Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch)

Moderator: kraut_ruebe

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ben
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Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch)

#1

Beitrag von ben » So 14. Mai 2017, 11:23

Eines der ersten Dinge, die man bei einer Permakulturplanung berücksichtigt ist der Fluss des Wassers auf einem Grundstück. Wasser fließt normalerweise bergab und nimmt dabei den kürzesten Weg (auch unterirdisch, dort nur langsamer). Wenn man in einer Landschaft von einem gegebenen Punkt aus die gesamte Fläche bestimmt, die in Richtung dieses Punktes entwässert erhält man das Einzugsgebiet diese Punktes (oder Grundstücks, oder Teichs oder Graben...). Das Wissen um die Größe des Einzugsgebietes in Verbindung mit dem zu erwartenden maximalen Starkregenereignis ist unerlässlich für den Hochwasserschutz und ist auch hilfreich bei der Frage, ob ein geplantes Wasserbecken sich überhaupt füllen kann und wie lange es etwa dauern wird.

Geoff Lawton hat vor kurzem ein Video veröffentlicht, in dem die Auswirkungen des Zyklons Debbie auf seine Farm gezeigt werden:
Tropical Cyclone Debbie effect at Zaytuna Farm the home of The Permaculture Research Institute
Dort sind innerhalb von 24 Stunden ca. 440 mm Niederschlag gefallen. Die Überläufe seiner Teiche hat Geoff Lawton für ein Starkregenereignis von 1000 mm in 24 Stunden berechnet.

Hier mal zum Vergleich die Auswirkungen auf andere Gegenden:
Cyclone Debbie Footage Compilation (March 28, 2017)

In meiner Gegend war das stärkste Regenereignis seit 1949 (so lange reicht die Datenreihe, die ich habe) etwa 110 mm. Die vier-Tagess-Summe lag damals (1981) bei etwa 160 mm. Letztes Jahr hat bereits ein Ereignis von 60 mm über drei Tage (20 mm pro Tag) zur Überflutung eines Gewächshauses geführt und dort einiges an wirtschaftlichem Schaden verursacht.

Wer sich noch nie mit dem Konzept der hydrologischen Einzugsgebiete beschäftigt hat, dem empfehle ich sich eine Karte der europäischen Fluss-Einzugsgebiete anzuschauen. Wir sind es von Landkarten gewohnt, dass sie die politische Gliederung zeigen (die hochgradig instabil und variabel ist). Die Gliederung der Einzugsgebiete wird sich in unserer Lebensspanne und der kommender Generationen nicht wesentlich ändern:

Europäische Flusseinzugsgebiete und Hauptwasserscheiden

Mittlerweile ist es mit freier GIS-Software (geographische Informationssysteme) und frei verfügbaren digitalen Höhenmodellen, DEM genannt (digital elevation model), möglich praktisch weltweit für einen beliebigen Punkt das Einzugsgebiet zu bestimmen. In diesem Video wird Schritt für Schritt erklärt (allerdings auf englisch) wie es geht:

Catchment and stream delineation in QGIS

Voraussetzung ist die freie GIS-Software QGIS und man muss sich auf der NASA-Homepage https://earthdata.nasa.gov/ registrieren, um die digitalen Höhenmodelle herunterladen zu können. Obwohl es eine Schritt für Schritt Anleitung ist, gebe ich zu, dass es für Leute, die noch nie mit GIS-Software gearbeitet haben wahrscheinlich sehr schwierig werden kann. Zumindest wird man bei einigen Schritten kaum nachvollziehen können was gerade passiert.

Auf dem Hof, wo ich arbeite entsteht gerade ein kleiner Teich als Rückhaltebecken. Wir haben die Größe des Einzugsgebietes auf 34 ha geschätzt. Nach der Berechnung mit QGIS hat sich allerdings gezeigt, dass das Einzugsgebiet fast doppelt so groß ist (64 ha). Das erfordert natürlich eine ganz andere Dimensionierung der Überläufe.

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kraut_ruebe
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Re: Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch

#2

Beitrag von kraut_ruebe » So 14. Mai 2017, 11:32

danke!

ist ein spannendes thema.
There's a crack in everything. That's how the light gets in.

Benutzer 4754 gelöscht

Re: Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch

#3

Beitrag von Benutzer 4754 gelöscht » So 14. Mai 2017, 12:28

Eines der ersten Dinge, die man bei einer Permakulturplanung berücksichtigt ist der Fluss des Wassers auf einem Grundstück. Wasser fließt normalerweise bergab und nimmt dabei den kürzesten Weg (auch unterirdisch, dort nur langsamer). Wenn man in einer Landschaft von einem gegebenen Punkt aus die gesamte Fläche bestimmt, die in Richtung dieses Punktes entwässert erhält man das Einzugsgebiet diese Punktes
Mag ja ganz sinnvoll sein wenn man eine Quelle hat und wissen will woher die sich speist
aber wenn man weis
bis Anfang April ist es zu nass zum in der Erde wühlen,
ab Mitte Juli fehlt das Wasser für alles
und ab Oktober ist alles wieder matschig
nützt mir das wissen über Einzugsgebiete herzlich wenig im Garten/auf dem Acker.

