Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

Moderator: kraut_ruebe

Manfred

Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#1

Beitrag von Manfred » Mo 8. Feb 2016, 20:02

Ich fürchte, dass diese wertvollen Infos im Thread Euro-Zusammenbruch untergehen.
Deshalb eröffne ich hier einen neuen Thread.

Georg Zoche, Autor des Buches "Welt macht Geld" im Interview bei KenFM.
Wie der US $ zur Leitwährung wurde, die damit verbundenen Probleme und Lösungsmöglichkeiten.
https://www.youtube.com/watch?v=60cgLeqmbBM

Ein paar Infos zum Bretton-Woods-System, dem Vertrag auf dem aktuell das internationale Währungssystem beruht:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bretton-Woods-System

der.Lhagpa
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Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#2

Beitrag von der.Lhagpa » Mo 8. Feb 2016, 20:11

Kannste das mal zusammenfassen für Leute deren Internet-Verbindung keine Youtube-Videos zulässt?

cfun
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Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#3

Beitrag von cfun » Mo 8. Feb 2016, 21:21

Superinteressant!

centauri

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#4

Beitrag von centauri » Mo 8. Feb 2016, 21:51

Kannste nix biste nix.
Kannste was biste was!
Das war immer schon eine Währung die zählt. :rot:

Manfred

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#5

Beitrag von Manfred » Mo 8. Feb 2016, 22:00

@Lhagpa: Da ist so viel Inhalt drin, dass ich mich sehr schwer tue, das irgendwie zu kürzen.

Nur ein paar Stichpunkte:
Die Idee einer Leitwährung haben die deutschen Nationalsozialisten auf Basis der Vorschläge von Hjalmar Schacht https://de.wikipedia.org/wiki/Hjalmar_Schacht für die "angeschlossenen Gebiete" entwickelt.
Die Idee war, eine internationale Clearingbank zu schaffen, die als Zentralstelle die Importe und Exporte der einzelnen Länder verrechnet und so erzwingt, das jedes einzelne Land eine ausgeglichene Handelsbilanz mit der Summe aller anderen beteiligten Länder hat.
Eine sehr gute Idee. Die nicht ausgeglichenen Handelsbilanzen waren ja die Ursache der Weltwirtschaftskrise von 1929. Und heute sehen wir diese Problem wieder, ob im Euroraum, zwischen den USA und China oder zwischen den reichen Ländern und der 3. Welt.
Der Haken am Vorschlag der Nazis: Die Abrechnung sollte durch feste Kursbindungen an die Reichsmark erfolgen. Das hätte Nazideutschland erlaubt, alle anderen Währungen im System zu dominieren indem sie durch Geldrucken den Wert der Reichsmark hätten bestimmen können.

Die Idee der Clearingbank fand international großen Anklang. Abgelehnt wurde natürlich die Dominanz der Reichsmark.
So wurde das britische Finanz-Genie John Maynard Keynes https://de.wikipedia.org/wiki/John_Maynard_Keynes beauftragt, einen Gegenentwurf zu entwickeln.
Er hat den Vorschlag einer Clearingbank übernommen, jedoch an Stelle der Reichsmark eine internationale, von keinem Nationalstaat abhängige Handelswährung mit Kopplung an den Goldpreis gesetzt.

Das passte den USA wiederum nicht in den Kram. Sie haben in ihrem Entwurf durch Herry Dexter White https://de.wikipedia.org/wiki/Harry_Dexter_White weitgehend den Vorschlag der Nazis übernommen, allerdings mit dem US-Dollar als Leitwährung.

Dann kam der große Wurf: Maynard und White haben einen Kompromiss ausgehandelt, der sich im Entwurf weitgehend am Vorschlag der Briten orientierte und den Goldpreis als von nationalen Währungen weitgehend unabhängige Referenz vorsah.
Es wurde zur Konferenz von Bretton Woods geladen, und der Vorschlag diversen Nationen vorgestellt und zur Unterschrift ausgelegt.
Aber die USA haben betrogen und den Entwurf über Nacht geändert und zusätzlich zum Gold den US-Dollar das Standard in den Text eingefügt.
Als Maynard nach der Schiffsreise zurück in England von der Änderung erfuhr, wollte er erreichen, dass England den Vertrag nicht ratifiziert.
Die USA haben England aber mit der Gewährung eines im Nachkriegswinter lebensnotwendigen Kredits zur Versorgung der notleidenden Bevölkerung zur Ratifizierung erpresst.

