Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

Moderator: kraut_ruebe

Tausch
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#41

Beitrag von Tausch » So 23. Apr 2017, 15:03

@Manfred: falls du noch nicht zum buch "greenhouse gas sinks" gekommen bis: auf libgen.io kannst es runterladen. ist nicht in allen Ländern legal.
und falls du Zugang zu wissenschaftlichen Artikel suchst: sci-hub.io

Welchen Film würdest du jemandem empfehlen der hauptsächlich mit overrest arbeitet in einem sehr "brittle" Gebiet?

Manfred

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#42

Beitrag von Manfred » So 23. Apr 2017, 15:17

Danke. Aber die noch zu lesenden Bücher wollen mir irgendwie nie ausgehen...

Kannst du evtl. etwas mehr über den Menschen und seine Voraussetzungen erzählen?

Wenn er Rinder-Rancher ist, wäre evtl. dieser Vortrag von Ian Mitchell-Innes aus Südafrika ein brauchbarer Einstieg:
https://www.youtube.com/watch?v=SiSDN12RUVs

Tausch
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#43

Beitrag von Tausch » So 23. Apr 2017, 16:11

Es geht um viele Menschen (darunter Nomaden, Halbnomaden und Sesshafte), Schafe, Ziegen, haptsächlich (mit Esel/Maultier)

Danke mal für den Tipp, lade es grad im langsamen Internetkafi runter.

Manfred

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#44

Beitrag von Manfred » So 23. Apr 2017, 16:21

In welcher Ecke der Erde denn?
Diese Vorträge richten sich natürlich eher an schulisch gebildete Inhaber größere Weidebetriebe.
Die Savory-Hubs in Afrika machen viel mit den kleinen Viehaltern vor Ort. Evtl. leise sich da was auf die Beine stellen.

Tausch
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#45

Beitrag von Tausch » So 23. Apr 2017, 16:29

Nordafrika. Mein Zielpublikum ist eher jemand im staatlichen und jemand im NGO Bereich, die im Land Management zu tun haben. Im Gebiet tut sich viel mit einzäunen für mehrere Jahre (für Baumwachstum hauptsächlich).
HM einzuführen ist halt extrem schwierig mit all den Konflikten zwischen Nomaden und Sesshaften, zwischen den verschiedenen Stämmen, mit unklaren Weiderechten, ...

Manfred

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#46

Beitrag von Manfred » So 23. Apr 2017, 17:00

In dem Fall wäre wohl einer der Vorträge von Allen besser geeignet.
z.B. https://www.youtube.com/watch?v=kvpeLFrk5io

Holistic Management wurde ja entwickelt, um genau solchen komplexen Situationen mit diversen unterschiedlichen Shareholdern gerecht werden zu können.
Leider fehlt es bei den Verantwortlichen oft am Verständnis für die ökologischen Zusammenhänge. Die Einzäunerei schaut ein paar Jahre gut aus, weil die vorhandenen Pflanzen weiterwachsen und so deutlich mehr Pfanzenmasse herumsteht als auf dem umliegenden Land. Aber dann sterben irgendwann die alten Pflanzen ab und es kommen keine jungen mehr nach, weil nach ein paar Jahren der Boden zu verkrustet ist, dass nichts mehr keimen kann.
Und dann stehen da evtl. noch 100 oder 200 Jahre die sich entwickelnden Sträucher und Bäume herum, aber da Boden darunter wird immer nackter. Haare, die auf einer offenen Schürfwunde wachsen, wo dringend die Haut heilen müsste.
Der Schlüssel ist die Bodenoberfläche. Die braucht eine gute Bedeckung und einen geschlossenen Kreislauf der Nährstoffe. Dann kommt das Bodenleben wieder in Ordnung und die wenigen Niederschläge werden effektiv, d.h. sie sickern in den Boden und werden gespeichert statt oberflächlich abzufließen oder in den oberen mm zu bleiben und innerhalb kürzester Zeit wieder zu verdunsten.

Falls es dir gelingt, da ein paar Leute vorzuwärmen, ließe sich mit dem Savory Institute sicher eine Möglichkeit finden, mal ein Projekt mit ähnlichen Voraussetzungen zu besuchen.

Das schöne an diesem ganzheitlichen Ansatz ist ja, dass es keine Verlierer gibt. Die Menschen können nach einiger Zeit mehr Tiere halten als vorher, profitieren so wirtschaftlich und heilen dabei auch noch das Land und tragen so zum Klimaschutz und zum Schutz der dort vorkommenden Wildtiere bei.
Was in Dimbangombe auf dem Land des African Centre for Holistic Management passiert, kann man ja fast nicht glauben. Vorher alles nackter Boden. Jetzt so viel Gras, dass die Rinder und die massenweise zugewanderten Wildtiere nicht aus ausreichen es zu fressen. Und das nach mehreren Jahren mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen. Der Bach, der vorher jedes Jahr monatelang ausgetrocknet war, führt wieder über Kilometer ganzjährig Wasser. Alles nur, weil es gelungen ist, die Tiere so zu lenken, dass sie die Bedeckung des Bodens und Biodiversität fördern, so wie es vor langer Zeit die großen ziehenden Herden in diesen Gegenden gemacht haben.
Inzwischen mehren sich ja die Stimmen, dass der Großteil der Sahara durch menschliches Missmanagement entstanden sei. Ich teile diese Ansicht und denke, dass langfristig weite Teile Nordafrikas wieder zu einer Gras- und Kornkammer werden könnten, wenn wir anfangen die Haut des Bodens zu heilen.