Und für den Hochwasserschutz gibt es Fachleute, da braucht der Laie nix rum zu pfuschen.

Zu deinen 64ha mit 60mm, das ergibt ja 38400m³ Wasser,
das wäre ein ha Land mit einem 4m hohen Erdwall drumherum, wo will man sich sowas hinstellen?

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ben
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Re: Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch

#4

Beitrag von ben » So 14. Mai 2017, 12:51

Oelkanne hat geschrieben:...bis Anfang April ist es zu nass zum in der Erde wühlen,
ab Mitte Juli fehlt das Wasser für alles
und ab Oktober ist alles wieder matschig
nützt mir das wissen über Einzugsgebiete herzlich wenig im Garten/auf dem Acker.

Und für den Hochwasserschutz gibt es Fachleute, da braucht der Laie nix rum zu pfuschen.
Das sehe ich ganz anders. Wer in der Landwirtschaft tätig ist und für größere Flächen Verantwortung übernimmt, der sollte sich auch mit den Grundlagen des Hochwasserschutzes auskennen und im Rahmen seiner Möglichkeiten dazu beitragen.
Oelkanne hat geschrieben: Zu deinen 64ha mit 60mm, das ergibt ja 38400m³ Wasser,
das wäre ein ha Land mit einem 4m hohen Erdwall drumherum, wo will man sich sowas hinstellen?
Der mit Abstand größte Wasserspeicher in der Landschaft ist der humose Oberboden. Der nächste Schritt wäre ein verhältnismäßig kleiner Wasserspeicher vorzugsweise an einem möglichst hohen Punkt in der Landschaft mit einem Abfluss, der in der Lage ist die Wassermassen von Extremereignissen abzuleiten, ohne dass die ganze Struktur kaputt geht. Dann kannst Du zumindest von Mitte Juli bis Oktober mit Schwerkraft bewässern und die Gartensaison zumindest bis Oktober verlängern.

centauri

Re: Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch

#5

Beitrag von centauri » So 14. Mai 2017, 13:43

So sehe ich das nicht.
Erst mal sollte man wissen das überhaupt Wasser da ist.
Wo her das kommt steht auf einem ganz anderem Blatt.
Manchmal kan man es vermuten.
Ich bin 2,5 km von der Elbe entfernt also hab ich wahrscheinlich Uferfiltrat aus der Elbe.
Kann aber auch sein das mein Brunnen aus der Elster die 15 km entfernt ist gespeist wird.
Jetzt ist die Geologie bei uns hier noch sehr einfach ausgeprägt und leicht verständlich.
Im Hügel- oder Bergland wird das schon schwieriger. Vor allem wenn es irgendwo artesisch zu Tage tritt.
Und so richtig wird das keiner feststellen können.
Permakultur hin oder her.
Wasser da oder Wasser nicht da, das ist eher die Frage. :hmm:

viktualia

Re: Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch

#6

Beitrag von viktualia » So 14. Mai 2017, 14:19

Centauri, das wohin ist schon auch so wichtig wie das woher.

Ölkanne, ich vergess nie, wie du nicht wolltest, dass die Bundeswehr für dich deinen Acker bestellt, von wegen, die wüßten doch gar nicht und hängenbleiben und so; und nun les ich, dass du Hochwasserexperten für Zauberer hälst, die nur mit Karte und ganz ohne Erfahrung deinen Acker vor der Flut retten können?

Danke Ben, für das Thema und vor allem die links (ich guck ja kaum youtube, war also mein erster Eindruck von Mr. Lawton: herrlich, der tanzt ja was er erklärt (im Rundgang))
Bei deinem Post dacht ich: hmm, "EIN Abfluss", das wirds nicht sein, oder?
Geht es nicht um einen Gesamteindruck der (auch unterirdischen) Topografie? So dass man mit 2-3 gut geplanten/gebauten Abflüssen auskommt, im Falle des Starkregens?
(Versteh ich das richtig, euer Rückhaltebecken ist was anderes als der zuletzt erwähnte Wasserspeicher, der Bewässern soll (von oben); während ersterer vor Überschwemmung schützt (unten)?)

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Re: Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch

#7

Beitrag von Rohana » So 14. Mai 2017, 14:27

ben hat geschrieben: Wer in der Landwirtschaft tätig ist und für größere Flächen Verantwortung übernimmt, der sollte sich auch mit den Grundlagen des Hochwasserschutzes auskennen und im Rahmen seiner Möglichkeiten dazu beitragen.
Sicher. Aber hier sind doch die meisten Selbstversorger und keine Landwirte :pfeif:

Und da ein humoser Oberboden so oder so in der Landwirtschaft gewollt ist, tragen wir durch dessen Förderung eh schon zum Hochwassershutz bei, n'est-ce pas?
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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Re: Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch

#8

Beitrag von Torsten » So 14. Mai 2017, 14:37

Es gibt offenbar 2 Arten von Selbstversorgern hier: Die einen freuen sich nach einem Unwetter über das viele gespeicherte Wasser, die anderen suchen einen Schuldigen für die Schäden auf ihrer Scholle...
Interessantes Thema für Swales, Drainagen, Dämme, vor allem bei größeren Grundstücken. Schade dass Städte und Kommunen sowie Häuslebauer sich über so etwas keine Gedanken machen...hier stand nach einem starken Regen mal eine ganze Fläche von einigen tausend m² 1m tief unter Wasser...komplettes planerisches Versagen vieler privater und offizieller Personen würde ich sagen; oder einfach Ignoranz...
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(Toby Hemenway)

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Re: Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch

#9

Beitrag von ben » So 14. Mai 2017, 15:02

viktualia hat geschrieben:Bei deinem Post dacht ich: hmm, "EIN Abfluss", das wirds nicht sein, oder?
Geht es nicht um einen Gesamteindruck der (auch unterirdischen) Topografie? So dass man mit 2-3 gut geplanten/gebauten Abflüssen auskommt, im Falle des Starkregens?
Das Problem, das wir mit dem überschwemmten Gewächshaus hatten lässt sich mit Sicherheit nicht durch ein kleines Rückhaltebecken lösen. Es ist eine Maßnahme von mehreren, nicht mehr und nicht weniger. Ich wollte das Rückhaltebecken auch nicht als Lösung präsentieren sondern habe das nur als Beispiel gebracht, um zu zeigen, dass schon ein vergleichsweise geringes Ereignis zu Schäden führen kann. Das Problem mit den Starkregenereignissen ist, dass sie nicht so oft vorkommen und dann schnell vergessen werden. Man räumt halt auf und hofft, dass es nicht wieder vorkommt. Ein ähnliches Verhalten hat man im Großen auch beim letzten Oderhochwasser feststellen können.
viktualia hat geschrieben:(Versteh ich das richtig, euer Rückhaltebecken ist was anderes als der zuletzt erwähnte Wasserspeicher, der Bewässern soll (von oben); während ersterer vor Überschwemmung schützt (unten)?)
Ja, zur Bewässerung ist wäre das Becken viel zu klein. Als Rückhaltebecken ist es wie gesagt nur eine Maßnahme von mehreren, die getroffen werden müsste. Ob sie getroffen werden muss sich noch zeigen. Tatsächlich versuchen wir mit dem Rückhaltebecken eine zweigleisige Strategie. 1. soll es einen niedrigen Wasserstand geben, der immer aufrecht erhalten wird, damit sich auch Wasserpflanzen und -tiere ansiedeln können. Dann soll es einen höheren Wasserstand geben, bis zu dem sich das Becken bei stärkeren Regenereignissen füllen kann und wo das Wasser dann langsam versickern und verzögert ablaufen kann. Das hilft aber nur bei mittleren Starkregen.
Bei einem richtigen Starkregenereignis wird das Becken auf jeden Fall überlaufen. An der Stelle kommt es darauf an, dass der Überlauf so dimensioniert und konstruiert ist, dass er durch das überlaufende Wasser keinen Schaden nimmt. Das war nämlich bisher der Fall, der Überlauf war viel zu klein und das Wasser hat neben dem Überlauf eine Rinne in den Damm gewaschen, so dass das Becken seine eigentliche Funktion nur noch eingeschränkt erfüllt hat. Dabei kann es meiner Meinung nach nicht Schaden mal etwas zu rechnen. Wenn man sich in seiner Gegend gut auskennt braucht man dazu auch kein GIS, aber ich persönlich finde es hilfreich.

Benutzer 4754 gelöscht

Re: Berechnung der Größe eines Einzugsgebietes (hydrologisch

#10

Beitrag von Benutzer 4754 gelöscht » So 14. Mai 2017, 15:42

Ölkanne, ich vergess nie, wie du nicht wolltest, dass die Bundeswehr für dich deinen Acker bestellt, von wegen, die wüßten doch gar nicht und hängenbleiben und so; und nun les ich, dass du Hochwasserexperten für Zauberer hälst, die nur mit Karte und ganz ohne Erfahrung deinen Acker vor der Flut retten können?
Das war ob in Notzeiten die Flächen nach einem Zentralen Plan zwangsbewirtschaftet werden sollen richtig?
Was das mit und so und hängenbleiben zu tun hat weiß ich nicht, ist aber auch egal.

Ich halte sie nicht für Zauberer (wo auch immer du das herhast).
Was soll denn ein Landwirt tun, der auf überschwemmungsgefährdeten Flächen wirtschaftet?
um jeden Acker in Eigenregie einen 5m hohen Wall bauen oder was?
Nein, dafür gibt es Leute die das erlernt und Studiert haben,
dafür würden die (Hoch-) Wasserfachleute auch nie auf die Idee kommen Landwirtschaft zu betreiben.
Und ein Soldat käme weder auf die Idee Hochwasserschutzanlagen zu entwerfen noch Ackerbau und Viehhaltung zu machen.

Das die Landwirte mit dem (Ober-) Boden den größten Regenspeicher haben ist klar,
wir versuchen die Wasserspeicherfähigkeit (also Humusgehalt, Bodengare, etc.) zu erhöhen so gut es im gesetzlichen Rahmen geht und einen ökonomisch nicht umbaut.

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