Die folge ist dieses System, das heute, nach Ausheblung des Goldstandards, nur noch den US-Dollar als Leitwährung hat:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bretton-Woods-System

Einen Haken haben die USA aber wohl übersehen: Der Staat, der die Führungsnation in einem Leitwährungssystem ist, muss erstens die nötige Geldmenge bereitstellen und sich dazu entsprechend verschulden und er kann seine Macht durch Bestimmung des Wertes der Leitwährung eigentlich nur durch Gelddrucken und die damit verbundene Inflation ausüben. Diese Faktoren bewirkten die heute extrem hohe Verschuldung der USA.
Das Problem ist seit 1959 bekannt. Man nennt es nach dem Entdecker Triffin-Dilemma: https://de.wikipedia.org/wiki/Triffin-Dilemma

Dass das aktuelle Leitwährungs-System deshalb irgendwann zusammenbrechen wird (oder vorher umgebaut werden muss), ist seither klar. Und die Notenbanker weltweit diskutieren wohl seit Längerem darüber, was dem aktuellen System nachfolgen soll. Vorallem China bringt die Ideen von Maynard wieder aufs Tableau. China lehnt ab, dass der Yuan Nachfolge-Leitwährung statt des Dollar werden könnte, eben wegen des Triffin-Dilemmas. Für China ist die langfristige Stabilität wichtiger als die kurzfristige Macht.
China wünscht deshalb eine von Nationalstaaten unabhängige Internationale Handelswährung. (Und Anmerkung von mir: Vermutlich wieder irgendwie an den Goldpreis gekoppelt.)

Zoche geht mit seinen Visionen noch darüber hinaus. Er meint, dass man das Währungsproblem mit den heutigen elektronischen Möglichkeiten im Extrem sogar bis auf die Einzelperson herunterbrechen könnte. D.h. bei Vorhandensein einer entsprechenden Clearingbank auf Basis einer internationalen Währung könnte im Endeffekt jeder seinen eigenen Währungsstandard festlegen (der Bauer seine Kartoffeln, die Internationale Firma die für sie wichtigsten Rohstoffe, Energiekosten etc.) und entsprechende Software könnte das bei Geschäften zwischen diesen Parteien in Sekundenbruchteilen über die internationale Währung umrechnen. Im Endeffekte also Tauschgeschäfte, aber mit der Handelswährung als Bewertungsstandard und Geldspeichermöglichkeit.

Ich finde die Maynard-Lösung jedenfalls sehr einleuchtend.
Sie würde auch meinen bisherigen Alternativen-Vorstellungen von einem mind. 3-stufigen Währungssystem wie in einigen Großreichen der Antike entsprechen, die lange Zeit für Stabilität sorgten. (Regionalwährung, nationale Währung + internationale Währung, fällt eine der drei Stufen aus, können alle Beteiligten/Betroffenen als Zwischenlösung mit den beiden anderen Stufen weiterarbeiten).

der.Lhagpa
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Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#6

Beitrag von der.Lhagpa » Di 9. Feb 2016, 00:15

Danke Manfred!

Benutzer 3991 gelöscht

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#7

Beitrag von Benutzer 3991 gelöscht » Di 9. Feb 2016, 01:10

Füg mal hinzu

https://de.wikipedia.org/wiki/Bank_f%C3 ... sausgleich
1933–1945
BIZ-Verwaltungsrat Hermann Schmitz
BIZ-Verwaltungsrat Kurt von Schröder
BIZ-Anwalt Allen W. Dulles

Auf Grund des am 17. Februar 1933 in Berlin unterzeichneten Dritten Deutschen Stillhalteabkommens ernannte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zu Mitgliedern des Schiedsausschusses die Herren Marcus Wallenberg und Thomas McKittrick sowie als Stellvertreter u.a. Robert Pferdmenges, Teilhaber des Privatbankhauses Sal. Oppenheim jr. & Cie. aus Köln.[22]