Manfred

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#47

Beitrag von Manfred » So 23. Apr 2017, 17:11

Und wenn eh Zäune gebaut werden: Was spricht dagegen, einen davon für einen HPG-Versuch zu nutzen oder dafür einen zusätzlichen zu bauen.
Ich habe das auch hier schon mehreren Leuten gesagt: Man muss ja nicht gleich alles umkrempeln. Wer eine Weide hat, kann darin leicht für ein paar Euro mit Litze und ein paar Pfählen eine Ecke für einen Versuch abtrennen. Kostenrisiko gegen Null. Gewinnaussichten gut.

Tausch
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#48

Beitrag von Tausch » Mi 26. Apr 2017, 18:55

Vielen dank für die Antworten Manfred, konnte nach mehrmaligen Versuchen endlich das Video runterladen und anschauen.

Es ist gut, ich befürchte aber die einten können sich angegriffen fühlen durch seine Art. Ich schaue mit jemandem ob hier was zu machen ist.

Was ich noch nicht gefunden habe, ist ein Film in dem gezeigt wird wie verschiedene Parzellen gemanaged werden. So etwa wie du deine Versuchsfelder mit Foto dokumentiert hast, aber mit Video. Erklärung wieso, wann, und wie es ändert.

Die Idee mit den Zäunen zu nutzen ist gut. Es hat sowieso Einzäunungen wo Atriplex gepflanzt wird, dann mehrere Jahre Overrest, und überweidung...
Ich muss mich mit Graswachstum befassen damit ich was sinnvolles erklären kann.

LG

Manfred

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#49

Beitrag von Manfred » Do 27. Apr 2017, 08:49

Ja, die persönlichen Animositäten sind ein massives Problem.
Wobei ich nicht weiß, was Savory noch tun soll.
Er erklärt jedes Mal, die Fehler, die er selbst gemacht hat und wirft sich zu Boden und bleibt bei allen Angriffen und Rückfragen geduldig wie der Feld in der Brandung und erklärt alles haarklein, und trotzdem fühlen sich die Leute durch ihn angegriffen, weil er eben ihr bisheriges Weltbild völlig durcheinander rüttelt.
Da ist wohl die erste und natürliche Reaktion: Was der sagt kann und darf nicht sein.

Videos mit Vorher-Nacher- und Nachbar-Vergleichen gibt es einige, habe ja schon diverse hier verlinkt, aber nicht mit ausführlicher Anleitung.
Das Problem ist halt, dass das kein starres System ist, dass man einfach anwenden könnte.
Es geht darum, der Komplexität der jeweiligen Situation gerecht zu werden. Man muss jedes Mal neu entscheiden, wann und warum man was tut.
Das führt ja auch immer wieder zu Missverständnissen, weil die Leute es mit Mob Grazing in starren Rotationen (z.B. 3 Tage auf jeder Fläche, immer im Kreis) versuchen und dann scheitern. Es geht um ständiges Beobachten und Anpassen.
Wenn ich mit einer starren Rotation zu früh wieder auf die Fläche komme oder zu viel abgefressen wird, oder überständiges Zeug nicht ausreichend niedergetrampelt wird, oder die Tiere nicht genug Futter findet oder ich nicht rechtzeitig den Viehbestand anpasse etc. etc., schleichen sich ständig Fehler ein.

Das Buch von Jim Howell "For the Love of Land" geht in die Richtung, die du suchst.
Er organisiert mit seiner Frau als "Winterarbeit" Reisegruppen zu HPG-Betrieben überall auf der Welt.
In dem Buch erklärt er seinen eigenen Lernprozess auf seiner Ranch und berichtet über diverse Besuche und erklärt grob, was und warum die unter ihren jeweiligen Bedingungen machen.
Aber so ein Buch ist natürlich nichts, was man mal eben jemandem zeigen kann.

Adjua
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Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#50

Beitrag von Adjua » So 14. Mai 2017, 06:36

Ich hatte gestern ein hochinteressantes Gespräch mit unserem Biogärtner, der auch einige Milchkühe hält. Er hat sich mit einer Methode auseinandergesetzt, wonach das Gras 9 cm hoch sein soll, um den optimalen Proteingehalt für Milchkühe zu haben. So kann man zumindest in unserer Gegend, wo es gutes Gras gibt, Milchkühe allein nur mit Gras füttern (!).

Des weiteren hatte die Beobachtung gemacht, dass es einen großen Unterschied macht, ob er das Gras abmäht und den Kühen zu fressen gibt, oder ober die Kühe selbst auf die Weide schickt.

Wenn er den Kühen das abgemähte Gras zu fressen gibt, dann hat das unvorteilhafte Auswirkungen auf deren Verdauung. Die Kühe bekommen auf Deutsch gesagt Dünnschiss von dem kurzen Gras. Das ist selbstverständlich nicht gut für die Milchleistung.Wenn die Kühe aber dasselbe Gras selbst abweiden dürfen, dann ist ihre Verdauung ganz normal. das hat vermutlich damit zu tun, dass die Kühe beim Selbstweiden besser einspeicheln und kauen.

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