ist...

In eine "stationäre" oder "kalte" Kultur http://de.wikipedia.org/wiki/Kalte_und_ ... r_Optionen muß man hineingeboren werden.
Wenn man einmal die Prämissen einer "heißen" Gesellschaft verinnerlicht hat, kann man sich kaum wieder davon befreien.

Und eine "kalte" Parallelkultur in größerem Umfang hat sich auch noch nie lange gehalten, früher oder später wird sie wieder assimiliert werden (wenn sie zur Bedrohung wird) oder sie kann nur als Nische weiterexistieren.

Ich fände es ja auch toll, wenn der Planet von friedlichen Permakulturisten bevölkert wäre, aber das wird wohl auch nur wieder mit einem "neuen" Menschen zu machen sein...
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

Manfred

Re: Permakultur-Ethik

#18

Beitrag von Manfred » Di 6. Jan 2015, 16:40

Was die landwirtschaftliche Seite angeht:
Die "leichtesten" Erfolge erzielt Permakultur natürlich da, wo eh noch überwiegend Subsistenzwirtschaft herrscht und die Änderungen für die Menschen eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität bewirken. Bei uns eine Randerscheinung, aber in den Entwicklungsländern wurde bereits das Leben von Millionen von Menschen verbessert und die Umweltverschmutzung und Erosion reduziert.
Den Sprung in die Erwerbslandwirtschaft schafft sie am ehesten mit den Techniken zum Verbessern des Wasserhaushaltes, in trockenen Ländern.
Das Holistic Managment nach Savory auf Weideflächen dürfte bisher die auf der größten Fläche umgesetzte Methode sein, schlicht und ergreifend, weil es sich wirtschaftlich für die Betriebe rechnet.

Sobald es wirtschaftlich für den Einzelnen Sinn macht, werden ja auch hierzulande im großen Umfang Permakultur-Techniken eingesetzt. Siehe der Boom der Solarenergie in D in den letzten Jahren. Nur nennt das halt hier niemand ständig Permakultur. Auch LED-Beleuchtung und ökologische Dämmstoffe usw. usw. gehören in den Themenkreis.
Es spricht ja auch nichts dagegen, das Thema hierzulande von der Energieseite aus aufzurollen. Für reduzierte Energiekosten lassen sich fast alle Menschen begeistern.
Niemand redet davon, dass es nur Schwarz und Weiß gibt. Jeder kleine Schritt in die richtige Richtung ist ein wertvoller Beitrag.

Und da seit einigen Jahren im Frühjahr in fast jedem Discounter ein Drehständer mit Gemüsesamen steht, drängt sich mir der Verdacht auf, auch am Gärtnern ist das Interesse viel größer als manch einer meint.
Evtl. sollten wir mehr Energie darauf verwenden, kosten- und zeiteffektive "Faulenzer"-Techniken für den Gemüse- und Obstgarten und für die Kleintierhaltung zu entwickeln und zu verbreiten.
Viele Gartenversuche scheitern nach meiner Beobachtung daran, dass die nötige Pflege (Unkrautjäten, Gießen) zu aufwändig ist und keine vernünftigen Erntemengen und - Qualitäten erzielt werden. Da geht halt schnell die Motivation verloren.
Wir bräuchten mehr Techniken, mit denen man einmal im Frühjahr ein Beet anlegt und die nächste Arbeit ist dann das Ernten. Und das Ganze mit geringem Kostenaufwand und ohne körperliche Anstrengung. ;)

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Re: Permakultur-Ethik

#19

Beitrag von Thomas/V. » Di 6. Jan 2015, 17:40

Und das Ganze mit geringem Kostenaufwand und ohne körperliche Anstrengung. ;)
Ja, gerne, immer her damit :mrgreen:

Ansonsten: es bringt doch nichts, die Augen davor zu verschließen, das die Umgestaltung in eine "nachaltige" Wirtschaftsweise nur möglich ist, wenn sie gesammtgesellschaftlich gewollt ist. Und dafür muß zuerst die "Machtfrage" gestellt werden.
Was nützt es denn, wenn sogar die UN die regionale, kleinbäuerliche Landwirtschaft als einziges zukunftsfähiges Modell erklärt http://www.weltagrarbericht.de/
sich aber niemand, der an der Macht sitzt, dafür interessiert und auch nur einen Finger krumm macht, sondern die Großen immer weiter fördert?
Wie willst Du in unseren Großagrariergefilden eine "kleinbäuerliche" Landwirtschaft erschaffen? Dazu müßten die Großen enteignet und das Land an "interessierte Laien" verteilt oder zumindest irgendeine Art "Genossenschaftseigentum" draus gemacht werden oder sonstwie "rückgebaut" werden.
Das sind doch alles Fantastereien, solange nicht das System als Ganzes von der breiten Masse in Frage gestellt wird.
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

Manfred

Re: Permakultur-Ethik

#20

Beitrag von Manfred » Di 6. Jan 2015, 18:25

Nach meiner Beobachtung:
Eine Regierung ist nicht wirklich in der Lage, ein Volk zu führen, spricht vorweg zu marschieren.
Sie kann das Volk unterdrücken (Diktatur) oder ihm nachlaufen (Demokratie). Die Übergänge sind fließend.
Unsere Regierungsform ist noch relativ demokratielastig. D.h. die Regierung rennt mit einer gewissen Verzögerung und unter Berücksichtigung einiger Partikularinteressen der öffentlichen Meinung nach.
Es kommt also darauf an, die öffentliche Meinung zu gestaltet.
Um die Gestaltung der öffentlichen Meinung gibt es einen entsprechenden Wettbewerb, der zunehmen von einigen wenigen Medienkonzernen dominiert wird, die wiederum Partikularinteressen vertreten.
Aber das Internet eröffnet uns zum Glück einiges an Unabhängigkeit in der Informationsgewinnung und -Verbreitung.
Ich hoffe, dass die Aufklärung weiter am längeren Ast sitzt. Warten wir es ab.
Ich halte jedenfalls nichts davon, in irgendeiner Form die Macht übernehmen zu wollen und die Menschheit zu ihrem vermeintlichen Glück zu zwingen. Das meinte ich mit Planwirtschaft.
Hoffnung auf bessere Regierungsformen sehe ich derzeit am ehesten beim Holistic Managment nach Savory. Ich hoffe sehr, dass er sein entsprechendes Buch noch fertigstellen wird. Derzeit scheint er sich aber auf das Weidemanagement zu konzentrieren. Die Rettung unserer Lebensgrundlagen Boden und Wasserhaushalt ist ihm (verständlicher Weise) scheinbar wichtiger als theoretische Arbeiten zur Staatsführung.

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