In der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 galt die BIZ als sehr „nazifreundlich“ mit einer einflussreichen „deutschen Gruppe“ innerhalb der Organisation. Emil Puhl, geschäftsführender Vizepräsident der Reichsbank war stellvertretendes Mitglied („Alternate“) des BIZ-Verwaltungsrats geworden. Die BIZ übernahm 1938 nach dem „Anschluss“ Österreichs das österreichische Gold und war 1939 nach der NS-Besetzung der sogenannten Rest-Tschechei auch bei der Überweisung eines Teils des tschechischen Goldes zugunsten der NS-Seite behilflich. Lord Montagu Norman, einer der Präsidenten der BIZ und gleichzeitig Leiter der Bank of England, verhinderte die Überweisung nicht. Ab April 1939 wurde der amerikanische Wall-Street-Anwalt Thomas McKittrick, der in erster Linie die Interessen Rockefellers wahrnahm, als Präsident in die BIZ berufen. Während der Kriegszeit 1939 bis 1945 wickelte die BIZ alle notwendigen Devisengeschäfte für das Deutsche Reich ab. Es kam deshalb später zu dem offenen Vorwurf des Handels mit Raubgold (looted gold) der vom Deutschen Reich übernommenen Zentralbanken.[23] Zur gleichen Zeit diente die Bank als Treffpunkt führender deutscher Vertreter wie Hjalmar Schacht mit Bankiers und dem Chef des amerikanischen Geheimdienstes in der Schweiz, Allen W. Dulles, der zugleich als Direktor der Schroders Bank in New York und als Präsident der privaten außenpolitischen US-Denkfabrik und Netzwerkes Council on Foreign Relations fungierte. Allen W. Dulles’ Bruder, der spätere US-Außenminister John Foster Dulles, war zu dieser Zeit amerikanischer Anwalt der BIZ.[24]

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Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#8

Beitrag von emil17 » Di 9. Feb 2016, 14:42

Ich sehe die Sache recht einfach: jedes Tauschsystem (Währung), das nicht aussschliesslich auf realen Werten beruht, wird irgendwann einmal zu künstlicher Aufblähung und zu Ruin führen, weil nämlich jeder, egal ob Einzelperson oder Finanzminister einer Weltmacht, der Versuchung erliegt, mit buchhalterischen Tricks auf Pump zu leben oder/und andere übers Ohr zu hauen.
Eine Weltleitwährung wie oben beschrieben wäre nur dann fair, wenn sie keiner Nationalbank unterstünde und folglich nicht Opfer nationaler Interessen werden könnte.

Das andere Problem liegt darin begründet, dass Währungen international ausgetauscht werden können, dass auch Waren international gehandelt werden können, dass Eigentum interantional geschützt ist, dass aber die Steuersysteme von Staat zu Staat unterschiedlich sind. Das führt dazu, dass es immer Trittbrettfahrer geben wird, die nicht soviel ans Gemeinwohl beitragen, wie ihnen zustände.
Das Prinzip ist zudem selbstverstärkend: Ein Staat, der Steuerdumping betreibt, wird immer kurzfristig Vorteile davon haben, denn er zieht dadurch Firmen und Personen mit hohem Steueraufkommen an und stellt sich kurzfristig besser, obwohl das globale Gesellschaftssystem dadurch leidet.

Es können übrigens nicht alle Länder eine ausgeglichene Handelsbilanz haben, denn das würde voraussetzen, dass alle Landstriche gleich begütert sind und Unterschiede nur in den lokal verfügbaren Waren, Rohstoffen und Dienstleistungen bestehen, nicht jedoch in ihrem Gesamtwert pro Kopf der produktiven Bevölkerung.

Die rein finanzstrategisch genialen Manager des Dritten Reiches bezweckten übrigens mit ihren Tricks und Massnahmen nichts anderes, als letztlich die Aufrüstung der Wehrmacht finanzieren zu können. Innenpolitisch gab sich nämlich das Reich (mit "Erfindungen" wie Sperrmark, Devisenbewirtschaftung, Reichsfluchtsteuer, Goldbesitzverbot, Rohstoffrationierung usw. wie auch mit der schlichten Zweckentfremdung von als Winterhilfe deklarierten Sammlungen) schon zu Friedenszeiten ganz anders. Genauso wie bei waffentechnischen Neuerungen (Düsenflugzeuge, Interkontinetalraketen, Sturmgewehr MG 42, Wehrmachts-Treibstoffkanister) haben die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges auch in Sachen Finanzpolitik offenbar einiges von den Deutschen übernommen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#9

Beitrag von Manfred » Di 9. Feb 2016, 20:06

Interview mit Ernst Wolff über den IWF:

https://www.youtube.com/watch?v=6D8RcjmVjp0

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Re: Das Geld- und Währungssystem der Zukunft?

#10

Beitrag von Lehrling » Di 9. Feb 2016, 20:56

Prof. Dr. Margrit Kennedy hatte sich damit auch schon länger beschäftigt:

http://www.margritkennedy.de/wenn_sie.html

liebe Grüße
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